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Lateinschuljahr, wenn Barnes versprochen hatte, ihm bei einer mathematischen Aufgabe oder einem lateinischen Aufsatz zu helfen.

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Wie ist es dir denn alle die Jahre her ergangen?" fragte Barnes, und Dahl antwortete ausweichend, er habe ein einsames Leben geführt und nur so studiert.

,,Aber du?" fragte er,,,wie ist es dir ergangen?"

,,IIm ja,“ sagte Barnes.,,Jedenfalls geht es mir jetzt gut, und das ist ja die Hauptsache. Die letzten Jahre dadrüben ist es mir übrigens auch gut gegangen. Willst du bald ins Bett, oder magst du noch ein wenig mit mir plaudern?"

Dahl wollte sehr ungern früh zu Bett gehen.

69. KAPITEL

Das Wunder

Was meinst du zu einem Whisky und einer Zigarre?“ fragte Barnes, als sie in sein kleines Zimmer im Savoyhotel gekommen waren.

Whisky? Ja, Dahl wollte gern etwas zu trinken haben. Sein Gefühl der Sicherheit nahm zu. Daß man Whisky trinken konnte, nicht nur um betrunken und schläfrig zu werden, sondern der Gemütlichkeit und Gesellschaft wegen! Allmählich machte es ihn ganz heiter und froh, Barnes zuzusehen, wie er eine schwarze Zigarre paffte. Aber daß dieser wettergebräunte, elastische Bursche wirklich der ehemals fahle und gebrechliche Christian Barnes war!

„Erzähle doch,“ bat er, und Barnes lachte. Denn Dahl sah aus wie ein Gymnasiast, der heimlich Spirituosen auf der Bude eines Kameraden trinkt und Lust hat, Geschichten zu hören.

,,Ich bin also mit Miß Dale nach Kalifornien gereist, nach Los Angelos, um bei ihr in die Schule zu gehen.“

,,Freilich," sagte Dahl.

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Barnes nahm einen tüchtigen Schluck Whisky.

,,Sie hat mich nun allerdings nicht gelehrt, Whisky zu trinken," sagte er, als er bemerkte, wie sehr es Dahl imponierte, daß soviel aus dem Glas verschwand. „Ich glaube nicht, daß sie gerade großen Wert darauf legen würde. Ich pflege nun auch allerdings nicht immer so große Schlucke zu nehmen, aber ich bin durstig geworden nach dem kleinen Zusammenstoß in der Allee.'

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,,Wie geht es Miß Dale?“ fragte Dahl.

,,Ich denke, gut," erwiderte Barnes.,,Sie ist tot." ,,Ist sie tot?"

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Barnes nickte. „Sie starb im Herbst. Sonst säße ich kaum hier."

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‚Wärst du sonst in ihrer Schule geblieben?"

,,Nun, daß ich die letzten Jahre in ihrer Schule gewesen wäre, kann ich eigentlich nicht sagen - obwohl gewissermaßen doch. Und in gewissem Sinne werde ich mein ganzes Leben dort bleiben freilich nicht unter den hervorragenden Schülern.“

Er lächelte sein altes verschmitztes Lächeln. „Du entsinnst dich wohl noch, daß ich nach Amerika gereist bin, um den Stein der Weisen zu finden und das Wunder zu erleben. Ich kann wohl sagen, das Wunder habe ich erlebt. Den Stein dagegen habe ich beschlossen liegen zu lassen, wo er liegt. Ich bin nicht sicher, daß es sich verlohnt, ihn zu haben. Die Weisheit liegt vielleicht darin, daß er so gut verwahrt ist. Aber von dem Wunder kann ich dir erzählen, wenn du dir etwas daraus machst!

Dahl war mehr als gespannt.

,,Miß Dale hatte wirklich eine Schule in Los Angelos. Sie nannte es eine Schule. Man konnte es auch ein Pensionat nennen. Ein Teil von ihren Schülern oder Pensionären hatte im Hause zu arbeiten. Aber dann gab es Stunden, wo wir alle zusammen Unterricht von ihr erhielten, Unterricht - in ich glaube, man würde es am besten mentale Hygiene nennen. Dieser Begriff deckt wohl so ungefähr den gemeinsamen Unterricht. Im übrigen behandelte sie uns

individuell und teilte jedem mit, was wir ihrer Ansicht nach nötig hätten. Ich für meine Person wurde beim Fensterputzen und Aufwaschen in der Küche angestellt. Du wunderst dich. Ja, das tat ich auch. Ich wusch und wunderte mich und wartete, und währenddessen versuchte ich, meine Gedanken zu beobachten; denn ich merkte, daß sie die kannte. Nach der Arbeit pflegte sie mir Bescheid zu sagen: Heute sind Sie beim Aufwaschen fast ganz wach gewesen, Mr. Barnes,' oder: Sie waren sehr geistesabwesend, als Sie Fenster putzten, Mr. Barnes. Ich muß noch bemerken, daß sie nicht zugegen war, wenn ich diese Arbeiten verrichtete. Andere von ihren Schülern behandelte sie etwa so wie May Skaarup. Sie erzählten mir, daß sie selber zuweilen Engel sähen. Ich leugne nicht, daß ich fand, dies wäre gerade etwas für mich. Das war doch eine Amerikareise wert. Ich putzte fleißig meine Fenster und versuchte, meine Gedanken bei der Sache zu halten, in der Hoffnung, eines Tages in die Engelklasse hinaufzurücken." Er schwieg eine Weile und sah Dahl mit seinem lustigen Lächeln an.,,Ich habe keine Engel gesehen, dagegen" er lachte herzlich ,,dagegen ließ sie mich eine Portion flinke Teufel sehen."

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Einen Schelm im Auge, saß er da, wie ein Mann, der an frohe Stunden denkt. Er nahm sein Whiskyglas und trank. ,,Prosit, Boy!" sagte er und lachte wieder.

„Na, das war die Schule," fuhr er fort. „Als ich einige Zeit dort gewesen war, machte ich ihr gelinde Vorwürfe, daß einige Schüler Erlaubnis erhielten, clairvoyant zu werden und Engel zu sehen, während andere sich damit begnügen mußten, nach den Fenstern zu sehen. Ich unterrichte meine Schüler nach ihrem Charakter, Mr. Barnes,' sagte sie, und für Sie ist es besser, Fenster zu putzen, als nach den Engeln zu gucken.' - Ja, das klingt vielleicht komisch, aber das steht fest, sie nahm sich meines Charakters und meiner ganzen Psyche sehr ernsthaft an. Wie ernsthaft, wußte ich damals selbst noch nicht. Ich werde ihr Andenken noch in meiner letzten Stunde segnen. Ich bin

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nie einem Menschen wie ihr begegnet und werde nie wieder einen ähnlichen begegnen."

Er war ganz verändert, er saß lange stumm in feierlichem Ernst. Aber dann erschien wieder das Lächeln auf seinem Gesicht.

,,Ich kann dir nicht viel von ihr erzählen," sagte er, ,,und wie sie mit mir redete, wenn wir allein waren. Das würde ein ganzes Jahr erfordern, und es wird ein ganzes Leben erfordern, um so zu werden, wie sie es mit Recht

von mir verlangte. Aber ich kann dir von den äußeren Ereignissen meines Lebens erzählen. Eines Tages kam sie zu mir und sagte: ‚Sie sind in letzter Zeit viel mehr wach gewesen, Mr. Barnes. Sie waschen ausgezeichnet auf, und Sie putzen die Fenster ganz allerliebst. Es ist an der Zeit, daß Sie in eine andere Klasse aufrücken. Ich freute mich, aber zu früh. Sie nahm mich mit hinab in die Halle, und dort sah ich die seltsamste Erscheinung, der ich je begegnet bin: einen gewaltigen Kerl, mit Schultern wie eine Tür, einem Hut wie ein Zelt, und einem Gesicht wie ein Habicht. Die Beine steckten in einem Paar mächtiger Stiefel mit unsinnig hohen Absätzen und langen Sporen, an der Hüfte baumelte ein Revolver, so groß wie eine kleine Kanone. Er hatte ein rotes Hemd an, und um den Hals war ein blaues Tuch gebunden. Er sah aus, als käme er geradewegs aus einem Räuberroman allerübelster Sorte. ,Sieh, Bill,' sagte Miẞ Dale, hier ist der Mann, den du mitnehmen sollst.',Well,' sagte das Ungeheuer. Ich war ja ein wenig begierig, zu erfahren, ob dieses Wesen mit dem Zelt und der Kanone einer meiner neuen Klassenkameraden oder sogar mein Lehrer war. Ja, nun glaubst du wohl, daß ich dir etwas vorlüge, aber dann glaube auch, daß die kleine Affäre in der Allee eine Lüge war. Ich fragte Miẞ Dale, wo ich hin sollte, und sie teilte mir mit, daß sie einen guten Freund habe, der Aufseher einer Ranch in Montana sei. Dorthin sollte ich auf einige Zeit. Du wunderst dich gewiß, daß ich blindlings gehorchte, aber wenn du die Stunden erlebt hättest, in denen sie allein mit mir auf

meinem Zimmer sprach, würdest du dich nicht wundern. Du würdest ihr blindlings gehorcht und es nicht bereut haben.

Ich fuhr mit Bill nach Montana. Der größte Teil der Reise wurde glücklicherweise mit der Bahn zurückgelegt. Als wir eine Weile gefahren waren, fragte ich nach seinem Namen. Ich bin Sinewy Bill, sagte er. Ich schwieg ehrerbietig, denn ich begriff, daß das ein Name war, der in seinen Kreisen bekannt war. Und weiß Gott, er war bekannt, im Bösen wie im Guten. Ich kann gern gleich erzählen, was ich später erfuhr. Der Mann hieß William Stone, aber daran dachte niemand mehr. Er hieß in dem großen Land der Viehzucht nur Sinewy Bill. Er war Cowboy auf der Ranch in Montana. Er war nach einem wilden Leben und manch einem,narrow escape' aus dem Gefängnis dahin gekommen; gelegentlich hat er sich auch wohl eine ganze Weile im Gefängnis aufgehalten. Nachdem er sein Wesen von Texas durch Arizona und Wyoming bis hinauf nach Montana getrieben hatte, kam er eines Tages auf die Ranch geritten, suchte Arbeit und erhielt sie. Der Verwalter kannte Sinewy gut, aber er war ein mutiger Mann und hatte Verwendung für einen Burschen, der ,break horses' konnte. Es ging aber alles gut mit Bill, solange er nüchtern war, aber der Whisky machte ihn wild.

Miß Dale hielt sich hin und wieder eine Woche auf der Ranch auf. Das erinnerte sie an das Prärieleben ihrer Kindheit. Und einmal kam sie gerade, als Bill einen seiner Anfälle hatte. Er saß in der Schmiede mit einer Flasche Whisky, mit einem Revolver und einem Haufen Patronen. Er sang und fluchte und schoß auf alles, was in seine Nähe kam. Der Verwalter war rasend. Er wollte ungern seinen besten Mann verlieren, aber jetzt mußte die Sache ein Ende haben. Er wollte die Schmiede benutzen, aber Bill schoß, sobald sich jemand näherte. Und Bill schoß verdammt gut.

Da ging denn Miß Dale zu Bill in die Schmiede hinein. Bill schoß nicht. Was in der Schmiede geschah, weiß nie

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