ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

deutung mit der ihrer Vorfahren Maximilians I. und Ferdinands I. nicht im Entferntesten messen; sie wurde weiterhin tief in den Schatten gestellt durch die fruchtbare Thätigkeit, welche die brandenburgisch-preußischen Herrscher in dem Jahrhundert von 1640 bis 1740 entfalteten.

So sehen wir, daß Lamprechts Ansichten über die Epochen der deutschen Verfassungsgeschichte wesentlich modifizirt werden müssen. Den Haupteinschnitt des langen Zeitraumes von der Begründung des fränkischen Reiches bis zur Errichtung der konstitutionellen Monarchie des 19. Jahrhunderts bildet nicht die Stauferzeit, sondern die Wende vom Mittelalter zur Neuzeit. Die erste der sich so ergebenden beiden Hauptperioden müssen wir in zwei weitere Abschnitte zerlegen, deren Grenze ungefähr durch den Beginn des zweiten Jahrtausends unserer Zeitrechnung angedeutet wird, indem das staatliche Leben des deutschen Volkes bis dahin in der Hauptsache von einem zentralistischen Prinzipe, von da ab mehr von einer Tendenz der Dezentralisation beherrscht wurde. Ebenso verhält es sich mit der zweiten von den beiden Hauptperioden; auch sie zerfällt in zwei Unterabtheilungen, das Zeitalter des dualistischen Ständestaates und das der absoluten Monarchie in Deutschland.*) Nachdem wir so zu einer besser begründeten Ansicht von den Epochen der deutschen Verfassungsentwickelung gelangt sind, gehen. wir über zur Prüfung der zweiten grundlegenden Behauptung Lamprechts, daß die Wandlungen des deutschen Staatslebens vor Allem durch wirthschaftliche und soziale Vorgänge veranlaßt wurden“, daß als wesentliche Ursachen der deutschen Verfassungsbildung sich wirthschaftliche und aus diesen zum großen Theile abgeleitete soziale Momente ergeben". Wir beginnen mit der Erörterung seines Sahes, daß der Lehnsstaat des fränkisch-deutschen Reiches ein Erzeugniß der Naturalwirthschaft war.

[ocr errors]
[ocr errors]

Zunächst müssen wir gegen diese Behauptung daran nochmals erinnern, daß gemäß unseren früheren Ausführungen die fränkischdeutsche Verfassungsentwickelung vom Aufhören des Völkerschaftsstaates der Urzeit bis zur Entstehung der Landesstaaten keineswegs eine einzige, einheitlich in sich geschlossene Periode darstellt, sondern

*) In der Festschrift“ . S. 174 f. theilt Lamprecht die Veriode von der Stauferzeit bis zum 18. Jahrhundert in vier Unterabschnitte. Auf eine nähere Kritik dieser Eintheilung verzichten wir; sie ergiebt sich übrigens auch aus unseren bisherigen Ausführungen von selbst.

daß wir zwischen einem Zeitalter vorwiegender staatlicher Zentralisation bis zum Beginne des zweiten Jahrtausends und einem Zeitalter vorwiegender Dezentralisation von da bis zum Ausgange des Mittelalters unterscheiden müssen. Was aber das fränkischdeutsche Reich des ersten dieser beiden Zeiträume anbelangt, so ist klar, daß dieses, wenn man seine Anfänge ins Auge faßt, weder als ein Lehnsstaat noch als ein Erzeugniß der Naturalwirthschaft bezeichnet werden kann. Denn das Lehnswesen hat sich erst im fränkisch-deutschen Reiche herausgebildet, und das Reich selbst verdankt weiterhin seine Entstehung nicht sowohl der Naturalwirthschaft als vielmehr eben jener zentralistischen Tendenz, welche seit den Zeiten der Völkerwanderung die Stämme und Völkerschaften der Urzeit zu immer größeren und umfassenderen staatlichen Verbänden verschmolz. Wir suchen nun des Näheren den Charakter des fränkisch-deutschen Reiches im ersten Jahrtausende zu ergründen.*) Das fränkische Königthum unterschied sich durchaus vom altgermanischen Volkskönigthume. Alleiniger Träger der Reichsgewalt war der König; in der Person und am Hofe des Königs konzentrirte sich die Reichsregierung. Die frühere Beschränkung des Königthums durch die Landesgemeinde und deren selbständige politische Bedeutung hörte auf. Allgemeine Versammlungen kamen zwar noch bis in die Karolingerzeit hinein vor; aber sie traten. nicht mehr aus eigenem Rechte zusammen und sanken allmählich zur Bedeutungslosigkeit herab. Hatte so die einstige Mitregierung der Landesgemeinde ihr Ende gefunden, so war es auch andererseits den Großen des Reiches, den geistlichen und weltlichen Fürsten noch nicht geglückt, einen verfassungsgemäß gesicherten Antheil an der Ausübung der höchsten Gewalt zu erringen. Der aus ihnen zusammengesezte Reichstag hatte kein Recht, aus eigener Initiative Verhandlungspunkte anzuregen; seine Kompetenz war nur eine berathende; ohne und gegen seinen Rath durfte der König die Entscheidung treffen. Erst gegen Ende der Karolingerzeit begann sich in Westfrancien die Theilnahme der Großen an den Reichstagen zu einer rechtlichen Beschränkung des Königthums zu verdichten. Das fränkische Recht wurde beherrscht durch den Gegensay zwischen Königsrecht und Volksrecht; wie jenes auf dem Willen des Königs, so beruhte dieses auf dem Willen des Volkes.

Das Folgende nach Amira in Paul's Grundriß der germ. Philologie, II, Straßburg 1893 S. 125 ff. und Brunner, Deutsche Rechtsgesch. I 277 ff. und II 7 ff.

Die volksrechtliche Sazung vollzog sich unter Mitwirkung des Königthums, das Königsrecht wurde einseitig von der Krone geschaffen. Die Ausbildung des Königsrechtes knüpfte vornehmlich an die Handhabung der königlichen Banngewalt, des Rechtes, bei Strafe zu gebieten und zu verbieten. Die Banngewalt des Königs, „das Imperium der deutschen Verfassung", war nicht unbeschränkt; die lex Ripuaria verlangte, daß sie rechtmäßig (legibus) und zum Nußen des Gemeinwesens ausgeübt, daß also keinesfalls durch sie das Volksrecht beeinträchtigt würde. Nicht immer aber ist diese Vorschrift beachtet worden. Oft wurden bei Bannstrafe Handlungen und Unterlassungen verboten, die nach Volksrecht erlaubt oder doch straflos waren; nicht minder finden wir Einrichtungen des Königsrechtes, die dem Volksrechte geradezu widerstritten und ohne Zustimmung des Volkes durchgeführt wurden, und selbst wo diese Zustimmung eingeholt wurde, da hatte sie oft nur noch eine formale Bedeutung, weil sie in Versammlungen ertheilt wurde, deren Wesen mit dem der alten Volksversammlungen nur noch wenig gemein hatte. „Die Lösung des Gegensatzes zwischen Volksrecht und Königsrecht war oft eine Machtfrage; wenn auch dieses nicht immer und nicht überall den Sieg errang, war es doch bei Weitem das stärkere, zumal da es, vom Grundsaße der Billigkeit ausgehend, einen wesentlichen Fortschritt gegenüber dem starren und harten Formalismus des Volksrechtes bedeutete". So, wie im fränkischen Reiche, war es im Wesentlichen auch noch in den ersten Jahrhunderten des gesonderten deutschen Reiches; auch hier war der König für die Ausübung seiner Regierungsthätigkeit keineswegs an die Zustimmung eines anderen Faktors der Verfassung gebunden. Seine Verfügung durfte, ganz abgesehen von ihrem materiellen Inhalte, nicht etwa „für nicht rechtskräftig erklärt werden auf den formellen Grund hin, es sei die in solchem Falle nöthige Zustimmung des Fürsten nicht eingeholt". Der König konnte ganz nach eigenem Ermessen verfügen, nur daß seine Verfügung eine gerechte sein sollte. „Das bestehende Recht soll für den König nicht minder, als für jeden andern, eine unübersteigliche Schranke bilden; er darf es nicht willkürlich ändern; er darf es nicht verlezen, mag es sich um das Recht des Reichsganzen, mag es sich um das Recht einer einzelnen Person im Reiche handeln".*) Aber auch so war der königlichen Gesetzgebungs- und Verordnungsgewalt noch ein weiter

*) Vgl. Ficker, Fürstliche Willebriefe und Mitbesiegelungen in den Mitth. des Inst. für österr. Geschichtsforschung III S. 7.

Spielraum gegeben, zumal da die Grenze im Einzelnen oft schwer zu ziehen war, durch deren Ueberschreitung das bestehende materielle Recht verlegt wurde, da ferner eine verfassungsmäßige Kontrolle der Ausübung der königlichen Regierungsgewalt fehlte. Jedenfalls wird man zugeben müssen, daß der Krone ein weitgehendes Recht der Gesetzgebung gebührte; nimmt man noch hinzu, daß der König eine so gut wie unbeschränkte Kirchenhoheit, die Repräsentation des Staates, den maßgebenden Einfluß auf die Verwaltung, zumal die Amtshoheit einschließlich der Organisationsgewalt, die Entscheidung über Krieg und Frieden, die Heeresgewalt, die oberste Gerichtsbarkeit, die er in Person im Königsgerichte verwaltete, sowie das Recht der Billigkeitsjustiz, nicht minder als oberstes Organ der Friedensbewahrung die höchste Polizeigewalt besaß, daß er endlich der Eigenthümer des gesammten Fiskalgutes war, und daß alle Staatseinnahmen ihm zuflossen, so wird man die Behauptung wagen dürfen, daß die Staatsgewalt im fränkisch-deutschen Reiche der ersten Hälfte des Mittelalters straff zentralistisch organisirt war, daß das Reich als eine formell unbeschränkte Monarchie mit absolutistisch gerichteter Tendenz anzusehen ist. Mochte sich auch noch die Anschauung erhalten, daß der König der Repräsentant des Volkes sei, so war seine Gewalt doch nicht mehr vom Volke irgendwie abhängig, sondern wurde behandelt wie ein angestammtes und nuhbares Privatrecht. Seit Chlodwig war das fränkische Reich ein Erbreich; das Königthum war gewissermaßen ein Erbgut oder Patrimonium des Merowingergeschlechtes, der jeweilige Inhaber ,,konnte es durch Annahme von Mit- oder Unterkönigen vervielfältigen, wobei eigentlich immer nur eine Theilung der Reichsverwaltung stattfand, sodaß theoretisch die Reichseinheit gewahrt blieb". Seit dem Auftreten der Karolinger verlor dann zwar das Reich den Charakter eines reinen Erbreiches; mit dem Erbrechte konkurrirte von nun an die Mitwirkung formell des Volkes, in Wahrheit des Großen sowohl bei der Erhebung zur Königswürde als auch bei den Theilungen des Reiches, und im deutschen Reiche ist dann neben der Untheilbarkeit auch das Wahlprinzip zur Herrschaft ge= langt. Gleichwohl ist mit der Auffassung nicht gebrochen worden, daß dem Könige, wenn er einmal, sei es durch Erbgang, sei es durch Wahl zur Herrschaft gelangt sei, die Staatsgewalt als ein privater Besiz zustehe, über dessen einzelne Bestandtheile er beliebig durch Schenkung, Privilegirung, Verkauf, Verpfändung u. s. w. verfügen dürfe. Der Staat wurde noch nicht betrachtet als ein

jeder privaten Sphäre entrücktes, rein dem öffentlichen Rechte angehöriges Institut; noch war die abstrakte Staatsidee unbekannt.

Um freilich das richtige Verständniß für die besonderen Eigenthümlichkeiten der staatlichen Entwickelung jenes Zeitalters zu gewinnen, dürfen wir uns nicht damit begnügen, die richtige Einsicht in das Wesen der damaligen Staatsgewalt zu erlangen, sondern wir müssen auch ihr Verhältniß zu den neben und unter ihr existirenden großen Mächten der Kirche und der Gesellschaft kennen lernen. Das Staatskirchenthum, die Einheit von Staat und Kirche in der Gestalt, daß der Staat als die übergeordnete Macht selbst in Dingen rein kirchlicher Natur erscheint, ist der Typus des Verhältnisses von Staat und Kirche im fränkisch-deutschen Reiche des ersten Jahrtausends.*) „Es wurde vorbereitet von den Merowingern, crhielt seine eigentliche Begründung unter den ersten Karolingern durch ihre enge Verbindung mit dem im Interesse und Auftrage der Kurie handelnden Apostel der Deutschen Bonifatius und fand seine höchste Vollendung in dem abendländischen Kaiserthume Karls des Großen.“ Gerieth auch bei der innigen Harmonie zwischen den beiden ober: sten Gewalten die fränkische Kirche, in merowingischer Zeit noch im Wesentlichen eine ziemlich unabhängige Landeskirche ohne engere Verbindung mit Rom, nunmehr unter den Karolingern in Wirklichkeit unter den Einfluß des Papstthums, so stand doch rechtlich die oberste Leitung der Kirche dem Könige zu. Die kirchliche Gesetzgebung war Königsrecht; die in merowingischer Zeit relativ selbständige Synode ging jezt auf im Reichstage, an dessen Beschlüssen die weltlichen Großen Antheil hatten, und der nur berathende Kompetenz besaß. Selbst in dogmatischen Streitigkeiten beanspruchte der König, unabhängig von Papst und Konzil, das Recht der Entscheidung. Das Kirchengut wurde behandelt als Reichsgut. Schon in der Merowingerzeit hatte der König einen weitgehenden Einfluß auf die Besehung der Bisthümer ausgeübt; jezt übte er fast ausnahmslos ein einseitiges Ernennungsrecht aus. Die Organisation und Verwaltung der Kirche war ganz seiner Hoheit unterstellt. Die Bischöfe und Aebte galten als absehbare, der missatischen Kontrolle unterworfene Beamte. So ausgedehnten Befugnissen gegenüber wollte es wenig besagen, wenn wir bereits die Anfänge eines besonderen Gerichtsstandes des Klerus ge= wahren; die geistlichen Großen hatten doch in Straffachen ihren

*) Vgl. für das Folgende: Hinschius im Handbuch des öffentlichen Rechtes, I, 1, 194 ff. und Brunner, Deutsche Rechtsgesch. II S. 83 ff. und 312 ff.

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »