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Hekataios als Herodots Quelle zur Geschichte Vorderasiens. Von J. V. Prášek.

I.

Hekataios und der undizòg koyog des Herodot.

In seinem heutigen Umfang enthält das erste Buch Herodots breit angelegte Berichte über die Geschichte Lydiens. Mediens, Persiens und Babylons, die durch kleinere und größere Episoden (von den Peisistratiden, von dem Lykurgos und Sparta, von den äolischen Städten, von dem Krieg der Tyrsener mit den Karthagern und Phokäern in westitalischen Gewässern, von den Kariern, Kauniern und Lykiern, von den Massageten und dem Kaukasos) unterbrochen werden. Es lassen sich demnach vier selbständige Abschnitte im ersten Buche unterscheiden, die der Hekatäischen von Herodot rezipierten Art gemäß1) als λóyo bezeichnet werden können. Von den besagten vier Abschnitten bietet der medische λóyos, was den Stoff und das darin zu Tage tretende chronologische Schema anbelangt. dem Forscher ein in mancher Beziehung lockendes Untersuchungsfeld. Es soll auch bereits eingangs hervorgehoben werden, daß der undizòs λóyos Herodots auch formell von dem übrigen Texte des Geschichtswerkes scharf abgesondert wird, indem man noch in der jetzigen künstlich aufgebauten inneren Struktur des Buches den Anfang und Schluß des die medische Geschichte behandelnden λóyos ganz deutlich wahrnimmt. Nachdem nämlich die lydischen Geschichten zum Abschluß gebracht worden waren, setzt mit den Worten ἐπιδίζηται δὲ δὴ τὸ ἐνθεῦτεν ἡμῖν ὁ λόγος τόν τε Κύρον ὅστις ἐὼν τὴν Κροίσου ἀρχὴν κατεῖλε, καὶ τοὺς Πέρσας ὅτες τρόπῳ ἡγήσαντο τῆς Aoys in 1. 95 ein neuer Abschnitt ein. Wörtlich genommen fängt mit diesen Worten eigentlich der Aoyos über Kyros, über dessen Ursprung, über die Eroberung von Lydien und über die Begründung der persischen Weltherrschaft an, aber Herodot teilt selbst diesen Abschnitt in zwei selbständige, innerlich abgeschlossene Berichte, deren erster die Eroberung Lydiens. der zweite die Begründung des Perserreichs zum Gegenstande hat. Der Übergang von dem einen zu dem anderen Berichte ist I, 130 mit den

1) Herodot nennt VI, 137 ausdrücklich das Geschichtswerk des Hekataios und bezeichnet es in seinem Wortlaut als λóyou.

Worten οὕτω δὲ Κῦρος γενόμενός τε καὶ τραφεὶς καὶ ἐβασίλευσε καὶ Κροῖσον ὕστερον τούτων ἄρξαντα ἀδικίης κατεστρέψατο, ὡς εἴρηταί μοι πρότερον. τοῦτον δὲ καταστρεψάμενος οὕτω πάσης τῆς ̓Ασίης ήρξεν schart gekennzeichnet. Aber bei eingehender Prüfung des besagten óyos erschließt sich dem Leser die Erkenntnis, daß die Schicksale des jugendlichen Kyros erst nachträglich in eine bereits formell abgeschlossene Erzählung und zwar in die breit angelegte Erzählung von den Königen Mediens aufgenommen worden sind und deshalb erscheint auch die Bezeichnung der Erzählung als μ δικὸς λόγος berechtigt.

Bereits vor längeren Jahren) habe ich meiner Überzeugung in der Richtung Ausdruck gegeben, daß es dieser Erzählung, die doch außer über Könige und Völker auch über Länder und Städte Aufschluß erteilen will, an der eigenen Erfahrung des Verfassers mangelt, während die Autopsie in anderen Teilen des Herodoteischen Geschichtswerkes, für welche die persönlich gewonnene Information des Geschichtsschreibers außer Zweifel steht, erfreulich anmutet. Herodot selbst bezeichnet lediglich in seiner Einleitung die Perser" τοὺς Πέρσας Tous Пlégσas allein als seine Gewährsmänner, aber sogleich hebt er auch ausdrücklich hervor, daß er nur denjenigen „unter den Persern" folgt, welche in bezug auf Kyros nicht übertreiben, sondern echte Wahrheit berichten wollen, ungeachtet er noch imstande wäre, drei andere Versionen anzuführen. 2) Nur nebenher also gibt er bekannt, daß ihm über Medien und den Ursprung des Kyros vier verschiedene Berichte vorgelegen haben, unterläßt es aber, auf einzelne von ihnen näher einzugehen. Nur von der Version, welcher er selbst folgt. wird angegeben, sie wäre persischer Quelle entsprungen und aus dem Grunde, daß sie nicht übertreibe, hätte sie der Geschichtsschreiber vorgezogen. Die dabei angebrachte Antithesis Περσέων μετεξέτεροι λέγουσι und ἐπιστάμενος περὶ Κύρου και τριφασίας ἄλλας λόγων ὁδοὺς φῆναι würde den Schluss berechtigen. daß die übrigen von Herodot nicht benützten Berichte auf nichtpersischen Ursprung zurückzuführen seien, aber bei Herodots absolutem Schweigen über deren innere Beschaffenheit erscheint solch ein Schluß nicht begründet.

Es bleibt demnach die Aufgabe übrig, die auf uns überkommenen klassischen Aufgaben in der Richtung hin zu befragen, ob sie einige Überreste der durch Herodot angedeuteten drei Versionen aufweisen. Es ist aber gleich hier hervorzuheben, daß bereits Grote 3) und nach ihm A. Bauer 4)

1) Medien und das Haus der Kyaxares. Berliner Studien für klassische Philologie und Archäologie. Elfter Band. Drittes Heft. 1890.

2) 1, 95: ὡς ὧν Περσέων μετεξέτεροι λέγουσι, οἱ μὴ βουλόμενοι σεμνοῦν τὰ περὶ Κύρον, ἀλλὰ τὸν ἐόντα λέγειν λόγον, κατὰ ταῦτα γράψω, ἐπιστάμενος περὶ Κύρου καὶ τριφασίας ἄλλας λόγων ὁδοὺς φῆναι.

3) History of Greece IV, 246.

4) Die Kyrossage und Verwandtes. Sitzungsberichte der kais. Akademie der Wissenschaften. Phil. hist. Kl. C, 501 fgd.

Spuren von einer dieser Versionen in dem jetzigen Herodottexte und zwar an zwei verschiedenen Stellen entdeckt haben. I. 110 ist in den Herodoteischen Text eine Relation über die Pflegeeltern des Kyros1) aufgenommen worden, die positiv einem von der herodoteischen Erzählung unterschiedlichen Gegenstand entnommen ist. Einesteils werden in derselben des Astyages Rinderhirt Mitradates und dessen Gemahlin Spako namhaft gemacht, wogegen in der von Herodot herangezogenen Erzählung analoge Persönlichkeiten lediglich allgemein bezeichnet werden, andernteils stimmt die Schilderung der Gegend, wo Kyros erwachsen war, keineswegs mit der Beschaffenheit der Landschaft überein, in welcher Mitradates die Herden des Astyages hütete. Zwei Umstände kommen dabei insbesondere in Betracht. Die Ehegenossin und Mitsklavin des Mitradates heißt an der herangezogenen Stelle Κυνώ κατὰ τὴν ̔Ελλήνων γλώσσαν, κατὰ δὲ τὴν Mydixyv Zлazó und unmittelbar folgt eine im großen ganzen richtige Beschreibung des nördlich von Agbatana belegenen Teiles von Medien. 2) Diese zwei Umstände, nämlich die Wiedergabe des medischen Wortes σлаx durch das griechische Begriffswort zvro und die richtige geographische Charakteristik von Medien, sind nunmehr mit den einschlägigen Partien des Herodoteischen Werkes in Vergleich zu ziehen.

In bezug auf die Beschaffenheit der Sprache, d. h. der Sprache, deren sich die herrschende Manda"-Volksschicht bedient hat,3) gestatten uns lediglich die in den Keilinschriften und Klassikern vorkommenden Eigennamen, den im allgemeinen arischen Charakter der Sprache zu ermitteln, wozu sich noch das nicht zu unterschätzende Zeugnis Strabons p. 729 gesellt, welch letzterer die Bewohnerschaft Arianas im Gegensatz zu Medien und Persien als ὁμογλώττους παρὰ μικρόν bezeichnet und demnach der Einsprachigkeit Arianas die Einsprachigkeit von Medien und Persien gegenüberstellt. Herodot selbst deutet nirgends an, daß er mit der medischen Sprache betraut gewesen wäre, aber E. Meyer) hat in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise dargetan, daß Herodot weder der persischen noch der mit der letzteren eng verwandten medischen Sprache, ja keiner der arischen Sprachen überhaupt, folglich auch der medischen, nicht kundig war, da aus denjenigen Partien seines Werkes, in denen er direkt eingezogenen

1) ταῦτα εἶπε καὶ αὐτίκα ἄγγελον ἔπεμπεν ἐπὶ τῶν βουκόλων τῶν Αστυάγεος τὸν ἠπίστατο νομάς τε ἐπιτηδεστάτας νέμοντα καὶ ὄρεσ θησιωδέστατα, τῷ οὔνομα ἦν Μετραδάτης, συνοίκει δὲ ἑαυτοῦ συνδούλη, οἴνομα δὲ τῇ γυναικὶ ἦν τῷ συνοίκες Κυνό κατὰ τὴν Ἑλλήνων γλώσσαν, κατὰ δὲ τὴν Μηδικήν Σπακώ· τὴν γὰρ κίνα καλέουσι σπάκα Μήδοι.

2) ταύτη μὲν γὰρ ἡ Μηδικὴ χώρη [i] πρὸς Σασπείρων ὀρεινὴ ἐστι κάρτα καὶ ὑψηλή τε καὶ ἴδησι συνηρεφής, ἡ δὲ ἄλλη Μηδικὴ χώρη ἐστὶ πᾶσα ἄπεδος.

3) Vgl. hierüber meinen Aufsatz Beiträge zur medischen Geschichte in Masperos Recueil, XVIII, 192 fgd.

4) Forschungen zur alten Geschichte I, 192 fgd.

persischen Informationen folgt, drastische Belege seiner Unbekanntschaft mit der persischen Sprache evident sind. Demnach muß man von der Tatsache ausgehen, daß der Geschichtsschreiber weder der persischen noch der medischen Sprache kundig war. Nun ist aber die in seinen Text aufgenommene Glosse Κυνώ κατὰ τὴν ̔Ελλήνων γλῶσσαν, κατὰ δὲ τὴν Mydixiv Σлαxó eine ganz richtige.) Bei solchen Verhältnissen liegt zweifellos der Schluß nahe, daß die erwähnte Glosse mit dem zu derselben. gehörigen Wortlaut des jetzigen Textes Herodots Eigentum nicht ist. sondern auf eine uns bisher unbekannte Quelle zurückgeht; es sind uns folglich in der Glosse Trümmer einer zweiten Version erhalten, die des Kyros Jugend enthalten hat.

Bevor wir die Frage nach dem Ursprung und der Beschaffenheit der eben ermittelten Version zu beantworten versuchen, verlohnt es sich, noch weiteren Spuren dieser Version nachzugehen, um womöglich das zu einer wenn auch nur partiellen Rekonstruktion derselben nötige Material zu gewinnen. Nun sind noch an zwei anderen Stellen des Herodoteischen Textes bei eingehender Prüfung derselben bestimmte Spuren dieser Version erkenntlich. Bereits Duncker, Geschichte des Altertums IV, 5, 258 hat auf den interessanten Umstand aufmerksam gemacht, daß in I, 113 Harpagos zur Kontrollierung des Rinderhirten τῶν ἑωυτοῦ δοφυρόφων τοὺς ToτоTάTоvs entsendet, während in I, 117 Harpagos selbst dem den richtigen Tatbestand untersuchenden Astyages die Rechenschaft erstattet.2) Leider hat es Duncker unterlassen, den Faden weiter zu spinnen. Meines Erachtens wird durch die Antithesis beider herangezogenen Stellen nachgewiesen, daß sie auf verschiedene Quellen zurückgehen. In I, 113 werden im Zusammenhange einer schlicht gehaltenen Erzählung die dogvgógo des Harpagos, I, 117 in dem allerdings erkünstelten Gefüge einer oratio recta, die Herodot dem sich entschuldigenden Harpagos in den Mund legt, die Evroйzo des Harpagos namhaft gemacht. Das ist kein Zufall, kein Versehen, ja bei Herodots bekanntem Bemühen um den richtigen Ausdruck ist ein Versehen ausgeschlossen. Man muß sich vielmehr vor Augen halten, daß nach I, 108 Harpagos dem Astyages gegenüber als avio diznos καὶ πιστότατός τε Μήδων καὶ πάντων ἐπίτροπος τῶν ἑωυτοῦ, also als persönlicher Vertrauensmann des Königs erscheint und daß diese seine Eigenschaft als Hofmann auch aus den Worten I, 119 ó de xai piróσxɛiv egn καὶ ἀρεστὸν εἶναι πᾶν τὸ ἂν βασιλεὺς ἔρδῃ in dem folgenden Dialog mit dem Könige, welche Harpagos an den König gerichtet hat, nachdem ihm

1) Vgl. G. Curtius und Fick bei Bauer, Kyrossage, 501, ebenso Müllenhoff, Monatsberichte der preuss. Akad. 1866, 576 und Rost, Mitt. d. Vorderas. Ges. 1897, 183 und České Museum Filologiche V, 149, wo orazά oder oлáza mit dem russischen собака verglichen wird.

2) ἐπείτε δὲ ποιήσαντος τούτου τὰ κελευόμενα ἐτελεύτησε τὸ παιδίον, πέμψας τῶν εὐνούχων τοὺς πιστοτάτους καὶ εἶδον δι' ἐκείνων καὶ ἔθαψά μιν,

die Überreste des ermordeten Söhnleins vorgezeigt worden, waren, zum Vorschein kommt. Als Hofmann und Vorsteher des königlichen Hauses hat ja Harpagos die Verschnittennn unter seinem Befehl gehabt, folglich ist der in I, 117 überlieferte Bericht, worin Harpagos von sich selbst aussagt, daß er den Verschnittenen behufs Nachfrage entsendet hatte, als Teil einer Version anzusehen, die den Harpagos als Hofmann kennt. der auch Herodot gefolgt ist. Einer anderen Quelle ist dagegen der Bericht I. 113 entnommen, da in demselben Harpagos als Anführer der Lanzenträger, also als Kronfeldherr, bezeichnet wird. Ich sehe deshalb in dem letzteren Bericht den Überrest einer anderen. bereits in I, 110 enthaltenen Überlieferung, in welcher Harpagos als königlicher Heeresanführer die Hauptrolle spielt, folglich als ein mit Macht ausgestatteter Faktor auftritt, keineswegs aber als kriechender Hofmann, welcher heuchlerisch die Hand küßt, an der das unschuldige Blut seines einzigen Sohnes noch klebt.

Es unterliegt wohl keinem Zweifel, daß wir damit bei den Spuren einer von den drei Versionen, die Herodot erwähnt, angelangt sind und zwar an die Spuren derjenigen von ihnen, die auch Bauer in der den Bericht von der Erziehung des Kyros abschließenden Version ermittelt hat. Kyros, mit der Einwilligung des Astyages in das Haus seines Vaters Kambyses gekommen, soll sich seinen Eltern zu erkennen gegeben und dabei erzählt haben, auf welche wundersame Art er selbst errettet worden sei. Der jetzige Wortlaut des Herodoteischen Textes setzt die an der herangezogenen Stelle bereits bekannt gewordenen Einzelheiten über die Rettung des Kyros voraus und schließt mit der Bemerkung, daß Kyros, der sich als Sohn. des Hirten betrachtet hatte. erst auf dem Wege von Agbatana den tatsächlichen Stand von seinen Begleitern erfahren hat. Alles, was auf seine Erlebnisse in dem Hause des Hirten Bezug haben sollte, insbesondere aber die Art seiner wunderbaren Rettung, wird in den Worten dé ogiv ëλeye, φὰς πρὸ τοῦ μὲν οὐκ εἰδέναι ἀλλὰ ἡμαρτηκέναι πλεῖστον zusammengefabt. worin die Voraussetzung einer bereits zur Kenntnis genommenen Erzählung nahe liegt. Aber an diese zusammenfassende und lediglich Bekanntes erzählende Wiederholung knüpft in den Worten τραφῆναι δὲ ἔλεγεν ὑπὸ τῆς τοῦ βουκόλου γυναικός, Υιέ τε ταύτην αἰνέων διὰ πάντος, ἦν τέ οἱ ἐν 19 λóyo̟ và návia Kuro eine Einzelheit an, die deutlich die Zugehörigkeit zu I, 110, wo die Ehegenossin des Hirten mit dem Namen Spako oder Kyno angeführt wird, an die Hand gibt.

Die Hauptmomente der in Rede stehenden Version, insoweit sich deren Spuren aus Herodots Bericht ermitteln lassen, sind deshalb auf folgende Weise zusammenzufassen: Dem medischen Feldherrn Harpagos wurde von dem Könige Astyages der Auftrag zuteil, den Enkel des Königs auf dem Gebirge auszusetzen. Harpagos sendete einen Boten zu dem Rinderhirten des Königs, namens Mitradates, von dem er wußte, daß er seine Herden auf Weiden

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