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wäre. Oder was gibt es Ähnliches für irgend eine andere Episode der griechischen Geschichte, die dem fünften Jahrhundert vorausliegt? Doch daß der Prozeß noch vorsolonisch war. halte ich allerdings für höchst unwahrscheinlich. Herodot kennt ihn überhaupt nicht, weil er die Akten nicht kennt; für Thukydides ist er zeitlos, offenbar weil sie nicht datierbar waren, und wenn der Anonymus ihn mit der Person des Solon in Zusammenhang bringt, so war dies, wie wir gesehen haben, eine sehr naheliegende Hypothese. Wie ich glaube, bietet noch unsere Überlieferung ein Moment, das ihn einer viel späteren Zeit zuweist. Nach Plutarch fand er statt Μύρωνος τοῦ Φλυέως κατηγοροῦντος, und ohne Zweifel ist dies aus den Urkunden geschöpft. Nun ist ja aber die Demenverfassung erst durch Kleisthenes geschaffen; daß irgend jemand vorher das Demotikon zu seinem Namen gesetzt habe, halte ich für mehr als unwahrscheinlich; jedenfalls ist es uns für keine einzige Persönlichkeit der früheren Zeit überliefert. Danach kann dieser Prozeß gar kein anderer gewesen sein, als derjenige, welcher auf Forderung des Kleomenes gegen die Freunde des Kleisthenes anhängig gemacht wurde. Doch dieser selbst war schon vor dem Beginn der Verhandlungen aus Athen entwichen: sein Name kam also in der Anklage nicht vor, und damit war für Thukydides und den Anonymus jeder Anhalt geraubt, nach dem sie die Akten hätten datieren können.

Die Verbannten waren zurückgekehrt: das wußte Thukydides, weil ihre Nachkommen noch zu seiner eigenen Zeit in Athen lebten. 1) Doch wann und wie sich ihre Rückkehr vollzogen hatte, war ihm unbekannt: denn jede genaue Kunde hörte für ihn auf, wo die Prozeßakten abbrachen. Die Ereignisse, welche Kleisthenes und seine Genossen aus der Verbannung befreiten, erzählt Herodot; doch verschweigt er dabei. was ihm unwesentlich scheint, daß nämlich ihre Heimkehr nicht ohne einen Akt religiöser Sühnung möglich war. In den feierlichsten Formen waren sie verurteilt worden. nicht nur als Mörder, sondern auch als Frevler gegen ein heiliges Asyl; das Volk konnte ihnen also keine Amnestie erteilen, wenn sie nicht auch die Göttin versöhnten. In welcher Form dies geschah, darüber besitzen wir noch ein Zeugnis, das auch Thukydides gekannt haben muß, aber wahrscheinlich nicht in seiner Bedeutung verstand.

Als die Spartaner das Asylrecht der Athene Chalkioikos verletzt hatten, indem sie den sterbenden Pausanias ihrem Schutz entzogen, befahl ihnen das delphische Orakel, den Frevel dadurch zu sühnen, daß sie der Göttin zwei Leiber für einen darbrächten. Sie erfüllten das Gebot, indem sie zwei Erzstatuen in dem Heiligtum aufstellten. 2) Wie dies dem Aber1) Thukyd. 1 126: κατῆλθον μέντοι ὕστερον, καὶ τὸ γένος αὐτῶν ἔστιν ἔτι ἐν

τῇ πόλει.

2) Thukyd. Ι 134: ὁ δὲ θεὸς ὁ ἐν Δελφοῖς τόν τε τάφον ὕστερον ἔχρησε τοῖς Λακεδαιμονίοις μετενεγκεῖν οὐπερ ἀπέθανεν – καὶ ὡς ἄγος αὐτοῖς ἦν τὸ πεπραγμένον

glauben aller Völker gemein ist, galt das Bild als vollwertiger Vertreter des Mannes, und der Zorn der Athene war abgewandt, nachdem sie den ihr Geraubten doppelt zurückerhalten hatte. Auch in Athen stand auf der Akropolis, d. h. im heiligen Bezirk der Göttin, eine Erzstatue des Kylon. 3) Freilich war nicht er selbst ermordet worden, aber das Bild des Führers konnte wohl auch als Sühnegabe für den Tod seiner Helfer gelten. Und daß es nicht etwa schon zur Feier seines Olympischen Sieges, sondern erst viel später errichtet war, scheint sich mir aus folgender Erwägung zu ergeben.

Was Pausanias über Kylon zu berichten weiß, geht in der Hauptsache auf Thukydides zurück; nur fügt er demjenigen, was diese Quelle ihm bot, noch selbständig hinzu, jener sei von außerordentlicher Leibesschönheit gewesen (eldos xáλhotos), und dies kann wohl nur auf dem Eindruck beruhen, den seine Statue auf den Beschauer machte. Daraus folgt aber, daß sie nicht ausgesehen haben kann, wie der Apoll von Tenea oder der Kalbträger, mit andern Worten, daß sie in einer Zeit entstanden sein muß, die menschliche Schönheit auch im Sinne der römischen Kaiserzeit schon zum Ausdruck bringen konnte. Unter den erhaltenen Statuen ist die älteste, die diesen Anforderungen entspricht, der delphische Wagenlenker, um das Jahr 470 v. Chr. gebildet. Daß schon dreißig bis vierzig Jahre früher, als Kleisthenes aus seiner Verbannung heimkehrte, eine ähnliche Leistung möglich war, ist nicht ausgeschlossen; doch in der Zeit des Kylon selbst konnte man sicher noch keine Statue schaffen, in der Pausanias oder seine Quelle einen Mann von höchster Schönheit erkannt hätte.

Also in den Prozeßakten führt uns das Demotikon des Klägers frühestens an das letzte Ende des sechsten Jahrhunderts, und die Statue, welche den Frevel sühnte, weist auf die gleiche Zeit. Damit ist der Beweis geführt, daß die Anknüpfung des Prozesses an die Person Solons, wie wir sie bei dem Anonymus finden, nicht echte Überlieferung sein kann, was übrigens schon an sich zu vermuten war.

Wie wir sahen, ist dasjenige, was uns über das Schicksal des Kylon und seiner Genossen berichtet wird, so genau und zuverlässig in allen Einzelheiten, daß es nur aus den Erzählungen von Augenzeugen geschöpft sein kann. Wenn aber solche in einem Prozeß, der erst im Jahre 508 stattfand, noch ihre Aussagen machen konnten, so kann der Frevel nicht bis in das siebente Jahrhundert zurückgehen. Und daß er viel später

δύο σώματα ἀνθ' ἑνὸς τῇ Χαλκιοίκῳ ἀποδοῦναι. οἱ δὲ ποιησάμενοι χαλκοὺς ἀνδριάντας δύο ὡς ἀντὶ Παυσανίου ἀνέθεσαν.

3) Paus. 1 28, 1: Κύλωνα δὲ οὐδὲν ἔχω σαφὲς εἰπεῖν ἐφ' ὅτῳ χαλκοῦν ἀνέθεσαν τυραννίδα όμως βουλεύσαντα. τεκμαίρομαι δὲ τῶνδε ἕνεκα, ὅτι εἶδος κάλλιστος καὶ τὰ ἐς δόξαν ἐγένετο οὐκ ἀφανής, ἀνελόμενος διαύλου νίκην Ὀλυμπικήν καὶ οἱ θυγατέρα υπήρξε γήμαι Θεαγένους, ὃς Μεγάρων ἐτυράννησε.

war, wird uns ja auch durch Herodot (V 71) so gut wie ausdrücklich bezeugt: ταῦτα πρὸ τῆς Πεισιστράτου ἡλικίης ἐγένετο. Diese Worte in dem Sinne aufzufassen, in welchem auch der Trojanische Krieg vor Peisistratos lag, ist jedenfalls eine höchst gewaltsame Interpretation; hätte Herodot das Ereignis für so früh gehalten, wie man es jetzt anzusetzen pflegt, so hätte er sicher geschrieben: πρὸ τῆς Σόλωνος ἡλικίης. Und daß er dies nicht meint, ergibt sich auch aus den folgenden Worten (V70): τаvτа dè лéμлшV ἔλεγε ἐκ διδαχῆς τοῦ Ἰσαγόρεω· οἱ μὲν γὰρ Ἀλκμαιωνίδαι καὶ οἱ συστασιώται αὐτῶν εἶχον αἰτίην του φόνου τούτου, αὐτὸς δὲ οὐ μετεῖχε οὐδ' οἱ φίλοι avtov. Dies setzt doch offenbar voraus, daß für Isagoras und seine Freunde die Möglichkeit gegeben war, an dem Frevel teilzunehmen, mit andern Worten, daß er noch bei ihren Lebzeiten stattgefunden hatte. Nun ist allerdings die Zeitbestimmung des Herodot so allgemein, daß man nicht gar zu viel Wert darauf legen kann: ein genaues Datum zu geben, wird er selbst nicht imstande gewesen sein. imstande gewesen sein. Doch darf man aus seinen Worten jedenfalls schließen, daß Hekataios annahm, der Mord falle noch in die ihm selbst unmittelbar vorhergehende Generation, und dies ist kein zu verachtendes Zeugnis. Jener Megakles, den die Hauptschuld traf, wird also kein anderer gewesen sein, als der Schwiegervater und Verbündete des Peisistratos. Ob freilich das Ereignis vor die Erhebung des letzteren oder in eine seiner Verbannungen zu setzen ist. möchten wir nach einer so unbestimmten Zeitangabe, wie die herodoteische es ist. nicht zu entscheiden wagen.

Wie aber kam der Anonymus dazu, es bis ins siebente Jahrhundert zurückzudatieren? Zum Teil mag er durch die Rolle bestimmt worden sein. die er in dem Prozesse dem Solon zuwies. Denn daß die Schuldigen sich freiwillig dem Gericht gestellt hatten, meinte er nur durch das Eingreifen eines weisen Ratgebers und Vermittlers erklären zu können, und eine andere Persönlichkeit, der man eine solche Einwirkung auf ihre Mitbürger hätte zutrauen können, war in der Frühzeit Athens nicht leicht zu finden. Doch dürfte noch ein zweiter Grund auf jene Zeitbestimmung eingewirkt haben. Die Archonten unter Führung des Megakles hatten die Tat befohlen oder zugelassen. Daraus folgt keineswegs, daß dieser Archon eponymos gewesen sei: eine viel größere Wahrscheinlichkeit spricht dafür, in ihm den Polemarchen zu erblicken. Denn nur in diesem Amte konnte er das Aufgebot der Bürger befehligen und mit ihm die Akropolis belagern. Ob aber dem Anonymus Listen, die alle neun Archonten verzeichneten. schon aus dem sechsten Jahrhundert zur Hand waren, ist mindestens zweifelhaft. Besaß er nur die gewöhnliche Eponymenliste, so ist es sehr wohl möglich, daß er nach 636 den Namen Megakles in ihr nicht mehr fand und danach den Frevel auf dieses Jahr datierte. Ist das richtig. so würde auch der Schluß, daß Solon das Gericht herbeigeführt habe, chronologisch wohlbegründet gewesen sein.

Ein Zeugnis haben wir noch unberücksichtigt gelassen. In der Olympionikenliste des Eusebius findet sich unter der 35. Olympiade, d. h. unter dem Jahre 640, der Vermerk: Σφαῖρος Λάκων στάδιον, καὶ δίαυλον Κύλων Ἀθηναῖος ὁ ἐπιθέμενος τυραννίδι. Doch die Annahme ist keineswegs ausgeschlossen, daß der olympische Sieg Kylons nur auf Grund der Zeitbestimmung datiert ist, die der Anonymus für seinen Sturz gefunden zu haben glaubte. In einem ganz überzeugenden Vortrage hat Alfred Körte seinen Greifswalder Freunden den Beweis geführt, daß die Olympionikenliste nur auf gelehrter Mache, nicht auf urkundlicher Überlieferung beruht. Hoffentlich bleibt dies wichtige Resultat, das dieser Untersuchung erst ihren Abschluß geben würde, auch der Öffentlichkeit nicht gar zu lange vorenthalten. 1)

1) Diese Mahnung, die ich Körte im Manuskript zu lesen gab, hat die erfreuliche Folge gehabt, daß er seine schöne Untersuchung abgeschlossen und im Hermes (XXXIX S. 224) veröffentlicht hat. Natürlich kann die Einreihung des Kylon in die Olympionikenliste nicht schon auf Hippias von Elis zurückgehen, wohl aber auf einen der zahlreichen Chronologen, die seine Untersuchungen in späterer Zeit ergänzten und verbesserten. Man könnte z. B. an Aristoteles selbst denken, der ja gleichfalls ein Buch über die Olympioniken verfaßt hat. Dies wäre überflüssig gewesen, wenn er nicht gemeint hätte, an der Liste des Hippias so manches berichtigen zu können.

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Die Anfänge des Bürgerkrieges zwischen Cäsar und Pompejus. Von L, Holzapfel.

II.

Tumultus und bellum.

Das decretum tumultus pflegte in der Zeit, wo sich die Herrschaft Roms bereits über ganz Italien erstreckte, vom Senat dann erlassen zu werden, wenn Italien oder das benachbarte Gallien von einem feindlichen Angriff bedroht war.) In der letzten Zeit der Republik, in der Italien vor äußeren Feinden gesichert war, konnte diese Maßregel nur beim Ausbruch innerer Kämpfe zur Anwendung kommen. Die als Friedenstracht übliche toga wurde dann mit dem Kriegsmantel (sagum) vertauscht und zugleich eine allgemeine Aushebung angeordnet, wobei die im Kriege mit einem auswärtigen Feinde für gewisse Fälle zugelassene Befreiung vom Dienste wegfiel. Die in Friedenszeiten vom militärischen imperium ausgenommene Stadt verwandelte sich in ein Kriegslager, was die Sistierung des sonst in der Stadt herrschenden und das militärische imperium ausschließenden Rechtes (iustitium) zur Folge hatte. 2) Man kann

1) Cic. Phil. VIII 3. Fest. p. 355 M. Serv. Verg. Aen. VIII 1.

2) Daß mit dem Eintritt des tumultus zugleich das Kriegskleid angelegt und das Recht sistiert wurde (über die Bedeutung des iustitium vgl. A. Nissen, Das Justitium, Leipzig 1877, besonders S. 98 ff.), folgert O. E. Schmidt (Rhein. Mus., Bd. 47, 1892, S. 255, Anm. 4) im Gegensatze zu H. Nissen, der in den beiden letzteren Maßregeln selbständige Akte erblickt (v. Sybels Hist. Zeitschr., Bd. 46, 1881, S. 100, vgl. S. 92), mit Recht aus Cic. Phil. V 31: tumultum decerni, iustitium edici, saga sumi dico oportere, dilectum haberi sublatis vacationibus in urbe et in Italia praeter Galliam tota. Ebenso wie die Befreiung vom Kriegsdienste, die nach Cic. Phil. VIII 3 durch das decretum tumultus aufgehoben wurde, erscheinen hier offenbar auch das iustitium und die Anlegung des Kriegskleides als integrierende Teile des durch jenen Beschluß geschaffenen Kriegszustandes, der durch die Aufzählung der einzelnen Momente lediglich ausgemalt werden soll. Ganz ähnlich wird, nachdem bei dem Konflikt mit M. Antonius am 2. Februar 43 der tumultus dekretiert worden war (Phil. VIII 2), die Wirkung dieses Beschlusses in der am nächsten Tage gehaltenen achten Philippica (§ 6) veranschaulicht: dilectus tota Italia decreti sublatis vacationibus, saga cras sumentur, consul se cum praesidio descensurum esse dixit.

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