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Der Norden bis ca. 1030 und seine Beeinflussung durch die Fremde. 7

so tief gehaßte, Landespatron völlig: beide tragen den charakteristischen roten Bart, und wie Thor seinen Hammer, führt St. Olaf seine wuchtige Streitaxt. Mit der Schlacht von Stiklestad schließt im wesentlichen die erste Periode der norwegischen Geschichte.

Neben der Errichtung des norw. Königtums durch Harald und der Besiedelung Islands sind die Wikingerzüge für den Norden das größte und bedeutungsvollste Ereignis des 9. Jhds. Zum erstenmal erscheinen die Skandinavier auf dem Schauplatze der Weltgeschichte und spielen da sofort eine Rolle, wie sie weder vorher noch nachher sie gespielt haben. Durch ihre kriegerischen Züge wurde der Name Normannen an den fernsten Küsten Europas bekannt und gefürchtet. Sie waren die Lehrmeister und Vorläufer der großen seefahrenden Völker, die heute den größten Teil der Welt beherrschen. Übervölkerung, politische und handelspolitische Interessen, vor allem der starke Wandertrieb des Germanen sind die Veranlassung gewesen. Sie gingen fast zu gleicher Zeit von Schweden, Dänemark und Norwegen aus. Das mittlere Schweden hat zuerst seine Scharen durch die slavischen Länder Osteuropas bis zum schwarzen Meere, bis in das oströmische Kaiserreich entsendet; als Beherrscher der östlichen Slavenstämme gründeten sie im 9. Jahrhundert den russischen Staat. Von Schonen und den dänischen Inseln ergossen sich dänische und gautische Scharen über die sächsische und friesische Küste Norddeutschlands hauptsächlich nach Frankreich und England. Die norwegischen Wikingerzüge gingen über die nördlich von dem britannischen Eilande liegenden Inseln nach Schottland und Irland und entdeckten die Färöer und Island. Isländer fanden dann wiederum Grönland, Helluland (Labrador und Neufundland) und Winland (Neuschottland), segelten ins Nordmeer hinaus bis nach Swalbard am nördlichsten Teile der Ostküste Grönlands und fuhren an der Westküste von Grönland nordwärts bis in den Smithssund.

Der größte Teil der eddischen Mythen soll nun nicht dem nordgerm. Heidentum seinen Ursprung verdanken, sondern der antiken Literatur und frühchristlichen Legenden; diese

sollen halbheidnische und heidnische Nordleute in den Wikingerzeiten auf den britischen Inseln von Iren und Angelsachsen vernommen haben, und zwar von Mönchen und Leuten, die in Mönchsschulen erzogen wurden. Mit staunenswerter Gelehrsamkeit und Belesenheit ist besonders der Versuch gemacht, den Yggdrasil (Christus am Galgen) und Baldrmythus (Verschmelzung der Achilleus-Patroklos-Sage mit christlichen Elementen, Christus und Maria, Longinus) Baldr und Loki, Widar und Wali, Walhall mit den Einherjern, die Midgardsschlange und den Fenriswolf, sowie die Seherin, die sich des Ursprungs der Welt erinnert und den Mächtigen verkündigt, der am Ende der Zeiten zum großen Gericht kommt, als aus christlichen Elementen erwachsen nachzuweisen. Nun steht fest, daß die eddische Dichtung ein Erzeugnis der Wikingerzeit ist, daß kein Lied vor dem 9. Jahrhundert aufgeschrieben ist, und daß diese Gedichte nicht geistige Erzeugnisse des gesamten Nordens sind, sondern nur dem isl.-norw. Stamm angehören. Es ist ferner die Möglichkeit zuzugeben, daß in den Wikingerzeiten außer andern Beutestücken auch Vorstellungen und dichterische Stoffe von christlichem, jüdischem und griechischrömischem Ursprunge von Britannien nach dem Norden gebracht wurden, daß einzelne von diesen Vorstellungen, selbst durch Vermittelung der Gelehrsamkeit, auf nordische Götter übertragen wurden, und daß die fremden Stoffe im nordischen Munde wunderlich und bis zur Verdunkelung ihrer Herkunft umgestaltet wurden. Aber eine Befruchtung der nordischen Phantasie durch den engeren Verkehr mit den Kelten ist nicht unanfechtbar erwiesen, nicht ein strikter Beweis für den fremden Ursprung der eddischen Mythen ist erbracht worden, von einigen Spätlingen abgesehen. Man kann höchstens sagen: es ist nicht ausgeschlossen, daß die heidnischen Nordgermanen, besonders die Isländer, durch den Verkehr mit Christen deren religiöse Literatur kennen lernten, sich verschiedene ihrer Anschauungen aneigneten und mit heimischen heidnischen verschmolzen. Aber von der Wahrscheinlichkeit bis zur Tatsache ist ein weiter Schritt, und noch nicht die Spur eines Beweises spricht dagegen, daß der eddischen Mytho

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logie eine heimische nordische Religion zu grunde liegt. Vorläufig muß man also, soweit wie irgend angänglich, mit den altheimischen nordischen Vorstellungen auszukommen suchen.

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Gegen durchgehende fremde Beeinflußung sprechen einige allgemeine Erwägungen: Wenn die meisten Eddalieder nicht auf Island, sondern in Norwegen entstanden sind einige Teile sind vermutlich von Isländern überarbeitet So war der Verkehr der Norweger mit den angeblichen Vermittlern der fremden Stoffe, den Iren, ausschließlich kriegerisch, daher für eine literarische Einwirkung denkbar ungünstig. Die Norweger hatten ferner bei der Unruhe ihrer innerpolitischen Zustände mehr zu tun, als sich mit derartigen spekulativen Mythenkombinationen abzugeben. Endlich ist eine derartige ungeheure Gelehrsamkeit bei den Iren damaliger Zeit nicht anzunehmen. Treffend hat man eingewendet: Die Iren müßten ebenso gelehrt gewesen sein wie die heutigen Mythologen, sie müßten auch ihre ganze Gelehrsamkeit bei ihren Gesprächen mit den Piraten des Nordens, die doch nicht Studierens halber nach Britannien gekommen waren, fortwährend zur Hand gehabt haben. Die Mythologie ferner, die die ältesten Skaldengedichte teils mehr oder weniger ausführlich darstellen, teils andeutungsweise voraussetzen, ist dieselbe, die die Eddalieder enthalten. Sie kann nicht im Laufe weniger Jahrzehnte entstanden sein, sondern muß das Ergebnis einer längeren Entwickelung sein, die weit vor der historischen Zeit des Nordens liegt. Erst wenn man klar und unzweifelhaft bewiesen hat, daß diese unecht sind, d. h. aus dem 10. Jahrhundert stammen oder noch jünger sind, erst dann wird man die Möglichkeit dieser Theorie zugeben können. Aber ihre Echtheit steht bis heute unerschüttert fest. Unglaublich ist die Annahme, daß die fremden Vorstellungen mit dem alten Glauben auf wahrhaft geniale Weise, die an das Verhältnis Shakespeares zu seinen Quellen erinnere, zusammengegossen seien, so in Norwegen geistiges Eigentum der vornehmen Stände geworden seien und ihren Weg in die Gedichte der Skalden gefunden hätten. Zwischen Skaldendichtung und Volksverständnis klafft kein Riß, die Skalden haben nicht eine neue Mythologie

erfunden. Im 9. und 10. Jahrhundert gab es keinen bedeutenden Kulturunterschied zwischen dem norw. Könige mit seiner nächsten Umgebung und dem Volke. Für Island vollends zeigt das Lesen weniger Sagas, daß die gesamte Dichtung Islands volkstümlich, d. h. dem Verständnis und Interesse der Bauernund Fischerbevölkerung zugänglich war. Die Bildung war überall gleich. Wir sind alle gleich" sagt Hrolf bei seiner Landung in Nordfrankreich. Die Skalden gingen aus dem Volke hervor, sie waren von Kindheit an mit dessen Vorstellungen vertraut, und darum ist auch ihr Glaube der des Volkes. Ihre Dichtung ist nach Inhalt und Behandlung merkwürdig phantasielos. Es gibt kaum irgendwo eine Poesie, die so gleichmäßig, so arm an Entwickelung ist wie sie. Ein Skald nach dem anderen hält sich ängstlich an das Gegebene, ein Geschlecht lehrte es das andere. Soweit wir zurückgehen können, sind ihre poetischen Metaphern (Kenningar), besonders die mythischen, stets dieselben und beruhen auf demselben Mythus oder derselben Mythenform. In langer, langsamer Entwickelung hatten die Nordleute gelernt, die sie umgebende Natur phantasievoll anzuschauen und zu beleben, die so gewonnenen Grundbilder in Geschichten poetisch auszuschmücken und zu verknüpfen. Daß erst die Befruchtung mit der irischen Geisteskultur die Phantasie der Nordleute geweckt habe, daß sie in Ermangelung jeder schöpferischen Fähigkeit nur im stande gewesen seien, fremde mythische, religiöse oder poetische Stoffe genial umzugestalten, ist eine ganz unmögliche Annahme. Der mächtige Wellenschlag der Wikingerzeit hat nicht die ganze uns erhaltene mythisch-heroische Dichtung emportauchen lassen, sondern er hat, wie jede Sturmflut nicht zu schaffen, sondern zu zerstören pflegt, niederreißend gewirkt; er hat nicht die aus der Fremde in das Mutterland verpflanzten Keime zur Entfaltung gebracht, sondern er hat die heimische Scholle unterwühlt und die Ernte vernichtet, noch ehe sie geborgen war.

Gerade die Wikingerzeit hat am meisten zur Auflösung des heidnischen Glaubens und zu seinem vollständigen Untergange beigetragen. Wenn die Nordleute z. B. mit anders

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gläubigen Völkern zusammenstießen und überwunden wurden, konnte leicht die Vorstellung entstehen, daß die fremden Götter stärker wären als Odin und Thor. Andererseits wuchs das Gefühl des eigenen Wertes und der eigenen Stärke in hohem Grade. Der Glaube an die eigene stolze Kraft entsprach am besten ihrem unruhigen Treiben, ihren Raubzügen zu Wasser und zu Lande, ihren Rechtshändeln, Zweikämpfen, Mordbrennereien und Gewalttaten aller Art. Der Wiking stellte sich selbst an die Stelle des Gottes Thor, schwang statt des Hammers sein gewaltiges Schlachtschwert und erkämpfte sich damit Gold, Ruhm und Genuß. An den alten Sitten und Gebräuchen, besonders an den Mahlzeiten und großen Gelagen zu Ehren der Götter, hing man noch mit großer Zähigkeit, aber die innere Verehrung, der Glaube an die Götter schwand dahin. Viele, vielleicht die meisten Wikinger waren daher mehr oder weniger Freidenker geworden, religiös gleichgültig. Durch die Geschichte der Isländer, der Nachkommen jener Wikinger, zieht sich bis in späte Zeit hinein eine unverkennbare religiöse Gleichgültigkeit man denke nur an die kühle, vernünftige Art, wie das Christentum auf Island angenommen wurde! Wie ganz anders flammt der leidenschaftliche Fanatismus der Drontheimer Bauern auf! Aber sie waren auf der ererbten Scholle geblieben, während die Vorfahren der Isländer sich vom Mutterlande losgerissen und weder Heimat noch Altar zu verteidigen hatten. Dieser Skepticismus, der von Göttern keine Hilfe mehr erwartet und statt der Götter nur ein Schicksals walten annimmt, ist der Hintergrund von Felix Dahns nordischer Erzählung,,Sind Götter?", die ein berufener Kritiker als die beste Schöpfung des Dichters bezeichnet hat.

Wenn von riesischen Schutzgeistern die Rede ist, die als Snäfellsase oder Swinfellsase bezeichnet werden und in Bergen oder Steinen wohnen sollen, so deutet bereits ihr Name auf eine bedenkliche Trübung des alten Götterglaubens hin. Schon unter den ersten Besiedlern Islands waren einige Freidenker. Von Ingolfs Bundbruder heißt es, daß er niemals opfern wollte, und als er von seinem eigenen Knecht erschlagen wurde, rief Ingolf aus: So seh ich es jedem ergehen, der nicht opfern mag!" (Landn. I5, 7). Ein Bersi Gottlos wird genannt, und wieder ein Hall Gottlos samt seinem

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