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Es soll sie überliefern der Vater, er lehre sie den Sohn.
Des Hirten und des Hüters (?) Ohr möge er öffnen,
daß er sich freue über den Herrn der Götter, Marduk,
daß sein Land gedeihe, ihm selbst es wohl gehe!

Beständig ist sein Wort, nicht gewandelt wird sein Befehl;

das Wort seines Mundes ändert nicht irgend ein Gott.

Blickt er böse an, wendet er seinen Nacken nicht wieder (zur Gnade), wenn er zürnt, wenn er ergrimmt ist, tritt ihm kein Gott entgegen. Der Hochherzige, Weitsinnige.

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Auf einem Fragment K 3364 + 7897 (= CT XIII, 29 f.) finden sich sittliche Ermahnungen, von denen ausdrücklich gesagt ist, daß sie auf einer Tafel stehen1:

Zu deinem Gott sollst du ein Herz der . . . . . . haben,

das ist es, was zukommt der Gottheit.

Beten, Flehen und Niederwerfung des Angesichts

2

sollst du ihm . . . . . .2 darbringen

und überschüssig sollst du es

machen.

Bei deinem Lernen (?) sieh auf die Tafel;

Gottesfurcht gebiert Gnade,

Opfer vermehrt das Leben

Und Gebet...... die Sünde3.

Dem, der die Götter fürchtet, dessen Fundament ist nicht..

Wer die Anunnaki fürchtet, verlängert [sein Leben].

Gegen Freund und Genossen rede nichts [Böses],

Niedriges rede nicht, Freundlichkeit (?). . . . . .
Wenn du versprichst, so gib . . . . . . (?),

wenn du ermutigst (?) . . . . . .!

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Klagen über Sünde und Gebete wegen Befreiung von ,,Sünde“ und ,,Sündenstrafe" finden sich reichlich in der babylonischen religiösen Literatur. Die große Sünde, die ich seit meiner Jugend begangen habe, löse, vernichte sie siebenmal; dein Herz gleich dem des Vaters und der Mutter, die mich geboren, kehre an seinen Ort zurück, ich will dein gehorsamer Diener sein, o Marduk", heißt es in einer Litanei.,,Die Sünden meines Vaters und Großvaters, meiner Mutter und Großmutter,

1) Delitzsch, Weltschöpfungsepos S. 19, 54 f., 111 f. rechnet sie zum Epos Enuma eliš mit sehr fraglichem Recht und spricht von,,Ermahnungen des Schöpfergottes an den ersten Menschen". Die Übersetzung Delitzsch's ist sehr frei und nicht ohne willkürliche Ergänzungen. Merkwürdigerweise ist bei Besprechungen der Stelle die wichtige Erwähnung der Tafel, von der man lernen soll, bisher übersehen worden.

2) ud-da-at. Delitzsch: frühmorgens.

3) Das zweite jüdische Neujahrsgebot sagt, daß Reue, Gebet und Almosen böses Verhängnis abwenden.

meiner Familie, meines Geschlechts, meiner Verwandtschaft mögen sich mir nicht mehr nahen 1." Einige Stellen aus den babylonischen ,,Bußpsalmen" (a-ši-ša-ku-ga = ,,Klagelied zur Herzensberuhigung“ scil. der Gottheit) seien angeführt 2.

IV R 10 Daß doch das Toben im Herzen meines Gottes zur Ruhe

komme.

Solches, das meinem Gott ein Greuel wurde, habe ich un

wissentlich gegessen,

auf solches, das meiner Göttin ein Abscheu, habe ich un-
wissentlich getreten,

O Herr, meiner Sünden sind viel, groß sind meine Vergehen.
Mein Gott, meiner Sünden sind viel, groß sind meine Ver-

gehen;

meine Göttin, meiner Sünden sind viel, groß sind meine Ver

gehen.

Gott, den ich kenne, nicht kenne, meiner Sünden sind viel, groß sind meine Vergehen.

Göttin, die ich kenne, nicht kenne, meiner Sünden sind viel, groß sind meine Vergehen.

Die Sünde, die ich begangen, kenne ich nicht,

das Vergehen, das ich verübt, kenne ich nicht.

Den Greuel, von dem ich gegessen, kenne ich nicht;

das Abscheuliche, auf das ich getreten, kenne ich nicht.
Der Herr hat im Zorn seines Herzens

mich böse angeblickt.

Ich suchte nach Hilfe, aber niemand faßte mich bei der Hand; ich weinte, aber niemand kam an meine Seite.

Ich stoße Schreie aus, aber niemand hört auf mich;

ich bin voll Schmerz, überwältigt, kann nicht aufblicken.
Zu meinem barmherzigen Gotte wende ich mich, flehe ich laut;

die Füße meiner Göttin küsse ich, rühre sie an.

Zu dem Gott, den ich kenne, nicht kenne,
Zu der Göttin, die ich kenne, nicht kenne,

flehe ich laut.

flehe ich laut.

Die Menschen sind verstockt, sie wissen nichts.

Die Menschen, so weit sie existieren, was wissen sie?
Mögen sie schlecht handeln, mögen sie Gutes erweisen, nichts
wissen sie.

O Herr, deinen Knecht, stürze ihn nicht;

wandle in Gutes;

in die Wasser des Schlammes geworfen, fasse ihn bei der Hand!
Die Sünde, die ich begangen,
den Frevel, den ich verübt,
meine vielen Schlechtigkeiten

führe der Wind fort!

ziehe mir aus wie ein Kleid!

1) King, Babyl. Magic Nr. 11 (Hehn AB V, 365 f.).

2) Vgl. H. Zimmern, Babylonische Bußpsalmen 1885 und AO VII, 3 (Babyl. Hymnen und Gebete), und die Schrift des Assyriologen und katholischen Theologen Hehn, Sünde und Erlösung nach biblischer und babylonischer Anschauung, 1903.

Mein Gott, sind meiner Sünden auch siebenmal sieben,

meine Sünden!

so löse Gott, den ich kenne, nicht kenne, sind meiner Sünden auch siebenmal sieben, so löse meine Sünden;

Göttin, die ich kenne, nicht kenne,

siebenmal sieben,

sind meiner Sünden auch so löse meine Sünden.

IV R 54 Sein inbrünstiges Flehen möge dich droben barmherzig stimmen! Seufzer oder Gnade bis wann noch? mögen sie zu dir

sprechen.

Sieh doch an seinen elenden Zustand,

es möge doch ruhen dein Herz, gewähre ihm Gnade!
Ergreife seine Hand, löse seine Sünde!

Vertreibe die Krankheit und das Elend von ihm.

IV R 29. Ich dein Knecht, seufzend rufe ich dich,

K 34592

wer Sünde hat, du nimmst an sein inbrünstig Flehen,

wenn du einen Menschen erblickst, so lebt der Mensch,
Allmächtige Herrin der Menschheit,

Barmherzige, deren Zuwenden gut ist, die annimmt das Gebet!
Sein Gott und seine Göttin zürnen, dich ruft er an.
Deinen Nacken wende zu, ergreife seine Hand!
Außer dir gibt es ja keine rechtleitende Gottheit!

Es schafft Linderung Marduk [.

er nimmt die Bitten an [. . . .],

nachdem er im Zorn seines Herzens [. . . ],
Marduk, deinem Diener, adapu3, welcher [. . . ]
entferne doch seine Sünde, o Bêl [. . . ].

Sünde vollbrachte sein Mund [. . . .],

richte ihn doch empor aus der großen Flut [. . . .].

Wir werden vor allem fragen müssen, was verstehen die Gebete unter Sünde? Dem primitiven heidnischen Bewußtsein ist Sünde oft nur kultisches Vergehen und Versehen. Der arme Geplagte hat bei religiösen Zeremonieen irgend etwas unwissentlich versehen, ein tabu der Gottheit berührt, ein Opfer nicht rite vollzogen, er ist gleichsam in eine Falle geraten. Auch die Begriffe arnu, d. h. eigentlich ,,Empörung", hîtu (hebr. het), das oft vom politischen Verbrechen gebraucht wird, bedeuten

1) Ahulap, sonst auch adi mati, terminus technicus wie in den alttestamentlichen Psalmen.

2) Hehn BA V, 322 f., Col. 2, Z. 9—15.

3) Epitheton = Adapa?!

4) Dazu braucht man ja vor allem die Priester in den heidnischen Kulten: sie kennen die geheimen Einzelheiten, sie können vor „Sünde“ bewahren.

5) Grundbedeutung: (das Ziel) verfehlen.

oft genug,,kultisches Versehen"; egû scheint,,Versäumnis“ zu heißen, killatu,,schlechte", eig.,,leichte Handlung"; die Schlußßzeilen des Epos Enuma eliš sprechen von annu und killatu wider die Gottheit. Sehr zu beachten ist auch, daß in den Hammurabigesetzen arnu den Schaden bedeutet, der mit der Rechtsbeugung (d. i. immer Vermögensverletzung) verknüpft ist, hitîtu aber den objektiven Schaden.

Und doch würde man sehr irren, wenn man annehmen wollte, daß der Babylonier unter Sünde nicht auch sittliche Mängel und Schäden begreift. Die Beschwörungstafeln der Šurpu-Serie 1 zeigen, was man im einzelnen Falle unter Sünde versteht:

Hat er Vater und Sohn entzweit,

hat er Mutter und Tochter entzweit,

hat er Schwiegermutter und Schwiegertochter entzweit,

hat er Bruder und Bruder entzweit,

hat er Freund und Freund entzweit,

hat er einen Gefangenen nicht freigelassen,

einen Gebundenen nicht gelöst?

Ist's Gewalttat gegen das Oberhaupt (?), Haß gegen den älteren Bruder, hat er Vater und Mutter verachtet, die ältere Schwester beleidigt,

der jüngeren (Schwester) gegeben, der älteren verweigert,

zu Nein Ja

zu Ja Nein gesagt, Unlauteres gesprochen, Frevelhaftes gesprochen, falsche Wage gebraucht,

falsches Geld genommen,

einen rechtmäßigen Sohn enterbt, einen unrechtmäßigen eingesetzt,

falsche Grenze gezogen,

Grenze, Mark und Gebiet verrückt?

Hat er seines Nächsten Haus betreten,

seines Nächsten Weib sich genaht,

seines Nächsten Blut vergossen,

seines Nächsten Kleid geraubt?

Hat er aus seiner Gewalt (?) einen Mann nicht gelassen, einen braven Mann aus der Familie vertrieben,

eine wohlvereinte Sippe zersprengt,

gegen einen Vorgesetzten sich erhoben?

War er mit dem Munde aufrichtig, im Herzen falsch?
Mit dem Munde voller Ja, im Herzen voller Nein?
Ist's wegen Ungerechtigkeit, auf die er sann,

1) Herausgegeben und erklärt von Zimmern, Beiträge; die Texte scheinen in der vorliegenden Rezension nach der Götteraufzählung aus der Babylon- (Marduk-) Epoche zu stammen (alle Götter, auch die ausländischen wie die kossäischen und die von Elam, das ja zu Babylon zeitweise gehörte, werden angerufen, vor allem Šamaš und Marduk), aber sie werden viel älteren Ursprungs sein.

um Gerechte zu vertreiben, zu vernichten,

zu freveln, zu rauben, rauben zu lassen, mit Bösem sich zu befassen?

Ist unflätig sein Mund,

widerspenstig seine Lippen?

Hat er Unlauteres gelehrt, Ungeziemendes unterwiesen?

Hat er mit Zauberei und Hexerei sich befaßt?

Hat er mit Herz und Mund versprochen, aber nicht gehalten,

durch ein (nicht innegehaltenes) Geschenk den Namen seines Gottes

etwas geweiht, aber zurückbehalten,

etwas geschenkt (das Opferfleisch) ... aber es gegessen?

Gelöst werde, wodurch er auch immer gebannt ist.

Ob er solches, das für seine Stadt ein Greuel, gegessen,

ein Gerede über seine Stadt ausgesprengt,

den Ruf seiner Stadt schlecht gemacht,

ob er einem Gebannten entgegen gegangen,

mißachtet,

ob er mit einem Gebannten Gemeinschaft gehabt (in seinem Bett geschlafen, auf seinem Stuhl gesessen, aus seinem Becher getrunken)?

Auf der 3. Tafel Šurpu wird angenommen, daß auf einem der Bann ruhen kann,

weil er jemand durch Bestechung zum Recht verholfen hat, Pflanzen aus dem Feld ausgerissen,

Rohr im Dickicht abgeschnitten hat,

für einen Tag um eine Rinne gebeten wurde und es abgeschlagen hat, für einen Tag um einen Wasserbehälter gebeten wurde und hat es abgeschlagen,

des Nächsten Kanal verstopft,

statt den Gegnern zu willfahren, ihnen Feind geblieben, einen Fluß verunreinigt, oder in einen Fluß gespieen hat.

Alle Verfehlungen, die die Kehrseite des 2. und 3.-10. Gebotes bilden, kann man aus diesen Texten herauslesen, einige sogar in der Reihenfolge des Dekalogs (s. zu 2 Mos 20)1. Dazu kommen soziale Vergehungen, die übrigens höchst interessante Blicke in das bürgerliche Leben der Babylonier gestatten. Aber je deutlicher die Verwandtschaft zwischen babylonischen und biblischen Gedanken aufgezeigt wird, um so klarer muß auch der tiefgehende Unterschied zutage treten. Die biblischen Bußpsalmen sind religiös ungleich wertvoller. Sie ruhen auf einem

1) Zum 2. und 3. Gebot, natürlich mutatis mutandis vgl. die Stelle IV R 60* (S. 211), die vom leichtsinnigen und ehrfurchtsvollen Aussprechen des Namens Gottes, von der Feier des Tages der Verehrung Gottes unter Beten und Singen handelt.

Jeremias, A. Test. 2. Aufl.

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