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ohne nachhaltige Wirkung. Denn sie lehnten sich an die mit der herrschenden sozialen Idee unverträglichen Zustände einer niedrigeren Kulturstufe an, die bereits dem Untergange geweiht war, nämlich an die der persönlichen Unfreiheit; indem sich nun die Ministerialen zu Freiheit und Adel, ja sogar zu selbständigen Inhabern obrigkeitlicher Rechte emporschwangen, verlor das ministerialische Beamtenthum seinen Werth für die Stärkung der landesherrlichen Gewalt. Es trat eine rückläufige Bewegung ein, welche besonders durch die massenhaften Verpfändungen der landesherrlichen Aemter bezeichnet wird; dadurch gingen ganz ebenso, wie einst durch die Belehnung die Grafenrechte in den Privatbesig des Grafen, nunmehr die mit dem Amte verbundenen landesherrlichen Rechte in den Privatbesiz des Pfandgläubigers über: die Folge davon war also auch hier wieder die Auflösung der Staatsgewalt. Die wahre Bedeutung der Territorien für die Entwickelung der öffentlichen Verhältnisse in Deutschland beginnt erst mit dem Ausgange des Mittelalters. Sie knüpft an die endgültige Begründung der Landesherrschaft an, durch welche der landsässige Adel und die Landstädte genöthigt wurden, ihren Unabhängigkeitsgelüsten und ihren auf die Zerreißung des Territorialverbandes gerichteten Bestrebungen zu entsagen; bald wurden sie auch, zumal die Städte im 15. Jahrhundert, gezwungen, auf die selbständige äußere Politik, wie sie sie bisher oft im offenen Gegensaße zum Landesherrn getrieben hatten, Verzicht zu leisten. Zur selben Zeit vollendet sich die äußere Konsolidation der Territorien; sest schließen sich diese nunmehr ab, und allenthalben macht sich geltend das Streben der Landesherren nach Vergrößerung und Abrundung ihrer Besißungen. Kleinere Territorien werden größeren einverleibt; indem der Lehnsnexus, in welchem kleinere Herren zu mächtigeren Fürsten stehen, sich zu einer umfassenderen staatsrechtlichen Abhängigkeit verdichtet, werden jene zu einer höheren Klasse des landsässigen Adels herabgedrückt. Freilich war die durch die Konsolidation der Gebiete und durch die schärfere Einfügung der lokalen Gewalten in den Rahmen des Staatsganzen bewirkte Zentralisation zunächst noch vornehmlich äußerer Natur; aber die Territorien stellten sich doch jezt dar als fester gefügte staatliche Einheiten, und die äußere Grundlage war geschaffen, auf welcher der so nothwendige innere Ausbau des Staatswesens erfolgen konnte. Und an dieses Werk ging man jezt; ein wahrer Wetteifer der Reformthätigkeit entbrannte jezt und in den folgenden Jahrhunderten in den einzelnen Terri

torien. Das Verhältniß zwischen Staat und Kirche wurde neu geordnet, und zwar im Sinne einer entschiedenen Reaktion gegen das bisherige hierokratische System. Ein neues Staatskirchenthum entstand, dessen erste Regungen, der bewußte Widerstand gegen die Uebergriffe der geistlichen Gewalt in die weltliche Sphäre, der Anspruch auf Beseßung der geistlichen Aemter, die Heranziehung der Kirche und des Klerus zu den staatlichen Lasten, die Kontrolle selbst über innere Angelegenheiten der Kirche, wir bereits im 15. Jahrhundert gewahren; bekannt ist aus jener Zeit das Wort: „Dux Cliviae est papa in suis terris."*) Im Zeitalter der Reformation ging dann in den evangelischen Territorien die Handhabung der Episkopalgewalt und des Kirchenregimentes überhaupt auf die Fürsten über; auf Grund seines Regentenberufes, kraft seiner Stellung als weltliche Obrigkeit wurde der Landesherr hier der Herr der kirchlichen Organisation in seinem Lande. Die katholische Kirche vermochte ihren Besihstand zu wahren und dem Protestantismus in den Weg zu treten nur in Anlehnung an die bei ihr verharrenden Fürsten; die Folge davon war die Befestigung des Staatskirchenthums auch in den katholischen Ländern, welches in Deutschland zwar nicht wie im Westen in einer organischen Ausbildung des Placet und des Rekurses an die weltlichen Gerichte gegen Mißbrauch der geistlichen Amtsgewalt, aber doch in einer bis ins Kleinste gehenden Einmischung in die kirchliche Verwaltung zum Ausdrucke kam; seinen Höhepunkt erreichte es in der bureaukratischen Bevormundung der Kirche im 18. Jahrhundert, zumal im Desterreich Josefs II., der die Kirche wesentlich als eine den staatlichen Zwecken dienende Erziehungs- und Polizeianstalt betrachtete und, geleitet von Tendenzen zugleich des Gallikanismus wie auch der religiösen Aufklärung, die Kirche unbedingt dem staatlichen Interesse und der staatlichen Allmacht unterordnete. Nicht minder bedeutungsvoll waren die Reformen, die im Beginne der Neuzeit in den einzelnen Zweigen der staatlichen Administration geschaffen wurden. Das Gerichtswesen wurde, indem man Maßregeln zur Verhütung von Fällen der Rechtsverzögerung und der Rechtsverweigerung traf, weiterhin durch die Einführung der Schiedsgerichte, sowie des Rechtsmittels der Berufung und eines geordneten Instanzenzuges nach dem Vorbilde des römisch-kanonischen Prozesses, auf durchaus neuem Fundamente aufgebaut. So wurde den fried

*) Vgl. Hinschius im Handb. des öffentl. Rechtes von Marquadsen IS. 198 ff.

losen, anarchischen Zuständen des Mittelalters ein Ende bereitet, und es wurde eine über den schroff und feindlich einander bekämpfenden Ständen der feudalen Gesellschaftsordnung gleichmäßig und gerecht sich erhebende Justiz gehandhabt. Im Zusammenhange mit den großen Fortschritten in der Technik des Kriegswesens, wie sie durch das Aufkommen geschlossener Infanteriekörper als taktischer Verbände gegenüber dem ritterlichen Einzelkampfsystem des Mittelalters gegeben waren, traten an die Stelle der alten Lehnskriegsverfassung die Söldnerheere, vor der Hand freilich noch lange in der Gestalt privater Unternehmungen. Auf dem Felde der inneren Verwaltung gewahren wir die Anfänge einer staatlichen Wohlfahrts-, Sicherheits-, Jagd- und Forstpolizei, eine löbliche Fürsorge für die Hebung des Verkehrs-, Bergwerks- und Münzwesens, des Schul- und Armenwesens, das erst jezt begann, aus einer kirchlichen eine staatliche Funktion zu werden, für die Regelung der Gesindeverhältnisse, für die Aufrechterhaltung von Zucht und Sitte. Nach Möglichkeit wurde hingewirkt auf die Versöhnung des wirthschaftlichen Gegensages zwischen Stadt und Land, der einheimische Handel und Gewerbefleiß wurde gefördert, und die Zusammenfassung der einzelnen Wirthschaftskörper des Systems der alten Stadtwirthschaft zu einer großen, geschlossenen territorialen Einheit wurde mit wachsendem. Eifer und Verständniß betrieben. Das Finanzwesen wurde durch das Streben nach besserer Ausnuzung der fürstlichen Domänen, durch die Ausbildung der landesherrlichen Regalwirthschaft sowie des landständischen Steuerwesens auf eine neue Basis gestellt, und prinzipiell bedeutungsvoll und tief einschneidend waren die Reformen, die auf dem Gebiete des formalen Verwaltungsrechtes in der obersten Instanz durch die Rezeption der modernen französischburgundischen Behördenorganisation mit ihrem Kollegialsysteme, ihren durch die detaillirtesten Instruktionen fest abgegrenzten Spezialkompetenzen, ihrer weitgehenden Arbeitstheilung, ihren genauen Vorschriften über Kontrolle und Rechnungslegung getroffen wurden. Durch die Reverse, die der Landesherr seinen Ständen ausstellen mußte, daß er nicht willkührlich durch Verkauf, Verpfändung oder sonstige Vergabung über sein Land und dessen einzelne Theile verfügen wolle, ebenso durch die fürstlichen Hausgeseze, welche die Untheilbarkeit der Territorien bestimmten, wurde auf den Bruch mit der patrimonialen Staatsauffassung des Mittelalters hingearbeitet.

So regte sich überall in den Territorien zum Anfange der Neuzeit ein neues Leben; überall entfaltete sich eine reiche Thatkraft. Aber nicht dem Landesherrn allein verdankten diese Tendenzen politischer Zentralisation ihre Pflege, sondern bis zu einem gewissen Grade auch den Landständen, d. h. den zur Vertretung des Landes befugten, korporativ-organisirten Verbänden aller oder eines Theiles der im Territorium befindlichen lokalen Gewalten, der Prälaten, des Adels und der Städte; ja man darf sogar behaupten, daß oft genug von ihnen die ersten nachhaltigen Einigungs- und Reformbestrebungen ausgingen, ehe sich noch der Landesherr seines Berufes zur Förderung des Staatswohles überhaupt recht bewußt wurde. Ihre Schöpfung als Institut der Verfassung verdankten die Landstände dem Landesherrn, auf dessen Anerkennung ihre Befugniß zur Vertretung des Landes beruhte. Ihre Zusammensehung war nicht immer die gleiche; bisweilen fehlten die Prälaten; oft theilte sich der Adel in die Kurien der Herren und Ritter. Zur Ritterkurie gehörten ursprünglich wohl alle Ritterbürtigen; später ward die Bedingung für die Landstandschaft der Ritterbürtigen der Besiz eines Rittergutes, und zwar galten dafür im altdeutschen Westen nur die Burgen, im Kolonisationsgebiete, wie es scheint, solche Güter Adliger, auf denen die Pflicht zum Roßdienste im Heere des Landesherrn haftete, und deren Pertinenz die niedere Gerichtsbarkeit war.*) Ueberall stehen sich Landesherr und Landstände einander gegenüber als zwei für den Bereich ihrer besonderen Befugnisse durchaus von einander unabhängige Träger staatlicher Rechte und staatlicher Gewalt. Das eben ist der Unterschied der Territorialstaaten jener Zeit von dem modernen Einheitsstaate, daß Fürst und Stände nicht etwa nur als die verfassungsmäßigen Organe anzusehen sind, in denen die eine, untheilbare, einfache Staatspersönlichkeit zur Erscheinung gelangte: ihr Gepräge war vielmehr ein dualistisches, indem sie sich aus zwei Sonderpersönlichkeiten, dem Fürsten und dem Lande, zusammensetzten. Das Land war ein rein öffentliches, auf der genossenschaftlichen Verbindung seiner einzelnen Theile beruhendes, *) Lamprecht meint, die Grundlage für die Entwickelung des Charakters der Landesstandschaft sei darin zu suchen, dak die Stände sämmtlich Träger ,,halbstaatlicher Gewalten" waren. Diese Anschauung, daß die Stände überall als die Gesammtheit der Ortsobrigkeiten anzusehen sei, muß nunmehr aufge= geben werden; vgl. G. v. Below in den Jahrb. f. Nationalökonomie, Bd. 64 S. 850 f. Nur für das Kolonisationsgebiet hat sie eine beschränkte Richtigfeit; doch war auch hier der Ausgangspunkt für die Landesstandschaft der Ritterschaft wahrscheinlich ihr militärischer Charakter.

mit Gesammtpersönlichkeit begabtes Gemeinwesen; Vertreter und Organe des Landes, Träger der Landesrechte und der Landesfreiheiten waren eben die Landstände. Die zentrale Staatsgewalt in den Territorien war also nicht einheitlich organisirt, sondern getheilt zwischen Landesherrn und Landständen, von denen die lezteren als Organe des von ihnen vertretenen Landes fungirten. Dieser Dualismus des Staatswesens fand seinen Ausdruck zunächst auf dem Felde der Gesezgebung, die im ständischen Staate nicht so ohne Weiteres wie im modernen Verfassungsstaate das Resultat des Zusammenwirkens des Monarchen und des Parlamentes war. Auf gewissen Gebieten des Staatslebens, zumal denjenigen, die durch die sog. Regalien, sowohl die Justiz- wie auch die Finanzregalien, zusammengefaßt wurden, stand in den Territorien die gesezgebende Gewalt ausschließlich der Landesherrschaft zu. Aehnlich verhielt es sich mit den Ständen; diesen gebührte auf Grund ihrer Steuerbewilligungsprivilegien die gesammte Steuergeseßgebung. *) Der Landesherr konnte die von den Ständen beschlossene Steuer annehmen oder nicht, wie man ein Geschenk sich gefallen läßt oder ausschlägt; man hat aber darin nicht etwa eine Mitwirkung des Fürsten für das Zustandekommen der Steuergeseße zu erblicken. So schufen die Stände Geseze über die Organisation der Steuerverwaltung, ohne daß dem Landesherrn dabei staatsrechtlich auch nur der geringste Antheil oder etwa ein Einspruchsrecht zustand, welches die Stände verfassungsgemäß berücksichtigen mußten. Die Sphäre des Gesetzgebungsrechtes der Stände erweiterte sich, abgesehen von anderen Materien, die ihnen durch landesherrliche Privilegirung überlassen waren, durch das ihnen gebührende Recht der Autonomie, d. h. durch ihre Befugniß, sich zugleich mit dem von ihnen repräsentirten Lande nach Rechtsnormen zu richten, die durch eigene Willkür entstanden waren, insofern dadurch nicht die besonderen Rechte des Herrschers, seine Regalien, seine Kriegshoheit, sein Recht auf alleinige Vertretung des Landes nach außen u. s. w. verlegt wurden. Hierzu gehörte fast das ganze Gebiet der inneren Verwaltung; es braucht nur an die vielfachen, unter dem Namen der Fehde, Polizei- oder Landesordnungen“ erlassenen Gesetzgebungsakte der Stände erinnert zu werden. Der gleiche staatsrechtliche Dualismus charakterisirt auch die Zu

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*) Das bezieht sich jedoch nur auf die Steuer, in sofern sie der landständischen Bewilligung unterlag; außerhalb derselben lagen die alten Grafen- und Vogteibeden, sowie gewisse indirekte Steuern, welche unter die Regalien fielen.

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