ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

Freilich über den Werth unseres Lebens entscheidet nicht das, was wir schauen und wissen, sondern was wir thun und sind. Die Stellung, die wir zu dem, was in unseren Gesichtskreis tritt, einnehmen. Die Gedanken, Worte und Werke, mit denen wir die empfangenen Eindrücke beantworten. Die wichtigste ent= scheidende Frage in Bezug auf alles Geschehene, somit auch auf Christus, lautet nicht: Was war und wie war es, sondern: Welche Bedeutung hat das Geschehene für dich?

N

261

Zwei Thesenreihen über geschichtliche Gewißheit und Glauben.

Von

Karl Sell.

[ocr errors]

Vor mehr als Jahresfrist habe ich der Redaktion dieser Zeitschrift einen Aufsatz eingesendet unter dem Titel: Ueber den Spruch Lessings: Zufällige Geschichtswahrheiten können der Beweis von notwendigen Vernunftwahrheiten nie werden ange= wendet auf die Geschichte des Christentums". Er wurde aus Gründen, die nicht hierher gehören, unmittelbar vor dem Druck von mir zurück erbeten. Am Schlusse waren diesem Auffah Thesen angehängt über „Christentum und Geschichte", worauf auch der Untertitel der Arbeit hingewiesen hatte: Bemerkungen über den Glauben an den geschichtlichen Christus". Die interessante Arbeit von Eberhard Vischer im vorigen Hefte der Zeitschrift über die geschichtliche Gewißheit und den Glauben an Jesus Christus veranlaßt mich, diese Thesen hier unverändert mitzuteilen und ihnen eine zweite Thesenreihe anzuschließen über die Natur des Glaubens. Beide zusammen scheinen mir einem gewissen Consensus Ausdruck zu geben, der sich allmählich unter den Theologen der Gegenwart bilden will über die Antwort, die wir allein auf die beiden Fragen geben können: Was kann man geschichtlich wissen? was und wie kann man (etwas) glauben? Es ist meines Erachtens unerläßlich, immer wieder aus der Verundeutlichung der Sachen, die das zünftige theologische Denken durch allzufeine terminologische Zerfaserung der Begriffe anzurichten Gefahr läuft, zurückzulenken in die Bahn des allgemeinen Sprach

Zeitschrift für Theologie und Kirche, 8. Jahrg., 4. Heft.

19

gebrauchs. Nur der bis in seine letzten Winkel hinein mit den Worten des Volksmundes ausdrückbare Gedanke hat Aussicht und Anrecht darauf, von Jedermann verstanden zu werden und so zu dauern.

Ein kurzes unmißverständliches Wort in Thesenform, das man zu überdenken sich Zeit nimmt, ist nach meiner Erfahrung in solchen Fragen oft auch solchen willkommen, die weit ausholende Untersuchungen nur ungern lesen.

Ich gehe dabei von der Annahme aus, daß die Prinzipien und Methoden der geschichtlichen Wissenschaft eine zugestandene Sache sind, die sich mit der Gewalt eines Elementarereignisses durchgesezt hat, und daß die Natur des Glaubens seit dem Auftreten der uns bekannten höchsten Religionsform, des Christentums, ihren ganzen Inhalt definitiv, d. h. in jeder möglichen Begrenzung sich darzulegen Zeit gehabt hat und wir nunmehr wissen und sagen können, was Glauben ist, was nicht.

I. Thesen über Christentum und Geschichte.

"

1. Von Geschichte" im nächsten Wortsinne, nämlich von der Kunde vom menschlich sozialen Leben kann nur die Rede sein wo Ueberlieferung ist. Jedes vergangene einmal geschehene Erlebnis (Ereignis) kann allein aus der Ueberlieferung wieder hergestellt werden.

2. Jede derartige Wiederherstellung ist nur approximativ richtig. Wir müssen zufrieden damit sein, die einflußreichsten Begebenheiten und Persönlichkeiten, die wichtigsten Zustände des Altertums mehr oder weniger genau erkennen zu können.

3. Jeder Versuch dagegen, das gesamte Leben der älteren. Zeiten uns vergegenwärtigen zu wollen, läuft hinaus auf eine Täuschung, die nur der Kunst und der Dichtung erlaubt ist.

4. Diese unsere Erkenntnis der Vergangenheit, unser ge= schichtliches Bewußtsein“ ist in fortwährender Umbildung begriffen, entsprechend der Verfeinerung und Erweiterung unserer historischen Untersuchungsmethoden und in Folge der Leistung genialer Historiker, die die Gabe schöpferischer und prophetischer Wiederherstellung der Vergangenheit besißen.

"

5. Der Name Christentum" bezeichnet in unserem Zusammenhange die mit dem Glauben an Jesus als den Christus, wie er im neuen Testament urkundlich bezeugt ist, anhebende religiös-sittliche Neubildung (Religionsschöpfung) innerhalb kleiner und immer größer werdender Kreise der jüdisch hellenistischen und antiken Welt, durch welche es zur Gründung einer diese neue Religion sozial verwirklichenden Kirche kam, mittels deren die viele Völker umfassende christliche Civilisation entstand. Das Christentum ist die mit dem neutestamentlichen Glauben anhebende religiössoziale Umgestaltung eines Teiles der Weltvölker. Als solche ist es Gegenstand historischer Untersuchung.

6. Ueber die vor dem ersten Auftreten dieses neuen Glaubens liegenden Anfänge dieser Religions-Schöpfung d. h. über die Person des Stifters dieser Religion und seiner Apostel haben wir Ueberlieferungen, die den sonstigen Ueberlieferungen aus dem Altertum formal gleichartig sind. Denn die in der Christengemeinde entstandenen und gesammelten Schriften erheben selbst nirgends den Anspruch auf ausnahmsweise besondere Geltung oder auf göttliche Abfassung oder auf irgendwelche irrtumslose Unfehl= barkeit. Sie sind Gelegenheitsschriften im besten Sinne. Sie charakterisieren sich als Zeugnisse, Urkunden einer neuen Religionsgemeinde, denen die wichtigsten Nachrichten über die in dieser Gemeinde vorausgesetzten Geschichten entnommen werden können, aus denen vielfach Schlüsse auf diese Geschichte selbst möglich sind.

7. Wo diese Ueberlieferung unsicher ist, gibt es kein anderes Mittel ihre Lücken auszufüllen.

Denn weder ist der Gemeinde und Kirche ein solcher Beistand des heiligen Geistes verheißen oder gegeben, der sie in Stand sezte, über ihre eigenen Anfänge einen authentischen Geschichtsbericht zu erstatten, noch hat sich irgend Jemand in ihr absichtlich diesem wissenschaftlichen Geschäfte entzogen. Wäre es einer besonderen Offenbarung aufbehalten, diese Lücken auszufüllen, wie die katholische Lehre von der Tradition konsequenter Weise behauptet, so müßte sie sich ausdrücklich als solche beglaubigen. Derartige Testimonien liegen aber nur vor für mittelalterliche und moderne Visionärinnen.

8. Demnach ist der einzige Weg, um die ersten Anfänge des Christentums im Kreise Jesu und seiner Jünger zu ermitteln, die kritische Untersuchung des geschichtlichen Gehaltes der gesamten altchristlichen Religionsschriftenüberlieferung.

Diese Kritik muß um so strenger sein, je wichtiger es ist, womöglich ein sicheres Bild jener Anfänge zu gewinnen.

9. Der Geist, den diese Ueberlieferung atmet, läßt einen hohen Grad von Zuverläßigkeit auch der geschichtlichen Nachrichten erwarten, wo es sich nicht um speziell religiöse Vorurteile der Berichterstatter handelt. Und die wunderbare kindliche Reinheit der anfänglichen christlichen Religion läßt erwarten, daß der Bericht über die Persönlichkeit des Stifters, da wo wir aus ihm den. Quell der Religion entspringen sehen, vieles von der ursprünglichen Gestalt seines Wesens bewahrt haben wird, selbst wenn man ihn bald nicht mehr völlig verstanden haben sollte.

10. Damit ist aber die prinzipielle Unsicherheit des Einzelnen nicht aufgehoben, die ihren Grund darin hat, daß wir keinen andern Bericht über die ersten Anfänge des Christentums haben, als von seinen eigenen Anhängern. Es fehlt die Kontrolle einander entgegenstehender Zeugnisse. Insbesondere fehlt die Genauigkeit bei den wichtigsten verschieden überlieferten Fakten seines äußeren Lebens, während seine gesamte Persönlichkeit sich mindestens in den erhaltenen Sprüchen noch auf's deutlichste abspiegelt.

11. Die kritische wissenschaftliche Arbeit, die aus der Glaubensüberlieferung der ältesten Christenheit die Züge der Persönlichkeit des Stifters und der ersten Jünger dieses Glaubens herzustellen sucht, findet neben sich eine bestimmte Ueberlieferung der Kirche, die in früheren naiven Jahrhunderten den Blick in die Urkunden völlig geblendet hatte.

12. Dieses Ueberlieferungsbild der Kirche, dieß Christusbild" ist das des menschgewordenen Gottes: eine eigentümliche großartige Schöpfung der Kirche von eminenter Bedeutung für die gesamte Kultur, die aber alle einzelnen Züge der Ueberliefe= rung wie musivische Steine zu einem in den Dimensionen eines Wesens völlig übermenschlicher Art entworfenen Bilde zusammen

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »