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1 Mos 12, 1

Ägypten und Kanaan. Papyrus Anastasi.

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In die Zeit Ramses II. gehört auch das satirische, in der Schule benutzte (!) Literaturstück des Papyrus Anastasi I.1, in dem die Reise eines Mahar (Bevollmächtigten) Ramses II., namens Nechtsotep, durch Syrien erzählt wird. Er hat Denkmäler für den König transportiert, Obelisken in Syene gebrochen und mit 4000 Soldaten in den Brüchen von Hammamat einen Aufruhr niedergeschlagen. Der Mahar hat seinem Freunde, einem Künstler der heiligen Schriften, einem Lehrer im Saale der Bücher" seine Reise geschildert. Der Freund findet den Brief nicht stilgerecht und wiederholt ihn im rhetorischen Stil mit satirischen Seitenhieben auf die Abenteuer des Freundes. Wir geben ein Stück des Textes wieder und vergegenwärtigen uns dabei, daß die Erzählung uns Einblick in geographische und kulturelle Verhältnisse Kanaans um 1400 tun läßt.

Er begleitet seinen Freund in Gedanken durch alle Stationen der Reise:

,,Ich bin ein Schreiber und Mahar, so sagst du wiederholt. Nun wohl, was du sagst, ist wahr. Komm heraus. Du siehst dein Gespann nach, die Pferde sind schnell wie die Schakale, einem Sturmwind gleich, wenn sie losgehen. Du faßt den Zügel, nimmst den Bogen - wir wollen nun sehen, was deine Hand tut. Ich werde dir schildern, wie es einem Mahar geht und werde dir erzählen, was er tut.

Kommst du nicht zum Chetalande und siehst du nicht das "Eupaland? Haduma, kennst du nicht seine Gestalt? und ebenso Ygadiy, wie ist es beschaffen? Das D'ar des Königs Sesostris auf welcher Seite von ihm liegt denn die Stadt Charbu? und wie ist seine Furt beschaffen? . Ziehst du nicht nach Kadeš und Tubache? Kamst du nicht zu den Beduinen mit Hilfstruppen und Soldaten? Betrittst du nicht den Weg nach dem Magar? wo der Himmel am Tage finster ist, denn er ist bewachsen mit himmelhohen Eichen und Zedern (?), wo die Löwen häufiger sind als Schakale und Hyänen und wo die Beduinen den Weg umringen.

Steigst du nicht auf den Berg Schana?... Wenn du nachts zurückkehrst, so sind alle deine Glieder zermahlen und deine Knochen zerschlagen, und du schläfst ein. Wenn du aufwachst, ist es die Zeit der traurigen Nacht, und du bist ganz allein. Ist nicht ein Dieb gekommen,

1) Bearbeitet von Chabas, Voyage d'un Egyptien en Palestine; Stücke übersetzt bei Erman, Ägypten S. 508 ff., wo der polemische Zweck des Schriftstücke serkannt wurde, s. auch W. M. Müller, Asien und Europa S. 57; 172 ff.; 394. Eine neue Kollation des Textes und vollständige Übersetzung wäre höchst wünschenswert.

2) S. hierzu und zum folgenden Müller, 1. c. 394.

3) Das syrische Kadeš, nicht das israelitische (Müller, 1. c. 173), ist

wohl gemeint.

*) Tubich der Amarna-Briefe (Dbhu der Tuthmes - Liste?).

5) Sa'na in den Inschriften Tiglatpileser III.?

um dich zu bestehlen? ... Der Dieb hat sich in der Nacht davongemacht und hat deine Kleider gestohlen. Dein Stallknecht ist nachts aufgewacht, hat gemerkt, was geschehen war und hat mit sich genommen, was noch übrig war. Er ist dann unter die Bösen gegangen, hat sich unter die Stämme der Beduinen gemischt und hat sich zum Asiaten gemacht. ... Ich will dir auch von einer andern geheimnisvollen Stadt erzählen, die Kepuna (Gubna, Gebal) heißt. Wie ist sie? ihre Göttin ein anderes Mal. Hast du sie nicht betreten?

Ich rufe: Komm nach Barut'e (Beirut), nach D'i(du)na (Sidon) und D'arput'e (Sarepta). Wo ist die Furt des Nat'ana? Wo ist 'Eutu? 2 Sie liegen über einer andern Stadt an dem Meere, D'ar (Tyrus) der Küste heißt sie; das Wasser wird ihr auf Schiffen zugeführt, sie ist reicher an Fischen als an Sand ..... Wohin führt der Weg von 'Aksapu? nach welcher Stadt?

3

Ich rufe: komm zum Berge User. Wie ist sein Gipfel? wo ist der Berg von Sakama. Wer wird ihn besetzen? der Mahar. Wo marschiert er nach Hud' aru? Wie ist seine Furt? Zeige mir, wo man nach Hamat'e (Hamat) geht", nach Degar und Degar-'ear, dem Ort, wo sich der Mahar ergeht."

Weiter heißt es, nachdem in der üblichen Weise gefragt ist, wo die Furt des Jordan sei, wo Megiddo liege und ob es etwa noch einen ebenso tapferen Mahar gebe:

„Paß auf, auf die Schlucht mit dem Abgrund von zweitausend Ellen Tiefe, die voll ist von Blöcken und Geröll. Du machst einen Umweg. Greifst du nach dem Bogen . . . . und zeigst dich den guten Fürsten (d. h. den Verbündeten Ägyptens), so ermüdet ihr Auge an deiner Hand. ,,'Ebata kama 'ear mahar n'amu" sagen sie und du erwirbst dir den Namen eines Mahar, des besten der Offiziere Ägyptens. Dein Name wird berühmt bei ihnen wie der des Qad'ardey, des Fürsten von 'Esaru, als ihn die Hyänen fanden innen im Dickicht, im Engpaß, der von den Beduinen versperrt war; sie waren unter den Büschen verborgen und manche von ihnen maßen vier Ellen von der Nase bis zur Ferse, sie hatten wilde Augen, ihr Herz war unfreundlich und auf Schmeicheleien hörten sie nicht. Du bist allein, kein Späher ist bei dir, kein Heer folgt dir und du findest niemand, der die Wegrichtung zeige. Du mußt allein gehen und weißt doch den Weg nicht. Da faßt dich die Angst, dein Haar sträubt sich und deine Seele liegt dir auf der Hand. Dein Weg ist voll von Blöcken und Geröll, du kannst nicht auf ihm vorwärts kommen wegen der 'Esbururu- und Qad’apflanzen, wegen der Nahapflanzen und wegen des Wolfssohlenkrautes. Auf einer Seite hast du die Abgründe, auf der anderen die Bergwand, so gehst du bergab.“

Das Ende dieser bösen Fahrt ist, daß die Pferde scheuen und ihre Stränge zerreißen; in der Sonnenglut muß der arme Mahar

1) Nahr el Kasimije, der Leontes, heute im Oberlauf Litani.

2) Usu, Palätyrus, s. Winckler, Gesch. Isr. I, 201.

3) Akzib in der Tuthmes-Liste S. 195; bei Eusebius Ekdippa.

+) Muß die Scala Tyriorum sein.

5) Sichem, also der Ebal oder Garizim? S. Müller, 1. c. 394.

6) Paß, wo man nach Hamat geht", später der nördlichste Punkt von Israel.

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Ägypten und Kanaan.

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zu Fuße wandern, von Durst und Angst vor lauernden Feinden. gequält. Überhaupt wird er vom Unglück auf seiner Reise verfolgt.

,,Wenn du nach Joppe hineinkommst“, berichtet spottend der Verfasser,,,so findest du den Garten grünend zu seiner Zeit. Da dringst du ein, um zu essen und findest darin das schöne Mädchen, das die Weinberge bewacht, die schließt sich dir als Genossin an und gewährt dir ihre Reize.“ Ein Dieb benutzt die Stunde, um dem Mahar die Pferde vom Wagen zu schneiden und seine Waffen zu stehlen. Am Schlusse heißt es:

,,Sich dies freundlich an, damit du nicht sagst, ich hätte deinen Namen bei andern Leuten stinkend gemacht. Sieh, ich habe dir ja nur geschildert, wie es einem Mahar ergeht; ich habe Syrien für dich durchlaufen, ich habe dir die Länder zusammen vorgeführt und die Städte mit ihren Gebräuchen. Sei uns gnädig und sieh es mit Ruhe an."

Aus dem ägyptischen Material1) ist noch eine Inschrift des 13. Jahrhunderts zu erwähnen, die ,,Israel" als Landesbewohner, die zu Kanaan gehören, nennt, Mernapta wird verherrlicht als ein König, der Länder erobert und ,,beruhigt" hat: Das Kanaan ist erobert in allem Bösen (?), fortgeführt ist Askalon, überwältigt ist Gezer,

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Abb.65: Amoriter-
Gefangener.
Ramses III.

Wenn die Inschrift in die Zeit nach der Eroberung Kanaans fällt, so ist sie ein Zeugnis für die Bedrängnis der ,,Kinder Israels" durch Ägypten, aus der ein Vasallenverhältnis hervorging, das pro forma wenigstens selbst in der Zeit der höchsten Blüte des Staates Israel-Juda bestand (vgl. Jerobeam). Fällt die Inschrift in die Zeit vor dem Einzug, so haben wir uns unter den (Amoriterland) als Gefangener,,Israeliten" Hebräer in dem S. 206 anin Ägypten, LD 209. gedeuteten Sinne zu denken.

Abb. 66: Beduine von 'A-ma-ra

1) Abb. 65 und 66 stellen Gefangene aus dem Amoriterlande dar. 2) Ist wohl das Janoach Jos 16, 6f., das heutige Janûn, südöstlich von Sichem. Ist es dieselbe Stadt, deren Eroberung durch Sethos auf der Außenwand des Säulensaales in Karnak verherrlicht wird? S. Abb. 70 links oben.

Für die Kulturgeschichte Kanaans in späterer Zeit (11. Jahrhundert v. Chr.) nach der Einwanderung der Philister ist von großer Bedeutung der von Golenischeff vor einigen Jahren entdeckte Papyrus, der den Bericht eines Tempelbeamten Wen-Amon über eine miẞglückte Reise nach Phönizien zum Zwecke der Erwerbung von Bauholz (s. Abb. 67) enthält. Die Haupterzählung spielt in Byblos am Fuße des Libanon. Ägypten erscheint hier staatlich völlig zerrüttet, sein Einfluß auf Kanaan

ist dahin.

Die wichtigsten Auskünfte über die Zustände Kanaans in vorisraelitischer Zeit gewähren uns, wie bereits angedeutet, die

im Jahre 1887 in den Ruinen von Chut-Aten, dem heutigen Tell-elAmarna aufgefundenen Tontafeln. Es sind Staatsurkunden aus der Regierung der Pharaonen Amenophis III. und vor allem Amenophis IV. (Chuenaten, s. Abb. 68 und 69), also aus der Zeit um 1450 v. Chr.2, bestehend in Briefen vorderasiatischer Könige (von Mitanni, Babylonien, Assyrien), die erkennen lassen, daß man Ägypten als dominierende Macht anerkennt, und in Berichterstattungen der kanaanäischen Amelu (Fürsten) und ägyptischer Rabis (Verwaltungsbeamte, Statthalter) an den ägyptischen Herrscher; außerdem enthalten sie einige mythologische Stücke und das Rundschreiben eines unbekannten vorderasiatischen Herrschers an die Statthalter von Kanaan. Der Name Kanaan (Kinahni und Kinahhi, s. S. 201 f.) bedeutet hier wie auch sonst in den ägyptischen Nachrichten 3,

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Abb. 67: Die Fürsten vom Libanon fällen Bäume für Sethi I. (Ros. 46).

1) Deutsch bearbeitet von W. M. Müller, MVAG 1900, Iff. und von Erman, Zeitschr. f. Ägypt. Sprache 1900, I ff.

2) Soweit sie bisher bekannt geworden sind (ca. 300 Bruchstücke), werden sie im Berliner Museum, im Museum von Gizeh (Kairo) und im Britischen Museum aufbewahrt, einige sind in Privatbesitz. Den in Berlin und Kairo befindlichen Teil veröffentlichten Winckler und Abel,,,Der Tontafelfund von el-Amarna" 1889-90; die Tafeln des Britischen Museums gab C. Bezold heraus:,,The Tell-el-Amarna Tablets in the British Museum" 1892. Transskription und Übersetzung gab H. Winckler KB V. Eine neue vollständige kritische Ausgabe in Transskription, Übersetzung und mit textkritischen und sachlichen Anmerkungen bearbeitet gegenwärtig Knudtzon.

3) Vgl. W. M. Müller, Asien und Europa S. 205ff. Bei den Ägyptern heißt es immer appellativisch p3-K-n'-n',,das Kanaan".

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Kanaan in der Amarna-Zeit.

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den südlichen Teil von Syrien, Phönizien und Palästina; der Name Amurrû ist auf das Libanongebiet beschränkt.1

Der Brief des Burnaburiaš (KB V, 17) zeigt, daß die Bewohner des Landes Kanaan in Kampfzeiten eine politische Einheit bildeten. Es heißt dort:

Zur Zeit Kurigalzus, meines Vaters, haben die Kanaanäer (Ki-na-ha-ai-u) allesamt an ihn geschrieben: gegen die Grenze des Landes (also wohl gegen den Negeb bez. gegen Ägypten) wollen wir ziehen und einen Einfall machen; mit dir wollen wir uns vereinigen.

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Wenn Amos vom,,Amoriterland" und von den ,,Amoritern" spricht, die vorher das Land besaßen, und wenn der Elohist die Ureinwohner ,,Amoriter" nennt, und wenn es Ezechiel 16, 3 vgl. 45 satirisch heißt:,,Du (Jerusalem) stammst aus dem Lande der Kanaaniter; dein Vater war der Amoriter und deine Mutter eine Hettiterin", so bezeugt das also eine durchaus den Tatsachen entsprechende Kenntnis der alten historisch - ethnographischen Verhältnisse. Denn wenn auch vielleicht in den Keilinschriften Amurrû,,Westland" und

Amurru ,,Amoriterland" nicht immer identisch sind, so hängen doch beide Namen sprachlich wie politisch-geographisch eng

zusammen.

Abb. 68: Amenophis III.
Relief aus einem thebanischen Grabe. Berlin.

Später scheint mit Verschwinden der Amoriter in dem nördlichen Teile des ,,Westlandes" der Name Kanaan auch nördlichere Gebiete mit umfaßt zu haben und dann (vielleicht mit dem Aufkommen des Namens Palästina für den südlichen Teil) auf Phönizien eingeschränkt worden

3

1) Dieselbe Nomenklatur zeigen die ägyptischen Inschriften: Ken'ana ist der südliche, 'Emur der nördliche Teil des ,,oberen Retenu", s. S. 193, Anm. 4.

2) Also ein Zusammenhalten der Kanaanäer wie zu Hiskias Zeiten gegen Sanherib.

3) Der Name Palästina (bei Herodot Palaistine, hebräisch Peleschet) bezeichnet seit der Einwanderung der Philister das Küstenland, das

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