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der Glaubenssieg.1) Ich bringe diese Dinge hier vor, weil ich den Leserkreis dieser Zeitschrift an der mitzuarbeiten, ich eingeladen werde für die Frage „Orient oder Rom" interessieren und seine Beihilfe in Dingen, die der Kunsthistoriker allein kaum zu lösen vermag, erbitten möchte. Die Stichprobe, die ich heute vorführe, dürfte dazu oft genug Anlass bieten.

1. Die Markuskirche in Venedig wird an der bei der Porta della carta des Dogenpalastes nach aussen vorspringenden Ecke des Tesoro durch zwei Porphyrgruppen geschmückt, in denen je zwei Männer, einander umarmend dargestellt sind. (Abb. 1, siehe S. 2). Die Figuren sind 1,36 m, die profilierte Basis, auf der sie stehen, 0,23 m, das ganze Relief also 1,59 m hoch.2)

Die eine Platte an der Westseite ist an der Basis 0,78 m breit. Wir sehen zwei Männer, den einen links mit einem Anfluge von Bart, den andern bartlos, neben einander stehen und sich mit der rechten Hand gegenseitig um die Schultern fassen. Die linke Hand legen sie an den Schwertgriff. Beide tragen den Panzer, darüber einen Mantel. Auf dem Kopfe haben sie niedrige cylindrische Mützen, an denen man vorn in der Mitte je ein viereckiges Klammerloch gewahrt. Die Füsse stecken in Schuhen, die durch zwei Riemen festgehalten werden. Reicher verziert sind die Schwerter; der Griff endet in einen Vogelkopf, und die Scheide ist mit zwei Reihen von viereckigen Feldern, die wohl Edelsteine andeuten sollen, geschmückt. Die zweite Gruppe nach Süden zu stimmt mit der ersten vollständig überein, war aber aus drei Stücken zusammengesetzt, von denen das äusserste links fehlt. Das mittlere ist 0,22, das rechte Stück 0,34 m breit. An diesem letzteren ist die Basis und der Fuss des Kriegers rechts aus Marmor ergänzt. Von besonderer Bedeutung ist die Thatsache, dass in beiden Gruppen der Reliefgrund nicht gleichmässig tief liegt, sondern in einer convexen Kurve verläuft, so dass bei flacher Rückseite am Rande, wie man an der Abbildung sehen kann, eine scharfe Kante entsteht. Wir haben also Stücke der Peripherie einer Säule vor uns, an welche die Figuren mit ihren Postamenten monolith angearbeitet sind. Über die Herkunft beider Gruppen gibt es keine irgend bindende Nachricht. GIR. MAGGI (1564) sagt, es stehe nur so viel fest, dass sie aus Griechenland stammten.") Dagegen lässt sie SANSOVINO

1) Ich möchte bei dieser Gelegenheit aufmerksam machen auf drei im Hofe des Palazzo Riccardi in Florenz eingemauerte kleine Soldaten-Büsten in Porphyr, die wie Reste eines Sarkophages von der Art desjenigen der hl. Helena aussehen.

2) Abgebildet bei VECELLIO, Habiti antichi e moderni 1590 (eine Figur), CICOGNA, I due Gruppi di Porfido etc. 1844 und in dem grossen Werke ONGANIAS Tav. 191 (133). Unsere Abbildung nach dieser Tafel. Vgl. neuerdings VENTURI, Storia dell' arte italiana I p. 178.

3) GIR. MAGGI, Variarum lectionum, p. 83.

(1581) zusammen mit den Pfeilern aus Acre kommen.1) Die Deutung anlangend, fabelt man allerhand: VECELLIO (1590) erzählt von vier griechischen Königssöhnen, die, mit dem vaterländischen Schatz durchgegangen, sich im Hafen von Venedig paarweise umbrachten, worauf die Venetianer in ihrem Schiffe die den Rat der Griechenfürsten vor Troja vorstellenden

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Abb. 2 und 3. Rom, Vaticanische Bibliothek: Zwei Gruppen an Porphyrsäulen.

Porphyrgruppen gefunden hätten.) Andere sahen in ihnen Harmodios. und Aristogeiton") oder die Brüder Anemuria aus der Zeit des Alexios Komnenos1) u. s. f.. Einen richtigeren Weg betrat MESCHINELLO; er hielt sie

1) SANSOVINO, Venetia descritta, p. 118.

2) CES. VECELLIO, Habiti antichi e moderni, p. 15.

3) MAGGI 1. c. und GIUS. LORENZI, Polymathia, 1666, lib. I, diss. II p. 7.
4) MOSCHINI nach MUSTOXIDI, Nuova Guida per Venezia, 1834, p. 84.

für Römer, hierhergebracht zum Schmuck von S. Marco.1) CICOGNA endlich, der alle diese älteren Nachrichten gesammelt hat,") geht aus von der Beliebtheit des Porphyrs in Diokletians und Konstantins Zeit und schliesst, dass die Gruppen nicht älter als Diokletian und nicht jünger als die erste Zeit der Kreuzzüge sein könnten. Er verweist dann darauf, dass die Figuren, statt einander nach römischer Sitte die Hände zu reichen, sich umarmen. Diese Art der Begrüssung sei zuerst für die Söhne Konstantins überliefert, weshalb er überzeugt sei, dass die Gruppen der Zeit Konstantins nahe ständen. Endlich schliesst er, indem er die Gruppen. von S. Marco mit den sofort zu besprechenden in Rom zusammenstellt, dass erstere zwei Paare von Caesaren darstellten. Ohne irgend zwingende Gründe nimmt er dafür, durch die Autorität VISCONTIS (worüber S. 6) geleitet, solche aus der Zeit Diokletians an: Galerius Maximianus und Constantius Chlorus einerseits, in der zweiten Gruppe die im J. 305 an Stelle der ersteren ernannten Maximinus und Severus.

2. Wenn man die vatikanische Bibliothek von der Sala a croce greca aus betritt, so hat man nahe am Eingange zwei Porphyrsäulen links und rechts vor sich, auf deren Schaft, wie es scheint mit diesem monolith verbunden, unterhalb der Kapitelle zwei Porphyrgruppen skulpirt sind, die nach den Messungen des Photographen LUCHETTI 0,57 m hoch, 0,42 m, bezw. 0,44 m breit sind und 0,17 m über die 1,61 m fassende Peripherie der 3,85 m hohen Säulen vortreten. Die Gruppen (Abb. 2 und 3, siehe S. 4) sind also bedeutend kleiner als diejenigen von S. Marco.")

Wir sehen zwei, den Gruppen von S. Marco in der Stellung fast völlig entsprechende Männer in Panzer und Mantel, die sich gegenseitig mit der rechten Hand umfassen. Im Gegensatz zu den venetianischen sind sie beide bärtig, haben Lorbeerkränze auf dem Haupt und halten in der linken Hand Kugeln. Ihnen fehlt das Schwert samt dem dazugehörigen Gürtel. Beide Gruppen stehen auf der ähnlich wie an S. Marco profilierten Basis und heben sich wie dort vom Säulenrund ab. Sie zeigen, noch in der ursprünglichen Verbindung mit der Säule, wie etwa man sich die Gruppen von S. Marco einst angebracht denken kann. Zu beachten wird dabei von vornherein der Grössenunterschied sein.

Über die Provenienz ist nichts bekannt. AGINCOURT) vermutet, sie seien aus Konstantinopel nach Rom gebracht. Nach anderen sollen sie

1) Chiesa ducale di S. Marco I, p. 29.

2) I due Gruppi di Porfido sull' Angolo del Tesoro della Basilica di S. Marco in Venezia 1844.

3) Abgebildet bei AGINCOURT, Sculp. pl. III no. 17 und danach eine Gruppe bei CICOGNA 1. c. unter A. Meine Abbildungen nach eigenen Aufnahmen.

4) Storia dell' arte (Prato 1826) III p. 107 f..

im Tempel des Romulus und der Roma gefunden sein, SEVERANO1) berichtet, sie hätten sich zuerst als Arkadenträger in einer Kapelle Sixtus' IV, dann in der Capella Paolina am Monte Cavallo (nach AGINCOURT im Vatikan) befunden. VISCONTI) meinte, es könnten Diokletian und Maximian mit ihren Kollegen Galerius und Constantius Chlorus dargestellt sein. FICORONI hatte an Romulus und Remus gedacht, dagegen meint AGINCOURT, Sie könnten auch dem 9. Jahrh. n. Chr. angehören und UNGER sagt, die venetianischen Gruppen möchten römische Kaiser, die römischen aber gothische oder longobardische Könige vorstellen.") CICOGNA stellt sie denen von S. Marco an die Seite und entscheidet sich für die Augusti Carus und Numerianus einer-, Diokletian und Maximianus Herculeus andererseits. Zwingende Gründe wusste er dafür ebensowenig vorzubringen, wie für die Caesaren. Sie wären, wie die venetianischen Gruppen zuerst im Hippodrom zu Nikomedia, dann in demjenigen von Konstantinopel aufgestellt gewesen und schliesslich als Beute im 13. Jahrh. herüber ge

kommen.

Ich fühle mich nicht berufen, die Frage nach den dargestellten Persönlichkeiten zu beantworten; das dürfte selbst für Historiker von Fach eine harte Nuss sein. Man wird zudem immer mit der Möglichkeit rechnen müssen, dass eine symbolische Darstellung vorliegt. SCHNAASE) meinte, die Bildwerke schienen sich auf die Einigkeit der Söhne Konstantins zu beziehen, ich dachte u. a. auch an ein Symbol der Einigkeit von Ostund Westrom. Solche Ideen liegen ja, wenigstens im 4. Jahrh., in der Luft, wie ich an einer Holzskulptur aus Ägypten, die Vertreibung der Barbaren von der Feste des Glaubens darstellend, nachwies.) Die Möglichkeit, dass die Söhne oder Neffen Konstantins als Träger des symbolischen Gedankens dargestellt seien, scheint im Anschluss an die Berichte der Patria von Konstantinopel nahezuliegen, wonach es dort einen Philadelphin genannten Platz gab, der seinen Namen nach einer Statuengruppe hatte, welche die Umarmung der nach dem Tode Konstantins d. Gr. von Ost und West dort zusammentreffenden Söhne darstellte.") Doch frägt sich immer, ob in diesen Patria nicht Umdeutungen im Stile der Mirabilien vorliegen. Der Typus, eine Umarmung, ist an sich so selten, dass er allein die Bildwerke von Rom und Venedig der für Konstantinopel bezeugten Gruppe nähert. Ich kenne ihn allgemeingültig sonst.

1) Sette chiese di Roma, p. 99.

2) Museo Pio-Clementino VI, p. 74.

3) Bei ERSCH und GRUBER, Encyclopädie, Bd. 84, S. 375.

4) Gesch. d. bild. Künste III, S. 70.

5) Orient oder Rom, S. 84. Die von einigen Rezensenten aufgestellten Deutungen anderer Art, die ich selbst seinerzeit erwog, haben mich nicht überzeugt.

6) Anonymi byzantini aaqaorάoris σúvтouoi xoovinαí ed. PREGER (Programm des Kgl. Maximilians-Gymnasiums in München 1897,8), p. 32/3. Vgl. CODINUS in der Bonner Ausgabe, p. 43, 44, 182, 188 und BANDURI, Imp. orient., III p. 18, 19, 99, 103.

nur noch in Darstellungen der Begegnung Mariae mit Elisabeth, wie man sie zuerst auf syrischen Denkmälern findet, so auf einer Ampulla in Monza,') auf der sog. Maximians-Kathedra) und auf dem wahrscheinlich aus Syrien stammenden Seidenstreifen aus Achmim, einst bei FORRER.") Später findet sich der Typus öfter, auch im Abendlande. Ich möchte nur noch kurz einer anderen Darstellung der Umarmung zweier Frauen im Cod. Vat. gr. 1851 fol. 6 gedenken.) Sie geht wohl auch auf einen alten Typus zurück.

Weist also schon die Darstellung einer Umarmung an sich, wie mir scheint, auf den Orient, so doch wohl auch die Kopfbedeckung der beiden Gruppen von S. Marco, die modiosartige Mütze. Sie ist typisch für die Darstellung der Juden auf christlichen Sarkophagen und wurde vom altsemitischen Orient übernommen. Ich habe sie erst kürzlich als zur Tracht der Palmyrener in der römischen Kaiserzeit gehörig erwiesen.5) Dadurch wird wahrscheinlich, dass es sich um ein bezeichnendes Merkmal der syrischen Tracht handelt, in der da, wo bei den venetianischen Gruppen ein Klammerloch erscheint, d. h. ebenfalls vorn an der Mütze, das Rangabzeichen getragen wurde. Für den rein orientalischen Ursprung der Porphyrgruppen sprechen aber nicht so sehr diese ikonographischen Merkmale, als vielmehr künstlerische Züge. Sie werfen auch ein deutliches Streiflicht auf den Keim jener Wandlung, die sich in den Denkmälern der späthellenistischen Zeit vorbereitet und dann seit dem 5. Jahrh. von Byzanz aus als ein neuer Stil herrschend wird.

Jedem Beschauer müssen in den Gruppen von S. Marco die starren. Züge des Gesichtes auffallen (Abb. 4, siehe S. 8). Die Stirn ist in horizontale Falten gelegt, drei verticale steigen von der Nasenwurzel auf. Die Augen sind weit aufgerissen, der Augapfel zeigt ein mittleres Loch, um das ein teilweise vom oberen Lide bedeckter Kreis eingebohrt ist. Die Nase, leider bei allen vier Figuren weggeschlagen, muss mittellang und unten breit gewesen sein; von ihren Flügeln läuft eine tiefe Falte abwärts nach. dem breiten, wulstigen Munde. Eigenartig ist Haar und Bart behandelt. Sie bilden eine höhere Schicht, die in scharfen Linien gegen das Gesicht absetzt. Der Bart der Gestalt links ist leicht gerauht. Man frägt sich, woher kommt diese affenartige Grimasse, die mit dem griechischen Kopftypus so gut wie nichts zu thun hat?

Die Antwort giebt auch hier wieder zunächst das Material, aus dem die Gruppen gearbeitet sind, der ägyptische Porphyr. Man wird sagen, das genüge nicht, um behaupten zu können, diese venetianischen Gruppen seien deshalb auch in Ägypten gearbeitet. Gewiss nicht; der

1) GARRUCCI 433, 8.

2) GARRUCCI 414, 2.

3) Röm. u. byz. Seiden-Textilien XIV 3; Die frühchristl. Alterthümer XVI 22. 4) Byzantinische Zeitschrift X, S. 552.

5) Orient oder Rom, S. 30.

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