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Der Wasserkult der Babylonier lebt noch heute in den Gemeinden der Mandäer fort, die nicht weit von dem einstmaligen Eridu leben. Wie bereits S. 74f. erwähnt, hat sich ihr Ea-MardukKultus über die christliche Ära hinaus selbständig entwickelt. Später haben sie Berührungen mit dem Christentum gewonnen, angezogen durch die Gestalt des Täufers Johannes, dessen Auftreten Anknüpfung an ihren Wasserkultus bot.

Biblische Beziehungen zum babylonischen Begriff vom Lebenswasser werden wir unten aufzeigen beim ,,ehernen Meer" des salomonischen Tempels (zu 1 Kg 7, 23), bei der Heilung des Nacman vom Aussatz durch siebenmaliges Untertauchen (2 Kg 5).

Die Paradiesesströme.

I Mos 2, 10: „Und der Strom geht von Eden aus den Garten zu bewässern“, alsdann teilt er sich, und zwar in vier Arme usw. Die vier Arme heißen Pison, Gihon, Hiddekel, Phrat. Der Pison umfließt das Goldland Havila; der Gihon umfließt das Land Kusch; der Hiddekel,,fließt herwärts von Assur".

Mit dem Phrat, der als der bekannteste ohne Zusatz genannt ist, ist sicher der Euphrat gemeint', babylonisch Purattu (altpersisch Ufrâtus, arabisch Furât). Er heißt sonst schlechtweg,,der Strom" (Jes 8, 7 u. ö.) und ,,das große Wasser" (1 Mos 15, 18), wie die Babylonier ihn selbst ideographisch als das ,,Wasser" bezeichnen. Er bildet für die Hebräer die Ostgrenze der bekannten Welt; das Idealgebiet, das dem Abraham zugesprochen wird, erstreckt sich bis dahin (1 Mos 15, 18; Ps 72, 8; Sach 9, 10). Daß der Euphrat mit Paradiesesvorstellungen bei den Babyloniern verbunden ist, wurde schon oben gezeigt. Daß der Hiddekel den Tigris bezeichnet, scheint mir auch sicher.2 Der Name erscheint zwar nur noch Da 10, 4, aber die Stelle Si 24, 34-36, die den Tigris mit Pischon und Euphrat zusammen offenbar in Erinnerung an I Mos 2 nennt, beweist doch wenigstens, daß die Israeliten unter dem Hiddekel den Tigris verstanden. Er stimmt zu der Schreibung Idiklat im assyrischen Vokabular II R 50, 7 c d und zur samaritanischen Schreibung. Auf der Behistuninschrift heißt der Fluß Assyriens Diklat, dem entspricht das targumisch-talmudische Diglat (unser Tigris gibt die persische Aussprache wieder).

1) S. meinen Artikel Euphrat in Hauck RPrTh. 3

2) Hommel, Theol. Lit. Bl. 1901, No. 47 erklärt chad-dekel wadi oder Wadi von Diklah.

= Palmen

1 Mos 2, 10

Die Paradiesesströme.

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Man hat sich vielfach bemüht, das biblische Paradies nach der alten Landkarte zu lokalisieren. Für die Untersuchung ist vor allem zu beachten, daß nach altorientalischer Anschauung, die Israel und Babylon gemeinsam haben, jedes irdische Heiligtum einem kosmischen Heiligtum entspricht (vgl. das irdische und himmlische Jerusalem der Bibel). Es ist Stuckens Verdienst (Astralmythen), erkannt zu haben, daß die Lösung der Paradiesfrage in der Vorstellung aller heiligen (kosmischen) Stätten am Himmel zu suchen ist. Wie dieser, als Spiegelbild der Erde erscheint, wurde oben S. 12 besprochen.

Auch die Vorstellung von den vier Paradiesesflüssen wird Reflexion eines himmlischen Bildes sein. Gunkel nimmt an, daß an die Milchstraße mit ihren vier Armen gedacht ist. Daß es in der Gegend der Milchstraße nach babylonischer Vorstellung einen himmlischen Euphrat und Tigris gab, beweisen die Sterne Tigris und Euphrat, die V R 46, 34 a b zwischen Skorpion und Steinbock erscheinen.1 Die irdische Lokalisierung war in den verschiedenen Völkern und Zeiten dann gewiß wechselnd, und die Vorstellung von einer Ideallandschaft verband disparate geographische Begriffe. Daß der biblische Erzähler an die Euphrat- und Tigrisgegend denkt, ist sicher. Soweit hat Delitzsch, Wo lag das Paradies? recht. Es liegt darin m. E. ein starkes Zeugnis für das Bewußtsein Israels von der babylonischen Urheimat. Aber der Gihon und Pison läßt sich bei unserer gegenwärtigen Kenntnis der Landkarten und Inschriften dort nicht lokalisieren. Daß wenigstens die späteren Israeliten den Pison als einen Hauptstrom neben Euphrat und Tigris kannten, zeigt Si 24, 34. Mehr läßt sich nicht sagen. In der Identifizierung der vier Paradiesesströme mit den vier Strömen, die in der Urzeit getrennt in den Persischen Meerbusen strömten2, so daß der Ulai (jetzt Karun) = Pison, und der Uknu (jetzt Kercha) Gihon wäre, liegt m. E. keine Lösung der Frage: Wo lag das Paradies?

Daß auch die Babylonier eine irdische Lokalisierung von vier heiligen Flüssen kannten, soll nach Hommel, Aufsätze und Abhandlungen 326 ff. Handbuch 145, die Aufzählung von vier göttlichen Flüssen 3 II R 56, 26–29 c d. vgl. V R 22, 27 ff. zeigen. Hommel hat darauf hingewiesen und

3

1) S. Hommel, Aufsätze und Abhandlungen S. 241, Zimmern KAT 3 528. 2) Zuerst Jensen, Kosmol. 507 ff.

3) Da das,,Weib" und der ,,Sohn" des Flußgottes folgt, handelt es sich hier allerdings nicht nur um 4 Namen des ilu Naru, des Flußgottes (so Jensen).

glaubt nachweisen zu können, daß in den südarabischen Inschriften die gleichen Vorstellungen von vier heiligen Flüssen begegnen. Er identifiziert teilweise im Anschluß an Ed. Glaser diese vier Flüsse mit dem Euphrat und den unweit von Eridu in den Nâr marrâti (den heutigen Schatt el 'Arab) mündenden großen arabischen Wadis Sirhân, Rumma und Dawâsir. Er sucht dementsprechend die Paradiesesflüsse, abgesehen vom Euphrat, der östlich die Welt abgrenzt, in dem alten,,Gotteslande" Arabien (Ta-nuter bei den Ägyptern, Dingirra-ki bei den Babyloniern). Chid-dekel sei dann der Wadi Sirhân mit seiner Fortsetzung, dem sog. Dschôf (vgl. oben S. 101, Anm. 2) und die Landschaft Ašur (Hiddekel ,,herwärts von Assur") sei die von Glaser wiederentdeckte arabische Landschaft A'šur (nach Hommel Stammland der Assyrer, die dann den Namen Hiddekel in die neue Heimat mitgenommen hätten). Unter Pison, der Chavila umfließt und woselbst Gold, Gummi (Bedolach) und Edelsteine gefunden werden, und unter Gihon, der Kusch umfließt (ebenfalls Name einer alten arabischen Landschaft), wären mit Eduard Glaser die zentralarabischen Wadis Dawâsir und Rumma gemeint. Näheres über diese Dinge, die wir mit allem Vorbehalt wiedergeben, s. Hommel, Aufsätze und Abh. S. 273 ff.

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1) In den vier Ausdrücken dhû-ilim, dhû-phijâmim, dhû-hallim, dhûhumarim der großen Inschrift von Sirwah. Die vier Bezeichnungen sollen nach ihm bedeuten:,,der des Gottes" (= = Anu = summus deus = Sin-Mondgott, s. S. 26 ff. 32),,,der des Götterboten", ,,der des Strickes" entsprechend dem Flusse,,Band des Königs" der Babylonier, und,,der des Asphalts", dem,,Fluß des Asphaltmannes" entsprechend. Wenn aber die gleiche Anschauung in der Bezeichnung der betreffenden Gottheiten zugrunde liegen sollte, so handelt es sich hier kaum um Flüsse, s. noch Theol. Lit. Bl. 1901, Nr. 47, Sp. 557.

1 Mos 3

Der heilige Baum und die Schlange.

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im Paradies"!) ist nicht sicher deutbar.1 Der Baum mit seinen zwei Früchten ist der babylonische ,,heilige Baum". Aber die beiden bekleideten (!) sitzenden Gestalten greifen nicht nach.

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den Früchten.

Abb. 38: Siegelzylinder mit Lebensbaum, Schlange und Kampf nach Lajard, Culte de Mithra.

Eine derselben trägt die gehörnte Kopfbedeckung, die bei den Babyloniern ausschließlich göttliches Abzeichen ist. Die Linie hinter der links sitzenden Gestalt ist

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Abb. 39: Siegelzylinder. Original Privatbesitz des Verfassers.

bestimmt eine Schlange.2 Aber ihre Stellung spricht nicht für eine Rolle, die der Sündenfall - Situation entsprechen würde. 1) Als Material stellen wir die Abb. 36-39 zur Debatte. Abb. 37 und 38 sind eng verwandt; Abb. 38 aber zeigt die Schlange samt dem Lebensbaum. Abb. 39 zeigt die Schlange zwischen der Gottheit und der fürbittenden Gestalt. Sämtliche drei Zylinder zeigen das Symbol des zunehmenden Mondes; Abb. 37 und 38 zeigen die vulva zwischen den Kämpfenden.

2) Die von Oppert, Halévy u. a. geäußerte Ansicht, es handle sich vielleicht nur um ein Ornament, ist unberechtigt. Unsere Wiedergabe des Bildes läßt keinen Zweifel: es ist eine Schlange.

Hingegen erinnert das Bild an eine mythologische Situation, wie sie der Schluß der 11. Tafel im Gilgameš-Epos zeigt. Der babylonische Noah und sein Weib (göttliche Gestalten) verfügen über ein Lebenskraut, das ja dem Lebensbaum verwandt1 ist (s. oben S. 98). Eine Schlange raubt später die Pflanze. Stellt unser Bild etwa einen Lebensbaum dar und im Hintergrunde die nach dem kostbaren Gute gierende Schlange?

Die Voraussetzung eines Sündenfalles ist das göttliche Gebot an die Menschen. Diese Voraussetzung kennen die babylonischen Texte. Daß die Gebote gleich allen andern Einrichtungen des Lebens von der Gottheit stammen, entspricht von vornherein der babylonischen Gedankenwelt. So bringt Hammurabi seine Gesetzgebung mit dem Sonnengott in Verbindung, ja er geberdet sich selbst als Gesetze vorschreibender Sonnengott. Der in Susa gefundene Stein der Gesetzgebung 2 stellt dar, wie Hammurabi die göttliche Unterweisung empfängt. Auf der Schlußtafel des Epos Enuma eliš aber heißt es ausdrücklich, daß Marduk die Gebote des Ea3 den Menschen bringen soll:

„Sie mögen festgehalten werden und der „Erste" möge sie lehren, der Weise und der Kundige mögen sie zusammen überdenken!

Es soll sie überliefern der Vater, er lehre sie den Sohn.

Des Hirten und des Hüters (?) Ohr möge er öffnen,

daß er sich freuc über den Herrn der Götter, Marduk,

daß sein Land gedeihe, ihm selbst es wohl gehe!

Beständig ist sein Wort, nicht gewandelt wird sein Befehl;

das Wort seines Mundes ändert nicht irgend ein Gott.

Blickt er böse an, wendet er seinen Nacken nicht wieder (zur Gnade) wenn er zürnt, wenn er ergrimmt ist, tritt ihm kein Gott entgegen. Der Hochherzige, Weitsinnige.

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Auf einem Fragment K 3364 finden sich sittliche Ermahnungen, von denen ausdrücklich gesagt ist, daß sie auf einer Tafel stehen 6:

1) Es ist demnach eine Verwandtschaft der Sage mit der biblischen Erzählung im weiteren Sinne möglich.

2) S. zu 2 Mos 19.

3) Vgl. oben S. 5 f., wo von Büchern und Tafeln die Rede ist, auf denen den Menschen göttliche Weisheit und göttliche Vorschrift vermittelt wird. *) Das ist wohl kaum der Urmensch oder einer der ersten Weisen (Zimmern KAT3 541), sondern Marduk.

5) KT 129.

6) Delitzsch, Weltschöpfungsepos S. 19, 54 f., 111f. rechnet sie zum Epos Enuma eliš mit sehr fraglichem Recht und spricht von „Ermahnungen

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