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Weite und Breite, ging es doch in die Tiefe und in die Höhe. Und doch hat es dem HErrn gefallen, gerade dadurch, daß Er Euch zu Fremdlingen machte, Euer Haus zu einem Pilgerhaus zu wandeln, darin Viele Herberge fanden. Vor wenigen Monaten erst haben wir die stille Pilgerin mit den leuchtenden Augen, die so lange Jahre in Eurem Hause die Heimath gefunden, hinausgeleitet zu ihrer letzten Ruhe.*) Hat Euch der HErr die Lust und die Last eines Kinderhäufleins versagt, so galt es doch auch hier: „Die Einsame hat mehr Kinder, denn die geboren". Um Euch her die Schaaren der aus dem Wort und Geist geborenen Kinder Eurer Gemeinden, und welche Erquickung ist Euch hier zugeflossen.

Wohl wissen wir ja zu reden von Erquickungen, die wir unmittelbar aus der Hand des HErrn empfangen, wenn Er der müden Seele zuspricht und Del dem schwachen Geiste zugießt, aber wir empfangen sie auch mittelbar durch die Hand der Liebe der Seinen; wie mancher Becher kalten Wassers in Jesu Namen ist Euch gereicht worden aus dem Reichthum der Armuth! Waren die Gemeinden hin und her zerstreut, um so mehr war Gelegenheit, den Samen mit voller Hand auszustreuen und um so reicher und vielgestaltiger der Erntekranz der Liebe, der Euch heute so reich in den Schoß gelegt ward. Wahrlich, für jeden Werktag auch ein Sabbath, für jede Ermüdung auch eine Erquickung. Und wer hat es Euch gegeben, daß Eins dem Andern zur Erquickung sein durfte? Wer hat Euer Leben so gestellt und gestaltet, daß es auf der einen Seite vertieft durch die Amtsführung des Einen, bereichert durch die opferfreudige Liebe des Andern im gegenseitigen Geben und Empfangen auch Fremden zur Erquickung ward?

Oder hat es gefehlt an der Führung auf rechter Straße? Ich will nicht davon reden, geliebter Bruder, daß der HErr, wie einst seines Volkes Israel, auch Dein Reisen zu Herzen genommen, Deinen Fuß nicht hat gleiten lassen auf Deinen vielen Wanderungen

*) Die Schwester des Galeriedirektors Frommel; s. Lebensbild II, G. 207 f.

und Dich immer fröhlich den Giebel Deines Hauses und die hellen, erleuchteten Fenster aus der dunklen Waldnacht hat erblicken lassen. Viel treuer noch war der HErr in der Führung auf rechter Straße, die der innere Mensch zu ziehen hat. Wie viele Straßen thaten sich auf nach innen und außen, verlockend zum Theil; Straßen, die nicht ins Geraume und zu lichter Höhe führten, da man Jesum alleine sieht, wenn man vom Berge steigt. War Er es nicht, der Euren Gang gewiß machte nach Seinem Worte; der Euch in der Stille bereiten wollte, um Euch, wenn Seine Stunde gekommen, heraustreten zu lassen mit dem freudigen: „Ich bin bereit“ die Hände Euch binden lassend, die Heimath dahinten, Eure Straße fröhlich zu ziehen, weil Ihr wußtet: Er führet mich auf rechter Straße um Seines Namens willen, ja Seines ErzHirten Namens willen, der ja überall über Seine Hirten und Seine Heerde verfügt! So hat er es auch hier Euch erkennen lassen im Segen des Wortes und der Liebe der Gemeinde: es war die rechte Straße. Erst rückblickend, verstehen wir die Wege Gottes, wir sehen Ihm nicht voraus, wohl aber „hintennach“, im Licht des Ziels löst sich der verschlungenste Weg in Licht.

Seine Straße führte Euch auch in die Tiefe, nicht bloß auf lichte, sonnige Höhen. Aber auch im finstern Thale hat Er Euch nichts mangeln lassen, noch im einsamen Gang an Seiner doppelten Nähe. Dich, liebe Schwester, hat Er mehr denn einmal in diesen 25 Jahren an die Pforten der Ewigkeit geführt. Daß Jhr diesen Tag gemeinsam noch erleben würdet, wie oft stand es in Frage! Wie wollten auch über Dich, geliebter Bruder, die Abendschatten kommen und die Nacht heraufziehen, da Niemand wirken kann! Wer war's, der bei Euch blieb? O wohl, es ist köstlich, in solchen Stunden ein trautes Herz zu wissen, das die fieberheiße Hand halte und das müde, welke Haupt sanft umfängt, wenn man aufwachend und aufschauend, erquickt den Andern ansieht: „Ach, Du bist bei mir!" Und doch, wo ist Menschenarm und -Trost in solch bangen Stunden? Wie sind solche Tage vielmehr dazu angethan, uns los zu machen auch vom Liebsten und Niemanden mehr zu kennen dem Fleische nach -die Hände loszuwinden von

den Nächsten und die starke Hand des Hirten allein zu fassen, zu verzichten auf Menschentrost, aufzuschauen zum HErrn und zu sagen: „Du bist bei mir; dein Stecken und Stab trösten mich!" Hat Er das nicht Alles gethan? Ja, „lobe den Herrn, meine Seele, und vergiß nicht, was er dir Gutes gethan!" Jns dunkelste Thal hat Er Euch doch nicht geführt, da der Glaube wanken will und die Sterne über dem Haupt erbleichen. Der gute Hirte hat auch für Euch gebeten, daß Euer Glaube nicht aufhöre. Ja gerade da fühlt man, wie der HErr den Hungernden den Tisch deckt, unter der Gluth der Sonnenstrahlen das Haupt mit Del falbt und bei dem Verschmachten voll einschenkt: Solche Stunden heften in der Ehe auch die Herzen wunderbar aneinander.

Es können im Amtsleben, wie im häuslichen und inneren Leben solche Sturmzeiten kommen, da der Wind zu allen Fugen hereinstürzt, da Eins sich am Andern halten muß in doppelter Liebe. Man kann leiden unter Menschenhand, die mit Simei nach Steinen greift, und wie Saul nach dem Spieß, wenn man auch auf der Harfe spielt; man kann leiden unter dem eigenen troßigen und verzagten Herzen, leiden unter Satans Angriff im Sturmlauf. Aber da deckt Er uns den Tisch im Angesicht der Feinde im Wort und Sakrament, aber auch dadurch, daß er des Einen Geist besonders fröhlich und stark macht, wenn der des Andern zagen und verzagen will. Da deckt aus Gottes Fülle Eins dem Andern den Tisch. Was bleibt denn als Schlußsumme? Nur Gutes und Barmherzigkeit sind mir gefolgt mein Leben lang". Das ist das Schlußfazit der ganzen Rechnung unseres Lebens, alles Nehmens und Gebens, alles Versagens und Gewährens: HErr, an Dir hat nichts gemangelt aber wohl

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an uns!

Ohne diesen tiefen Ton fehlte doch bei allem Lob und Preise Gottes die Dominante. Ja, hier wird Dein Bekenntniß neu, das Du einst ins Lied drängtest: Nicht werth- nicht werth! Es gilt, alle Versäumniß an Treue, an Liebe sich nicht bloß untereinander, sondern dem HErrn gemeinsam klagen. Das ist das dürre Holz, das wir bei dem Lobopfer anzünden. Des Festes

tiefste Weihe ist seine Buße, seine Thränen sein schönster Schmuck und sein seliger Hauspsalm: „Was bin ich, HErr, und was ist mein Haus, daß du mich hierher gebracht hast!?" So senkt sich der Baum nicht bloß durch den Sturm in seinen Aesten, sondern weit mehr durch die Last seiner Früchte in seinen Zweigen. Wohlan! Der selige Schluß des Psalms enthält einen seligen Entschluß: „Ich werde bleiben im Hause des HErrn immerdar.“ Wo wolltet Ihr auch hin! Ist doch ein Tag in Seinen Vorhöfen besser, denn sonst tausend! Wer mit seinem Hause dahinein gepflanzt ist, hat Heimathrecht und wird im Hause Gottes grünen, auch wenn das Alter kommen will. Die ersten fünfundzwanzig Jahre gingen in aufsteigender Linie, die kommenden führen abwärts, im tiefsten Sinne heimwärts, um ganz und völlig in dem Hause des HErrn zu bleiben.

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Laßt mich schließen. Die Tiefe und Intensität eines Festes bemißt sich danach, wie lange sein Festglanz vorhält. Darum giebt es bei aller Vielgestaltigkeit nur zweierlei Feste: arme und reiche. Arme wenn mit den Festblumen und Lichtern die Festfreude welkt und das Festlicht ausgeht und der flüchtige Sonnenblick der Freude keine Frucht zeitigt; reiche wenn die Pulse der Ewigkeit mit hineingeschlagen und die Festfeuer eine Frucht für die Ewigkeit reifen lassen. Da wirft solch Fest einen hellen Schein auch in die kommenden Tage. Wohlan denn! Zwischen zwei bedeutsamen Sonntagen steht Euer Fest: zwischen Misericordias Domini und Jubilate. Hinter Euch die Barmherzigkeiten des guten Hirten, vor Euch das Jubilate im Hause des HErrn, so getragen von einer lichten Vergangenheit, entgegenwandelnd einer noch lichteren Zukunft, sprecht Ihr am lichtvollen Heute: Hallelujah! Uns mangelt nichts! Amen.

Frommel-Gedenkwerk. Bd. V. Reden aus dem Amt.

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V. Weihereden.

1. Rede

über Apostelgeschichte 18, 9 und 10:

„Fürchte dich nicht, sondern rede und schweige nicht. Denn ich bin mit dir, und Niemand soll sich unterstehen, dir zu schaden. Denn ich habe ein groß Volk in dieser Stadt."

Bei der Einführung des Hofpredigers und Garnisonpfarrers v. Hase in Potsdam, 1889.

In Christo geliebte Gemeinde, insonderheit theurer Bruder im Amt! Von Abschiedsklängen war Euer ehrwürdiges Gotteshaus durchtönt seit Jahresfrist. Ich gedenke der erhebenden Feiern über dem Sarge der beiden Kaiser, die hier so oft des HErrn Wort gehört und hier die Höhetage preußischer Geschichte feierten. Aber ich vergesse es auch nicht, daß hier der Sarg stand des treuen Hirten dieser Gemeinde,*) den der HErr träumend durch des Todes Thüren nach treuer Arbeit in den Feierabend geführt. Ein Abschied, und gewiß nicht ohne Weh, war es von seiner engeren Gemeinde, wenn hier mein Amtsbruder**) schied, dem beinahe ein Menschenalter hindurch die Seelsorge der hiesigen Militärgemeinde anvertraut war, der mit dem Heer die leuchtendsten und schmerzlichsten Tage wie kaum ein anderer Militärgeistlicher getheilt und,

*) D. Strauß, † 1888.

**) D. Rogge.

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