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An der Spitze dieser Gruppen

es waren selten, soweit seine Erfahrung reichte, mehr als sieben bis zehn Kinder in einer jeden stand ein erwachsener Lehrer, bei den kleineren Kindern meistens eine Lehrerin, in der der Mutterinstinkt schon während des Erdenlebens stark entwickelt gewesen war.

Diese Lehrer unterrichteten die Kinder. Er hatte keine Gelegenheit, dem Unterricht zu folgen und seine Art kennenzulernen, aber soweit er aus dem Treiben der Kinder, wenn er mit ihnen zusammen war, schließen konnte, bestand er im wesentlichen aus einer Vorbereitung auf das Himmelsleben.

Die kleinen Kinder spielten, wie Kinder auf der Erde spielen. Auf diesen ,,Spielplätzen“ hatte er seine Tätigkeit. Alles, was auf einem irdischen Spielplatz an bösen Neigungen gedeihen kann, fand man hier in der Gestalt von wirklich bösen Wesen.

Er begriff, daß es so in der ganzen Fegefeuerwelt war, aber bisher hatte er sie nur da gesehen, wo er seinen Posten hatte.

Soviel er sehen konnte, besaßen diese Wesen keine wirkliche Macht, den Kindern ein Leid anzutun, aber sie konnten sie erschrecken, ja, sie zuweilen beinahe vor Schreck erstarren machen. Seine Arbeit bestand nun darin, diese phantastischen Gestalten fernzuhalten. Zuweilen flohen sie sogleich, wenn er sich gegen sie wandte; es geschah aber auch, daß sie sich zur Wehr setzten wie wütende Tiere, die den Menschen, der sie zähmt, angreifen wollen. Da hatte er Verwendung für die Fähigkeit, einen Gedanken festzuhalten, die die Übung in der Schule bei ihm entwickelt hatte; denn mit seiner Willensstärke zwang er sie weg.

Als er diese neue Welt besser kennenlernte, begann er allmählich, Untersuchungen auf eigene Hand vorzunehmen. Es schien, als hätten die religiösen Vorstellungen eine gewisse Bedeutung, insofern sie die Aufmerksamkeit der Toten sogleich auf eine höhere Sphäre hinlenkten; das

Wesentliche aber war der moralische Standpunkt der Menschen; dieser wurde entscheidend für den Aufenthalt in der Fegefeuerwelt. Im übrigen war es merkwürdig, zu sehen, wie die verschiedenen Lebensinteressen die Leute in den niederen Regionen des Fegefeuers gefangen hielten. Unwissenheit über ihren jetzigen Zustand konnte auch der Grund dazu sein.

Ein sonderbares Beispiel für beides traf er in einer alten Frau. Er befand sich auf dem Wege zu seinem Lehrer, als er sie einsam und zusammengesunken in stillstehender Sorge dasitzen sah. Er konnte sich jetzt nicht mit ihr beschäftigen, beschloß aber, nach dem Unterricht zu ihr zurückzukehren. Er glaubte das noch erreichen zu können, ehe er nach Hause mußte, um zu „,erwachen“.

Sie saß noch in derselben Stellung, als er zurückkam, Sie sah aus, als wäre sie vor etwas stehengeblieben und nicht imstande, weiterzukommen. Äußerst bekümmert sah sie aus.

Er fragte, was sie bedrücke.

,,Das Alter," sagte sie.,,Ich bin alt, kann nicht weit gehen und nicht zu ihm hinkommen. Und er kommt nie mehr zu mir."

Er fragte, wer nicht zu ihr käme.

,,Mein Sohn," sagte sie.,,Er ist immer ein guter Sohn zu seiner Mutter gewesen, seit er ganz klein war und bis er in die Lehre kam und Geselle wurde. Aber da geriet er unter die Sozialisten. Aber er blieb trotzdem derselbe gute Junge; aber die Sozialisten haben ja keine Religion, und da glaubte er nicht mehr an Gott oder sonst etwas. Aber er kam doch jede Woche einmal, seine Mutter zu besuchen, und jedesmal gab er mir Geld. Aber nun haben sie ihn doch ganz zugrunde gerichtet. Er kommt nicht mehr. Ich kann mich nicht in der Zeit zurechtfinden, aber es muß mehrere Wochen her sein, seit er zuletzt zu Hause gewesen ist. Das machen natürlich die Versammlungen und all das andre. Sie haben ja keine Religion. Zuerst haben sie ihn dazu gebracht, daß er seinen Gott

vergaß, den ich ihn gelehrt habe, und nun hat er auch seine Mutter vergessen."

Sie versank wieder in ihre stillstehende Sorge.

,,Großer Gott," dachte Dahl,,,das alte Weib ahnt nicht, Idaß es tot ist."

Er war sich ganz klar über ihren „,Fall". Sie war sanft eingeschlafen, während sie auf den Sohn wartete. Sie hatte lange Zeit keinen andern Gedanken gehabt als ihn und ihren Kummer über seinen Unglauben; der lag noch wie eine Binde vor ihren Augen und schloß jede neue Erfahrung aus. Sie hatte nicht einmal entdeckt, daß sie gestorben war; denn ihr Leben bestand immer in dem einen: auf ihren verlorenen Sohn zu warten.

Der Sohn war durchaus entschuldigt. Er hatte wahrscheinlich vor Wochen, vielleicht vor Monaten, ja vielleicht vor Jahren die Mutter begraben. Sie konnte sich ja nicht in der Zeit zurechtfinden, wie sie sagte.

Nun saß sie hier, von ihrer Sorge um ihn gefesselt, und konnte nicht loskommen. Sonst band sie nichts an diesen Teil der Welt.

Er betrachtete sie so genau und so eindringlich, daß er eine lebhafte Vorstellung von ihrem kleinen, begrenzten Gefühl für das Paradies erhielt.

Diese Vorstellung hielt er fest, bis ihm war, als existiere nichts andres als er und diese Vorstellung.

Dann sah er die Alte an und zwang die Vorstellung gleichsam in sie hinein, indem er sagte:,,Sie sind in Sorge um die Erlösung Ihres Sohnes? Wissen Sie denn nicht, wo er ist?"

,,Nein," sagte sie,,,er kommt nie mehr."

Ohne die Vorstellung von dem kleinen Paradies ihres Herzens loszulassen, zeigte er nach oben.,,So sehen Sie doch!" sagte er.

Sie sah empor, und ihr Antlitz verklärte sich in glücklichem Staunen.,,Bei Gott!" sagte sie, gerührt und andächtig.

Sie stand auf; und das, was er von ihrer Gestalt sehen

konnte, fiel zusammen und löste sich auf. Sie verschwand vor seinen Augen. Er wußte, daß sie sich losgerissen und zu dem kleinen Himmelreich aufgestiegen war, wo selige arme Leute sitzen und mit glücklichen Augen in den strahlenden Weihnachtsbaum des lieben Gottes hineinstarren, während die Engel singen.

Nach einer Weile fühlte er, daß sich die Zeit näherte, wo er erwachen mußte.

Er stellte seinen Gedanken darauf ein. Eine schnelle Bewegung durch die Luft, und er stand in seinem Zimmer vor dem Bett, sammelte seine Erlebnisse in der Erinnerung, dachte:,,jetzt,“ fühlte die sonderbare Schwere, richtete sich im Bett auf und erinnerte sich an alles.

60. KAPITEL

Geistig arm

Holger befand sich auf dem Wege nach dem Pfarr

haus.

Er ging wie ein Mann, der reichlich Zeit hat. Immer gab es etwas, was seinen Blick fesselte... die graue Landstraße unter ihm, der blaue Himmel über ihm, die grünen Felder ringsumher.

Von Zeit zu Zeit stand er still und guckte in die Weidenund Haselstauden. Die standen da, und da stand er. Sie waren außerhalb seiner und zugleich tief in ihm wie Bäume, die sich in einem tiefen, ruhigen See spiegeln. Er grübelte nicht weiter über sie nach, er nahm sie in sich auf und gab sie zurück, wie er sie fühlte.

Freie Gewächse. Wunderbar frei. Sie spiegelten ihre Freiheit in seinen Augen. Es war eine tiefe Erleichterung, sie wachsen zu sehen.

Wenn die Leute sein Gesicht sähen, während er so dastand sie würden seinen Ausdruck nicht verstehen. Es lag ein tief bewegtes Innenleben dahinter.

Oben auf dem Hügel war ein Hecktorloch. Das Hecktor war weg, aber der steinerne Pfosten stand noch da.

Er trat an das Loch heran. Eine tiefe Milde lag in seinen Augen. Liebevoll strich er mit der Hand über den Stein. Das Lächeln seiner Augen pflanzte sich bis zum Munde fort. Ein dankbares Lächeln.

Wann hatte diese Dankbarkeit begonnen? Es war lange her. Er konnte nicht ausrechnen wie lange. Es war nur lange her. Ob Monate oder Jahre, daran dachte er nicht. Aber er entsann sich deshalb nicht weniger deutlich.

Es gab eine Zeit, wo er die Strafe wollte und nichts weiter. Er suchte sie überall, wie ein Jäger, der das Wild jagt. Er war nur Wille: und all sein Wille war Strafe. Als es schwierig wurde, sie zu finden, bekam er Angst vor dem Leben.

Aber an dem Winterabend, als er seinen Willen von der Strafe wie von der Gnade wegnahm und sie Gottes Willen übergab, ward die Angst von ihm genommen. Wer Gottes Willen will, kann ja keine Angst mehr empfinden.

Er wußte, daß seine Fähigkeiten gering und begrenzt waren, aber das, was ihm geschah, gehorsam hinnehmen, das konnte und das wollte er. Er war ja dumm, und es nützte ihm nicht, daß er zu verstehen versuchte. Er konnte nur zu wissen bekommen, und was er wissen sollte, das bestimmte der Richter, der große Richter, der seinen Gedanken von ferne verstand.

Der Kandidat hatte das Alte Testament beim 139. Psalm aufgeschlagen liegen lassen.

Den las er jeden Morgen und jeden Abend, bis er ihn nicht nur kannte, sondern in ihm aufging.

Es war eine Erleichterung zu wissen, daß alles in ihm verstanden wurde auch das, was er noch nicht kannte. Wie er mit einer Anspannung, die ihn im ersten Augenblick fast zersprengt hatte, die aber seither nicht erschlaffte, seinen eigenen Willen in den Gottes hatte aufgehen lassen, so gab er jetzt jeden Versuch auf zu verstehen, im Vertrauen, daß alles verstanden wurde und

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