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aufmerksam gemacht (und es bedeutet das eine für das Verständnis des alten Orients wichtige Entdeckung), daß die alte Welt die Zeitalter nach diesen Perioden berechnet und daß mit den dadurch gegebenen Epochen Kalenderreformen verknüpft sind, die in das politische und religiöse Leben gleich Reformationen eingegriffen haben. In dem ältesten Zeitalter, das wir bisher urkundlich kennen, stand die Sonne im Frühling im Zeichen der Zwillinge. Als Zwillinge werden von den Babyloniern Sin und Nergal angesehen, d. i. Mond und Sonne (s. S. 15 und 46). Denn wenn der Mond, der in der alten Periode den Vorrang hat, auf dem ihm im Weltall gebührenden Punkte, am Nordpunkt der Ekliptik, als Vollmond steht, so steht die Sonne, wie wir oben S. 15 sahen, in Opposition im Tiefpunkt der Ekliptik, im Nergal-Punkt. Hier liegt der Ursprung des Dioskurenmythus. Die Zwillinge sind allenthalben die getrennten Brüder, die nur einmal im Jahre sich begegnen. ,,Sonn' und Mond bewegen sich, che sie sich trennen“ (s. unten S. 33). Dies Zeitalter scheint auch als adû Nannar (Sin), d. h. Äon des Mondgottes, bezeichnet worden zu sein. Sargon sagt in der Prunkinschrift vom König von Meluhha (KB II, 66, 110f.), seine Väter hätten seit fernen Tagen, seit dem Äon des Mondes, keine Boten mehr an seine Vorgänger geschickt. Das Jahr muß in dieser Zeit mit dem Sivan (dem Monat, der dem Mond heilig ist) begonnen und mit dem Ijjar geschlossen haben.

Ungefähr von 2500 an stimmte der Kalender nicht mehr zur tatsächlichen Stellung des Frühlingsäquinoktialpunktes. Die Zeitrechnung mußte auf den Stier gestimmt werden, denn in das Zeichen des Stieres war der Frühlingspunkt gerückt. Das ist in der Tat geschehen, aber erst unter Hammurabi hat sich die Reform durchgesetzt. Hammurabi hat das Vorrücken des Frühlingspunktes zur Glorifizierung seiner Herrschaft als einer neuen Weltepoche benutzt. Es gelingt ihm,,die Erhebung des Marduk", des Stadtgottes von Babylon zum König der Götter.2 verdanke ich H. Zimmern. Die uns erhaltenen Bruchstücke stammen aus der Bibliothek Asurbanipals.

1) Bereits früher wurde die Aufmerksamkeit darauf gelenkt, z. B. von M. Niebuhr, Geschichte Assurs und Babels (1857), 245 ff.; in der 1890 erschienenen Schrift Geometry in Religion, London 1890.

2) Es ist hier noch verschiedenes unklar. Ist Marduk im Stier lokalisiert gedacht? Ist die Stier-Symbolisierung des Marduk dem neuen Äon zu Liebe und zur Bestätigung des Marduk als Obersten der Götter erfunden? Oder hat bei der Verlegung der Residenz von Sippar (denn dort residierte doch wohl vorher die Hammurabi-Dynastie) nach Babylon

Der Jahresanfang müßte der Präzession entsprechend einen Monat rückwärts, in den Ijjar, verlegt worden sein und der Jahresschluß in den Nisan. Direkte Zeugnisse dafür haben wir nicht. Aber wenn der König von Assyrien im Ijjar inauguriert wird, so läßt sich das nur aus dieser Erscheinung erklären.1 Man wird erwarten, daß dieses auf den Zwillings- bez. ,,MondÄon" folgende Zeitalter Sonnen-Charakter trägt. Und das stimmt auch wenigstens insofern, als Marduk wesentlich Sonnengottheit ist (s. oben S. 14 ff. und S. 32).2

Mit dem achten vorchristlichen Jahrhundert ist der Frühlingspunkt in das Zeitalter des Widders gerückt. Die astronomische Anerkennung und Festlegung dieser Tatsache gibt dem sonst unbedeutenden König Nabonassar (Nabû-naşir 747 bis 734) ein bedeutendes Relief. Sowohl die keilinschriftliche ,,babylonische Chronik" (KB II 274) wie der ptolemäische Kanon (KB II, 290) fangen mit ihm an; denn er beginnt astronomisch der Charakter des Stadtgottes Merodach den Ausschlag gegeben? Man kann vielleicht dazu die Rolle vergleichen, die das Widderheiligtum in der Ammon-Oase im Widderzeitalter erhielt, als die wissenschaftliche Zentrale von Babylonien nach Ägypten verlegt war.

1) Eigentlich müßte man schon Nisan als Jahresanfang erwarten, da inzwischen das nächste Zeitalter, das Widderzeitalter, eingetreten ist, wie es sich in der Tat bei Sargon in Babylon und hernach bei Nebukadnezar zeigt. Aber man hat eben zu gewissen Zeiten, vielleicht im bewußten Gegensatz, den Fortschritt nicht mitgemacht; man ist beim alten Kalender geblieben, wie heutzutage die Russen.

2) Hommels Ansicht, daß der Sonnenkult genuin babylonisch und der Mondkult westsemitisch ist (Grundriß S. 84 u. ö.), ist in der vorgetragenen Form unhaltbar, s. auch S. 33, Anm. 4. Nur soviel ist richtig, daß die Ackerbau treibenden Babylonier den Kult der Sonne von jeher besonders gepflegt haben (die Sonne bringt Wachstum und Ernte), während die nomadisierenden Babylonier westlich vom Euphrat den Mondkult besonders gepflegt haben; denn die heiße Sonne ist ihr Feind, der Mond des Nachts ist ihr Freund. Aber Sonnenkult und Mondkult haben immer nebeneinander bestanden. In der Theorie hatte in der ältesten uns bekannten Zeit der Mond, später die Sonne den Vorzug. Wenn von der Hammurabi-Zeit an die Sonne in den Vordergrund tritt, so ist doch der Mondkult auch zu seinem Rechte gekommen (z. B.: Hammurabi erhält die Gesetze vom Sonnengott, aber er sorgt auch für die Ausstattung der Mondstadt Ur), und er ist nie von seinen Kultorten verdrängt worden. Die Hervorhebung der Sonne in dem späteren Zeitalter beruht aber auf der geistigen Übermacht Babylons. Sehr spät ist noch einmal der Mond zur Vorherrschaft im vordern Orient gekommen: durch die Reform Muhammeds, der an die Kalender und Institutionen der Mondstadt Haran mit Bewußtsein angeknüpft hat. Das Werk Muhammeds bedeutet wie in diesem, so in manchem andern Punkte die letzte altbabylonische Renaissance, s. Winckler, MVAG 1901, 237 ff.

angesehen ein neues Zeitalter und wir müssen annehmen, daß er eine Kalender- und Zeitrechnungsreform durchgeführt hat, welche für Babylon als maßgebend anerkannt wurde. Und Berosus erzählt ausdrücklich, er habe die Urkunden seiner Vorgänger zerbrochen, damit nur noch nach ihm datiert werde. Die babylonische Reform des Widderzeitalters ist nicht recht zur Geltung gekommen; denn sein astronomischer Beginn fiel mit dem allmählichen Niedergang der geistigen Oberhoheit Babyloniens zusammen. 1

Mit diesem Wechsel der astralen Zeitalter hängen nun Mythen zusammen, die das Weltensystem widerspiegeln. H. Winckler hat nachgewiesen, daß diese Mythen für die Geschichtserzählung des Alten Orients eine fertig gelieferte Zutat bilden, die für den Schriftsteller dasselbe sind, was für den Dichter die Metrik und gehobene Sprache, für den Maler Linie, Schatten und Farbe ist. Insbesondere werden in jedem Zeitalter die Geschichtsanfänge so charakterisiert, daß die anhebende Person die Züge der astralen Gestalt trägt, die dem Anfangspunkt des Jahres (Zeitalters) entspricht. Aber auch über die übrigen Erzählungsstoffe spannt sich der Mythus gleich dem Netz einer entworfenen Zeichnung aus. Er zeigt sich in Wortmotiven, Wortspielen und Sagenmotiven, mit denen entweder die historischen Stoffe umrankt werden oder die an unwesentliche Züge der Geschichte angeknüpft werden, besonders gern auch in der Bildung künstlicher Namen und Beinamen. Die Geschichtserzählung der Alexanderzeit, der Perserzeit, die alt-römische Geschichte zeigt diese Erscheinung; in besonders' hohem Maße die Geschichte Muhammeds und seiner Nachfolger. Besondere Erregung hat nun die Behauptung hervorgerufen, daß diese mythologisch-historische Erzählungsform auch bei den biblischen Geschichten ihr Wesen treibe. Wincklers Geschichte Israels II hat gradezu die Tendenz, an der biblischen Geschichte als einem besonders charakteristischen Beispiel die mythologische Darstellungsform nachzuweisen. Winckler geht hier über das Ziel hinaus, ist auch dem naheliegenden Trugschlusse, der mit dem Nachweis der mythologischen Züge die historische Tatsache eliminiert, anfangs nahe gewesen, hat aber im Schlußkapitel bei der Zusammenfassung der Ergebnisse ausdrücklich betont (S. 298), daß sich die richtige Erkenntnis dieser Ausdrucks- und Auffassungsweise des Altertums eben so gut mit der vollkommensten Gläubigkeit wie mit der weitgehendsten Zweifelsucht in bezug auf die erzählten Tatsachen vereinigen läßt. Jedenfalls handelt es

1) Wir nennen heute noch den Frühlingspunkt den Widderpunkt, obwohl die Präzession längst in die Fische gerückt ist. Vielleicht erklärt sich aus den,,Fischen" das Fisch-Symbol der ersten Christenheit (in den Katakomben-Lampen sind es zwei Fische, von denen einer den andern verschlingt; die Erklärung aus den Buchstaben des Wortes ἰχθύς: Ιησους Χριστος θεου υἱος σωτηρ ist natürlich eine späte geistvolle Spielerei). Die Christen haben vielleicht unter dem Einfluß der orientalischen Gepflogenheit, die Zeitalter nach der Präzession zu charakterisieren, die neu angebrochene Aera mit den Fischen symbolisiert, um sie vom heidnischen Widderzeitalter zu unterscheiden. Das Bild der Fische ist langgestreckt und beginnt dicht beim Widder.

Mythus und Geschichtsschreibung. Der „,kanaanäische“ Kultus.

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sich um eine epochemachende Entdeckung, die für das Verständnis des Alten Testaments von weittragender Wichtigkeit ist. Verfasser hat deshalb mit vollem Bedacht dem „mythologischen Einschlag“ in seiner Streitschrift,,Im Kampf um Babel und Bibel“ (4. Auflage 1903, J. C. Hinrichs) das Wort geredet und es wird eine Aufgabe auch dieses Buches sein zu zeigen, wie das altbabylonische Weltbild und der Weltenmythus seine Spuren in der alttestamentlichen Erzählungskunst hinterlassen hat.

Die gesamte bisher besprochene babylonische Weltanschauung beruht auf der Betrachtung der Gestirnwelt. Die babylonische Wissenschaft, die mit Religion gradezu identisch ist, beruht auf der Astronomie. Aber die ganze Anschauung mußte dazu führen, daß mit dem Umlauf der Gestirnwelt der Wechsel des Naturlebens in Beziehung gesetzt wird, um zu zeigen, wie eine Erscheinung aus der andern sich entwickelt, wie aus der toten Natur die lebende hervorgeht. Im Vergleich zur reinen Himmelsreligion bedeutet das die Hereintragung einer Disharmonie: es wird die Zerrissenheit des Naturlebens hereingezogen. Wir finden die naturalistischen Elemente (Gewittergott, Sturmgötter, Flurengötter) bereits in den ältesten religiösen Zeugnissen der babylonischen Literatur, die wir bisher besitzen. Aber es scheint, daß innerhalb der euphratensischen Kultur der reine Sternkult das Ursprüngliche ist. Das Hereinziehen des irdischen Naturlebens, die Betonung im Kultus, scheint unter den semitischen Völkern (vielleicht unter einer speziellen Schicht) im westlichen Vorderasien sich besonders ausgebildet zu haben in Zeiten relativer Unabhängigkeit von der euphratensischen Geisteswelt. In Babylonien würde die Hervorhebung im Kultus aber dann den ,,kanaanäischen Einwanderungen“ zuzuschreiben sein, unter deren geistiger Mitwirkung ja die geuns bisher bekannte babylonische Keilschriftliteratur steht. Für außereuphratensischen und speziell,,kanaanäischen" Ursprung dieser Betonung im Kultus spricht der Umstand, daß die in den betreffenden Ideenkreis gehörenden, Leben und Sterben in der Natur verkörpernden Göttergestalten besonders im Kult der ,,kanaanäischen" Völker sich zeigen: Tammuz, Ašera, Adad. Davon wird S. 36 ff. ausführlicher die Rede sein.

samte

1) Daß die herrschende Bevölkerung zur Hammurabi-Zeit „kanaanäisch" ist, s. S. 1, Anm. 1, ist allgemein anerkannt (Jensen ausgenommen). Aber die Spuren dieser Kanaanäer gehen viel weiter zurück (vgl. IšmeDagan in der Dynastie von Isin ca. 2300; noch ältere Spuren im Obelisk des Maništusu [Scheil, Textes élam.-sém. 6 ff.; vgl. Zimmern, KAT 3 480 f., 484]). 2) So nennt die Bauernliste, die Sellin in Taanak aus altkanaanäischer Zeit fand, von den ,,babylonischen" Gottheiten neben Bel nur Adad und Ašera.

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Zweites Kapitel.

Kultorte und Hauptgestalten

des babylonischen Pantheons.

Wenn man die Stadtkulte der ältesten euphratensischen Staatengebilde, soweit wir Kunde von ihnen haben, überblickt, so könnte man auf den Gedanken kommen, daß auch diese von der oben geschilderten geistigen Idee und Kulturgemeinschaft beherrschten Staatengebilde das System des Himmelsbildes widerspiegeln sollen.1 Ist doch der König mit seinem Hofstaat Abbild der himmlischen Regierung (s. oben S. 3 f.). Jedes Stadtgebiet mit seinem Stufenturm versinnbildlicht die Planetenwelt im Kleinen. Der Stadtgott ist zwar für sein Gebiet der Götterkönig, aber die kleinen Tempel und Kapellen werden mit dem Stufenturm das himmlische System widergespiegelt haben. So rühmt und bevorzugt der vielleicht um 3000 anzusetzende König Lugalzaggisi von Erech die Göttin NidabaNisaba als seine Oberherrin (er nennt sich „,Held der Nidaba“), aber er verehrt nebenher Anu, Enlil d. i. Bel, Enki d. i. Ea, und Samaš, Sin nebst einer Reihe von Göttinnen, die ihre weiblichen Gegenstücke sind.

Der älteste Staat, den wir kennen, war das südbabylonische Sumer (wohl identisch mit Kingi). Die Städte, die dieses Staatsgebilde2 umfaßte, haben wie Ur in historischer Zeit ihre politische Bedeutung verloren, soweit sie überhaupt eine solche besessen haben (Eridu, Nippur). Aber ihre religiöse Bedeutung wurde nie vergessen. Diese Hauptorte sind:

Erech mit dem
Nippur: Bel,

Tempel des Anu (E-ana) und der Ištar,

Eridu: Ea,

Ur:
Larsa:

Sin,
Šamaš.

1) Ob die Gottheiten des Weltsystems in einem fertigen Staatengebilde auf die Hauptorte gleichsam verteilt wurden, oder ob umgekehrt, was ja näher liegt, die Hauptkultorte mit ihren Gottheiten die Bildung des Systems beeinflußt haben, läßt sich bei der Dunkelheit der alten Verhältnisse natürlich nicht mehr entscheiden.

2) Zur Zeit Lugalzaggisis kann man wirklich von einem Staate Sumer sprechen.

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