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Rechtsbeziehungen, nicht aber ein zwingender Beweisgrund für diese Relationen sein können.

Wenn das Reich ein Bund wäre, so befände sich der Kaiser zeitweilig auch im Besit einer monarchischen Position, er dürfte aber nicht als Monarch bezeichnet werden, da seine Stellung auf der Staatensouveränetät, auf einem lösbaren Vertrage basirte. Da nun das Reich ein Staat ist, so muß die aus der Verfassung sich ergebende Stellung des obersten Leiters als die eines wirklichen Monarchen erkannt werden, mit der sich der rechtmäßig gewählte Kaiser begnügen durfte, ohne mit der Idee seines Amtes in Widerspruch zu gerathen. Sonach entspricht eine Gleichsehung des ehemaligen und des heutigen Kaiserthums, wie sie in der Proklamation ausgesprochen ist, dem wahren Sachverhalt. Auch der zweite Punkt ist im Sinne dieser Urkunde entschieden.

Jest dürfen wir an die lehte Frage herantreten, ob die Reichsverfassung auf altem Grunde ruht, ob es der Staatswille des alten Reiches war, der sie in Wirkung gejezt hat.

Das Reich ist, man mag seine Entstehung auffassen, wie man will, fein Bund, sondern ein Staat; sein Wille, nicht der der Partikulargewalten hat die durch Abkommen seiner Glieder vereinbarte Ordnung zum Grundgesetz erhoben. Es kommt nur darauf an, zu entscheiden, ob dieser Wille als ein neuer, usurpatorischer auftrat oder ob er durch eine bereits bestehende, seit langem außer Wirksamkeit getretene Rechtsordnung legitimirt war. Diese Entscheidung aber muß in Folge der oben gezogenen Resultate zu Gunsten der letteren Auffassung fallen. Sämmtliche Regierenden im Reich haben in einer legal berufenen Versammlung ihrer Vertreter, deren Kompetenz als allgemeine Reichsversammlung nach altem Rechte unbestreitbar war, die Verfassung einstimmig beschlossen, der rechtmäßig gewählte Kaiser, der Träger des Staatswillens, hat sie als Grundgesez des Reiches verkündet, der hier wirkende Wille ist also unbedenklich als der des alten Reiches zu betrachten. Jene aus Art. VIII, § 2 der westphälischen Friedensurkunde ersichtlichen Bedingungen sind erfüllt worden. *) Auch der Umstand, daß viele ehemals stimmberechtigte Glieder fehlten, die in der Zwischenzeit ihren Landbesitz eingebüßt hatten, kann, abgesehen von dem Mangel jeglichen Protestes, eine Negirung unseres Resultates

*) Vgl. mein Buch I. Cap. 9.

nicht rechtfertigen, denn als über die lehte große Verfassungsänderung unter Franz II., den Reichsdeputationshauptschluß von 1803, berathen und beschlossen wurde, da blieben auch alle jene Potenzen unvertreten, über denen in jener Verhandlung der Stab gebrochen ward, ja der faktische Landbesih wurde ehemals vielerseits als eine Bedingung des Sessionsrechtes angesehen. Auch war eine Ausschließung von Reichsständen durch den Kaiser nur durch die Wahlkapitulation*), nicht durch Geseze verboten. Da sie nun durch die neue Wahlkapitulation ausdrücklich gefordert wurde, so besaß sie unzweifelhafte Gültigkeit.

Die Verfassung galt nämlich schon, bevor sie von den Reichsorganen in einheitlicher Redaktion erlassen war, im Reiche als zu Recht bestehend; die Berufung und Zusammensegung der Organe entsprach bereits ihren Bestimmungen, und gerade diese Thatsache steht mit dem alten Reichsrecht in vollem Einklang. E3 war seit drei und einem halben Jahrhundert üblich und somit gewohnheitsrechtlich begründet, daß der jedesmalige Vertrag zwischen den Thronkandidaten und den Wahlfürsten, die sogenannte Wahlkapitulation, für die Regierungszeit des betreffenden Kaisers und bis zur Wahl eines neuen als bindendes Gesez, als eine Art Verfassung galt. Dies wurde zuweilen von den kleineren Fürsten und den Städten aus dem Grunde angefochten, weil nur die Kurfürsten an dem Vertrage betheiligt waren; die Rechtsgültigkeit eines Abkommens mit allen Ständen konnte Niemand in Zweifel ziehen. Sonach war es reichsrechtlich motivirt, wenn Kaiser Wilhelm bei Veröffentlichung der Neuredaktion am 16. April 1871 mit dem Passus, diese solle an die Stelle der Verträge und der ersten Redaktion treten, eine schon vorhandene Rechtsbeständigkeit des Verfassungsinhalts andeutete, eine Rechtsbeständigkeit, die bei Annahme der Bundestheorie noch nicht vorhanden gewesen wäre und nie durch Reichsgesez hätte geschaffen werden dürfen.

Wenn man juristischerseits alle diese Thatsachen unbeachtet läßt und das Reich, da eine Auffassung als Staatenbund ausgeschlossen ist, willkürlich unter dem Titel Bundesstaat als einen neugegründeten Staat hinstellt, eine Behauptung, für die sich in den Vorgängen von 1870/71 durchaus keine Unterlage finden läßt, so hat das allerdings praktisch nichts zu bedeuten, und wem es auf Wahrheit nicht ankommt, der mag sich dabei beruhigen. Aus

*) Wahlkapit. Leopolds I. Art. 3.

gebung sei in solcher Weise zu verstehen, ist einer völligen Negierung ihres Inhalts gleichzusehen, denn mit der Dichtkunst weiß das Staatsrecht nichts anzufangen.

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Liegt nun für die Wissenschaft ich mache hier zwischen der juristischen und historischen keinen Unterschied, denn beiden fällt diesmal die gleiche Aufgabe zu eine Nothwendigkeit vor, ja ist es ihr auch nur erlaubt, jene feierliche Verkündigung als unwahr zu verwerfen? Ich glaube, sie ist nicht dazu befugt, ich glaube, der Kaiser hat die volle, reale Wahrheit gesprochen, ja, ich bin der Ansicht, für jede wissenschaftliche Erklärung unseres heutigen Rechtszustandes muß die Kaiserproklamation den Ausgangspunkt bilden. Hiermit meine ich nicht völlig neue, selbständige Gedanken zu entwickeln, ich ziehe nur das Fazit aus den bisherigen Untersuchungen über die Natur des Reiches und zeige, indem ich noch einen Schritt weiter gehe, die Adler der Wissenschaft ein wenig überfliege,*) daß wir mit allem gelehrten Forschen und nach mannigfachen Abwegen doch wieder auf dem Punkt angelangt sind, der uns im Moment der Reichserneuerung als der richtige bezeichnet worden ist.

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In den Worten der Kaiserproklamation sind zwei Behauptungen enthalten: 1) das alte Deutsche Reich besteht fort, denn nichts anderes kann unter Wiederherstellung verstanden werden; 2) die übernommene Krone ist die Krone der früheren Kaiser.

Wenn wir die Richtigkeit dieser Behauptungen prüfen wollen, dann haben wir drei Fragen zu beantworten:

1. Ist das neue Reich eine dem alten gleichartige politische Institution?

2. Ist eine Identifizirung des heutigen Kaiserthums mit dem ehemaligen zulässig?

3. Ist die neue Verfassung auf der Rechtsgrundlage des alten Reiches erwachsen?

Ich werde mich zur Beantwortung dieser Fragen nur auf allgemein anerkannte, unbestreitbare oder sicher zu erweisende That

Ich brauche diesen Ausdruck, weil er in dem Vorwort zu meinem Buche „Das Deutsche Reich 2c." Anstoß erregt hat und mir von gedankenlosen Rezensenten als Unbescheidenheit ausgelegt worden ist. Diese haben entweder nicht gemerkt, auf welche Fabel ich anspielte, oder ihre Bedeutung nicht begriffen. Meine Worte bargen natürlich den Sinn: Wiewohl ich, wie jeder Forscher, über meine Vorgänger, bedeutende Autoritäten, in einem Punkte hinausgegangen bin, so ers innere ich mich jener Fabel, so verkenne ich meine Abhängigkeit von ihnen nicht.

sachen berufen, die Proklamation selbst aber nicht als Rechtsquelle benußen.

Zuerst also: Was war das alte, was ist das neue Reich? Es kann sich dabei nur um die beiden Begriffe Staat oder Bund von Staaten, Einzahl oder Mehrzahl handeln, denn die Umwandlung eines dieser Gebilde in das andere ist ohne Zerstörung von Staaten unmöglich, also staatsrechtlich nicht vollziehbar; eine Form des Staates dagegen kann in jede andere Form übergehen, eine Art des Bundes kann sich in eine andere Art verwandeln. Jenes Mittelding zwischen Einzahl und Mehrzahl, der sogenannte Bundesstaat, dessen man sich vielfach bedient hat, um schwer erklärbaren Institutionen einen Namen zu geben, ist ein widerspruchsvolles, undefinirbares Gebilde, dessen man bei richtiger Auffassung des Staatsbegriffes sehr gut entrathen kann. Wohl sind politische Systeme denkbar, deren Natur nicht feststeht, die von den verschiedenen Potenzen ihren Interessen gemäß entgegengesezt aufgefaßt werden. Der dezentralisirte Staat und der festgefügte Staatenbund stehen einander so nahe, daß es wohl Gebilde geben kann, die man jedem von beiden Begriffen unterzuordnen vermag, ohne mit den Thatsachen in Widerspruch zu gerathen. Wo aber das Recht nicht klar liegt, da muß die Wissenschaft, wenn sie sich nicht für eine Partei entscheiden will, auf Rubrizirung verzichten. Die Aufstellung unmöglicher Begriffe steigert nur die Unklarheit. Ich bleibe bei Staat und Bund und werde zu zeigen suchen, daß in unserem Fall die Sache deutlich genug vor Augen steht, um eine wirkliche Entscheidung zu ermöglichen, daß das Deutsche Reich kein staatsrechtliches Monstrum ist. Zu dem Zweck wird es vor Allem nöthig sein, die Kriterien der einen und der anderen politischen Or= ganisation festzustellen.

Der Begriff des Staates hat sich im Lauf der Jahrhunderte herausgebildet und viele Wandlungen durchgemacht. Wir können uns hier nicht mit seiner Geschichte, noch auch mit politischen Theorieen befassen, sondern werden nur diejenigen Eigenschaften in Betracht ziehen, die sich bei allen Kulturstaaten feststellen lassen. und für ihren Bestand unentbehrlich sind. Selbstverständlich vorhandene Charakteristika übergehe ich.

a) Jeder Staat muß eine Rechtsordnung besigen, durch deren Bestimmungen die Staatsgewalt organisirt und festgesezt ist, in welcher Weise sich der Staatswille zu äußern hat. Ihr Inhalt kann sehr einfach und sehr verwickelt sein; am einfachsten zeigt er

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sich in der absoluten Monarchie, wo er Anfangs in dem einen Sage beschlossen sein kann: A herrscht. Aber schon hier wird zum Zweck kontinuirlichen Bestandes alsbald eine Successionsordnung nöthig. Sehr komplizirte Grundgeseze finden wir in den modernen Verfassungsstaaten, wo sich der Staatswille für verschiedene Zwecke oft in ganz verschiedener Form äußert. Ihr Ursprung ist mit dem des Staates identisch. Die Staatsschöpfer, ob man sie nun, dem Gründungsmodus entsprechend, als Eroberer (England), Befreier (Niederlande), Geseßgeber (Nordamerika, Paulskirche), Kontrahenten (Großbritannien) bezeichnet, vollziehen ihr Werk durch Begründung jener Rechtsordnung. Ihre Sicherung findet sie wohl zeitweilig in der überwiegenden Macht der Begründer, auf die Dauer aber in dem Rechtsgefühl und Interesse der Nation, gerade wie völkerrechtliche Sazungen ihre Sicherung in dem Rechtsgefühl und Interesse der Souveräne zu suchen haben. Wo dies Fundament nicht sicher genug erscheint, wird es oft durch religiöse Vorstellungen befestigt und ergänzt. Ihre Fortbildung geschieht durch den Staatswillen, also mittelst der von ihr selbst autorisirten Organe.

b) Jeder Staat hat einen Willen, dessen Bekundung nicht allein ohne Beschränkung Recht zu schaffen, zu ändern, aufzuheben, sondern auch die Normen seiner Bekundungsweise, also jene Fundamentalrechtsordnung abzuwandeln vermag. Die Bedingungen, von welchen seine Bekundung abhängt, können einfach oder verwickelt, schwerer oder leichter zu erfüllen, immer die gleichen oder je nach Materien verschieden sein. In absoluten Monarchieen ist der Wille des Monarchen bei Innehaltung gewisser Formen identisch mit dem Staatswillen; in reinen, beschränkten Monarchieen steht es ebenso, nur daß in bestimmten Fällen (Gesezgebung) der Wille anderer Potenzen mit dem des Monarchen übereinstimmen. muß, bevor dieser sich als Staatswille dokumentiren darf. In nichtmonarchischen Staaten ist er meistens gleich dem Willen einer auf Zeit zur obersten Leitung erwählten Person oder Körperschaft, der in der Zustimmung andrer Potenzen seine Ergänzung findet. Daß die Gewalt für viele Geschäfte (Verwaltung, Jurisdiktion, Nachfolgerwahl) auf abhängige Organe (Beamte, Wähler) übertragen wird, ändert an der Sache nichts. Dieser so verschieden= artig hervorgebrachte Wille ist absolut, unbegrenzt, er greift sogar über die räumlichen Grenzen des Staates hinaus (Annexion), wenn er sich durchzusehen vermag. Entscheidend aber für den Be

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