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Die Trümmer solcher Tempeltürme finden sich auf allen großen Tells des Zweistromlandes. Der Neboturm von Borsippa (s. Abb. 50) ragt noch heute 48 Meter über den Hügel Birs Nimrud empor. Er bestand aus 7 Etagen entsprechend den 7 Planeten, und noch heute sind die Reste der Planetenfarben zu sehen. Es ist selbstverständlich, daß diese gigantische Ruine auch in nachbabylonischer Zeit von Sagen umwoben So erklärt es sich wohl, daß die jüdische Tradition (vgl. Beresch. Rabba 42, 1) I Mos II mit dem Borsippa - Tempel statt mit dem Bel-Merodach-Tempel von Babylon in Verbindung brachte und daß Alexander Polyhistor und Abydenus an

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die gigantischen Trümmer von Birs Nimrud eine der GenesisErzählung entsprechende (von ihr abhängige?) Überlieferung knüpften. Andere Tempeltürme wurden bereits früher S. 12 und 45 erwähnt, s. auch unten S. 173 Anm. 2.

Eine mehr oder weniger märchenumwobene Schilderung des Marduk-Tempels von Babylon gibt Herodot I, 181 f.:

,,In jedem der beiden Teile der Stadt befindet sich in der Mitte, in dem einen Teile die königliche Burg innerhalb einer großen und starken Umfassungsmauer, in dem andern das Heiligtum des Zeus Belus mit ehernen Toren: dieses war noch bis zu meiner Zeit vorhanden, ein Viereck im Umfang von zwei Stadien auf jeder Seite; in der Mitte des Heilig

1) Näheres darüber s. in meinem ,,Kampf um Babel und Bibel", S. 40, und vorher in meiner Monographie Nebo in Roschers Lexikon der Mythologie. Vgl. auch Zimmern KAT 3 616f., Anm. 7.

1 Mos 11, 4 f.

Nachrichten über babylonische Tempeltürme.

173

tums ist ein Turm gebaut, fest von Stein, in der Länge und Breite eines Stadiums: auf diesem Turm erhebt sich ein anderer Turm, auf diesem wieder ein anderer, bis zu acht Türmen; man steigt hinauf auf einer Treppe, die von außen ringsherum um alle diese Türme angebracht ist. In der Mitte ungefähr beim Hinaufsteigen ist ein Ruhepunkt mit Sitzen zum Ausruhen, auf denen die Aufsteigenden sich niederlassen, um auszuruhen; in dem letzten Turme ist ein großer Tempel: in diesem Tempel befindet sich eine große wohl gebettete Lagerstätte und daneben steht ein goldener Tisch: ein Götterbild ist aber dort nicht aufgerichtet, auch verweilt kein Mensch darin des Nachts, außer einem Weibe, einem von den eingeborenen, die der Gott sich aus allen erwählt hat, wie die Chaldäer versichern, die Priester dieses Gottes sind.

Eben dieselben behaupten auch, wovon sie jedoch mich nicht überzeugt haben, daß der Gott selbst in den Tempel komme und auf dem Lager ruhe, gerade wie in dem ägyptischen Theben auf dieselbe Weise, nach Angabe der Ägypter: Denn auch dort schläft in dem Tempel des Thebanischen Zeus ein Weib: diese beiden pflegen, wie man sagt, mit keinem Manne Umgang: ebenso auch verhält es sich in dem Lycischen Patara mit der Priesterin des Gottes zur Zeit der Orakelung; denn es findet diese nicht immer daselbst statt; wenn sie aber stattfindet, so wird sie dann die Nächte hindurch mit dem Gott in den Tempel eingeschlossen."

Rekonstruktionen solcher Tempeltürme nach Herodot und den Keilinschriften stellte der Architekt Chipiez 1879 im Salon in Paris aus; sie sind beschrieben und abgebildet bei Perrot et Chipiez, Histoire de l'art dans l'Antiquité II, 379 ff. Eine authentische Abbildung findet sich auf einem Alabasterrelief in Niniveh. Die von der amerikanischen Expedition bloßgelegten Trümmer des Tempelturmes von Nippur findet man abgebildet und beschrieben bei Hilprecht, die Ausgrabungen im Bel-Tempel zu Nippur.

Welchem Zwecke dienten die babylonischen Tempeltürme? Wie alle Tempelheiligtümer waren sie Abbild eines himmlischen (kosmischen) Heiligtums. Wie die astrologischen Bilder auf den Grenzsteinen ,,Häuser" (bez. Throne)1 für die planetarischen Gottheiten darstellen, so zeigt der S. 9 abgebildete MerodachBaladan einen Etagenturm am Himmel. Die siebenstufigen Tempeltürme sind das Abbild des himmlischen Etagenturmes 2, den die Planetenbahnen (tubukati) über dem Tierkreis bilden,

1) Vgl. S. 14, Anm. 3.

2) Auch die anderen Tempeltürme haben Namen, die sich auf den Kosmos beziehen. „Haus der 50" (das ist der Weltzyklus, s. S. 12, Anm. 2) hieß der Tempel in Larsa. Der Marduktempel in Babylon hieß E-temenan-ki „Haus des Fundamentes Himmels und der Erde", der Tempelturm von Nippur hieß E-sagasch „Haus der Entscheidung": auch dieser Name hängt wohl mit den Planeten zusammen.

und die, welche hinaufsteigen, tun ein dem Gotte wohlgefälliges Werk, s. S. 12.

Wir dürfen annehmen, daß dieser kultische Zweck auch später betont wurde. Die Tempeltürme würden dann den Versuch einer Annäherung an die Gottheit bedeuten. Das scheint auch der Erzähler 1 Mos 9 anzunehmen, nur daß er ein solches Vorhaben als heidnische Tollkühnheit und als frevelhaften Übermut brandmarkt.

Daß die Tempeltürme, deren Spitze den Zugang zum Himmel darstellt, mit einem Heiligtum gekrönt gewesen sind, darf von vornherein

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Abb. 51: Trümmer vom Stufenturm in Nippur.

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richtet, er habe auf der Spitze der Tempeltürme von Babylon und Borsippa ein strahlendes Heiligtum als maštaku taknî (d. h. ,,wohlbestellte Kammer") erbaut (KB III, 2, 31). Wie weit die Schilderung Herodots zutrifft, läßt sich mit dem vorhandenen Material nicht entscheiden. Es ist sehr wohl möglich, daß der Dienst der,, Weiber Marduks", von denen der Cod. Hamm. spricht, in der Tempelturmkapelle sein Wesen trieb.

Bei der hohen Bedeutung, die der Astronomie in Babylonien zukam, wird man fernerhin erwarten, daß die Türme, deren Stufen die Planetenbahnen symbolisierten, auch astrologischen Zwecken dienten. Die Inschriften verraten bisher nichts davon. Aber Apollonius von Tyana (I, 25), der bei seiner Beschreibung Babylons aus guten Quellen zu schöpfen scheint, hat vielleicht den Tempelturm im Auge, wenn er von einem großen Gebäude aus Ziegeln, mit Bronze belegt, spricht und sagt, daß sich darin

I Mos 11, 4 f.

Zweck der babylonischen Türme.

175 eine von Gold und Saphir strahlende Kapelle befand, die das Firmament (wohl den Sternhimmel) darstellte.

Endlich wäre zu erwarten, daß die Türme Begräbniszwecken gedient haben. Der Beltempel von Nippur (s. Abb. 51) ist von Gräbern umgeben, gleich den Pyramiden; einer seiner Namen ist E-gigunû,,Haus der Gräber". Bekanntlich behaupten die Klassiker, der Tempel von Babylon habe ein Grabmal des Gottes Bel enthalten. Dazu stimmt, daß, wie Hilprecht S. 71 gesehen hat, der Turm zu Larsa in einer Nabonid - Inschrift (KB III, 2, S. 90, Z. 16),,Grab des Sonnengottes', genannt wird. Vielleicht ist auch das Grab des Ningirsu im Tempel zu Lagaš, das Gudea errichtet, und die Grabstätte der Aja zu Sippar, die Hammurabi in der Einleitung zum Gesetzeskodex mit Grün, der Farbe der Auferstehung, bekleidet, im Tempelturm zu suchen. Aber ob es sich hier nicht schließlich wie bei den Pyramiden um altbabylonische Königsgräber handelt, um Grabstätten solcher Könige, die wie Naramsin, Gudea, Dungi schon bei Lebzeiten sich als Götter verehren ließen und nach dem Tode zu den Göttern versetzt wurden? 1

Außerbiblische Traditionen.

In den Sibyllinischen Orakeln (zitiert bei Theophilus ad Autolycum) heißt es im 3. Buch (Kautzsch, Pseudepigr. 187 f.):

sie waren

,Als sic' den Turm bauten im assyrischen Lande aber alle von gleicher Sprache und wollten emporsteigen zum gestirnten (!) Himmel. Alsbald aber,legte' der Unsterbliche, den Winden mächtigen Zwang auf, und da warfen die Stürme den großen Turm ,von hoch hinab und erregten der Sterblichen Streit gegeneinander; darum gaben dann die Menschen der Stadt den Namen Babylon. Als aber der Turm gefallen war und die Zungen der Menschen sich in mannigfache Sprachen verkehrt hatten, aber die ganze Erde mit Sterblichen sich füllte, indem die,Königreiche sich teilten; da war das zehnte Geschlecht der redenden Menschen, seitdem die Sintflut über die frühren Männer gekommen, und es wurden Herrscher Kronos, Titan und Japetos (!).3

1) Hilprecht, Die Ausgrabungen im Bel-Tempel zu Nippur 68 ff. sicht in den Etagentürmen die Darstellung einer feinsinnigen kosmisch-religiösen Idee: im oberen Teile repräsentierend die Majestät der Gottheit, im mittleren Teile die Kultstätte der auf Erden wohnenden Menschheit, und in dem in den Hades hinabreichenden unteren Teil den Ort der Toten. Das stimmt nicht allenthalben zum babylonischen Weltbild; es spielen hier wohl modern-religiöse Vorstellungen hinein, die der Antike zu viel zumuten.

2), ist Zitat bei Theophilus.

3) Zur Ergänzung dienen die andern hier angeführten Sibyllen - Zeugnisse, die gleich der Bibel die Sprachverwirrung anknüpfen.

Alexander Polyhistor (Syncellus 44) bringt die Sage mit dem Kampf des Titan und Prometheus gegen Kronos zusammen und sagt ebenfalls, die Götter hätten den Turm gestürzt und jedem eine eigne Sprache gegeben. Er beruft sich auf die Sibylle, die auch sonst die Sibylle des Berosus heißt. Es ist anzunehmen, daß sich bei Berosus eine ähnliche Erzählung gefunden hat. Die gleiche Quelle kennt Josephus, Antiqu. I, 1, 4. Er erzählt mit denselben Worten (,,die Götter erregten einen Sturm" usw.). Nur die griechischen Namen nennt er nicht. Vorher aber berichtet er im gleichen Kapitel den Turmbau nach jüdischer Tradition, die die „,Verachtung und Verhöhnung Gottes“ auf Nebrod (Nimrod), den Enkel Chamas', des Sohnes Noës zurückführt: „denn er war kühn und seiner Hände Kraft groß“. Der Geschichtsschreiber Eupolemos sagt nach Euseb. Praep ev. 9, 17:

Die Stadt Babylon sei zuerst von den aus der Sintflut Geretteten gebaut. Es waren das aber Riesen, und sie bauten den (!) berühmten Turm. Als aber dieser durch den Willen des Gottes einstürzte (!), seien die Riesen über die ganze Erde zerstreut worden."

Moses von Chorene, der armenische Geschichtsschreiber (5. Jahrh. n. Chr.) erzählt1:

„Von ihnen (den göttlichen Wesen, die in den ersten Zeiten die Erde bewohnten) entsprang das Geschlecht der Riesen von starkem Körperbau und ungeheurer Größe. Voll Hochmut und Trotz faßten sie den gottlosen Plan, einen hohen Turm zu bauen. Aber während sie mit dem Bau beschäftigt waren, zerstörte ein schrecklicher Wind, durch den Zorn Gottes erregt, das ungeheure Gebäude und warf unter die Menschen unbekannte Worte, wodurch Uneinigkeit und Verwirrung unter ihnen entstand."

Das äthiopische erhaltene Buch der Jubiläen, cp. 10 (Kautzsch, Pseudepigr. 59) erzählt:

,,Und im 33. Jubiläum, im 1. Jahr in der 2. Jahrwoche, nahm sich Peleg ein Weib mit Namen Lomna, die Tochter Sincars, und sie gebar ihm einen Sohn im 4. Jahre dieser Jahrwoche. Und er nannte seinen Namen Regu, denn er sagte: Siehe, die Menschenkinder sind böse geworden durch den gottlosen Plan, sich im Lande Sincar eine Stadt und einen Turm zu bauen. Denn sie wanderten aus dem Land Ararat gen Osten in das Land Sincar. Denn in seinen Tagen bauten sie die Stadt und den Turm, indem sie sprachen: Kommt, wir wollen auf ihm in den Himmel steigen! Und sie fingen an zu bauen; und in der 4. Jahrwoche brannten sie Ziegel mit Feuer, und es dienten ihnen Ziegel als Steine, und als Ton, womit sie tünchten, Asphalt, der aus dem Meere kommt und aus den Wasserquellen in Sinear. Und sie bauten ihn; vierzig Jahre und drei Jahre bauten sie an ihm:,Ziegel (in) der

3) S. zu diesen letzten Zeugnissen Lueken S. 314.

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