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Der Gott des Friedens heilige Euch durch und durch, daß Euer Geist sammt Seele und Leib unsträflich erfunden werde bis auf die Zukunft unseres Herrn Jesu Christi. Amen!

Joh. 15, 16.

Ihr habt mich nicht erwählet, sondern Ich habe Euch erwählet und geseht, daß Ihr hingehet und Frucht bringet und Euere Frucht bleibe, auf daß, so Ihr den Vater bittet in meinem Namen, daß er es Euch gebe.

Geliebte in dem Herrn! Im Laufe der vergangenen Woche hat unsere Universität ihre Berufsarbeit auf's Neue begonnen. Wir sind eingetreten in die zweite Hälfte unseres akademischen Jahres; so stehen wir, die Hand am Pfluge, vor dem Acker. Da ist es gewiß wohl gethan vor Gottes Augen, unsere Aufgabe klar und bestimmt in's Auge zu fassen, zu prüfen, was wir wollen und zu erwägen, was wir sollen: Zweck und Ziel unseres Werkes. Denn es kommt ein Tag, an dem wir Alle von unserem Haushalt Rechenschaft ablegen müssen und nicht, wer überhaupt etwas gewirkt und geschafft hat, sondern wer treu nach dem Willen des Hausvaters gearbeitet hat, der empfängt Lohn. Darum habe ich meiner

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heutigen Predigt das Wort des Herrn zu Grunde gelegt: Ihr habt mich nicht erwählt, sondern ich habe Euch erwählet und gesezt, daß ihr hingeht und Frucht bringet und euere Frucht bleibe." Fürchte aber nicht, liebe Gemeinde, daß bei Auslegung dieses Textes diejenigen von Euch leer ausgehen werden, die einem anderen Berufe angehören: was hier der Herr zunächst seinen Jüngern sagt, ist zu allen Christen geredet, weß Standes und Berufes sie immer seien; denn alle Christen sind berufen zur Arbeit in dem Weinberge des Herrn. Und dieses Wort seines Mundes selbst, so schlicht und einfach es lautet, es gibt wenig Worte der Schrift, die einen so reichen und fast unerschöpflichen Inhalt in sich schließen, deren Sinn und Meinung so ganz verschieden ist von der gewöhnlichen Sinnesweise und Lebensanschauung der Menschen, und die eine so gewaltige Mahnung an uns richten. Gebe uns Gott der Herr seinen Geist zum gesegneten Verständniß desselben. Mache Er unser Herz zum guten Boden für das himmlische Saatkorn und lasse das Wort darinnen Wurzel schlagen und Frucht des Lebens bringen. Amen.

und zwar:

Die Lebensaufgabe des Christen

I. die göttliche Berufung und die menschliche
Arbeit,

II. die zeitliche Aussaat und die bleibende Ernte.

I.

Ihr habt mich nicht erwählet, sondern ich habe euch erwählet, spricht der Herr zu den Jüngern; als sie am Markte standen, als sie an dem See Genezareth saßen,

ist er an ihnen vorüber gegangen und hat ihnen zugerufen: Folget mir nach. Und sein Ruf ist ihnen in's Herz gedrungen, und sie haben Schiff und Neze dahinten gelassen und sind dem Herrn nachgezogen; so sind sie seines Reiches Boten und Rüstzeuge geworden. Sein Ruf hat sie in ihren Beruf eingesezt. Und du, mein Christ, woher hast denn du deinen Beruf, dein Amt auf Erden? Du sprichst: Die natürlichen Lebensverhältnisse, in die ich hinein geboren bin, die Einflüsse meiner Jugend, die Bestimmung meiner Aeltern oder eigene Wahl und Neigung, von daher habe ich meinen Beruf. Wohl; aber ist es deßhalb kein göttlicher, Gottgeordneter Beruf? Oder meinst du, daß der Gott, der die Sterne des Himmels lenkt und keinen Sperling auf dem Dache vergißt, daß der die Menschenkinder, unbekümmert um sie, sich selbst überlasse und es dem Spiele des Zufalls anheimgebe, was aus ihnen werde? Geht nicht der Zug seiner Führung durch unsere Jugend und durch unser Alter hindurch, sind nicht alle jene natürlichen Verhältnisse eben so viele Mittel in seiner Hand, wodurch er die Herzen und Wege der Menschen nach seinem Willen und nach seinen Gedanken leitet und lenkt, ist es nicht sein Geist, der die Kräfte und Vermögen, die du befizest, und damit die Tüchtigkeit zum Berufe in deinen Geist gelegt hat? „Hast du etwas, das du nicht empfangen hättest?" Haben wir's etwa nicht alle schon oft genug an uns selbst erfahren, wie derselbe Gott und Herr bald dem Einen die selbsterwählten Wege vérzäunt und abschneidet, daß er nicht mehr weiß, wo aus und ein, bald einem Anderen unerwartet Bahn und Weg eröffnet, wo er es am wenigsten vermeint! Nein, der Beruf, das Amt, die Stelle, die du in der Welt einnimmst, sie sei enge oder weit, hoch oder niedrig, sie ist von Ihm; es ist der Ort, an den dich seine Hand gestellt, der Wirkungskreis, zu dem Er Dich berufen hat: Ihr habt mich nicht er

wählt, sondern ich habe euch erwählt. Und diese Erkenntniß, m. L., ist von höchster Wichtigkeit: sie stellt uns gleich von vorne herein auf den rechten Standpunkt; sie zeigt uns den Ernst, die Heiligkeit, die Verantwortlichkeit des Berufes; sie gibt Muth und Vertrauen und bewahrt vor jener hochmüthigen Thorheit, die den eigenen Beruf mißachtet, weil er minder weit oder glänzend als der eines Anderen ist. Gott der Herr wird es doch wohl am besten wissen, wozu er einen Jeden in seinem Weinberge brauchen kann. Der Beruf ist von Ihm.

Wozu aber hat uns der Herr berufen? Die Antwort lautet: Ich habe euch erwählet und gesezt, daß ihr hingeht und Frucht bringt. Da kommt zum Beruf der Befehl, die Aufgabe hinzu als wollte der Herr zu uns sagen: Seht, ich habe euch, einem Jeden sein Pfund, sein Maß von Kräften und Vermögen gegeben. Nun gehet hin und leget die Hand an den Pflug und thuet das Werk, das euch geboten ist; das Werk aber ist eben das, wozu der Beruf einen Jeden verpflichtet, er sei Lehrer oder Jünger, Hausvater, Mutter oder Diener; das Tagewerk, das ihm gestellt und aufgegeben ist: das thut nach dem Vermögen, das Gott darreicht, mit heiliger Gewissenhaftigkeit, mit redlicher Treue im Großen und im Kleinen; nach dem Willen des himmlischen Hausvaters. Das ist der Befehl zum Beruf und wehe Jedem, der diesen Befehl verachtend die theuer werthe Lebenszeit elendiglich vergeudet, wehe der Jugend, die im Sinnesgenusse die Kraft ihres Lebens schwächt, und wehe dem Manne, der dem Behagen des Fleisches fröhnt, statt die sauere Lebensarbeit auf sich zu nehmen, wozu er berufen ist. Doch davon brauchen wir nicht viel zu reden; Arbeit, sauere Berufsarbeit ist ohnehin das Loos der meisten Menschen. Schon die Noth drängt sie dazu. Aber es handelt sich auch hier gar nicht

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allein um Werk und Arbeit, sondern der Befehl lautet: daß ihr hingehet und Frucht bringet. Höret das Ihr insonderheit, ihr lieben jungen Freunde, die ihr in der Frühlingszeit des Lebens stehet, deren Lebensbaum im Schmucke der Blüthen pranget das Herz voll frischen, schwellenden Muthes, hoffnungsreiche Anfänge, viel versprechende Ansäße: mit welch gerechten Erwartungen sieht das Auge der Eurigen, sieht das Auge des Herrn selbst auf Euch; aber bei den Blüthen darf es nicht bleiben die Blüthen, die nicht zu Früchten reifen, verweht der Wind; Frucht will der Herr an Euch sehen aber nicht solche Früchte, denen das Mark der Gesundheit und der Wahrheit fehlt die faulen am Baum und fallen hernach auch bald herunter sondern Frucht, die da bleibet. Erst damit haben wir des Christen Lebens- und Berufsaufgabe völlig ausgesprochen: „Ich habe euch gesezt, daß ihr hingehet und Frucht bringet und euere Frucht bleibe"; das ist es: bleibende Frucht. Und was ist das für Frucht? Wir könnten sagen: Es ist die Frucht, die uns überlebt und überdauert, nachdem wir einst vom Schauplatz abgetreten sind, die Thaten sind es, die ihre Spuren in die Geschichte eingezeichnet haben, die durch ganze Geschlechter-und Generationen fortwirken; so war die Frucht gethan, welche die Jünger des Herrn getragen, so die Frucht, die unsere Väter in Christo in der Reformation gebracht. Aber das Zeitmaß allein kann hier doch nicht entscheiden. Es gibt auch bittere und faule Früchte, die ganze Geschlechter verderben, es gibt Ungerechtigkeiten und Sünden in der Geschichte der Völker, deren Frucht durch lange Zeiträume hindurch reicht und immer auf's Neue um Rache oder Sühnung schreit. Hinwiederum gibt es gute und schöne Werke menschlicher Liebe und Treue, die gar keine Frucht zu hinterlassen scheinen, von deren Spuren wenigstens das menschliche Auge nichts mehr gewahrt. Und es gibt auch.

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