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Hinter der Mythologie vom Kampfe Marduks mit dem Drachen steht die Lehre von der Erwartung eines Erretters, der das neue Weltzeitalter bringt. Auf babylonischem Gebiete fanden wir Spuren dieser Lehre, s. S. 97 ff., vgl. S. 170. Besonders deutlich ausgeprägt trat uns die Lehre auf persischem Gebiete entgegen S. 149 f.

Auch die biblische Erlösererwartung bedient sich des Bildes. vom Drachenkampf. Zunächst ist das bei der Errettung aus Ägypten zu beobachten. Ägypten ist die finstere Macht, die besiegt werden mußte, ehe die Ära Israels anbrach. Darum werden uns Drachenkampf-Motive beim Auszug aus Ägypten begegnen. In den prophetischen Bildern erscheint Ägypten oft als das Ungeheuer der Urzeit1, Tobias 8, 3 wird der böse Geist nach Ägypten (= Unterwelt) verbannt und dort gebunden.

Mit der Weltzeitalterlehre verbunden erscheint der Kampf Da 7, 9ff. In der Ratsversammlung tritt der,,Sohn des Menschen" auf, der in den Wolken des Himmels erscheint. Er hat das Tier getötet, das hochfahrende Worte redet 3. Zum Lohne wird ihm Macht, Ehre und Herrschaft verliehen.

Die Endzeit entspricht auch hier der Urzeit. Der Drachenkampf beginnt nach der Vertreibung aus dem Paradiese. 1 Mos 3, 15 wird der Kampf angekündigt, s. z. St. Es ist ein fortgesetzter Kampf, der in der Endzeit vollendet wird.

Schlußwort zur „,Schöpfung“.

Die vorstehenden Ausführungen dürften zur Genüge zeigen, daß die Schöpfungsberichte von 1 Mos nach der Form ihrer Erzählung und nach dem ihnen zugrunde liegenden Weltbilde demselben Boden entsprossen sind, wie die übrigen altorientalischen Kosmogonien.

1) Ps 87, 4; 89, 11. Jes 30, 7; 51, 9, s. S. 179.

2) Dieses Motiv der Gerichtserscheinung findet sich bekanntlich in der neutestamentlichen Apokalyptik Mt 26, 64; Apk 1, 7. Vielleicht ist Wettererscheinung gemeint. Auf die Vermutung führt der Vergleich mit dem Kampf wider den Labbu, s. S. 139 (Rückseite des Textes), wo der Sieger unter Wettererscheinungen mit dem Lebenssiegel vor dem Gesicht erscheint.

3) Vgl. S. 135 Tiâmats Auftreten.

*) Näheres zu Da 7. Der jetzige Text hat das Bild verwischt. Es ist die gleiche Szene wie Apk 4f., wo das doríor als Sieger auftritt und das Schicksalsbuch empfängt, s. BNT 13f. Vgl. dort auch S. 94f., wo Mt 4 aus diesem Zusammenhange heraus erläutert wird.

Die herrschende Annahme einer literarischen Abhängigkeit der biblischen Weltschöpfungsstoffe von babylonischen Texten ist hinfällig oder kommt angesichts der die ganze Welt überspannenden Lehre von Weltentstehung und Weltentwickelung gar nicht oder wenigstens (wie bei der Sintflut) erst in zweiter oder dritter Linie in Betracht. Wenn ein Israelit über Weltentstehung redete, so bewegte er sich unwillkürlich in dem Ideenkreise des altorientalischen Weltbildes. Und wenn er auch neue religiöse Ideen mitzuteilen hatte, so stand doch die Form seiner Erzählungen, die Bildersprache, deren er sich bediente und nur bedienen konnte, unter dem Einflusse der ihn umgebenden Welt.

Die Erhabenheit der biblischen Erzählung in 1 Mos I und 2 über jede heidnische, und insbesondere über die babylonische Kosmogonie und ihr religiöser Wert liegt m. E. in den folgenden Punkten 2:

1. In der Sicherheit, mit der hier Gott gesagt wird. Alle heidnischen Schöpfungserzählungen berichten zugleich von der Entstehung der Götter: die Kosmogonien sind verbunden mit. Theogonien. Der Gott, der in 1 Mos 1 Himmel und Erde gemacht, hat nichts mit der Schöpfung gemein; er steht erhaben. seinem Werke gegenüber.

2. Die bei der Schöpfung wirkenden Mächte und die einzelnen Teile der sichtbaren Schöpfung erscheinen in den übrigen orientalischen Kosmogonien als Götter und Ungeheuer. Die

1) H. Gunkel sagt übrigens unter vorsichtiger Zurückhaltung (s. Genesis1 109f.), die in 1 Mos 1 vorliegende hebräische Tradition oder vielmehr die vorauszusetzende Urrezension müsse vor allem deshalb von dem babylonischen Mythus (gemeint ist immer nur der in Enuma eliš vorliegende Mythus, der S. 129 ff. behandelte babylonische Bericht ist fast gar nicht beachtet worden, obwohl er 1 Mos näher steht wie das Epos) abhängig sein, weil die beiden Traditionen die Zerteilung des Urwassers gemeinsam haben, und weil diese Tradition nur in einem Lande denkbar sei, wo im Winter, in der finsteren Jahreszeit, überall Wasser herrscht, im Frühling aber, wo das neue Licht entsteht, die Wasser nach oben und unten geteilt werden. Man werde also auf ein Land schließen müssen, wo der Winterregen und große Überschwemmungen das Klima bestimmen: ein solches Land sei nicht Kanaan, aber Babylonien. Aber die Spaltung der Tiâmat, die dem zugrunde liegenden kosmischen Mythus entspricht, ist aus dem Weltbild zu erklären, nicht aus klimatischen Verhältnissen. Denselben Einwand erhebt, wie ich nachträglich sche, Nikel, Genesis und Keilschriftforschung, S. 75, mit dessen Weltbild selbst ich sonst nicht allenthalben einverstanden sein kann.

2) S. mein Kampf um Babel und Bibel" S. 17.

Lehre, die die Naturerscheinungen als Wirkungen der einen göttlichen Macht kennt, ist überall mythologisiert. Beim biblischen Erzähler sind nur Spuren übrig geblieben, die zur Poesie der Sprache gehören (,, tohu und bohu",,, der Geist Gottes brütet“). Er kennt das Weltbild seiner Zeit und die Lehre von der Weltentstehung. Aber diese,,Wissenschaft" ist ihm nicht Selbstzweck, sondern sie dient ihm als Gefäß einer einzigartigen religiösen Gedankenwelt. Von mythologischen Personifizierungen ist in I Mos I keine Spur zu finden.

3. Die Tendenz der biblischen Erzählung von der Schöpfung ist Anbetung und Dankbarkeit gegen den allmächtigen Schöpfer und Erhalter der Welt. Man vergleiche den lyrischen Widerhall von I Mos I in Ps 104. Die heidnischen Kosmogonien sind nicht religiösen Zwecken dienstbar. Das Epos Enuma eliš hat z. B. einen politischen Zweck: es will beweisen, daß Babylon die Weltherrschaft gebührt; der Stadtgott Marduk hat die Welt erschaffen.

Die siebentägige Woche und der Sabbat.

I Mos 2, 3:,,Und es segnete Gott den siebenten Tag und heiligte ihn."

Die siebentägige Woche und zwar eine durch das ganze Sonnenjahr hindurchrollende Woche von sieben Tagen bildet die Einheit des israelitischen Kalenders. Die Einrichtung dieser fortrollenden Woche (šabû'a vgl. 1 Mos 29, 27; Ri 14, 17)1 bedeutet eine große Geistestat. Woher es die Israeliten haben, ist nicht nachweisbar. Erfunden haben sie das nicht; wir haben keine Spuren davon, daß sich die in kulturellen Dingen durchaus abhängigen Israeliten mit dergleichen beschäftigt haben. In Babylonien ist in dem bisher zugänglichen Material nur eine fortrollende Fünferwoche (hamuštu) nachweisbar 2. Die Siebenerwoche kennen die uns bekannten Hemerologien nur innerhalb der einzelnen Monate. Spuren einer fortrollenden siebentägigen Woche zeigt die Bedeutung des 19. Tages, der als 7 × 7 = 49. Tag, vom Beginn des vorhergehenden Monats an gezählt,

1) Spuren einer daneben gebräuchlichen zehntägigen Woche liegen vielleicht vor 2 Mos 12, 3: der Monat würde dann in drei Zehner geteilt sein; 3 Mos 16, 29; 23, 27; 25, 9: der zehnte Tag des Monats der Askese und Ruhe geweiht, ein Versöhnungstag; vgl. auch die Redensart „einen Tag oder zehn" I Mos 24, 55. Sie entspricht der Einteilung des Kreislaufs in 36 Dekane: 10 X 36: 360, der gesamte Kreislauf, s. S. 11.

2) S. 58 f.

ausgezeichnet wird, und die oben S. 28 besprochene Hervorhebung der Zahl 50 (50 × 7 = 350, d. i. Mondjahr) zur Bezeichnung des gesamten Jahres- bez. Weltenzyklus: Marduk erhält die Zahl 50 als Ehrenname, Ninib-Ningirsu, der den Nordpunkt, die meta des Sonnenlaufs beherrscht, wohnt im „,Tempel 50“.

Eine besondere Frage ist die, ob die babylonischen,,Siebentage" mit den Mondphasen zusammenhängen oder nicht. Was S. 41 von den in Israel geltenden Kalendern gesagt wurde, gilt für das gesamte altorientalische Kulturgebiet. Die Siebenerwoche hat mit dem Mondlauf zunächst nichts zu tun; hingegen ist keine Zeit denkbar, in der man dabei nicht an die sieben Planeten gedacht haben sollte. Was die Nabatäerschrift Dimešqî c. 10 sagt (Chwolsohn, Ssabier II, 400), gilt von dem gesamten alten Orient:,,Die sieben Planeten regieren die Welt 2."

Für den Orient ist es selbstverständlich, daß die Siebenzahl der Wochentage religiöse Bedeutung hat. Warum hat die Woche 7 Tage? Die Israeliten antworten: Weil die Welt in einer Siebenerwoche geschaffen wurde. Das ist ein echt orientalischer Gedanke in spezifisch israelitischer Ausprägung. Alle Einrichtungen der Welt richten sich nach himmlischen Vorgängen. Aber diese religiöse Begründung schließt nicht aus, daß der Siebenzahl ursprünglich andre Beobachtungen zugrunde liegen.

1) Vgl. S. 41. Die Herrschaft der Siebener- oder der Fünferwoche oder irgendeiner anderen Wocheneinheit beruht auf historisch-politischen Zufälligkeiten. Die Kalender gehören im Orient zur Staatsverfassung. Unter bestimmten Verhältnissen hat sich diese oder jenę Woche besondere Geltung verschafft. Die europäischen Völker haben die Siebenerwoche von den Römern geerbt; nach Rom ist sie vom Orient gekommen. ,,Heilig" und demnach geeignet für den Kalender kann jede Zahl sein, soweit sie der Berechnung der Sternenbahnen entnommen wurde. Es war Sache der Kalenderwissenschaft, zu zeigen, wie jede Zahl in das Weltensystem sich fügte.

2) Vgl. S. 14. 39 f. 59. Kugler freilich, der auf dem Gebiete der Keilschrift-Astronomie als besondere Autorität zu gelten hat, verbindet die Siebenerwoche mit dem Mond seit ältester Zeit und verlegt die Entstehung der babylonischen Siebentage in eine Zeit, in der man die Phasen des Mondes astronomisch noch nicht zu bestimmen verstand. „Da der 14. Tag in der Regel der Vollmondstag,war, so war es natürlich, das erste und letzte Viertel auf den 7. bez. 21. Tag anzusetzen. Dazu kommt, daß man den Vollmondstag in den späteren astronomischen Inschriften einfach den,,14. Tag" nennt, wiewohl man wußte, daß er auch auf den 13. oder 15. fallen konnte" (briefliche Mitteilung an den Verfasser).

Daß die 7 in der Bibel im besonderen Sinne als heilige Zahl erscheint, ist bekannt. Eine Beziehung auf die 7-Zahl der Planeten wird uns in vielen Fällen begegnen: beim Kultgerat des 'ohel mo'ed, bei den 7 Gottesboten Ez 9, 2, von denen der 7. mit dem Schreibgriffel die Züge des Nebo-Merkur trägt, den 7 Augen und 7 Lampen Sach 3, 9; 4, 2, vgl. Apk 2, 1; den 7 Säulen der Weisheit Spr 9, 1. Vielleicht gehört hierher auch, wie schon mehrfach vermutet, der Ursprung des Wortes schwören; nišba' von šeba',,sieben“ 2.

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Der Sabbat als der siebente Tag. Gott segnete den 7. Tag und heiligte ihn." Vgl. Jes 58, 13: am Sabbat, dem heiligen Tage, dem Tage Jahve's, dem Tage der Wonne, darf man keine Geschäfte verrichten. Fr. Delitzsch, Babel und Bibel I, S. 29 sagt, daß wir die in der Sabbat- bez. Sonntagsruhe beschlossene Segensfülle im letzten Grunde dem alten Kulturvolk vom Euphrat und Tigris verdanken". Das ist cum grano salis verstanden richtig. Daß naturgemäß orientalische Zusammenhänge vorhanden sein müssen, kann nach den obigen Ausführungen nicht bezweifelt werden.

Die Babylonier kannten nach den bisher bekannt gewordenen Hemerologien einen 7. Tag zunächst als ,,bösen Tag", an dem man mancherlei unterlassen soll, weil es Unglück bringt. Sie kannten auch einen Tag, den sie šabattum nannten und als ûm nuḥ libbi, „Tag der Beruhigung des Herzens“ (der Götter) erklärten. Aber es läßt sich nicht nachweisen, daß dieser šabattum ein siebenter, geschweige daß er Ruhetag im Sinne von Jes 58, 13 war.

IV R32 handelt von dem 7. Tage bei den Babyloniern. Die Bestimmungen gelten durchaus nicht nur für den König. Beim 7. Tage heißt es, und beim 14. 21. 28. und beim 19 (das ist der 7 × 7. Tag von dem Beginn des vorhergehenden Monats an gerechnet) wiederholen sich die Bestimmungen (mit Ausnahme des eckig Eingeklammerten) 3:

VII. Tag. [nubattum. Marduk und Ṣarpanitum (geweiht)]. Günstiger Tag.

1) Das heißt: die biblische Anschauung legt dem Rechnungssystem die Siebenteilung zugrunde. Daß es die Siebenteilung und nicht irgendeine andere (3, 5, 10) ist, beruht auf der,,wissenschaftlichen" Anschauung, welche der biblischen Gesetzgebung (Moses?!) zugrunde liegt.

2) Abraham schwört 1 Mos 21, 28 ff. bei Beerseba, d. i. Siebenbrunnen (Plejaden? s. S. 60) und opfert dabei 7 Lämmer; Herodot 3, 8 erzählt, daß die Araber ihre Bündnisse durch 7 mit Blut bestrichene Steine weihten unter Anrufung der beiden obersten Planetengottheiten (Dionysos und Urania, sagt Herodot, d. i. Sonne und Mond).

3) Zum Folgenden vgl. jetzt auch Delitzsch, Babel und Bibel I, S. 61 ff.

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