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hiernach die Bedeutung des decretum tumultus dahin zusammenfassen, daß hierdurch die Kriegsbereitschaft des Staates gesteigert wurde, welchem Zwecke andererseits auch das neben diesem Beschlusse als selbständige Maßregel zur Anwendung kommende senatus consultum ultimum (vgl. S. 1) dienen sollte. 1)

Von dem bellum im engeren, staatsrechtlichen Sinne unterscheidet sich der tumultus dadurch, daß das bellum einem bestimmten Feinde (hostis) erklärt, der tumultus dagegen ohne Nennung eines Gegners einfach dekretiert wurde. 2) Im letzteren Falle verblieb der Gegner, wenn ihn nicht durch einen besonderen Beschluß zum hostis erklärte, wie es mit Antonius nach der Schlacht bei Mutina geschah3), im Besitze seiner bürgerlichen Rechte. Das decretum tumultus hatte aber in militärischer Hinsicht immerhin die Wirkung einer Kriegserklärung. 4) In der Sprache des täglichen Lebens wird der Ausdruck bellum im weiteren Sinne schlechthin ebenso wie unser Wort „Krieg" im Gegensatze zum Frieden gebraucht, sodaß der tumultus darin inbegriffen ist. 5)

H. Nissen) hat angenommen, daß bei dem Ausbruche des Bürgerkrieges zwischen Cäsar und Pompejus das decretum tumultus etwa am 9. Januar erlassen worden sei. Hiergegen macht O. E. Schmidt) mit Recht geltend, daß Cicero in einem am 12. Januar an seinen Freigelassenen Trio gerichteten Brief wohl des senatus consultum ultimum gedenkt). von einem decretum tumultus dagegen nichts bemerkt. Noch gewichtiger ist das zweite von Schmidt ins Feld geführte Argument, daß am 9. Januar die Feindseligkeiten von seiten Cäsars, die erst am 11. (vgl. S. 2) mit der Besetzung Ariminums begannen, noch garnicht eröffnet waren und es daher im Hinblick auf die Mangelhaftigkeit der eigenen Rüstungen ein unverantwortlicher Leichtsinn gewesen wäre, Cäsar durch Verhängung des Kriegszustandes über Italien zum Angriff zu provozieren. Auf Grund dieser Erwägungen gelangt Schmidt zu dem Resultat, daß das decretum tumultus erst am 14. Januar auf die Kunde von der Einnahme Ariminums. gefaßt worden sei.

1) So wurden diese beiden Maßregeln von Cicero in der fünften Philippica (31, 34) gleichzeitig beantragt.

2) Dies ist gut von A. Nissen (Das Justitium, Leipzig 1877, S. 84) auseinandergesetzt worden. Aus den Erörterungen, die Cic. Phil. VIII 1 ff. über tumultus und bellum angestellt werden, folgert er mit Recht, daß Antonius, wenn sich der Senat in dem am 2. Februar 43 gefaßten Beschluß für bellum statt für tumultus entschieden hätte, hiermit zum hostis erklärt worden wäre.

3) Cic. Brut. I 3b.

4) Cic. Phil. V 32: tumultum decerni, iustitium edici, saga sumi dico oportere sentiet (M. Antonius) sibi bellum cum re publica esse susceptum.

5) Auf diese Weise erklärt sich Ciceros Äußerung (Phil. VIII 2): tumultus esse sine bello non potest, worin A. Nissen (a. a. O. S. 87) mit Unrecht einen Irrtum erblickt.

6) A. a. O. S. 54.

7) A. a. O. S. 113.

8) Fam. XVI 11, 2.

Auffallenderweise hat jedoch Schmidt sowohl wie Nissen übersehen, daß diese Maßregel bei Plutarch und bei Dio Cassius ausdrücklich erwähnt und durch Plutarchs Angaben eine sichere Zeitbestimmung ermöglicht wird. Nach der von Plutarch benutzten Darstellung, die in doppelter Fassung überliefert ist, wurde der fragliche Beschluß unter der Einwirkung der durch die Kunde von der Besetzung Ariminums und durch die Flucht der Landbevölkerung in die Stadt erregten Panik von Pompejus veranlaßt. 1) Ein anderer Sachverhalt scheint sich allerdings aus Dios Bericht zu ergeben. Es wird hier das decretum tumultus unter den vom Senat nach dem senatus consultum ultimum (7. Januar) gefaßten Beschlüssen an erster Stelle erwähnt und der Verlauf der Begebenheiten so dargestellt, als ob Cäsar erst auf die Kunde von jenem Beschluß nach Ariminum vorgerückt wäre. 2)

Es kann nicht schwer fallen, zwischen diesen beiden Berichten die Entscheidung zu treffen. Für Plutarchs Darstellung spricht zunächst die Erwägung, daß sie den von Schmidt geltend gemachten Gründen gerecht wird. Wir haben ferner bereits gesehen, daß Dio in diesem Abschnitte einer schlechteren Quelle folgt. 3) Allem Anschein nach hat die Zurückschiebung des decretum tumultus darin ihren Grund, daß der Autor, auf welchen Dios Erzählung zurückgeht, auf Cäsars Seite stand und im Einklange mit der von Cäsar selbst gegebenen Darstellung (vgl. S. 14 ff.) bestrebt war, die Besetzung Ariminums als einen nicht bloß durch das senatus consultum ultimum, sondern auch noch durch weitere Herausforderungen notwendig gewordenen Schritt erscheinen zu lassen. Der Cäsarianische Standpunkt gibt sich auch in Dios Befremden über den Übertritt des von Cäsar jederzeit ausgezeichneten Labienus und in der Zurückführung dieses Verhaltens auf persönliche Motive zu erkennen 1), welche Darstellung mit der günstigen Beurteilung, die diesem Manne bei Cicero und Plutarch zu teil wird 5), in auffallender Weise kontrastiert.

Wir haben uns demnach ausschließlich an Plutarch zu halten. Es verdient nun beachtet zu werden, daß Plutarch sowohl Pomp. 61 als

1) Plut. Pomp. 61 (von Pompejus): vnqidμevoz tagaphy ógāv. Caes. 33: unyizotai ragezir ógāv. Im Originalbericht stand wohl tumultum esse videri, wofür Plutarch ridere gelesen zu haben scheint.

2) Dio XLI 3. 3 ff. (vom Senat): Categor de lķo toi xoμypiov aọòc abtòv tòv Πομπήιον ἐλθόντες ταραχήν τε εἶναι ἔγνωσαν . . . . πυθόμενος οὖν ταῦτ ̓ ἐκεῖνος ἔς τε Αρίμινον ἦλθεν .

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5) Cic. Att. VII 13a, 1: Labienum poa iudico. VII 13b: Labienus, vir mea sententia magnus, Teanum venit. Plut. Caes. 34: tùy μìr qryìr of år990x01 xatyida διὰ Πομπήιον ἡγοῦντο, τὴν δὲ Ῥώμην ὡς Καίσαρος στρατόπεδον ἀπέλειπον, ὅπου καὶ Λαβιηνός, ἀνὴρ ἐν τοῖς μάλιστα φίλος Καίσαρος καὶ πρεσβευτής γεγονὸς καὶ συνη. γωνισμένος ἐν πᾶσι προθυμότατα τοῖς Κελτικοῖς πολέμοις, τότ' ἐκεῖνον ἀποδρὰς ἀφί κετο προς Πομπήιον.

Beiträge z. alten Geschichte IV 3.

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auch Caes. 33 die Flucht der Pompejaner aus der Hauptstadt (17./18. Jan.) unmittelbar auf das decretum tumultus folgen läßt. 1) Andrerseits gewinnt man namentlich aus der Plut. Pomp. 60 ff. gegebenen Darstellung den Eindruck, daß jener Beschluß nicht sogleich nach dem Einlaufen der Nachricht von der Besetzung Ariminums gefaßt worden sein kann. Zunächst eilte auf die Kunde von diesem Ereignis der Senat mit den Magistraten hinaus vor die Stadt zu Pompejus. In der nunmehr anberaumten Sitzung fragt Cicero nach der Stärke der vorhandenen Streitkräfte und beantragt, nachdem Pompejus eine unbefriedigende Antwort gegeben, die Abschickung einer Gesandtschaft an Cäsar (vgl. Ş. 16 ff.). Favonius richtet seinerseits an Pompejus die Aufforderung, die versprochenen Truppen aus dem Boden zu stampfen. Es wird hierauf ein von Cato gestellter Antrag erwähnt, wonach Pompejus zum Oberbefehlshaber mit unumschränkter Befugnis (orgarnyòs avτoxqάtwo) ernannt werden sollte, und sodann eine Schilderung der in Rom herrschenden Panik gegeben. Das Landvolk sei aus allen Gegenden in eiliger Flucht nach Rom hereingeströmt, während die Einwohner dasselbe ihrerseits verlassen hätten. Es sei nicht möglich gewesen, der Verwirrung, bei der der tüchtige Bestandteil der Bevölkerung schwach, das ungehorsame Element dagegen stark und schwer zu behandeln gewesen sei, Einhalt zu tun. Niemand habe Pompejus nach eigenem Ermessen handeln lassen, sondern jeder vielmehr seine eigene Stimmung, mochte es Furcht oder Betrübnis oder Verlegenheit sein, auf ihn übertragen. An dem nämlichen Tage hätten die verschiedensten Ratschläge die Oberhand gewonnen und von den Feinden habe man nichts Zuverlässiges erfahren, weil viele Leute aufs Geratewohl Nachrichten verbreitet und, wenn man ihnen Mißtrauen bezeigte, gezürnt hätten. Da habe denn Pompejus die Erklärung des Tumults beantragt und am späten Abend die Stadt verlassen, indem er die Senatoren aufgefordert hätte, ihm zu folgen, mit der Ankündigung. daß er jeden Zurückbleibenden als Cäsarianer betrachten würde.

Es liegt hiernach zwischen dem Eintreffen der Kunde von der Einnahme Ariminums und dem decretum tumultus noch ein ziemliches Intervall. Die erste Maßregel, welche auf die Nachricht von diesem Ereignis beantragt wurde, war die Abschickung einer Gesandtschaft an Cäsar, die, wie wir gesehen haben, trotz dem von Pompejus erhobenen Widerspruch auch tatsächlich um den 15. Januar abgegangen ist (vgl. S. 10, 17, 21). Zunächst hat also im Senat die friedliche Stimmung entschieden überwogen. Es läßt sich hiermit die Annahme nicht vereinigen, daß es schon am 14. oder 15. Januar zu dem decretum tumultus gekommen sei.

1) Plut. Pomp. 61: οὕτω δὴ ψηφισάμενος ταραχὴν ὁρᾶν καὶ κελεύσας ἕπεσθαι ἅπαντας τοὺς ἀπὸ βουλῆς καὶ προειπών, ὅτι Καίσαρος ἡγήσεται τὸν ἀπολειφθέντα, περὶ δείλην ὀψίαν ἀπέλιπε τὴν πόλιν. Caes. 33: ψηφίζεται ταραχὴν ὁρᾶν καὶ τὴν πολιν ἐξέλιπε κελεύσας επεσθαι τὴν γερουσίαν.

In zweiter Linie beschäftigte sich der Senat mit der von Cato angeregten Übertragung des Oberbefehls an Pompejus. Das decretum tumultus wurde erst gefaßt, nachdem die durch die Besetzung Ariminums erregte Panik durch das Hereinströmen der Landbevölkerung in die Stadt noch gesteigert worden war. Mithin spricht alle Wahrscheinlichkeit dafür, daß dieser Beschluß erst an demselben Tage, an welchem sich Pompejus aus Rom entfernte (17. Januar), zustande gekommen ist. Hierzu stimmt die Darstellung Lucans, welche den Eintritt des iustitium und die Anlegung des Kriegskleides mit der Flucht der Pompejaner aus Rom zusammenfallen läßt.) Der Umschwung der im Senat herrschenden Stimmung, der sich in dem decretum tumultus äußerte, war jedenfalls in erster Linie durch die Nachrichten von Cäsars weiterem Vorrücken bis nach Ancona, dessen Einnahme man am 17. Januar erfuhr2), herbeigeführt worden.

Eine sehr wesentliche, auf dem decretum tumultus beruhende Veränderung wird auch von Cäsar, der über diesen Beschluß selbst hinweggeht, in unmittelbarem Zusammenhang mit der Flucht der Regierung aus Rom erwähnt. Er sagt, die Konsuln hätten, was bisher niemals vorgekommen sei3), die Stadt verlassen und Privatleute gegen jegliches alte Herkommen in der Stadt und auf dem Kapitol Liktoren bei sich gehabt.4) Dies konnte eben nur dann geschehen, wenn das militärische imperium, das die von Cäsar als privati bezeichneten Prokonsuln und Proprätoren unter gewöhnlichen Verhältnissen beim Betreten der Stadt verlieren mußten, auch auf dieses Gebiet ausgedehnt wurde, wie es bei dem Eintritt des durch das decretum tumultus herbeigeführten Kriegszustandes der Fall war.

Da Cäsar durch das decretum tumultus als Landfriedensbrecher gebrandmarkt wurde, so hatte er natürlich, wie O. E. Schmidt sehr richtig bemerkt), alle Ursache, dasselbe in seiner Darstellung zu übergehen. Auf diese Weise erreichte er zugleich, daß die Erstreckung des imperium auf die Stadt und das den Göttern geheiligte Kapitol als ein illegaler Akt erschien.

Den auf Ernennung des Pompejus zum Oberbefehlshaber mit unumschränkter Befugnis lautenden Antrag Catos hat H. Nissen) in dem Sinne

1) Phars. II 16 ff.

Ergo ubi concipiunt, quantis sit cladibus orbi
Constatura fides superum, ferale per urbem

Justitium, latuit plebeio tectus amictu

Omnis honos, nullos comitata est purpura fasces.

Unter dem plebeius amictus kann nur das sagum, bei welchem die Abzeichen

der verschiedenen Stände in Wegfall kamen, verstanden werden.

2) Vgl. Cic. Att. VII 11, 1 (s. dazu S. 5 Anm. 4) und fam. XVI 12, 3.

3) Über diese Bemerkung s. S. 14 ff.

4) Caes. b. c. I 6, 7: lictores habent in urbe et Capitolio privati contra omnia retustatis exempla.

5) Der Briefwechsel des M. Tullius Cicero, S. 107.

6) A. a. O. S. 100.

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aufgefaßt, daß es sich um eine Diktatur gehandelt hätte. Aber alsdann wäre es doch auffallend, daß Plutarch weder Fomp. 61, noch auch Cat. min. 52, wo der fragliche Antrag ebenfalls erwähnt wird 1), diesen Ausdruck gebraucht, der sonst von ihm ebensowenig wie von den anderen griechischen Autoren gemieden wird. 2) Cato wird sich also wohl in dem Sinne ausgesprochen haben, daß die übrigen mit konsularischem imperium ausgestatteten Beamten veranlaßt werden sollten, sich Pompejus unterzuordnen.

Auf den ersten Blick könnte es scheinen, als ob dieser Antrag angenommen worden wäre. 3) Vellejus sagt geradezu, daß die Konsuln und der Senat die oberste Leitung der militärischen Angelegenheiten auf Pompejus übertragen hätten. 4) Im Einklang hiermit steht Dios Angabe 5), wonach er nicht nur die Verfügung über das Ärar, von der auch bei Cäsar die Rede ist 6), sondern auch das Kommando über die Truppen erhielt. Die gleiche Auffassung begegnet bei Florus, wo Pompejus als pacis bellique moderator bezeichnet wird. 7)

Von größerem Gewicht als diese Zeugnisse ist jedoch eine Angabe Cäsars), woraus sich ein anderer Sachverhalt ergibt. Der Pompejanische Flottenführer Libo soll nämlich bei den Unterhandlungen, welche er bald nach Cäsars Überfahrt nach Griechenland mit dessen Legaten M.' Acilius und Statius Murcus anknüpfte, geäußert haben, er selbst sei stets für einen Vergleich gewesen, doch besitze er nicht die Befugnis, einen solchen herbeizuführen, weil man nach einem in einer Versammlung gefaßten Beschluß die oberste Leitung des Krieges und aller sonstigen Angelegenheiten dem Pompejus überlassen hätte (quod de consilii sententia summam belli omniumque rerum Pompeio permiserint). Wie der Ausdruck consilium zeigt, ist der fragliche Beschluß nicht vom Senat, der im technischen Sprachgebrauch niemals in dieser Weise bezeichnet wird9), sondern von den dem Pompejus gefolgten Senatoren, die lediglich ein consilium der Feldherrn waren und diesen Namen in der Tat auch führten 10), gefaßt worden.

1) Plut. Cat. min. 52: συνεβούλευεν ὁ Κάτων ἑνὶ Πομπηίῳ τὰ πράγματα ἐγχειρίσει. 2) Plut. Camill. 5, 25, 34, 36, 39, 40. Fab. 3, 4, 9, 10. Marcell. 5. Sull. 33. Pomp. 9, 54. Caes. 37, 51.

3) Hierfür entscheidet sich Lange, Röm. Altert. III 409, ohne jedoch Belege für seine Ansicht anzuführen. Auch Mommsen, Röm. Gesch. III 380, Röm. Staatsr. III 925 Note 6 und Stoffel, Hist. de Jules César, Guerre civile I 1 nehmen an, daß der unbeschränkte Oberbefehl vor der Flucht aus Rom auf Pompejus übertragen worden sei, lassen jedoch Catos Votum unerwähnt. Nach Stoffel soll der fragliche Beschluß schon am 7. Januar gefaßt worden sein.

4) Vell. II 49, 2: consules senatusque causae nomine Pompeio summam imperii detulerunt.

5) Dio XLI 3, 4. 8) Caes. b. c. III 16, 4. 10) Cic. Att. VII 15, 2.

6) Caes. b. c. I 6, 3.

7) Flor. II 13, 20. 9) Mommsen, Röm. Staatsr. III 1028. Caes. b. c. III 83, 3.

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