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die Urkunde übernahmen, eigenhändig schreiben bezw. unterschreiben mussten.

Bei der grossen Fülle der delphischen Freilassungsinschriften müssen wir uns indessen fragen: Warum wird, wenn der Freilasser wirklich den Akt selbst schreiben musste, nicht immer angegeben, dass er es gethan hat? Warum haben die Unterschriften des βεβαιωτής und der συνεναQEOTEOVTES nicht überall die oben besprochene Form? und warum haben wir keine Zeugenunterschriften, welche den Unterschriften des ovvɛvaρεστέων und des βεβαιωτής durchaus parallel sind?

Alle diese Fragen erledigen sich durch die Beobachtung, dass uns keine Originalurkunden, sondern nur Zusammenstellungen derselben erhalten sind. Dies hat schon Colin a. a. O. S. 195 zwar nicht bewiesen aber vermutet, und dasselbe hat man auch für die Ehrendekrete von Delphi und Nordgriechenland angenommen.')

Gerade in dem Teile der Verträge nun, wo die Zeugen unterschreiben, finden wir immer eine von dem Original abweichende Form des Textes; und das erklärt sich vollauf aus dem Prinzipe, welches bei der Einmischung dieser Inschriften herrschte. Da nämlich die Subskriptionen im allgemeinen nicht blosse Namensunterschriften, wie heute, waren, sondern vollständige Erklärungen, wie wir es in der Amphissäischen Inschrift sehen und wie es die oben angebrachten ähnlichen schriftlichen Erklärungen der Bürgen und der ovvεvapeoTéovτes bezeugen, und da wir gewöhnlich mehrere Zeugen haben, wurde durch ihre Verkürzung Raum und Geld gespart. Man betrachte die Amphissäische Inschrift (oben S. 2:3) in dem Teile, welcher die Zeugenunterschriften enthält und welcher an dem Rande eines zu einem grösseren Konglomeratblock (íos άoovpaios) gehörigen, sich nach unten verengenden grösseren Kiesels eingemeisselt ist, um einzusehen, welche Freiheiten man sich bei der Verkürzung der Verträge gestattete. Dort passte sich der Steinmetz bei der Eingrabung der Inschrift der Breite des Blockrandes und der Ausdehnung des Kiesels an. Man liess also das Wort χειρόγραφον oder χείρ weg und am Ende, wo kein Raum mehr vorhanden war, fiel auch das Wort yeyova fort. In No. 1971 bei Baunack, Delph. Inschriften fungieren als Zeugen nur die Priester des delphischen Tempels. Da man ihre Namen durch das Archontat ermitteln konnte, so schrieb man in der Inschrift nur οἱ ἱερεῖς τοῦ ̓Απόλλωνος aber keine Namen; vgl. 2209, 2236. Es giebt sogar ein Beispiel (2141), wo wir überhaupt den Namen keines der Zeugen ermitteln können, obwohl sie in der Inschrift erwähnt werden.2)

1) Monceaux, Les proxénies grecques p. 281; Swoboda, Die griech. Volksbeschlüsse S. 47 ff. Eine weitere Willkür in Magnesia, Hermes XXXVI, 1901, S. 505.

2) Es ist offenbar, dass man sich bei einer etwaigen Gerichtsverhandlung betreffs der Freilassung nicht auf die Inschrift, sondern auf die Originalurkunde stützte, welche bei einer Person oder später in einem Archiv aufbewahrt wurde. Die Aufstellung der

Ausserdem unterschrieben die Zeugen nach jedem der die Urkunde bildenden Rechtsgeschäfte, wenn dieselbe nicht als ein Ganzes vor uns erscheint, wie man in der Inschrift BCH. No. 87 und Baunack 2094, 2146 u. a. sieht. Besondere Rechtsgeschäfte sind namentlich die Subskription des βεβαιωτής und die des συνευαρεστέων. So folgt in No. 87 auf den eigentlichen Akt Z. 17: μάρτυρες οἱ ὑπογράψαντες, οἵ τε ἱερεῖς τοῦ ̓Απόλλωνος (Namen)· τῶν ἰδιωτῶν (Name)." Dahinter kommt dann die Subskription der GvvEvaporέovoa und neun Zeilen mit den Namen. anderer') Zeugen. Das ist ein anderes Rechtsgeschäft, meine ich, welches wahrscheinlich nicht in ununterbrochener Fortsetzung und gewiss nicht vor denselben Personen, wie der erste Teil, zu Stande gekommen ist. Als dritter Teil schliesst sich daran die Subskription des ßeßaiwrno, beendet mit der Phrase „μάρτυρες κατά πάντων οἱ αὐτοί", es folgen aber keine Namen. Mit den Worten oi avroi sind hier die zweiten Zeugen gemeint, während das zaτà návтwv ganz unnötig und überflüssig ist. Offenbar drang es mit dem ganzen Satze ein, welcher als typischer Ersatz an Stelle der ausgelassenen Zeugensubskriptionen, deren einmalige Vorerwähnung auf dem Steine genügte, nachträglich und ungeschickt eingefügt wurde; vgl. BCH. No. 98, 59, 60 und S. 195; IGS. III 192, 193, 194. In einer anderen Anzahl von Inschriften geht die abgekürzte Form voran und die Zeugennamen folgen am Ende; so BCH. No. 87, 85, 91, 96; vgl. IGS. III 1066. Bei BCH. No. 101 am Schlusse wird gesagt „uάorvos οἱ αὐτοί, οἱ ἱερεῖς (Namen) καὶ τῶν πολειτῶν (Namen). Die Worte aber (μάρτυρες) οἱ αὐτοί ermangelnder Berechtigung. Denn vor diesen Worten haben wir in der Inschrift überhaupt keine Spur von Zeugen. Wahrscheinlich hatte man ihre Namen am Ende des eigentlichen Vertrages und vor der Unterschrift des Bürgen ausgestrichen, vergass dieses aber und setzte so oi avroi hinzu.)

Inschrift in Delphi hatte den Zweck, die Freilassung dem grossen Publikum kurz bekannt zu machen, entsprechend der orqaror άvággnog in Athen und in anderen griechischen Städten.

1) Dass die Zeugen nicht dieselben in allen Rechtsgeschäften eines Freilassungsvertrages zu sein brauchten, beweist auch die Abbreviationsformel μáorvoes oi airoí, von der die Rede sogleich sein wird. Wenn man oi avroí sagt, so geht daraus hervor, dass die Zeugen auch nicht oi avroí zu sein brauchen.

2) Solcher Ungeschicklichkeit bei der Verkürzung mussen wir vielleicht noch andere Unregelmässigkeiten zuschreiben, wie z. B. Baunack 2031, 1852, 2100, 2141. 2153, 2173, 2258, wo unbezeugte Erweiterungen nach den Namen der Zeugen stehen. Man liess die Inschrift eingraben und als man nachher sah, dass bei der Verkürzung auch manches Notwendige fortgelassen worden war, setzte man es nachträglich hinzu. Dies geschah vielleicht, zuweilen sogar auf Ersuchen und auf Kosten der Sklaven, welche das Interesse hatten, gewisse Einzelheiten des Vertrages zur Kenntnis zu bringen und ròv závτa zoóror aufzubewahren; vgl. z. B. für den Aufbewahrungsort des Originalvertrages Baunack 2004, 1718-9, 2202, 2133. Aus den Inschriften von Naupaktos und Buttos (IGS. III 360-385) könnte man die Überzeugung gewinnen,

Aus dieser Darlegung also geht hervor, dass die Stellen der Inschriften, wo die Subskriptionen der Zeugen stehen, verkürzt sind. In den Originalurkunden stand dort nicht uάorvoss oi inoɣoáyavtɛs oder ὑπογεγραμμένοι, sondern nur μάρτυρες oder μάρτυροι, wie es bei den älteren Inschriften häufig zu sehen ist; es folgte dann die Unterschrift der Zeugen, welche wie die oben besprochenen Unterschriften aussah, nämlich eine mit dem eigenen Namen begleitete schriftliche Erklärung μαρτυρῶ τὰ προγεγραμμένα" oder γέγονα μάρτυς (ἐπὶ τᾶς προγεγραμuevas avas“) u. desgl. Ähnlich erweist sich weiter, dass die Inschriften im allgemeinen verkürzte Formen der Originalverträge sind, weswegen wir nicht überall die eigenhändigen Subskriptionen auch der übrigen an dem Vertrage beteiligten Personen haben.

Die Zeit, welcher diese Inschriften angehören, ist oben angegeben, soweit sie sich bestimmen lässt. Die meisten stammen aus dem ersten Jahrhunderte n. Chr. und das erste Beispiel, welches sogar merkwürdigerweise eigenhändige Unterschriften jeder Art, d. h. des Freilassers, der συνευαρεστέουσα, des βεβαιωτής und der Zeugen erwähnt, ist No. 83, im Jahre 15 n. Chr. abgefasst. Die oben (S. 23) erwähnte unedierte Inschrift aus Amphissa gehört einer früheren Zeit an, weil sie als Boλαρχος zu Amphissa den Δημήτριος Μονίμου erwähnt, welcher in der delphischen Inschrift Baunack 2143 (150-140 v. Chr.) als Zeuge fungiert. Die andere, S. 19 erwähnte unedierte Inschrift aus Amphissa, in der die eigenhändige Schrift des Freilassers für erforderlich gehalten wird, muss dem Schriftcharakter und der Altertümlichkeit der Sprache nach mindestens der vorerwähnten gleichzeitig sein. Was die Zeitbestimmung der Inschrift Baunack 2146 anlangt, so haben wir dafür keinen sicheren Anhaltspunkt. Baunack schreibt: vielleicht 150-100" v. Chr.

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Ist nun die Zeitbestimmung der beiden Amphissäischen Inschriften richtig, so sind sie die ältesten Dokumente, auf denen die eigenhändige Schrift des Freilassers und der Zeugen als rechtlich notwendig erscheint. Wenn diese Beispiele fast vereinzelt dastehen, so kommt das daher, dass die gleichzeitigen und die älteren Freilassungsinschriften besonders in Delphi entschieden kürzer als die nachchristlichen sind. Hoffentlich werden weitere Entdeckungen diese Ermittlungen stützen; denn nach meiner Ansicht wurden auch die älteren Freilassungsverträge (vgl. Baunack

dass die Bestimmung des Aufbewahrungsortes des Originales keinen wesentlichen Teil desselben bildete oder während des Abschliessens des Vertrages nicht bekannt war und nachher von den Interessenten zugefügt wurde. Allerdings wird bei diesen Inschriften der Aufbewahrungsort des Kaufvertrages fast immer nach dem durch die Zeugenunterschriften vollzogenen Schlusse desselben bestimmt. Über die Deponierung einer avyyoag bei einem Dritten nach dem attischen Rechte s. Meier-Schömann-Lipsius, Der attische Prozess S. 6×6 (501 ̧.

S. 635 ff.) ähnlich den untersuchten abgefasst; ausser ihrer Kürze weisen sie keinen grundsätzlichen Unterschied von ihnen auf.

Mit dem Hinweis auf weitere Fragen, die sich in diesem Zusammenhang erheben, möchte ich schliessen: 1. Beschränkte sich der Brauch oder die gesetzliche Bestimmung der eigenhändigen Subskriptionen für die delphische Einflussphäre nur auf die Freilassungsurkunden oder unterlagen ihr auch andere derselben Zeit angehörende Verträge verschiedener Art? 2. War sie nur in Delphi und dessen Umgebung in Verwendung oder galt sie auch in anderen Teilen Griechenlands? Blieb sie ohne besonderen Einfluss auf weitere Strecken, da sie doch als Ausgangspunkt ein so grosses panhellenisches Centrum hatte ?1) 3. Giebt es eine Verbindungsbrücke zwischen diesen Subskriptionen und denen in Ägypten, wo die eigenhändige Unterschrift bei Verträgen schon im Jahre 89 v. Chr.) bezeugt ist? Ein Beitrag zur Beantwortung dieser Frage, den mir Herr Dr. Paul M. Meyer freundlichst zur Verfügung gestellt hat, wird diesen meinen Ausführungen folgen. 4. Wie ist das Hypereidescitat bei Pollux (II 152) zu verstehen, wo ein besonderes Gewicht auf das eigene χειρόγραφον gelegt wird?: » Υπερείδης δ ̓ ἐν τῷ ὑπὲρ Λυκόφρονος καὶ τὸ ὑπὸ τῶν πολλῶν ὀνομαζόμενον χειρόγραφον χεῖρα ὠνόμασεν, εἰπὼν οὔτε γὰρ τὴν ἑαυτοῦ χεῖρα δυνατὸν ἀρνήσασθαι. „Vgl. auch Suidas" χεῖρα· τὸ χειρόγραφον Υπερείδης".)

Berlin 1902.

Exkurs.

A. D. Keramopullos.

Schrift und Unterschrift in den griechischen Kontrakten der

Ptolemäerzeit.

Von Paul M. Meyer.

Die Frage nach der eigenhändigen Schrift resp. Unterschrift der Kontrahenten und Zeugen in griechischen Kontrakten der Ptolemäerzeit ist eine schwierige. Mitteis (Reichsrecht u. Volksrecht 54. 493) hat sie

1) Dass auch Fremde denselben Rechtsbestimmungen unterworfen waren und sie kannten, dafür haben wir verhältnismässig wenige und vielleicht infolgedessen nicht massgebende Beispiele; vgl. Baunack 1774 169 v. Chr.) für Aigion; 2129 und 2131 (191 v. Chr.) für Antiocheia; 1951 (184 v. Chr.) für Kreta; 2071 (178 v. Chr.) für Makedonien; 1834 (176 v. Chr.) für Kephallenia; 1720 (170-156 v. Chr.) für Thessalien u. s. w.

2) P. Leid. O (= Leemans, Pap. graeci musei Lugduni-Batavi I 1843, S. 77) Πετειμούθης Ὥρου Πέρσης τῆς ἐπιγονῆς ἔχω τὸ προκίμενον δανῆον, τὰς τοῦ ἀργυρίου νομίσματος δραχμὰς δεκαδύο, καὶ ἀποδώσω καθότι προγέγραπται. Vgl. Gneist a. a. O. S. 460f.

3) Boeckh-Fränkel, Die Staatshaushaltung der Athener S. 161 (179), ebenso wie Meier und Schömann, Der attische Prozess S. 501, nehmen an, dass man die attischen ovyyqaqai unterzeichnen musste. Dagegen ist Justus H. Lipsius in der neuen Bearbeitung des Attischen Prozesses* S. 686 (501).

1891 noch offen gelassen. Inzwischen ist das Papyrusmaterial bedeutend vermehrt. Danach lassen sich für die aus ptolemäischer Zeit erhaltenen Kontrakte in Bezug auf ihre äussere Form folgende Kategorien feststellen:

1. Objektiv stilisierte Protokolle, welche als subscriptio allein den, wie das ganze Protokoll, von der Hand eines Schreibers geschriebenen Namen des Agoranomiebeamten tragen; er ist auch im Präskript genannt. Diesem begegnen wir nur in den Papyrus der Thebais (aus der 2. Hälfte des 2. und der 1. Hälfte des 1. Jahrh. v. Chr.): der άyogavóuos ist eine offizielle Urkundsperson, durch den oder dessen Stellvertreter der Vertrag vollzogen und beglaubigt wird.

In Kontrakten des Faijûm (aus derselben und früherer Zeit) steht an seiner Stelle der ovyyoaqoquila (P. Amherst II n. 43: 173 v. Chr.; P. Tebtunis 109: 93 v. Chr.). Er ist einer der 6 Zeugen, deren Namen am Schlusse des Protokolls und auch meist auf dem Verso von der Hand des Schreibers verzeichnet sind: eine Privatperson, die den Vertrag zur Aufbewahrung erhält (s. sub 5.). Der für uns in Betracht kommende Schluss des Protokolls fehlt oder ist unvollständig: P. Amh. II n. 44 (138/137 v. Chr.), P. Tebt. 106 (101 v. Chr.) und 137; P. Tebt. 108 ist ein kurzer auf ein Verso geschriebener Auszug.

2. In die Form einer ouoλoyia gekleidete Protokolle. In einem Faijum-Kontrakte aus dem Jahre 192 v. Chr. (Petrie Papyri II n. 47) finden sich am Schlusse die vom Protokollschreiber geschriebenen Namen der Zeugen, unter ihnen der ovyyoaqoquλas; P. Amh. II n. 42 (179 v. Chr.) fehlt der Schluss des Protokolls.

In den Verträgen der Thebais des 2. Jahrh. v. Chr. fehlt der Name der Zeugen; statt ihrer und der Beglaubigung durch den ovyoayoq í kaž findet sich auch hier (wie sub 1.) nur die Vollziehung des Agoranomiebeamten (P. Grenfell II n. 16: 137 v. Chr.; P. Goodspeed 6: 129 v. Chr.; P. Tor. 4: 126 v. Chr.; P. Genève 20: 109 v. Chr. [über Z. 3 hinzugefügt ouolor]; P. Grenf. II n. 31: 104 v. Chr.; n. 25. 26: 103 v. Chr.; n. 33: 100 v. Chr.).

3. Auf das objektiv stilisierte Protokoll (= 1.) folgt ein zweites, in die Form einer óuohoyía gekleidetes Protokoll (= 2.). Eine einzige Urkunde dieses Typus ist uns bisher bekannt: BGU. 998 (101 v. Chr.), eine Immobiliarverkaufsurkunde aus der Thebais. Wir haben 2 Redaktionen desselben Vertrages, die verschiedene Zwecke erfüllten; die erste repräsentiert die „Verkaufsurkunde" (gãois), die zweite die Traditionsurkunde" (άлootaoiov ovyyoaq) (s. Spiegelberg, Strassburger demotische Papyrus, 1902, S. 7 ff.; Wilcken, Archiv II, 388 f.).

4. Χειρόγραφα (mit und ohne ὁμολογία, in Briefform):

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Aus der Thebais: P. Grenf. II n. 17 (136 v. Chr.: ouohoyo yeiv παρὰ σοῦ . . . ἐν ὑποθήκῃ. Am Schluss findet sich ἔγραψεν Δ. ὑπὲρ αὐτῶν

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