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Italische Namen und Stämme.

Von A. Schulten.

I.

Die Gruppe der Namen auf -iedius, -edius, -idius.

Dass sich eine Inschriftensammlung zu kursorischer Lektüre eigne, wird gewiss niemand behaupten, und doch sieht man gewisse Dinge nur, wenn man grössere Partien eines epigraphischen Corpus im Zusammenhang liest. Nur so kann man Beobachtungen statistischer Art machen, wie sie jetzt, nachdem das Corpus Inscriptionum Latinarum fast abgeschlossen ist, anzustellen sind.

Beim Durchsehen des 9. Bandes von CIL. fiel mir auf, dass in den Inschriften der Kantone am Fucinersee (Marser, Paeligner, Vestiner, Aequer) eine bestimmte Art Namen in auffallender Häufigkeit vorkommt: die Namen auf -idius, -edius und -iedius. Auf einigen Seiten des CIL. IX findet man fast in jeder Inschrift einen solchen Namen und zwar Namen, deren Seltenheit und Altertümlichkeit sofort ins Auge fällt. Im pagus Fificulanus, einer Dorfschaft des Kantons der Vestiner, kommen 13 Namen auf idius und -(i)edius in den 33 Inschriften dieser kleinen Landgemeinde vor. Im pagus Fificulanus sind wir auf dem platten Lande: in einsamem Bergthal, wo, zumal in dieser Gegend, die als der Herd altitalischen Bauernlebens galt, die Bevölkerung ganz besonders sesshaft gewesen sein muss. Bewahrt doch noch heute dieser Teil Italiens, die Abruzzen, in Sitte und Brauch uraltes Volkstum, wie man es in diesem Maasse nur noch in den calabrischen Bergen und auf Sardinien findet.') Schon auf den Märkten von Solmona und Aquila wird der Liebhaber italischen Volkstums über die Mannigfaltigkeit der Trachten, deren hier noch jedes Dorf seine eigene bewahrt, staunen; noch stärker wird der Eindruck, wenn er in die weltabgeschiedenen Gebirgsthäler, etwa in das von dräuenden Bergwänden eingeengte Thal von Scanno, hinaufsteigt.

1) Ich verweise auf die von dem verdienten Lokalforscher der Gegend: DE NINO in Solmona veröffentlichte Sammlung: Usi e costumi abbruzzesi. Sechs Bände. Florenz 1879-97.

Beiträge z. alten Geschichte II 2.

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Den Nebenpfad, auf den mich der Zufall geführt, habe ich weiter verfolgt und es ergab sich, dass es kein Holzweg war: er eröffnete eine Aussicht in ein Stück altitalischer Kultur, die wohl geeignet ist, das, was wir sonst von marsischem und sabinischem Bauernleben, von seiner Abgeschlossenheit und Altertümlichkeit, wissen, zu ergänzen.

Die folgenden Blätter enthalten das Resultat einer Sammlung aller in Italien auf Inschriften vorkommenden Namen der bezeichneten Art. Der erste Eindruck hat sich vollkommen bestätigt. Die seltenen Namen: auf -edius und -iedius sind auf die Abruzzen beschränkt') und die häufigeren auf -idius ebenfalls nur in einer engeren und ziemlich scharf begrenzten Zone verbreitet, welche über die Heimat dieser Namen, die Abruzzen, nicht weit hinausreicht. Die Untersuchung durfte sich nicht auf die selteneren Namen, die auf -edius und -iedius, beschränken, da die Namen auf -idius den beiden anderen Gruppen eng verwandt sind. Zudem ist es bei statistischen Fragen besser, mit grossem Material zu arbeiten und lieber das Zuviel die weniger charakteristischen Namen auf -idius später abzustreifen, als etwas von vorn herein als überflüssig beiseite zu lassen; ausserdem finden sich manche alte, ganz seltene Namen nur in der sonst häufigeren Form auf -idius.

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Das aus jener Beobachtung sich ergebende Problem war, festzustellen, ob in der That, wie es den Anschein hatte, die Heimat jener Namen das Bergland der Abruzzen sei, ob wir es also mit unrömischen, andern Italikern gehörenden Namen zu thun haben. Die Untersuchung hatte, da jene Namen natürlich italisch sind, nur mit dem italischen Inschriftenmaterial zu operieren, nicht mit dem der Provinzen. Auszuschliessen war ferner die Hauptstadt Rom, deren Inschriften ausser den älteren im CIL. I stehenden nur für statistische Untersuchungen universalen, nicht für solche lokalen Inhalts zu brauchen sind. Und in der That verschwinden in der Masse des hauptstädtischen Namenschatzes die Namen der bezeichneten Art vollständig, sodass die Urbs nicht als Heimat derselben in Frage kommt. Das Material der Untersuchung findet sich also im V., IX., X., XI. und XIV. Band des Corpus. Die Güte Herrn Professor BORMANNS ermöglichte mir die Benutzung der Druckbogen des zweiten Teils von CIL. XI (Umbrien), der erst nach Abschluss dieser Untersuchung erschienen ist.

,,Italische" Namen habe ich die Gruppe der den Umbrern, Sabellern (Sabiner und Kantone am Fucinussee), Oskern (Samniten, Campaner, Frentaner, Lucaner, Bruttier) gemeinsamen und eigentümlichen Namen genannt in dem Sinne, wie diese Stämme sich selbst zusammenfassend bezeichneten (die Aufschrift Italia der Münzen des bellum Marsicum).

1) Dass die Namen auf -iedius und -edius zu den Eigentümlichkeiten der marsischen und abbruzzesischen Distrikte gehören", bemerkte schon MoMMSEN (Unteritalische Dialekte S. 347).

Um das Überwiegen der Namen in den Landschaften des Centralappennin zu kennzeichnen, könnte man auch von „abruzzesischen" Namen sprechen, wodurch aber der Anteil der südlichen, oskischen Stämme an diesen Namen verdunkelt werden würde.

Die nachstehenden Tabellen geben in der ersten Kolumne die Zahl der in der links genannten Stadt vorkommenden Namen auf -idius und -(edius; in der zweiten Kolumne steht die Zahl der in jeder Stadt gefundenen Inschriften und in der dritten das Verhältnis (abgerundet), in dem die Anzahl jener Namen zu der der Inschriften steht.') Am Ende der einzelnen je eine Landschaft umfassenden Abschnitte findet sich das Resultat der Statistik für die betreffende Landschaft. In der zweiten Kolumne steht hier die Summe aller in der Landschaft gefundenen Steine nicht die Summe der Inschriften der vorher genannten Gemeinden, denn natürlich kamen für die Frage nach der Verbreitung jener Namen in der ganzen Landschaft auch die Orte in Betracht, in denen jene Namen fehlen. Diejenigen Namen, welche in den kleineren, keinem bestimmten Territorium zugewiesenen Kapiteln des Corpus stehen, sind zu dem vorhergehenden Territorium geschlagen worden, so die des ager Amiterninus zu Amiternum.

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1. Statistik der im Corp. Inser. Lat. V, IX, X, XI, XIV vorkommenden Namen auf -iedius, -edius, -idius.

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1) Ich sehe sehr wohl, dass strenggenommen mit der Zahl der Namen auf -idius etc. nicht die der Inschriften, sondern der in den Gemeinden und Landschaften vorkommenden Namen zu vergleichen war. Es konnte jedoch von der herkulischen Arbeit, wie sie eine Zählung aller Namen bedeutet haben würde, abgesehen werden, da nur selten die Anzahl der in einer Inschrift vorkommenden Namen ein gewisses Mittel überschreitet und diese Ausnahmen (wie die Decurionenliste von Canusium und das Verzeichnis der veleiatischen Possessoren), welche natürlich das Verhältnis stark verschieben, berücksichtigt sind. Eine solche in keinem Verhältnis zu der Geringfügigkeit der neuen Ergebnisse, welche sie vielleicht erbracht hätte, stehende Arbeit glaubte ich mir um so eher ersparen zu dürfen, als ohnehin schon die an das Material gewandte Mühe keine geringe gewesen ist: so habe ich, um keine Namen zu übersehen, die Bände IX, X, XI 2 des Corpus, in denen das wichtigste Namenmaterial steckt, zweimal durchgearbeitet.

2) C. IX 3649-3905257 + 3 (Addenda) = 260.

3) C. IX 3906-4176271 +3=274.

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