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Stein könnte roh exportiert und irgendwo im Kunstgebiete des Mittelmeeres bearbeitet worden sein. Man müsste also den Ort suchen, wo eine Kunstform wie diese Grimasse des Gesichtes typisch zu Hause ist. Wenn nun aber wie beim Helena- und Konstantina-Sarkophage auch für dieses Merkmal wieder sich die typischen Analogien in Ägypten selbst fänden? Würde das nicht entscheidend für die ägyptische Provenienz sein? Oder ist es naheliegender anzunehmen, dass man den Porphyr aus Ägypten exportierte, dann bearbeitete und wieder nach Ägypten einführte, so dass sich daraus das Vorhandensein solcher Typen auf ägyptischen Boden erklärte? Doch auch diesen Ausweg versperrt der Zusammenhang dieses Typus mit in Ägypten altheimischen Traditionen.

In der koptischen Abteilung des ägyptischen Museums in Kairo ist

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nebenstehend abgebildete Büste aufgestellt1) (Abb. 5, siehe S. 9). Sie wurde in Benha-el-Assal (Athribis) gefunden und wird von MARIETTE auf einen römischen Kaiser, vielleicht Maximianus Herculeus (286-310), gedeutet.2) Wir sehen einen Mann in faltenreichem, auf der rechten Schulter durch eine Armbrustfibel zusammengehaltenen Mantel; der aufrechte Kopf ist

1) No. 7257 meines Kataloges der Abteilung.

2) Album du Musée de Boulaq pl. 39. Ebenso MASPERO, Catalogue 5515, p. 380. Die Ähnlichkeit in der Behandlung von Haar und Bart, dann in den Stirnfalten mit Münzbildern dieses Kaisers muss auffallen. Vgl. Numism. Zeitschr. 1891, Taf. VIII, Jahrbuch der Kunstsamml. d. Allerh. Kaiserhauses IX (1889), Taf. III, dazu FURTWÄNGLER, Die antiken Gemmen III, Taf. XLVIII, 36. Ich glaube nicht, dass daraus auf dieselbe Persönlichkeit zu schliessen ist, eher dass der Bildner in beiden Fällen ein Ägypter war oder einer damals von Ägypten bestimmten Moderegung gefolgt ist.

starr etwas nach links gewendet. Es ist wohl nicht notwendig, dass ich ihn beschreibe: er giebt so genau Zug für Zug die Grimasse der venetianischen Köpfe wieder, dass wir ihn ruhig als deren Prototyp aufstellen können. Ja, dadurch, dass die Büste in den wesentlichen Teilen tadellos erhalten ist, eignet sie sich prächtig dazu, in Zukunft als reinster Vertreter des Typus zu gelten. Kein Zweifel, die leichte Drehung des Kopfes in das Dreiviertelprofil und die Gewandung sind hellenische Erbstücke. Ist der Kopf darum römisch?

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Im letzten Jahre ist in Wien ein Buch erschienen, das auf diese Frage vorweg kategorisch antwortet:') die Büste verkörpere typisch das ,,spätrömische Kunstwollen". Zu der eigentümlichen Haarbehandlung würde der Autor, A. RIEGL, sagen, dass sie ein Ausdrucksmittel optisch fernsichtiger Tendenz sei, dass die Haare, die früher mit der Grundfläche

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1) ALOIS RIEGL, Die spätrömische Kunstindustrie in Oesterreich-Ungarn I im Zusammenhange mit der Gesamtentwicklung der bildenden Künste bei den Mittelmeervölkern. Die Büste im Museum zu Kairo ist dem Autor entgangen.

Beiträge z. alten Geschichte II 1.

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taktisch fest verbunden gewesen waren, sich nun gegen dieselbe Grandflache optisch möglichst isclieren, dass sie aber dafür ihre hohe und freie Reliefausladung eingebisst haben und in die Projektion der Ebene zurückgesunken sind.) Und bezüglich der Grimasse: Gewahrt man die mächtig aufgerissenen Augen der spätrömischen Figuren, so wird man sofort inne, dass dieselben an der Figur geradezu die Hauptsache bilden sollen, wie die Seele, als deren Spiegel ja das Auge fungiert, der materiellen Körperlichkeit des Menschen gegenüber nach spätheidnisch-christlicher Auffassung die Hauptsache ausmacht. Nur war das Ziel die Versinnlichung des Geisteslebens an sich und nicht irgend einer individuellen Regung desselben.) Worauf es RIEGL bei diesem wohl selbst Fachgenossen schwer verständlichen Erklärungsversuch ankommt ist, dass das Hässliche, wie es uns z. B. in den Porphyrgruppen entgegentritt, keinen Verfall, sondern einen Fortschritt bedeute, geboren aus der Wendung zum Modernen, die das spätrömische Kunstwollen aus eigener Kraft und beileibe nicht etwa unter von aussen auf die Antike einwirkenden Einflüssen genommen habe - am allerwenigsten solcher vom alten Orient her, dessen extremsten Gegensatz es bedeute. Wir hätten es vielmehr zu thun (S. 187), mit einer „aus griechischer Wurzel entsprossenen und aus derselben fortdauernd genährten internationalen Modekunst des römischen Mittelmeerreiches."

Ich hätte diesen durch die fixe Idee vom ununterbrochenen Fortschritt der Kunstentwicklung auf hellenischer Basis eingegebenen Erklärungsversuch hier übergehen können, wenn mir nicht daran liegen müsste, ihn gleich bei seinem Auftauchen als verfehlt zurückzuweisen. Das gerade Gegenteil von dem, was RIEGL behauptet, dürfte wahr sein. Der Orient ist nicht, wie er, der herrschenden Ansicht entsprechend, annimmt, in der Zeit nach seiner politischen Unterjochung durch Alexander d. Gr. auf dem Gebiete der bildenden Kunst durchgreifend hellenisiert und in der eigenen Individualität erstickt worden, sondern er, der Orient, hat die eingedrungene hellenische Kultur zuerst bei sich aufgenommen, dann zersetzt und endlich vollständig seiner eigenen zähen und unüberwindbaren Natur assimiliert. Hellas stirbt in des Orients Umarmung.) Es ist nur aus der vollständigen Unkenntnis der Denkmälerwelt des Orients zu erklären, wenn zur selben Zeit, wo uns Orientfahrern die Augen aufgehen, von RIEGL und seinem Kollegen FRANZ WICKHOFF das alte, auf die einseitig gefärbten Berichte der klassischen Schriftsteller und die seit der Wiederaufnahme wissenschaftlicher Studien in der Zeit der Renaissance massgebende ultramontane Richtung zurückgehende Axiom, das alles von Rom herleitet, in einer

1) RIEGL a. a. O., S. 37.

2) RIEGL a. a. O., S. 111.

3) Vgl. meinen Aufsatz Hellas in des Orients Umarmung in der Beilage zur Allgemeinen Zeitung vom 17. und 18. Februar 1902 und meine Rezension des RIEGL'schen Buches in der Byzantinischen Zeitschrift XI (1902) S. 263 f..

Übertreibung gepredigt wird, die nahe an Verblendung grenzt. Der Einfluss des Orients stirbt nicht in späthellenistisch-römischer Zeit aus, im Gegenteil, er erstarkt immer mehr, und wird nicht zuletzt durch die synkretistischen Kulte und das Christentum in alle Welt getragen. Schon die frühchristliche Kunst war Träger altorientalischer Ideen und bald auch ihrer Formen; was sich von Alexandreia, Antiocheia und Ephesos aus vorbereitet hat, das gewinnt dann in der am Bosporos seit 330 erstehenden byzantinischen Kunst einen einheitlichen, zielbewussten Charakter, ist - zum mindesten Antike in altorientalisches Wesen übersetzt.

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Ich führe hier einen typischen Einzelfall vor. Die Haarbehandlung unserer Porphyrskulpturen ist durchaus unantik, hat weder in der griechisch-hellenistischen, noch in der römischen Kunst ihre Wurzel; sie ist vielmehr die altägyptische. Dass darin die altheimische Tradition dem starken, von Hellas ausgehenden Strom entgegen sich erhalten hat,

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ja verstärkt wiederaufleben und in konstantinischer Zeit etwa sich über Ägypten hinaus durchsetzen konnte, liegt in dem zähen Charakter der Bewohner des Nilthales deutlicher begründet als bei Parallelbeispielen in Syrien und Kleinasien. Man vergleiche die obenstehende Abbildung des Kopfes vom Schreiber im Museum des Louvre (Abb. 6) oder den so oft abgebildeten Kopf des Dorfschulzen1) mit unseren Porphyrköpfen: Das Haar oder die Perücke) liegt genau so flach an und setzt sich ebenso scharf gegen das Gesicht ab. Die Kurve selbst, zwei Viertelkreise seitlich und ein flach-konvexer Bogen oben finden sich z. B. beim Dorfschulzen.) Was dann noch mehr überrascht, ist, dass auch die

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1) SYBEL, Weltgeschichte der Kunst, S. 31, KUHN, Allg. Kunstgesch. u. a. O.
2) Vgl. ERMAN, Aegypten, S. 302f.

3) Die Verbindung zwischen der Porphyrbüste und diesen altägyptischen Beispielen stellen Köpfe her, die von den Archäologen graeco-ägyptisch genannt werden. Das ägyptische Museum in Kairo besitzt deren mehrere, ein Beispiel u. a auch im Kunsthist. Hofmuseum in Wien (vgl. v. SCHNEIDER im Archäol. Anzeiger 1891, S. 155 No. 33 und Album, Taf. XIII).

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Augen den anddringischen Pilek laten. Lewes eine Beispiel des Schreibers alderer Plants Bellaipting 11. de er geselekt an den speziellen Fall der Köpte in farbigen wein anknight, altorientalische Figuren hätten den Augenstern nicht angedeutet, wirin eben der Charakter der Gelat- and Lebovizkeit, den diese Fizaren auf uns machten ku zu einem guten Telle begründet lege, Gerade die Art, wie wir den Bück an einem Kopf wie dem des Schreibers angetricht sehen, durch die volle Aushebung der Papille, ist an römischen Bisten aus Konstantins Zeit wieder angewendet. Man he darauf hin nur den schönen Bronzekopf eines der Söhne Konstantins im Lateran an.) oder die sg. Amalasvintha im Kapitol) und ihre Verwandten in Mailand und im Louvre. Bei unseren Porphyrköpten hat sich der Steinmetz sehr einfach geholfen, indem er das von alters her in Ägypten bellebte und von den Kopten wieder überans häufig angewendete Kreis-Punkt Ornament in das Auge eingebohrt hat, dabei in gut altorientalischer Art darauf achtend, dass das obere Augenlid den Kreis teilweise überschneide. In Rom findet man dieselbe Art, das Auge auszuführen nur im Gegensinn) angewendet an dem Kopf des sog. Magnus Decentius im Kapitol.) Das Überschneiden der Pupille ist dann typisch byzantinisch geworden und giebt dieser Kunst zum Teil das blasiert Unnahbare ihrer Typen.")

Ich möchte hier noch einen zweiten Kopf als Beleg für meine Überzeugung vorführen. Es ist ein Kaiserkopf, den ich im Kairiner Handel für das Kaiser Friedrichs-Museum in Berlin erworben habe (Abb. 7, siehe S. 13). Er stammt angeblich aus Kene (Dendera?), ist 0.260 m hoch und in ägyptischem Kalkstein gearbeitet. Der Kopf hatte, wie ich glaube, eine leichte Wendung nach links und war etwas nach der Seite geneigt. Man versteht ihn in seiner derben Form ohne Angabe der Brauen und Haare nur, wenn man beachtet, dass er ganz bemalt war. Reste der schwarz gewordenen Farbenschicht liegen noch überall auf, der Lorbeerkranz zeigt noch die alte Vergoldung; vorn sass darin jedenfalls ein farbiger Stein. Im Rahmen dieser farbigen Ausstattung finden nun auch die heute leeren Augen ihre Erklärung: sie waren, um volle Leucht

1) Abg. von PETERSEN, Dissertazioni della Pontificia Accademia Romana di archeologia, Ser. I tomo VII Tav. III. RIEGL S. 109.

2) Abg. von GRAEVEN, Jahrb. der Kgl. preuss. Kunstsamml. 1898, S. 2, DIEHL, Justinien p. 53. Vgl. dazu MODIGLIANI, l'Arte I 365 f.

3) Vgl. dafür auch die Porphyrbüste einer Flora in Wien. SACKEN, Die antiken Sculpturen, Taf. 17.

4) ARNDT NO. 319, RIEGL S. 110. Dazu ein älteres Beispiel in Wien, vgl. Von Schneider, Album XVI.

5) Vgl. u. a. die sog. Honorius-Büste des Louvre No. 1010 (aus der Kollektion Borghese. Sie zeigt in mancher Beziehung den Anschluss an unsere Kopftypen. Eine Publikation, die vielleicht E. MicHON bringen wird, wäre sehr erwünscht. Ebenso eine Abbildung der sog. Eugenios-Büste No. 1036, die ihr im Louvre gegenübersteht.

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