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Wahrheit und Dichtung berichtet, oft darauf hinzuweisen, daß Christ als Liebhaber, Sammler, Kenner, Mitarbeiter, der Kunst schöne Dienste geleistet und seine Gelehrsamkeit zu wahrer Förderung derselben angewendet habe.

Wohin wir also im Reich der Wissenschaft blicken, überall das regste Aufstreben und die fröhlichste Eroberer- und Entdeckerlust.

Man kann den gewaltigen Fortschritt, welchen die Freiheit und Tiefe der deutschen Wissenschaft im Laufe der lezten Jahrzehnte ge= macht hatte, nicht schlagender kennzeichnen, als indem man die im Jahre 1734 erfolgte Gründung der neuen Universität Göttingen mit der am Ende des vorigen Jahrhunderts erfolgten Gründung der Universität Halle vergleicht.

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Die Anfänge der Universität Halle standen noch durchaus unter der übermächtigen Herrschaft der Theologie; wurde doch sogar Thomasius selbst eine Zeitlang in die Gesinnung und Thätigkeit der nach Halle berufenen Pietisten verflochten! Göttingens hochherziger Gründer und Curator, Gerlach Adolf von Münchhausen, stellte da= gegen von Hause aus die leitende Grundbedingung, daß alle übergreifende Oberaufsicht der theologischen Fakultät von der jungen Stiftung fern bleibe. Die theologische Fakultät“, bestimmt ein von E. Rößler in der verdienstvollen Schrift über die Gründung der Universität Göttingen" (1855) veröffentlichtes Gutachten Münchhausen's, sei weder mit solchen Männern zu besetzen, deren Lehren zum Atheismo oder Naturalismo leiten oder auch die Articulos fundamentales religionis evangelicae anfechten, noch auch mit Solchen, welche ein evangelisches Papstthum behaupten, ihr ganzes Systema Anderen aufdringen, Diejenigen, so in gewissen das Fundamentum fidei nicht concernirenden quaestionibus mit ihnen kein gleiches Sentiment führen, verkeßern und die Libertatem conscientiae fammt der Toleranz als unleidlich ansehen, wodurch nichts als unnöthiger Streit und innerliche Unruhe zu entstehen pflegt."

Mit diesem belebenden Gefühl wissenschaftlicher Freiheit und Selbständigkeit trat die kampfvolle Vergangenheit in das Zeitalter Friedrich's des Großen.

Drittes Kapitel.

Der gesteigerte Kampf zwischen Renaissance und Volksthümlichkeit in Kunst und Dichtung, und die beginnende Versöhnung.

1. Die Dichtung.

a. Die ersten Einwirkungen der englischen Literatur.

Die moralischen Wochenschriften.

Mitten aus dem englischen Bürgerthum, als volksthümlicher Gegenschlag gegen die französirende Dichtung Dryden's und Pope's hatten sich in den Jahren 1709-1714 in England die moralischen Wochenschriften herausgebildet. Anfang und Spize derselben waren. der Tatler, Spectator und Guardian von Steele und Addison, die in den Jahren 1709 bis 1713 erschienen und über die wir schon im ersten Theil dieses Werks gesprochen haben.

Frisch aus dem Leben gegriffen, gesund in Gesinnung und Anschauung und unübertrefflich in der Form, waren sie auf die gesammten sittlichen und geistigen Zustände Englands von dem tiefgreifenden Einfluß gewesen. Es stimmt vollständig mit den Schilderungen der Engländer selbst überein, wenn der Hamburgische „Patriot“ von 1724 im 36. Stück sagt, daß hauptsächlich diese Zeitschriften die Ursache seien „von derjenigen Vollkommenheit, dazu jeztund die englische Sprache gediehen, und von derjenigen Scharfsinnigkeit, die durchgängig im ganzen Königreich herrsche; namentlich sei es die Frucht ihrer Bemühung, wenn auch unter dem Frauenzimmer der gute Geschmack ausgebreitet, der Verstand geschärft, die Liebe zur Tugend gepflegt werde". Noch heut behaupten in Eng= land diese Wochenschriften ungeschwächt ihr überkommenes klassisches Ansehen.

Es war von der höchsten geschichtlichen Bedeutung, daß mit dem ersten Eindringen Locke's und der englischen Freidenker auch dieser Zweig der englischen Literatur sogleich in Deutschland feste und keimkräftige Wurzel faßte. Die Einwirkung Pope's und Thomson's auf Haller und Brockes gehörte ausschließlich der gelehrten Kunstdichtung an; hier aber wurde auch für die künstlerische Belebung und Fortbildung der volksthümlichen Literatur ein sehr wirksamer und nachhaltiger Anstoß gewonnen. In England entsprangen aus diesen moralischen Wochenschriften der Familienroman und das bürgerliche Trauerspiel. Es ist leicht, in Deutschland dieselben Entwickelungsstufen nachzuweisen.

Die deutschen Nachahmungen der englischen Wochenschriften haben mehr als zwei Menschenalter beherrscht. Sie traten die Erbschaft an, welche Thomasius hinterlassen hatte.

Ueber die ältesten, in Hamburg angestellten Versuche, es den englischen Wochenschriften gleichzuthun, hat Karl Jacoby uns vor Kurzem in dankenswerther Weise unterrichtet. Am 31. Mai 1713 erschien der von Mattheson herausgegebene „Vernünfftler“, der es im Lauf eines Jahres auf hundert Nummern brachte. Er lehnt sich durchaus an die englischen Vorbilder an. Origineller, aber auch niedriger stehend in recht grober Satire ist „Die lustige Fama aus der Närrischen Welt", die 1718 ein kurzes Leben fristete. Beide Zeitschriften sind ohne nachhaltige Wirkung geblieben. Sie sind fast nirgends bei den Zeitgenossen erwähnt; ebensowenig haben sie sich auf unseren Bibliotheken erhalten. Die eigentlichen Begründer der deutschen moralischen Wochenschriften sind „Die Discurse der Maler", welche 1721 Bodmer und Breitinger in Zürich herausgaben.

Sogleich in der Widmung „An den Erlauchten Zuschauer der Engeländischen Nation" bekennt diese Zeitschrift offen, wem „sie ihren Ursprung, einen Theil ihrer Methode und vielleicht alles Dasjenige, was sie Artiges habe", verdanke. Nachdem das Gerücht von dem Nußen und der Zierlichkeit, mit welchen Ihr Eure Entdeckungen über den Punkt der Sitten Eurer Insel begleitet habt, ganz Europa durchgelauffen, haben sich in einem Winkel desselben Menschen zu

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sammengefunden, welche von der starken Begierde, ihrer Nation zu dienen, sich haben verleiten lassen, eben dasselbe zu versuchen, was Ihr bei der Eueren so glücklich ausgeführet habet“. Discurse nennen sich die einzelnen Abhandlungen, weil sie in der That zum großen Theil aus mündlichen Unterredungen zwischen Bodmer und Breitinger und einigen anderen Freunden und Mitarbeitern wie Zellweger, Lauffer, Zollikofer und Heinrich Meister hervorgingen; Discurse der Maler, weil die beabsichtigten Sittenschilderungen als kleine Gemälde betrachtet werden sollten und darum auch mit dem Namen berühmter Maler, wie Rubens, Holbein, Dürer, Raffael, Hannibal Caracci, unterzeichnet wurden. Sie stecken sich ihr Ziel eben so weit als die englischen Vorbilder. Gleichwie die Gesellschaft, die sich zusammen. verbunden hat, die Discurse zu schreiben, zu ihrem Objecte den Menschen genommen hat, so prätendirt sie von allem Demjenigen zu reden, was in sein Capitel gehört, ohne andere Ordnung als diejenige, zu welcher ihr ihre Nebenmenschen und ihre eigene Situation von Zeit zu Zeit Anlaß geben werden, für ihre Speculationen. walten zu lassen; ihre Passionen, Capricen, Laster, Fehler, Tugenden, Wissenschaften, Thorheit, ihr Elend, ihre Glückseligkeit, ihr Leben und Tod, ihre Relationen, die sie mit anderen Entibus haben, endlich Alles, was menschlich ist und die Menschen angeht, giebt ihr Materie an die Hand zu gedencken und zu schreiben." Erörterungen über Freundschaft, Todesfurcht, Geschichtsschreibung, Sprache und Sprachgebrauch, Kindererziehung, Glückseligkeit, über das Erbauliche sinniger Naturbetrachtung, über die Verderblichkeit der Freigeisterei und die Nothwendigkeit der Offenbarung, über Kartenspiel und Tabackrauchen, über die Bescheidenheit, über Geckenhaftigkeit in Tracht und Behaben, über den Schwulst der Lohenstein und Hoffmannswaldau, und ähnliche Gegenstände der Moral, Literatur und Geschichte wechseln in bunter und anziehender Folge. Aber es fehlt die Tiefe der Betrachtung, die Beweglichkeit und Munterfeit des Geistes, die Frische und die gestaltende Kraft der Darstellung, welche Steele und vornehmlich Addison zu Gebot standen; die Sprache ist rauh und schleppend. Ueberdies wurde der ohnehin zaghafte Flügel

Hettner, Literaturgeschichte. III. 1.

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schlag durch allerlei polizeiliche und gesellschaftliche Quängeleien und Verdrießlichkeiten beschnitten. Die Theilnahme der Leser war daher gering. Bereits 1723 gaben die Herausgeber ihr Unternehmen mit dem vierten Theile ermüdet auf; dieser lezte Theil führte den neuen Titel: „Die Maler oder Discurse von den Sitten der Menschen.“ Die gesammte Zeitschrift wurde 1746 in ein zweibändiges Buch: „Der Maler der Sitten" umgearbeitet und neugedruckt.

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Wie aber hätte dieser richtige und glückliche Gedanke nicht alsbald die emsigste Nacheiferung finden sollen!

Am 5. Januar 1724 erschien zu Hamburg: „Der Patriot". Er wurde, wie die Einleitung zum dritten Band mittheilt, von der patriotischen Gesellschaft in Hamburg geschrieben. Diese umfaßte die gebildetsten und angesehensten Männer der Stadt, den Syndicus J. S. Surland, die Rathsherren Klefecker, Widow und Brockes, den Prediger Joh. Thomas und die Gelehrten und Professoren Weichmann, Hoffmann, Anckelmann und Richey. Die Mitglieder durchsprachen in allwöchentlichen Zusammenkünften die wichtigsten Fragen „der Rechts- und Sittenlehre, der Staats- und Handlungskunst“ und vertheilten dann untereinander diese durchsprochenen Aufgaben zu schriftlicher Bearbeitung. Der Patriot bezeichnet sein Wesen selbst am besten, wenn er sagt, daß er mit natürlichen und vernünftigen Gründen in allen den geselligen Umgang, die Haushaltung, Kinder= zucht und gemeine Wohlfahrt betreffenden Sachen Andere gern von Thorheiten abführen und ihnen dasjenige sagen will, was entweder so sonderbar oder so lebhaft zu sagen die Umstände eines heiligen Amtes und Ortes nicht allemal zulassen“. Das kokette Versteckspiel mit der Person des Verfassers, die Reisen in fremde Welttheile, die hie und da novellistische Form, die Briefe und Zuschriften weisen auch hier deutlich und mit offenem Eingeständniß auf das englische Vorbild; an einigen Schilderungen ersieht man überdies die Einwirkung von Labruyère's Charakterbildern; vereinzelt erscheinen Uebersetzungen von Montesquieu's Persischen Briefen. Der Patriot ist die verhältnißmäßig geistvollste und entschieden die wirksamste unter allen deutschen moralischen Wochenschriften. Mit Recht konnte

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