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Wie drängend voll mag's jest in Pyrmont seyn !
Auch hört man überall das Karlsbad preisen.
Husch ist sie dort in jenem ehrenvollen Reihn,
Wo Griechen untermischt mit Weisen,
Celebritäten aller Art,

Vertraulich wie in Charons Kahn gepaart,
An Einem Tisch zusammenspeisen;
Wo, eingeschickt von fernen Meilen,

Zerri'ne Tugenden von ihren Wunden heilen,
Noch andre - sie mit Würde zu bestehn,
Um die Versuchung lüstern flehn
Dort Freund - o lerne dein Verhängniß preisen!
Dort wandelt meine Frau, und läßt mir sieben
Waisen.

meiner Liebe erstes Flitterjahr!

Wie schnell — ach, wie so schnell bist du entflogen!
Ein Weib, wie keines ist, und keines war,
Wir von des Reizes Göttinnen erzogen,
Mit hellem Geist, mit aufgethanem Sinn
Und weichen leicht beweglichen Gefühlen,

So sah ich sie, die Herzenfeßlerin,

Gleich einem Maitag, mir zur Seite spielen;
Das süße Wort: Ich liebe dich!
Syrach aus dem holden Augenpaare;
So führt' ich sie zum Traualtare;

wer war glüalicher als ich!

Ein Blüthenfeld beneidenswerther Jahre
Sah lachend mich aus diesem Spiegel an.
Mein Himmel war mir aufgethan.

Schen sah ich schöne Kinder um mich scherzen,
In ihrem Kreis die schönste fie,

Die Glücklichste von allen sie,

Und mein durch Seelenharmonie,

Durch ewig festen Bund der Herzen.

Und nun erscheint — o mög' ihn Gott verdammen!
Ein großer Mann - ein schöner Geist.
Der große Mann thut eine That! und reißt
Mein Kartenhaus von Himmelreich zusammen.

Wen hab' ich nun? - Beweinenswerther Tausch!
Erwacht aus diesem Wonnerausch,
Was ist von diesem Engel mir geblieben?
Ein starker Geist in einem zarten Leib,
Ein Zwitter zwischen Mann und Weib,

Gleich ungeschickt zum Herrschen und zum Lieven;
Ein Kind mit eines Riesen Waffen,

Ein Mittelding von Weisen und von Affen!
Um fümmerlich dem stärkern nachzukriechen,
Dem schöneren Geschlecht entfloh'n,
herabgestürzt von einem Thron,

Des Reizes heiligen Mysterien entwichen,

Aus Cythereas gold’nem Buch *) gestrichen
Jür einer Zeitung Gnadentohn.

*) Gold❜nes Buch; so wird in einigen italienischen Republiken das Verzeichniß genannt, in welchem die adeligen Familien eingeschrieben stehen.

Einer jungen Freundin in's Stammbuch.

Ein brühend Kind, von Grazien und Scherzen
Umhüpft, so, Freundin, spielt um dich die Welt!
Doch so, wie sie sich malt in deinem Herzen,
In deiner Seele schönen Spiegel fällt,
So ist sie nicht. Die stillen Huldigungen,
Die deines Herzens Adel dir errungen,
Die Wunder, die du selbst gethan,
Die Reize, die dein Daseyn ihm gegeben,
Die rechnest du für Neize diesem Leben,
Für schöne Menschlichkeit uns an.
Dem holden Zauber nie entweihter Jugend,
Dem Talisman der Unschuld und der Tugend,
Den will ich sehn, der diesem trogen kann.

Froh taumelst du im süßen Ueberzählen
Der Blumen, die um deine Pfade blühn,
Der Glücklichen, die du gemacht, der Seelen,
Die du gewonnen hast, dahin.

Sey glücklich in dem lieblichen Betruge!
Nie stürze von des Traumes stolzem Fluge
Ein trauriges Erwachen dich herab.

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Vorerinnerung des Verfassers.

Einige Freunde des Verfassers, die der lateinischen Sprache nicht kundig, aber fähig und, jede Schönheit der alten Klassiker zu empfinden, wünschten durch ihn mit der Aencis des großen römischen Dichters etwas bekannt zu werden, von welcher, seines Wissens, noch keine nur irgend lesbare Uebersetzung sich findet. Die hauptsächlichste Schwierigkeit, die ihm bei Ausführung seines Vorhabens aufstieß, war die Wahl einer Versart, bei welcher von den wesentlichen Vorzügen des Originals am wenigsten eingebüßt würde, und welche dasjenige, was schon allein der Sprachverschie: denheit wegen unvermeidlich verloren gehen mußte, von einer andern Seite einigermaßen ersehen könnte. Der deutsche Herameter schien ihm diese Eigenschaft nicht zu besitzen, und er hielt sich für überzeugt, daß dieses Eylbenmaß, selbst nicht unter Klopstock'schen und Voß'schen Händen, diejenige Biegsamkeit, Harmonie und Mannichfaltigkeit er: langen könnte, welche Virgil seinem Ucberseyer zur ersten Pflicht macht. Durch dieses Medium also glaubte er es schlechterdings aufgeben zu müssen, mit der Schönheit des Virgil'schen Verses zu ringen. Er glaubte, die ganz eigene magische Gewalt, wodurch der Virgil'sche Verz und hinreißt, in der seltnen Mischung von Leichtigkeit und Kraft, Ele: ganz und Größe, Majestät und Anmuth zu finden, wobei der römische Dichter von seiner Sprache unstreitig weit mehr unterstüßt wurde, als der Deutsche von der feinigen hoffen kann. Mußte von diesen beiden so verschiedenen Eigenschaften des Ausdrucks eine der andern in der Uebers sehung nachgesetzt werden, so glaubte er bei derjenigen Verdz art, welche der Kraft, Majestät und Würde zwar einigen Abbruch thut, aber dem Ausdruck von Grazie, Gelenkigkeit, Wohlklang desto günstiger ist, am allerwenigsten zu wagen.

Stärke, Erhabenheit, Würde sind weit weniger abhängig von der Form, und bedürfen weit weniger von dem Aus: druck unterstüt zu werden, als die lehtern Eigenschaften; und wahre Kraft, wahre Erhabenheit, wahres Pathos muß in jeder Art von Darstellung die Probe halten, welches bei den andern Eigenschaften der Fall nicht ist, denen man also durch eine glückliche Wahl der Form zu Hülfe kommen muß. Es licße sich vielleicht sogar mit triftigen Gründen behaupten, daß für einen ernsthaften, gewichtigen, pathe: tischen Inhalt die reizende leichte Form, so wie in einer bekannten Gattung des Komischen für den geringfügigen Inhalt die feierliche Form, vorzuziehen sey. Die harten Echläge, welche der Verfasser der Aeneis so oft auf das Herz seines Lesers führt, der großentheils kriegerische Inhalt seines Gedichts, die ganze Gravität seines Ganges, werden durch eine gefällige Versart gemildert, und die Har: monie, die Anmuth in der Einkleidung söhnt vielleicht nicht selten mit der anstrengenden, oft gar empörenden, Schilterung aus. Diese Rücksicht vorzüglich bewog den Verfasser, den achtzeiligen Stanzen den Vorzug zu geben, terjenigen unter allen deutschen Versarten, wobei unsre Sprache noch zuweilen ihrer angefiammten Härte vergißt, und durch ihren männlichen Charakter doch noch hinlänglich verhindert wird, ins Weichliche oder Spielende zu fallen. Der Verfasser konnte diese Wahl um so mehr bei sich rechtfertigen, da es seit Erscheinung des Idris und Oberon zur ausgemachten Wahrheit geworden ist, daß die acht: zeitigen Stanzen, besonders mit einiger Freiheit behandelt, für das Große, Erhabene, Pathetische und Schreckhafte selbst einen Auštruck haben — freilich nur unter den Häns den eines Meisters, aber wer pflegt auch im ersten Feuer eines Entschlusses und von Begeisterung hingerissen, eine so strenge Abrechnung mit seinen Säften zu halten, um dasjenige, was die Form teistet, von dem, was er selbst dazu mitbringen muß, sorgfältig abzusondern? Der Leser wird entscheiden, ob sich der Verfasser auf das Instrument, das er wählte, verstanden hat; genug, wenn ihm nicht bewiesen werden kann, daß schon in der Wahl der Versart gefehlt worden sey.

Wer übrigens die Schwierigkeiten kennt, die sich einem Ueberscher der Aeneis, und vollends in einer gereimten Versart, in den Weg stellen, wird eher im Fall seyn, zu wenig als zu viel zu erwarten. Nicht die geringste dar: unter war, eine glückliche Eintheilung zu treffen, wobei der lateinische Dichter seinem Ueberscher nicht nur nicht vorgearbeitet, sondern sehr oft entgegen gearbeitet hat. Das lateinische Original bewegt sich in einem stetigen Streme fort, und Virgil hat sich in vollem Maße der Freiheit bedient, welche diese Form ihm gewährte. Dieser fortärömende Gang des Gedichts mußte nun in der Ueberz sehung durch viele kurze Ruhepunite unterbrochen und ein einziges zusammenhängendes Ganze in mehrere kleine, sich leicht aneinander schmiegende Ganze aufgelöst werden, wenn anders die Etanzenform ungezwungen scheinen, und das sllavische Gepräge einer Uebersehung verwischt werden follte. Hier konnte es freilich nicht fehlen, daß nicht df ters vier oder fünf lateinische Hexameter in eine Stanze ausgesponnen, oder auch umgekehrt acht und neun Verse des Originals in den engen Raum von acht Stanzenzeilen gepreßt wurden. Vei einem Dichter, der sich so wenig neh men läßt, als Virgil, war die leptere Operation unstreitig die bedenklichste; doch glaubt der Verfasser, die feinem Driz ginal gebührende Achtung selten oder nie dabei übertreten zu haben. Es kam ihm zu statten, daß selbst der gedrängte wortsparende Virgil, dem Wohllaut oder der unerbittlichen Versform zu gefallen, nicht selten entbehrliche Wiederho lungen und selbst Flidwörter sich erlaubte, welche die Scho: nung des Uebersezers weniger verdienten.

Sehr gern unterwirft er sich einer jeden kaltblütigen kritischen Prüfung, was die Gewissenhaftigkeit und Treue

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feiner Ueberseßung betrifft, verbittet sich aber hiemit auf's Feierlichste jede Vergleichung seiner Arbeit mit der unerreichbas ren Diktion des rêmischen Dich ters, welche unausbleiblich und ohne seine Schuld zu seinem Nachtheil ausfallen muß; denn er fordert alle gewesene, gegenwärtige und noch kom mende deutsche Dichter auf, in einer so schwankenden, un: biegsamen, breiten, gothischen, rauhklingenden Sprache, als unsere liebe Muttersprache ist, mit der feinen Organisation und dem musikalischen Fluß der lateinischen ohne Nachtheil zu ringen.

Von dem Gedanken weit entfernt, sich an eine Ueber: sehung der ganzen Aeneis wagen zu wollen, verspricht er in der Folge noch einige Bruchstücke aus dem vierten und sechsten Buch; wäre es auch nur, um den römischen Dich; ter bei unserm unlateinischen Publikum in die ihm gerüb renze Achtung zu sehen, welche er ohne seine Schuld scheint verscherzt zu haben, seitdem es der Blumauerischen Muse gefallen hat, ihn dem einreißenden Geist der Frivolität zum Opfer zu bringen.

Die Berstörung von Troja.

Freie Uebersetzung des zweiten Buchs der Aeneide.

Still war's, und jedes Ohr hing an Aeneens Munde, Der also anhub vom erhab’nen Pfühl:

Königin, du weckst der alten Wunde
Unnennbar schmerzliches Geführ!

Von Troja's kläglichem Geschick verlangst du Kunde,
Wie durch der Griechen Hand die thränenwerthe fict,
Die Drangsal alle soll ich offenbaren,
Die ich gesehn und meistens selbst erfahren.

Wer, selbst ein Myrmidon und Kampfgenoß
Des grausamen Ulyß erzählte thrâncules!
Und schon entflieht die feuchte Nacht, es laden
Zum Schlaf die niedergehenden Pleiaden.
Doch treibt dich so gewaltige Begier,

Der Teutrer leßten Kampfund mein Geschick zu hören,
Sey's denn! Wie sehr auch die Erinn'rung mir
Die Seele schaudernö mag empören!

Der Griechen Fürsten, aufgerieben
Bom langen Krieg, vom Glück zurückgetrieben,
Ervauen endlich durch Minervens Kunst
Ein Roß aus Fichtenholz, zum Berge aufgerichtet,
Beglückte Wiederkehr, wie ihre List erdichtet,
Dadurch zu flehen von der Götter Gunst.
Der Kern der Tapfersten virgt sich in dem Gebäude,
Und Waffen sind sein Eingeweide. *)

Die Insel Tenedos ist aller Welt bekannt,
Von Priams Stadt getrennt durch wen'ge Meilen,
An Gütern reich, so lange Troja stand,
Jeßt ein verrätherischer Strand,

Wo im Vorüberzug die Kaufmannsschiffe weiten.
Dort birgt der Griechen Heer sich auf verlass’nei Sand.
Wir wähnen es auf ewig abgezogen,
Und mit des Windes Hauch Mycenen zugeflogen.

Alsbald spannt von dem langen Szarme
Die ganze Stadt der Teufrier sich los;
Heraus stürzt alles Volk in frohem Juvelschwarme,
Das Lager zu beschu, aus dem sein Leiden fleß.
Dort, heißt es, wütheten der Myrmidonen Arme,
Hier schwang Achill das schreckliche Geschoß,

*) Erste Lesart:

Und eisern ist sein Eingeweide.

Dort lag der Schiffe zahlenlos Gedränge, Hier tobete das Handgemenge.

Mit Staunen weilt der überraschte Blick
Beim Wunderbau des ungeheuren Rosses,
Thimắt, sey's bdser Wille, sey's Geschick,
Wünscht es im innern Raum des Schlosses.
Doch bang' vor dem versteckten Feind

Ráth Capys an, und wer es redlich meint,
Den schlimmen Fund dem Meer, dem Feuer zu verz
trauen,

Wo nicht, doch erst sein Inn’res zu beschauen.

Die Stimmen schwankten noch in ungewissem Streite,
Als ihn der Priester des Neptun vernahm,
Lackoon, mit mächtigem Geleite

Bon Pergams Thurm erhißt herunter kam,
Raft ihr, Dadanier? ruft er voll banger Sorgen.
Unglückliche, ihr glaubt, die Feinde seyn gefloh'n?
Ein griechisches Geschenk und kein Betrug verborgen?
So schlecht kennt ihr Laertens Sohn?

Wenn in dem Rosse nicht versteckte Feinde lauern,
So droht es sonst Verderben unsern Mauern,
So ist es aufgethårmt, die Stadt zu überblicken,
So sollen sich die Mauern bücen

Bor seinem stürzenden Gewicht,

So it's ein anderer von ihren tausend Ränken,
Der hier sich birgt. Trojaner, trauet nicht,
Die Griechen fürchte ich, und doppelt, wenn sie schenken.

Dieß sagend, treibt er den gewalt'gen Speer
Mit starten Kräften in des Nosses Lende,
Es schüttert durch und durch, und weit umher
Antworten dumpf die vollgestopften Wände,
Und hätte nicht das Schicsal ihm gewehrt,
Nicht eines Gottes Macht umnevelt seine Sinne,
Jeet hätte den Betrug sein Eisen aufgestört,
Noch fründe Ilium, und Pergams feste Zinne.
Indessen wird durch eine Schaar von Hirten,
Die Hände auf dem Rücken zugeschnürt,
Mit larmendem Geschrei ein Jüngling hergeführt.
Der Jüngling spielte den Verirrten,
Und vot freiwillig sich den Banden dar,
Durch falsche Botschaft Troja zu verderben,
Mit dreister Stirn, gefaßt auf jegliche Gefahr,
Und gleich bereit zum Lügen oder Sterben.

Ihn zu betrachten, sammelt um und um
Die wilde Jugend sich aus Ilium,
We:teifernd höhnt mit herbem Spotte
Den eingebrachten Fang die rachbegier’'ge Rotte,
Und wehrlos bloßgestellt so vieler Feinde Grimm
Fliegt er mit ängstlichscheuem Blicke

Die Reihen durch. Jeht, Königin, vernimm
Aus Einer Frevelthat der Griechen ganze Lücte!

Weh! ruft er aus, wo dffnet sich ein Port,
Wo thut ein Meer sich auf, mich zu empfangen?
Wo bleibt mir Elenden ein Zufluchtsort?
Dem Schwert der Griechen kaum entgangen,
Sch' ich der Trøjer Haß nach meinem Blut verlangen!
Schnell umgestimmt von diesem Wort
Legt sich der wilde Sturm der Schaaren,
Und man ermahnt ihn, fortzufahren.
Wes Stamm's er sey? Was ihn hieher gebracht,
Ibin Lebenshoffnung ließ, selbst in des Feindes Macht,
Soul er bekennen. Furcht und Angst verschwanden.
Was es auch sey, ruft er, dir. König, sey's gestanden.

Empfange den Beweis von Sinons Redlichkeit.
Ich läugne nicht, zum Volk der Griechen zu gehören.
hat mein Verhängniß gleich dem Elend mich geweiht,
Zum Lügner soll es nimmer mich enteren.

Trug das Gerücht vielleicht den Namen und die Thaten
Des großen Palamed zu deinem Ohr,
Der, boshaft angeklagt, weil er den Krieg mißrathen,
Sein Leben durch der Griechen Spruch verlor,
Den sie im Grabe schmerzlich jezt beklagen?
Mit diesem hat, er ist mir anverwandt,
Seit dieses Krieges ersten Tagen

Der dürft'ge Bater mich nach Asien gesandt.

So lange Palamed der Herrschaft sich erfreute,
Und in dem Nath der Könige mit saß,
Stand ich geehrt und glücklich ihm zur Seite.
Doch das verging, als ihn Ulvssens Spaß,
Wer kennt den Schwäßer nicht? dem Orkus übergeben.
Da floß in Trauer hin mein unbemerktes Leben,
Und der verhalt'nen Rache Schmerz
Zernagte still mein wundes Herz.

Weh mir, daß ich sie nicht verschwieg,
Zu laut zu seinem Nächer mich erklärte,
Wenn einst ein Gott aus diesem Krieg
Siegreiche Heimkehr mir gewährte!
Mit eitler Rede weckt' ich schweren Groll.
Seitdem ermüdete, mir Feinde zu erwecken,
Ulysses nicht, und wußte rachevoll

Mit immer neuen Ränken mich zu schrecken.

Auch ruht er nimmermehr, bis Kalchas — doch warum
Mit widrigem Bericht fruchtlos die Zeit verlieren?
Verurtheilt alle, die ihn führen,

Der Name Grieche schon in Ilium,
Wohlan, so würgt mich ohne Schonen!
Das wird dem Ithaker willkommne Botschaft seyn,
Das wird die Söhne Atreus hoch erfreun,
Und herrlich werden sie's euch lohnen.

Ohn' Ahnung des Betrugs, der aus dem Griechen spricht,

Steigt unsre Neugier, ihm den Aufschluß abzufragen,
Und er, mit schlau verstelltem Zagen,
Vollendet so den täuschenden Bericht:
Oft, spricht er, war der Wunsch) levendig bei dem Heere,
Der langen Kriegesnoth sich endlich zu entziehn,
Von Troja heimlich zu entfliehn.

O daß es doch geschehen wäre!

Stets hinderten die frohe Wiederkehr
Der rauhe Süd und das empörte Meer.
Dies Roß von Fichtenholz stand längst schon aufge-
thürmet,

Als, vom Orkan gepeitscht, die finstre Luft gestürmet.
Verlegen sendet man zuleht Euripylus,
Zu fragen an des Schicksals Throne,
Nach Delphi zu Latonens Sohne;
Der kommt zurück mit diesem traur'gen Schluß:

Mit Blut erkauftet ihr die Herfahrt von den Winden,
Und eine Jungfrau fiel an Deliens Altar.
Mit Blut allein könnt ihr den Rückweg finden;
Ein Grieche bringe sich zum Todesopfer dar.
Eiskalte Angst durchlief die zitternden Gebeine,
Als in dem Lager diese Post erklang,
Und jedes Auge fragte bang:
Wen wohl der Zorn der Gottheit meine?

Jest ris Ulyß mit lärmendem Geschrei
Den Seher Calchas in des Heeres Mitte,

Und dringt in ihn mit ungestümer Bitte,
Zu sagen, wessen Haupt zum Tod bezeichnet sey?
Schon ließen viele mich), mit ahnungsvollem Grauen,
Des Schalts verruchten Plan und mein Verderben
schauen.

Zehn Tage schließt der Priester schlau sich ein,
Um keinen aus dem Volk dem Untergang zu weihn.

Zuleht, als könnt' er dem beredten Flehu
Ulyssens nicht mehr widerstehn,

Läßt er geschickt den Namen sich entreißen,
Und zeichnet mich dem Mördereisen.

Man stimmt ihm bei, und froh sieht jeder die Gefahr,
Die Alle gleich bedroht, auf Einen abgeleitet.
Der Unglückstag ist da, die Binde schmückt mein haar,
Man streut das Mehl, das Opfer ist bereitet.

Ja, da entriß ich mich dem Tod, zerbrach die Bande,
Und harrete des Nachts in eines Sumpfes Rohr,
Bis die Armee, wenn sie zum Vaterlande
Vielleicht sich eingeschifft, vom Ufer sich verlor.
Nie werd' ich, ach! die Heimath mehr begrüßen,
Nie Vater; Kinder mehr in diese Arme schließen,
Und mein Entrinnen rächt vielleicht die Wuth
Der Danaer an diesem theuren Blut.

Und nun bei allen himmlischen Dämonen,
Die in des Herzens tiefste Falten sehn,
Wenn Treu und Glaube noch auf Erden irgend
wohnen,

Laß so viel Leiden dir zu Herzen gehn!
Hab' du Erbarmen mit dem Unglücksvollen,
Der, was er nicht verschuldete, erfuhr!
Wir sehen jammernd seine Thränen rollen;
Es siegt in uns die Stimme der Natur.
Sogleich läßt Priamus der Hände Band ihm lösen.
Und spricht ihm Trost mit milden Worten ein.
Du bist, spricht er, ein Danaer gewesen;
Wer du auch seyst, hinfort wirst du der Unfre seyn.
Und jezt laß Wahrheit mich auf meine Fragen hören.
Warum, wozu das ungeheure Roß?

Wer gab es an? Warum so riesengroß?
Zu welchem Brauch? Sprich! Welchem Gott zu
Ehren?

Er sprach's, und jener Bdsewicht, gewandt
In jeder List, Pelasger im Betrügen,
Shebt himmelan die losgebund’ne Hand.
Dich ruft er, ew'ges Licht, dich Nächer aller Lügen,
Dich Opferheerd, dem ich durch Flucht entrann,
Dich, frevelhafter Stahl, den Mordgièr auf mich zückte,
Dich, priesterliches Band, das meine Schläfe schmückte,
Euch ruf' ich jezt zu Zeugen an.

Von jeder Pflicht, die mich an Griechen band,
Erflar' ich mich auf ewig losgezählet.
Für Sinon gibt's hinfort kein Vaterland,
Ich mache laut, was ihre List verhehlet.
Gedenke du nur deines Wortes, Fürst,

Und schone, Troja, den, der Rettung dir geschenket,
Ist's anders wahr, was du jest hören wirst,
Und werth, daß man es überdenket.

Von jeher barg im Krieg mit Ilium
Minervens Schuß der Myrmidonen Schwäche;
Doch seit Ulvß, der Schalk, und Diomed, der Freche,
Der Göttin Bild aus ihrem Heiligthum

Zu reißen sich erkühnt, die Hüter zu durchbohren,
Der Jungfrau Stirne selbst mit mordbefleckter Hand
Verwegen zu berühren, schwand

Der Griechen Glück dahin, ging ihre Kraft verloren.

Auf immer war Athenens Gunst entwichen,
Bald zeigte sich in fürchterlichen
Erscheinungen der Göttin Strafgericht.
Kaum steht das Bild im Lager still, so blizen
Die offnen Augen und die Glieder schwißen,
Und dreimal scheint (entsegliches Gesicht!)
Die Göttin sich vom Boden zu erheben,
Und Schild und Lanze schütternd_zu_erbeben.*)
Ein Gott gebeut jeht durch des Schers Mund,
Auf schneller Flucht die Heimath zu gewinnen,
Denn nimmer fallen durch der Griechen Bund,
So spricht das Schicksal, Pergams feste Zinnen,
Sie hätten denn auf's neu der Heimath Strand
berührt,

In wiederholter Fei'r die Götter zu befragen,
Zum alten Seiligthum das Bild zurückgetragen,
Das sie auf trummen Schiffen weggeführt.
Jezt zwar sind sie nach Argos heimgefahren,
Doch führt sie Kalchas bald mit neuen Kriegerschaaren
Und Göttern furchtbarer zurück. Dies Roß
Ward aufgethürmt, den Zorn der Pallas zu verz
söhnen,

Und nicht umsonst seht ihr's so riesengroß.
Es sollte der Koloß das enge Thor verhöhnen,
Nie sollt euch der Besiß des Wunderbild's erfreun,
Nie sollt' es eurer Stadt den alten Schuß erncun.

Denn wagtet ihr's, Minervens Heiligthum
Mit Frevlerhänden zu versehren,

So traf der Göttin Fluch ganz Ilium,
(Mdcht ihn ein Gott auf ihre Häupter tehren!)
Doch hättet ihr mit eigner Hand
Dies Roß in eure Stadt gezogen,
So wätzte Asien zu uns des Krieges Wogen,
Und weh dann über Griechenland!

Von dieser Lügen schlau gewebten Banden
Ward unser redlich Herz umstrict;

Der Zweifel wird in jeder Brust erstickt;
Die dem Tydiden männlich widerstanden,
Die der thessalische Achill nicht zwang,
Nicht zehenjährige Kriegeslasten,
Nicht das Gewühl von tausend Masten,
Weint ein Betrüger in den Untergang!

Jezt aber stellt sich den entsegten Blicken
Ein unerwartet sarealich Schauspiel dar.
Es stand, den Opferfarren zu zerstücken,
Laokoon am festlichen Altar.

Da kam (mir bebt die Zung', es auszudrücken)
Von Tenedos ein gräßlich Schlangenpaar,
Den Schweif gerollt in fürchterlichem Bogen,
Dahergeschwommen auf den stillen Wogen.

Die Brüste steigen aus dem Wellenbade,

Hoch aus den Wassern steigt der Kämme blut’ge Glut,
Und nachgeschleift in ungeheurem Nade
Nezt sich der lange Rücken in der Flut,
Lautrauschend schäumt es unter ihrem Pfade,
Im blut'gen Auge flammt des Hungers Wuth,
Gewest am Nachen zischen ihre Zungen;
So kommen sie an's Land gesprungen.

Der bloße Anblick bleicht schon alle Wangen,
Und auseinander flicht die furchtentseelte Schaar;
*) Erste Lesart:

Und dreimal steigt, entseyliches Gesicht!
Mit Echild und Speer und wüthender Gebärde
Die Göttin selbst aus der zerriss’nen Erde.

Der pfeilgerade Schuß der Schlangen

Erwählt sich nur den Priester am Altar.
Der Knaben zitternd Paar sieht man sie schnell um-
winden,

Den ersten Hunger stillt der Söhne Blut;
Der Unglückseligen Geveine schwinden
Dahin von ihres Bisses Wuth.

Zum Beistand schwingt der Vater sein Geschoß,
Doch in dem Augenblick ergreifen

Die Ungeheu'r ihn selbst, er steht bewegungslos,
Geflemmt von ihres Leibes Reifen;

Zwei Ringe sieht man sie um seinen Hals, und noch Zwei andre schnell um Brust und Hüste stricken, Und furchtbar überragen sie ihn doch

Mit ihren hohen Hälsen und Genicen.*)

Der Knoten furchtbares Gewinde
Gewaltsam zu zerreißen, strengt

Der Arme Kraft sich an; des Geifers Schaum besprengt
Und schwarzes Gift die priesterliche Binde.
Des Schmerzens Höllenqual durchdringt
Der Wolken Schooß mit berstendem Geheule:
So brüllt der Stier, wenn er, gefehlt vom Beile
Und blutend, dem Altar entspringt.

Die Drachen bringt ein blizgeschwinder Schuß
Zum Heiligthum der furchtbar’n Tritonide;
Dort legen sie sich zu der Göttin Fuß,
Beschirmt vom weiten Umkreis der Aegide.
Entsehen bleibt in jeder Brust zurück,
Gerechte Büßung heißt Laokoons Geschick,
Der frech und kühn das Heilige und Hehre
Berlegt mit frevelhaftem Speere.

Zum Tempel, ruft das Volk, mit dem geweihten Bilde!
Und flehet an der Göttin Milde!
Soateich strengt jeder Arm sich an,

Die Mauer wird getheilt, die Stadt ist aufgethan,
Und auf der Walze künstlichen Wogen
Rout es dahin, von Strängen fortgezogen,
Verderbenträchtig, schwanger mit dem Brig
Der Waffen, rout's in Priams Königssīų.

Und hochbeglückt, den Strang berührt zu haben.
Der es bewegt, begleiten Jungfrauen und Knaben
Mit beil'gen Liedern die verehrte Last.

meine Vaterstadt, so reich an Siegestronen! beirges Land, wo so viel Götter thronen! In deiner Mitte steht der fürchterliche Gast. Biermal hat es am Eingang still gehalten, Und viermal klang das Erz in seines Bauches Falten.

Uns warnt es nicht! Von wüthender Begierde
Verblendet, seßen wir die unglückschwangre Bürde
Beim Tempel ab. Apolls Orakel spricht
Weigaaend aus Kassandrens Munde,
Es spricht von Trojas leßter Stunde;
Wir glauben selbst der Gottheit nicht.

Bon festlich grünem Laub muß jeder Tempel wehen,
Und morgen ist's um uns geschehen!

Indessen wandelt sich des Himmels Bogen
Und Nacht stürzt auf des Meeres Wogen;
Mit breitem Schatten hüllt sie Land und Hain
Und den Betrug der Myrmidonen ein.

*) Erste Lesart:

Swei Ringe haben sich um seinen Hals gestrickt,
Breimal den Schuppenleib geschnürt um Brust und Hüften,
Und ihres Halies schwanke Säule nicht
Soch über seinem Scheitel in den Lüften.

An Trojas Mauern fångt es an zu schweigen,
Der Schlummer spannt die müden Glieder los;
Da naht, den Mond allein zum stillen Zeugen,
Der Griechen Flotte sich von Tenedos.

Geleitet von dem Feuerbrande,
Der aus dem königlichen Schiffe blißt,
Dringt sie hinan zum wohlvekannten Strande,
Und, von der Götter Grimm beschüßt,
Eröffnet Sinon still den Bauch der Fichte,
Gehorsam giebt das aufgethane Roß

Die Krieger von sich, die sein Leiv verschloß,
Und hoch erfreut entspringen sie zum Lichte.

Sherab am Seile gleiten schnell die Fürsten,
Thessandrus, Stenelus, Machaon, Acamas;
Ihm folgt mit Blicken, die nach Blute dürsten,
Ulyß, Neoptolem, drauf Thoas, Menelas,
Zulegt Epeus, der das Noß gefügt;

Sie stürzen in die Stadt, die Wein und Schlaf besiegt; Die Wachen würgt ihr Stahl, indeß schon die Genossen, Durch's Thor eindringend, zu den Fürsten stoßen.

Schon neigte aus der Götter Hand

Des ersten Schlummers Wohlthat sich hernieder,
Und schloß mit süßem Zauberband
Die kummerschweren Augenlieder.
Da sah ich Sektors Schattenbild
Im Traumgesichte mir erscheinen,
In tiefe Trauer eingehüüt,
Ergossen in ein lautes Weinen. *)

So wie ihn einst durch des Skamanders Fers
Des rauhen Siegers Zweigespann gerissen,
Von blut'gem Staub geschwärzt und mit durch:
bohrten Füßen,

Ihr Götter, wie von Schmach entstellt!
Der Hektor nicht mehr, der gleich einem Gotte
In des Peliden Rüstung heimgekehrt,
Den Feuerbrand von der Trojaner Heerd
Geschleudert hatte in der Griechen Flotte.

Den Bart befleckt. der Locken schönes Wallen
Gehemmt von blut'gem Leime, stand er da,
Den Leib bejät mit jenen Wunden allen,
Die Trojas Mauer ihn empfangen sah.
Den hohen Schatten zu besprechen,
Gebietet mir des Herzens feur'ger Drang;
Die Wange brennt von heißen Thränenbächen,
Und von den Lippen flieht der Trauerklang:

„O Trojas Hoffnung, die uns nie betrogen,
O du, nach dem das Herz geschmachtet hat!
sey willkommen, Licht der Vaterstadt!
Warum und wo hast du so lang verzogen?
So viele Kämpfe mußten wir bestehen,
Von so viel Noth und Herzensangst ermatten,
So viel geliebte Leichname bestatten,
Eh' dich die Freunde wieder sehn!

O sprich, und welcher Frevel durft' es wagen,
Der Augen sonnenheitern Schein

Mit Blut und Staub unwürdig zu entweihn?
Was sollen diese Wundenmäter sagen?“
Doch keinen Laut verlor der Geist,
Des Fragers eitle Neugier zu vergnügen,
Bis unter tief geholten Odemzügen
Ein schweres Ach der Zunge Band durchreißt.
*) Erste Lesart:

Den Blick in tiefen Gram gehüllt,

Der Stimmen Ton erstickt von lautem Weinen.

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