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Sammlung derjenigen Schriften, welche bei Gelegenheit des Wertheimischen Bibelwerks für oder gegen dasselbe zum Vorschein ge= kommen sind. Frankfurt und Leipzig 1738. Wie rührend ist jener von Büsching mitgetheilte Brief, welchen Schmidt am 16. Juli 1736 an Reinbeck schrieb, als er ihm, der, vor dem Erscheinen des Buches um sein Urtheil befragt, geschwiegen und dann sich so eilfertig unter seine Gegner gestellt hatte, eine dieser Schutzschriften sendete! „Die Hochachtung, welche ich gegen Ew. Hochwürden trage“, sagt er, leidet nicht, daß ich untersuche, warum Dieselben Dero widrige Gedanken gegen mein Werk lieber öffentlich bekannt machen, als mich solche schriftlich wissen lassen, zu einer Zeit, da Dieselben so oft auf das sehnlichste darum ersuchet worden, und da es bei Ew. Hochwürden gestanden wäre, mich, wo ich geirret, wieder auf den rechten. Weg zu weisen? Ich will mich gar gerne einer solchen Ehre unwürdig achten; ich will mich bescheiden, daß ein scharfsinniger Gottesgelehrter sich nicht entschließen kann, mit einem Menschen, welchen er an Einsicht in die göttlichen Wahrheiten einem Heiden nachseßt, sich schriftlich einzulassen; ich will zugeben, daß er recht thue, wenn er ihn verächtlich hält und seine Säge mit Heftigkeit widerlegt. Nur dieses Einige bitte ich mir aus, welches auch dem unwürdigsten Menschen vergönnt ist, daß mir erlaubt sein möge, meine Gründe vorzubringen, und ohne die geringste Verlegung der gebührenden Hochachtung und mit Beobachtung solcher Ehrfurcht, daß ich auch nicht einmal den Namen meiner Gegner nenne, mich gegen die gemachten Einwürfe zu vertheidigen. Dieses habe ich in der gegen= wärtigen Schrift gethan, von welcher ich kein Bedenken trage, Ew. Hochw. hiemit ein Eremplar zu überschicken. Ich verehre die Wahr= heit als eine Sache, welche Gott zum Urheber hat, und wollte nicht gerne die Leichtsinnigkeit von mir gesagt wissen, daß ich ein Spielwerk aus derselben machte. Ich erwarte mit dem größten Verlangen, daß scharfsinnige Gottesgelehrte, wenn ich irre, mich eines Besseren belehren werden. Mir ist's um die Wahrheit zu thun, und ich bin bereit, für dieselbe Alles zu erdulden, was die göttliche Vorsehung über mich beschlossen hat."

Nach seiner Flucht aus Ansbach führte Schmidt lange Zeit ein unstetes und sorgenvolles Flüchtlingsleben. Was Lessing in den Collectaneen zur Literatur über Schmidt's spätere Lebensschicksale mitgetheilt hat, ist ungenau. Schmidt war zuerst nach Holland ge= gangen und hatte sich, als er dort keine nachhaltige Unterkunft fand, nach Hamburg gewendet, wo er unter dem angenommenen Namen Schröter sich als Corrector ernährte und 1741 Tindal's Beweis, daß das Christenthum so alt als die Welt sei (the christianity as old as the creation), mit Jacob Forster's Widerlegung in das Deutsche übersezte; er wollte damit, wie er in der Vorrede ausdrücklich erklärte, von den Wahrheiten sowohl der natürlichen als der geoffenbarten Religion eine gründliche Erkenntniß und vollkommene Ueberzeugung befördern. Im Jahre 1744 überseßte er Spinoza's Sittenlehre mit Wolff's Widerlegung, welche dessen natürlicher Gottesgelahrtheit entnommen war. Dazu noch einige andere Uebersehungen, deren Wahl lediglich durch die Rücksicht auf den Erwerb bedingt wurde. Zulezt kam Schmidt auf Empfehlung hoher Gönner 1746 nach Wolffenbüttel, als Hofmeister der Edelknaben. Hier soll er in der Stille seine Uebersetzung des alten Testaments vollendet und auch die bereits gedruckten Bücher Mosis verbessert und in den Anmerkungen sehr verkürzt haben. Er starb im Jahre 1751.

Ueber das gänzlich Unhaltbare und Thörichte des in der Wertheimer Bibelübersehung vertretenen Standpunktes bedarf es keiner Erörterung. Schon J. Ch. Edelmann sprach das Richtige aus, wenn er in der Vorrede zur dreizehnten Unterredung seiner „Unschuldigen Wahrheiten“ (S. 111) der Wertheimer Bibel vorwarf, „daß sie den Grundtert verdrehe und denselben durch neuersonnene sogenannte philosophische, aber in der That recht läppische Umschreibungen“ entkräfte, und sich also in nichts unterscheide „von der gemeinen Clerisei aller Sekten, welche den Leuten mit dem Buchstaben der Schrift, den sie zerren und dehnen wie sie wollen, die Augen so benebeln, daß sie nicht sehen können, wo die Wahr= heit steckt".

Das Buch ist daher jezt mit Recht vergessen und verschollen und hat selbst auf die nächsten Zeitgenossen und Nachfolger nur wenig unmittelbaren Einfluß geübt. Doch bleibt ihm die geschichtliche Bedeutung, die erste bahnbrechende, wenn auch noch höchst unflare und befangene That der deutschen rationalistischen Schrifterklärung gewesen zu sein.

Man hat später die ärgerlichsten Schroffheiten und Plattheiten dieser Wertheimer Bibelerklärung vermieden; aber der Grundmangel derselben, die Uebertragung der eigenen Anschauungsweise auf die Anschauung der Bibel und die daraus entspringende Gewaltsamkeit und Gequältheit der sogenannten allegorischen Schriftauslegung zicht sich in den verschiedenartigsten Gestaltungen und Wandlungen durch das ganze achtzehnte Jahrhundert und ist erst durch Lowth, Hamann und Herder verdrängt worden.

3. Johann Christian Edelmann.

Um dieselbe Zeit, da die Wolff'sche Philosophie die herrschende Modephilosophie geworden war, wanderte abseits von der allgemeinen Heerstraße ein einsamer Wahrheitsucher seine eigenen Wege, der frei und selbständig durch die verschlungensten Irrwege sich durcharbeitete und zuletzt sein Ziel im offen ausgesprochenen Gegensatz gegen Leibniz und Wolff und in der muthig bewußten Rückkehr zum Spinozismus fand.

Es ist die seltsame und denkwürdige Erscheinung Johann Christian Edelmann's, der von allen Zeitgenossen nur mit dem höchsten Abscheu genannt wird, der auch in der That zunächst ohne sichtbare Folge blieb, und der doch die aufmerksamste Beachtung verdient, als ein sicheres Wetterzeichen der drohenden Sturmwolken, welche bereits am Himmel aufzogen.

Von den Lebensumständen Edelmann's sind wir genau unter

richtet. Er selbst hat sie in einer 1752 geschriebenen Selbstbiographie geschildert, durch deren Veröffentlichung (Berlin 1849) sich C. R. W. Klose ein großes Verdienst erworben hat.

Wie wunderbar, daß derselbe Mann, der auf dem Höhepunkt seiner Reise alle Frommen und Gläubigen durch seinen dreisten Unglauben erschreckte, seine ganze Jugend hindurch und sogar noch während eines großen Theiles seiner männlichen Jahre in den Banden des Pietismus gefangen lag und zu dessen eifrigsten Vorkämpfern gehörte!

Johann Christian Edelmann war am 9. Juli 1698 in Weißenfels geboren. Sein Vater, welcher „einen trefflichen Alt fang und eine gute Laute spielte", war am „hochfürstlichen“ Hofe Kammermusikus und Pageninformator. Der talentvolle Knabe hatte die Schule von Sangerhausen, wohin der Vater 1711 mit dem Herzog Georg als Hofsekretarius gezogen war, und, um die Hilfe naher Verwandter zu genießen, 1715 bis 1719 die Schulen von Lauban und Altenburg, und von 1720 bis 1724 die Universität Jena besucht, wo er sich hauptsächlich dem Theologen Buddeus, einem erbitterten Gegner Wolff's, anschloß. Darauf hatte er bis 1728 als Hauslehrer bei verschiedenen Herrschaften in Ober-Oestreich und Wien gelebt. Als er nach Sachsen zurückkehrte, „um für etwaige Anstellung von den Behörden nicht gänzlich vergessen zu werden“, und darum einige Jahre in Bockendorf bei Freiberg als „Infor= mator" und „Vicar" zubrachte, erwachten in ihm die erheblichsten Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Kindertaufe. In dieser Stimmung griff er zum ersten Mal nach Arnold's Kezerhistorie. Der Eindruck war überwältigend. Edelmann sagt in seiner Selbstbiographie: „In diesem mit möglichster Freimüthigkeit geschriebenen Werk fand ich nun, zu meinem größten Erstaunen, so viele un= anständige und unverantwortliche Dinge von Seiten derjenigen Geistlichkeit, die sich allein die rechte Meinung des Christenthums vorzutragen rühmte, daß ich einen rechten Abscheu vor der soge= nannten Orthodoxie bekam und mich je länger je mehr auf die Seite der sogenannten Pietisten zu lenken begunnte, weil dieje, ob

sie schon auch ihre Mängel hatten, doch dem Schein nach, mehr zu einem gottseligen Leben anzutreiben schienen als die Orthodoren, die bei alle dem Glauben, den sie vorgaben, fast gar nichts mehr von guten Werken hören, sondern lieber rechtgläubige arme Sünder bleiben als rechtlebende Fürbilder der Heerde werden wollten." Durch diese neuen Anschauungen wurde Edelmann, wie er in einer anderen Schrift, im Evangelium St. Harenberg's (1747, S. 22) hinzuseht, zu Dippel geführt. Seitdem bekannte er sich offen zum Pietismus und hat ein volles Jahrzehnt mit allen Kreisen und Richtungen desselben in regstem persönlichen Verkehr gestanden. Er gab troß der jämmerlichsten Nahrungsnoth vortheilhafte Stellungen, welche er inzwischen in Dresden gewonnen hatte, rücksichtslos auf, um desto gesammelter und ungehinderter für die Verbreitung seiner neuen Erkenntniß wirken zu können. Er schrieb frisch, freimüthig, und leidenschaftlich ereifert, von 1735 an, lange Jahre hindurch seine Unschuldigen Wahrheiten", welche allmählich bis zu vierzehn Heften heranwuchsen. Er ging, nachdem sich seine Verbindungen mit Graf Zinzendorf in Herrnhut zerschlagen, 1736 nach Berleburg, der Freistätte der Stillen und Frommen, und arbeitete aufs emsigste an der Berleburger Bibelübersetzung. Er nahm den lebhaftesten Antheil an allen jenen ungeheuerlichen Schwärmereien und Verzückungen, in welche sich der entartende Pietismus verstrickt hatte.

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Dem schärferen Beobachter hätte schon damals nicht entgehen. können, daß Edelmann trohalledem von Anfang an von den Inspirirten durch eine tiefe Kluft getrennt war. Jene Sektirer suchten ihre ausschließliche Befriedigung in der formlosen Entfesselung weichlicher Gefühlsschwelgerei; Edelmann hatte mit ihnen nur den grollen= den Zorn gegen die Gewaltsamkeit des engherzigen und anmaßlichen Kirchenthums gemein, in seinem tiefsten Innern aber brannte der unauslöschliche Durst nach Erforschung der Wahrheit. Es ist für den Grundton seines gesammten, nicht auf das Gefühl, sondern auf Vernunfterkenntniß gestellten Wesens überaus bezeichnend, daß die erste Schrift, welche 1735 Edelmann schrieb, „die erste Unterredung der Unschuldigen Wahrheiten“, sofort die Frage aufwirft: „was ist

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