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§ 128. „Wenn ein Mann eine Frau nimmt und ihre Verträge nicht gemacht hat, dieses Weib ist nicht Ehefrau."

Selbst da, wo kein Subjektswechsel stattfindet, wird, um jeden Zweifel auszuschließen, das Subjekt wiederholt:

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$109. Wenn eine Weinschenkin, in deren Hause sich Verschwörer versammeln, diese Verschwörer nicht anzeigt und nicht zum Palaste bringt, so soll diese Weinschenkin') sterben."

Lehrreich hinsichtlich der syntaktischen Deutlichkeit ist auch § 154: „Wenn ein Mann seine Tochter erkennt, diesen Mann (awilum suati) vertreibt man aus der Stadt" (ali ušezzû-šu). ,,Sie vertreiben ihn aus der Stadt" allein hätte genügt, um den Gedanken an eine Verjagung der Tochter auszuschließen, da sie vertreiben sie" ušezzú-ši heißt. Aber daß die entfernte Möglichkeit einer Verwechslung der beiden Pronominalsuffixe (für das Ohr) ausgeschlossen wurde, war ein Gewinn.

Im § 186 kann sich daher „er verging sich" oder vielmehr „er vergewaltigte" nur auf das Subjekt, den Adoptanten, beziehen.

Hinzu kommt, daß die Worte nachdem er ihn genommen hat" (inuma ilkú-šu) in Winckler's Übersetzung einen reinen Pleonasmus bilden würden, während die Sprache des Gesetzgebers sich davor genau so ängstlich hütet, wie vor unklarer Überkürze.

Beiden Mängeln suchen D. H. Müller und Kohler-Peiser abzuhelfen: der eine, indem er das Verbun in inema ilku-šu unzulässigerweise als

Bedeutung vom Intensivstamm (II1 der Wurzel es ist gesetzt“. Ich glaube, wir können der störenden Annahme eines femininen Plurals mit neutraler Bedeutung entraten, summa ist wohl Imperativ desselben Verbalstammes (II) mit kohortativem a und einer event. die Vokallänge ersetzenden (für *šûma) oder noch zu ihr hinzutretenden und sie dann vernichtenden für sûmma) Verstärkung des dritten Radikals („nimm an“, „setze den Fall". Meist genügt die Übersetzung „wenn“, aber es gibt Fälle im Gesetze, wo die wörtliche Übersetzung: „nimm an“ eine weit klarere Wiedergabe ermöglicht.

1) Wenn ich für die enklitisch aus Verbum angehängte Partikel -ma die Übersetzung und beibehalte, so soll darin keine Nichtbeachtung und kein Widerspruch gegen D. H. Müllers scharfsinnige Darlegungen (1884 und jetzt a. a. O. S. 252 ff.), daß sie Ausdruck einer Subordination sei, liegen. Es ist jedenfalls anzuerkennen. daß -ma mindestens nicht die Kopula schlechtweg vertritt, sondern und hierauf“, und deshalb bedeutet, und es ist sehr wohl möglich, daß sich daraus eine syntaktische Subordination des dem -ma vorausgehenden Satzes entwickelt hat. Aber ob das für das babylonisch-assyrische Sprachgefühl immer der Fall war oder gar ob -ma von vornherein die Funktion hatte, temporelle oder causale Adverbialsätze einzuleiten, ist mir noch fraglich. Gerade der § 109 gehört zu den Fällen, die Bedenken erregen. Er lautet bei Müller: „Wenn eine Weinverkäuferin, nachdem in ihrem Hause Verschwörer sich versammelt hatten (ittarkazu-ma) [und] nachdem die Verschwörer nicht festgenommen worden sind, la issabtûma, sie (dieselben] in den Palast nicht bringt, wird diese Weinverkäuferin getötet."

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Pluralform anspricht und so einen sinnwidrigen Subjektswechsel schafft,1) dem dann natürlich ein zweiter, durch Wiederaufnahme der Singularform gekennzeichneter, ohne weiteres folgen durfte, die anderen, indem sie eine grammatische Unmöglichkeit) und eine Änderung im völlig unbeschädigten Texte) als zwei, natürlich gleichermaßen unbeschreitbare Auswege zur Wahl stellen.

2) Die Hammurabi's Gesetz charakterisierende Klarheit der Terminologie) tritt besonders scharf u. A. beim ehelichen Güterrecht hervor. Zu allen Zeiten und in allen Sprachen geht die technische Bezeichnung den Weg, daß an sich synonyme Wörter der Umgangssprache zu begrifflicher Unterscheidung spezialisiert werden. Die drei babylonisch-assyrischen Bezeichnungen für „Geschenk, Gabe“, šeriktu, nudunnû, kištu erhalten im Gesetz die Bedeutung: Mitgift, die die Frau mit in die Ehe erhält; Verschreibung, die der Mann der Frau auf den Todesfall ausstellt und mangels deren das Gesetz für den Todesfall Bestimmungen ab intestato trifft; und freiwillige Zuwendung, z. B. des Vaters an den bevorzugten Sohn (Praelegat). In späterer Zeit hat sich die Terminologie nicht unwesentlich und nicht zum Vorteil der Einheitlichkeit und Klarheit des auf dem Fundament des Hammurabi-Gesetzes erbauten Rechtsgebäudes verändert. Dies geht aus einem mehr als 1000 Jahre später aufgezeichneten Gesetze 5) hervor. dessen einschlägige Bestimmungen inhaltlich als Ergänzung und Ausbau der des Codex Hammurabi gelten können. Aber hier heißt, was unbeachtet geblieben ist,) nudunnu Mitgift und der frühere Name der dos, šeriktu, bezeichnet nunmehr das Geschenk des Mannes an die Frau.

Angesichts der bei Hammurabi herrschenden Sorgfalt in der Terminologie ist es von vornherein undenkbar, daß die Bezeichnungen für den leiblichen Vater und für den Pflegevater so wenig unterschieden sein sollten, daß in einem und demselben Paragraphen, wie es zuerst Winckler angenommen hat. abu einmal den Adoptivvater und einmal den leiblichen Vater bedeuten solle. Und so vergleiche man denn § 190: Wenn ein Mann ein Unmündiges zur Kindschaft angenommen hat. es aber nicht zu seinen Kindern rechnet" (in der Behandlung oder vermögensrechtlich), „dieses Adoptivkind (tarbitum si) soll ins Haus seines Vaters (ana bît abi-šu) zurückkehren," mit § 191: Wenn ein Mann ein Unmündiges zur Kindschaft angenommen und aufgezogen und seiner Familie einverleibt hat, später aber Kinder bekommt und sich anschickt,

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1) ilkû-šu ist 3. pers. sing. Imperf. in der Relativform für (ilkîu-šu), wie sie in dem durch inuma „als“ eingeleiteten Nebensatze (vgl. Ungnad a. (.) erforderlich ist. 2) ilkû-šu kann unmöglich Partizipialform sein, diese würde lakî-šu lauten. 3) Einfügung eines ša, wodurch aus ilkû-šu „er nahm“ ša ilkû-šu „der, welchen er nahm" würde. 4) S. Babyloniens Kulturmission S. 53. 5) Peiser, Berl.

Sitzungsber. 1889, S.
S. 51 Anm. 2, S. 119

825 ff.
Anm. 2.

6 So bei Kohler und Peiser Hammurabi's GesetTM“

ཝཱཝཱ

das Adoptivkind (tarbîtum) zu entlassen, dieses Kind soll nicht seinen Weg gehen, sondern der Adoptivvater (abu murabî-šu, wörtlich der Vater, der ihn großgezogen, der „Ziehvater") ihm ein Drittel eines SohnesAnteils geben.“

Vergleiche ferner § 192: „Wenn das leibliche Kind eines Buhlen oder einer Dirne zu seinem Pflegevater oder seiner Pflegemutter (ana abim murabî-šu u ummim murabîti-šu) spricht: ,nicht bist Du mein Vater, .nicht bist Du meine Mutter, so soll man ihm die Zunge abschneiden." Und § 193: Wenn das (leibliche) Kind eines Buhlen oder einer Dirne das Haus seines (leiblichen) Vaters (bit abi-šu) kennen gelernt hat, hierauf seinen Pflege-Vater und seine Pflege-Mutter verwirft (?) und (nunmehr) in das Haus seines (leiblichen) Vaters (ana bit abi-šu) zurückkehrt, reißt man ihm das Auge aus."

So erkennen wir denn, daß das, was die deutschen Übersetzer in dem § 186 haben finden wollen, im Gesetze in wörtlicher, deutscher Wiedergabe folgendermaßen hätte ausgedrückt werden müssen:

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,,Nimm an: ein Mann hat einen Unmündigen zur Kindschaft angenommen, dieses Adoptivkind aber vergeht sich später gegen seinen Pflege-Vater und seine Pflege-Mutter; dieses Kind soll ins Haus seines Vaters zurückkehren. 1)

Hammurabi's Worte aber besagen etwas ganz Anderes, nämlich:

Nimm an: ein Mann hat einen Unmündigen adoptiert und als er es adoptierte, dessen Vater und Mutter vergewaltigt: dieses Adoptivkind soll zum Hause seines Vaters zurückkehren." 2)

D. h. eine erzwungene Adoption ist ungültig.

So habe ich die Bestimmung mit meinen Hörern im W.-S. 1902,3 gedeutet, noch ehe ich erkannte, daß die etwas unklare Fassung der wörtlichen Übersetzung bei Scheil dasselbe besagte, wie aus der Récapitulation sowohl wie aus Dareste's Abhandlung über Hammurabi's Gesetze im Journal des Savants ersichtlich ist.

Das Gesetzeswerk selbst aber bietet noch eine weitere Bestätigung dieser sprachlich und sachlich allein möglichen Fassung des § 186. Es folgen nämlich im Text unmittelbar die folgenden Worte:

„Das Kind eines Buhlen (favorite), der zum Palaste gehört" (von Tempelknecht, wie bei Kohler-Peiser durchweg, ist nirgends die Rede) „und das Kind einer Dirne darf nicht zurückgefordert werden.“

Scheil hat diese Bestimmung entgegen der Absicht des Gesetzgebers,

1) Šumma awilum şikram ana marûtim ilkî warka tarbîtumšî abam murabî-šu u ummam murabizu (für murabit-su` i-hi-a-aț (tarbîtum sî) ana bît abi-šu itâr. 2) Summa awilum şiḥram ana marûtim ilkî, inuma ilkûšu abašu ummašu i-hi-a-at (vom Stamme überwältigen, bezwingen", Del. Hand

wörterbuch 274 a,b) tarbitum sî ana bît abi-su itâr.

der den Beginn eines jeden neuen Gesetzes durch summa unmißverständlich gekennzeichnet hat, als gesonderten Paragraphen (§ 187) behandelt. Er selbst hat sie zwar, wie aus der Récapitulation ersichtlich, richtig verstanden. Aber für andere ist, wie in vielen ähnlichen Fällen, wo Scheil das vom Gesetzgeber dergestalt Vereinigte auseinanderriß, eine Verdunkelung eingetreten.

Die Worte besagen nämlich deutlich, daß von der Regel des § 186 die Kinder des Buhlen und der Dirne eine Ausnahme bilden. Denn bei ihnen ist die erzwungene Adoption Vorschrift und Regel, aus dem einfachen Grunde, weil diese ihrem Berufe nach keine Kinder haben dürfen, und sie, wenn sie sie doch bekommen, in Adoption geben müssen, und zwar so, daß den Kindern ihre Herkunft verborgen bleibt! Daher denn die § 192/3 ein solches Kind, wenn es seine Pflege-Eltern verleugnet oder gar ins Haus seiner leiblichen Eltern, das es aufgespürt hat, zurückkehrt, mit grausamen Verstümmelungsstrafen bedroht. Beide Bestimmungen kennzeichnen sich übrigens, sowohl durch diese Strafen wie durch die Formeln der Verwerfung („Du bist nicht mein Vater", „Du bist nicht meine. Mutter") als übernommen aus Gesetzen der Zeit vor Hammurabi.1)

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Kohler und Peiser haben alle diese Bestimmungen völlig mißverstanden und zwar wiederum vornehmlich deshalb, weil sie die feste und klare Terminologie nicht beachteten. Sie deuten den § 187: „Wenn ein Tempelknecht oder eine Tempeldirne an Kindesstatt annimmt, so hat die Annahme die Kindschaft zur Folge" eine ganz unverständliche, weil total überflüssige, bereits in dem die Adoption generell regelnden § 185 enthaltene Bestimmung. Zu ihrer Annahme gelangen die Verfasser nur durch Ansetzung eines Abschnittes, wo keiner ist und dadurch das maru leibliches Kind" fälschlich als Pflegekind" verstanden wird, das im Gesetze vielmehr tarbitum (Zögling) heißt! Dementsprechend übersetzen sie in § 192 und § 193 statt das Kind eines Günstlings oder einer Dirne" vielmehr der angenommene Sohn" und bemerken (S. 124): „Wie aus der Stelle hervorgeht, handelt es sich hier um Findelkinder, die wohl am Tempel ausgesetzt und den Tempelknechten und Tempeldirnen angekindet wurden. Begreiflich ist, daß solche Kinder den Pflegeeltern nicht fortgenommen werden durften, noch auch berechtigt waren, zu den leiblichen Eltern zu gehen, wenn diese ihnen bekannt wurden; denn ein solches Pflegeverhältnis mußte respektiert werden.“

Man darf billig fragen, welches Interesse der Gesetzgeber hatte, die Findelkinder durch Dirnen und Buhlen aufziehen zu lassen. Aber eine Erörterung erübrigt sich durch den einfachen Hinweis, daß der Gesetzgeber, wenn er von Findelkindern hätte sprechen wollen, dies auch

1 S. Babyloniens Kulturmission einst und jetzt, S. 48, 51f.

auszudrücken gewußt hätte, und daß ferner auch hier vom leiblichen Kinde (mâru), nicht vom Adoptivkinde (tarbîtum) die Rede ist.

Es bleibt dabei; es handelt sich um die eigenen Kinder des Buhlen oder der Dirne, die aber nötigenfalls zwangsweise gegen den Willen des Vaters oder der Mutter in Adoption gegeben werden müssen. Dies hat wie ich, so auch D. H. Müller richtig erkannt, weshalb ich im Titel dieser Abhandlung nur von einem" (neuerdings allgemein),,missverstandenen Gesetz", nicht von mehreren, gesprochen habe.

Ein weiteres partielles Mißverständnis gehört aufs engste mit den besprochenen zusammen: § 157 lautet: Wenn ein Mann nach seinem Vater) im Schoße seiner Mutter ruht, so soll man die beiden verbrennen". Und 158: Wenn ein Mann nach seinem Vater 1) im Schoße von dessen Hauptfrau, welche Kinder geboren hat, ertappt wird, dieser Mann soll aus dem Hause des Vaters verstoßen werden." Das heißt: Auf Blutschande mit der eigenen Mutter, einerlei ob sie Hauptfrau oder Nebenfrau oder Magd des Vaters war, steht der Feuertod.

Außerdem wird bestraft. wer (sc. als Sohn einer Nebenfrau etc.) mit der Hauptfrau (rabitu) des Vaters geschlechtlich verkehrt, sofern die Hauptfrau Kinder gehabt hat.

So ist es auch richtig von Winckler und D. H. Müller verstanden worden.

Dagegen will Scheil (p. 75 n. 2) rabitu hier für murabitu Pflegemutter setzen und Kohler-Peiser (S. 45 Anm. 3) geben ebenfalls dieser Deutung vor der Winckler'schen, die sie gleichfalls erwägen, den Vorzug. Es läßt sich mit Sicherheit sagen, daß die ganz feststehende Bezeichnung für Pflege-Vater und -Mutter nicht plötzlich an einer Stelle durch eine andere Bildung vom selben Wortstamme ersetzt worden sein kann, noch dazu wenn dieser vermeintliche Ersatz zum Sinne absolut nicht stimmt, denn murab(b)itu Part. II,, heißt die groß macht. großzieht", rabitu dagegen die Große"!

Aber die Versündigung an der klaren Rechtssprache Hammurabi's greift noch erheblich weiter.

Wer die Bearbeitungen des Gesetzes. namentlich die deutschen, liest, muß glauben, daß in dem babylonischen Gesetze regelmäßig nur von männlichen Kindern die Rede ist, wie das ja den Anschauungen der reinen Semiten allenfalls entsprechen würde. Nur, wo es sich um Ehe. Tempelkeuschheit und Tempelprostitution) handelt, käme danach einmal die Tochter zum Worte.

1) Bedeutet nach dem Vater" hier wirklich und ausschließlich „nach des Vaters Tode", wie meist angenommen wird? Scheil ist vorsichtiger: à la suite de son père.

2) Neben den Tempeldirnen gibt es zur Keuschheit verpflichtete Gottesweiber: NIN. AN, wörtlich „Gemahlin des Gottes"; sie gelten als dem Gotte

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