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hin viel Portråtzüge und nächste persönliche Beziehungen und Vorfålle mit unterlaufen, diese lustigen Schwänke göttlicher Frechheit sind die satirische Geißelung überwuchernder Thorheiten und Krånklichkeiten, die um so gefährlicher wirkten, je mehr sie zum Theil nur krankhafte Auswüchse grade des Besten und Schönsten der Zeit waren. Mit vollem Recht konnte Goethe an einer anderen Stelle von Wahrheit und Dichtung (Bd. 22, S. 332) sagen: »Tiefer Eindringende werden doch geneigt bemerken, daß allen solchen Excentricitåten ein redliches Bestreben zu Grunde lag. Aufrichtiges Wollen streitet mit Anmaßung, Natur gegen Herkömmlichkeiten, Talent gegen Formen, Genie mit sich selbst, Kraft gegen Weichlichkeit, unentwickelt Tüchtiges gegen entfaltete Mittelmäßigkeit, so daß man jenes ganze Betragen als ein Vorpostengefecht ansehen kann, das auf eine Kriegserklärung folgt und eine gewaltsame Fehde verkündigt; denn genau besehen, ist der Kampf noch nicht ausgekämpft, er seht sich noch immer fort, nur in einer höheren Region."

Es fehlt etwas sehr Wesentliches im Jugendbild Goethe's, wenn wir diese derben und, wie sie Goethe einmal selbst nennt, muthwillig håndelsüchtigen Humoresken nicht nach Gehalt und Gestalt genügend beachten.

Fast insgesammt fallen fie in den Winter 1773-1774. Um so überraschender ist die Mannichfaltigkeit ihres Inhalts; mit Ausnahme des Politischen, das dem jungen Dichter fernlag, werden alle tiefsten Fragen der Zeit berührt. Die Farce »Götter, Helden und Wieland«, welche der übermüthig geniale Jüngling eines Sonntagnachmittags bei einer Flasche guten Burgunders in einer einzigen Sihung niederschrieb, und in welcher er im Aerger über Wieland's Noten zu Shakespeare und über die Jåmmerlichkeit seines Singspiels Alceste, diesen, wie Goethe's Ausdruck lautet, auf eine garstige Weise turlupinirte, ist un

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streitig eines der köstlichsten Stücke von Literaturkomödie, die irgendeine Literatur aufzuweisen hat. Un die Satire gegen abgestandene Richtungen der Dichtung reiht sich mit gleicher Keckheit die Satire gegen abgestandene Richtungen der Theologie und Religion. Der »Prolog zu Bahrdt's neusten Offenbarungen« ist ein Schlag gegen den herabgekommenen Ratio= nalismus, wie ihn nur ein Dichter führen konnte, der kurze Zeit darauf in seiner Faustdichtung das herrliche Gespräch zwischen Mephistopheles und dem Schüler dichtete. Und ebenso war das Jahrmarktsfest zu Plundersweilen«, so bunt und vielgestaltig die Masken desselben sind, in seiner ursprünglichen Fassung vorzugsweise auf das religiöse Leben gerichtet; in den ålteren Ausgaben sind die eingeschobenen Gespräche zwischen Haman und Kaiser Ahasverus und zwischen der Königin Esther und Mardochai, nicht wie jetzt nur eine frostige Per= fifflage der alten französischen Alexandrinertragödie, sondern eine (vgl. Bd. 34, S. 307 ff.) derb cynische Verspottung der Rationalisten und Pietisten. Auch die Sturm- und Drangperiode selbst entgeht der satirischen Geißel nicht. »Pater Brey« und »Satyros oder der vergåtterte Waldteufel«, welche Goethe in Wahrheit und Dichtung (Bd. 22, S. 140) mit Recht als zueinandergehörige Gegenstücke bezeichnet, schildern, das eine die weichliche Empfindsamkeit, das andere die rohe Kraftgenialitåt, wie sie von niedrigen Menschen als modische Maskirung niedrigster Selbstsucht ausgebeutet wurden. Pater Brey geht auf Leuchsenring und dessen Verhalten zu Herder und seiner Braut, Satyros auf Basedow; der tiefere Hintergrund aber sind die Uebertreibungen Rousseau's und seiner Schule überhaupt. »Kleider find Gewohnheitspossen nur, die Euch von Wahrheit und Natur entfernen.«< »Habt Eures Ursprungs vergessen, Euch in Håuser gemauert, Euch in Sitten vertrauert, kennt die goldnen Zeiten nur als Märchen von weiten.«<»>Und nun ledig des Drucks gehåufter Kleinigkeiten, frei

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wie Wolken, fühlt, was Leben sei! der Baum wird zum Zelte, zum Teppich das Gras, und rohe Kastanien ein herrlicher Fraß!« Rohe Kastanien, unser die Welt!« Ja, vergleichen wir die Bruchstücke von »>Hannswurst's Hochzeit oder der Lauf der Welt«< (Bb. 34, S. 311) mit den Andeutungen, welche in Wahrheit und Dichtung (Bd. 22, S. 333) und in Eckermann's Gesprächen (Bd. 2, S. 300) über den Plan und die beabsichtigte Ausführung enthalten sind, so ist leicht zu erkennen, daß dieses Stück besonders deshalb ein mikrokosmisches Drama« genannt werden sollte, weil es in ihm auf eine allgemeine Parodirung der geltenden sittlichen und gesellschaftlichen Weltverhältnisse abgesehen war. Hannswurst schließt: »Euer fahles Wesen, schwankende Positur, Euer Trippeln, Krabbeln und Schneidernatur, Euer ewig lauschend Ohr, Euer Wunsch hinten und vorn zu glänzen, lernt freilich wie ein armes Rohr von jedem Winde Reverenzen; aber seht an meine Figur, wie harmonirt sie mit meiner Natur, meine Kleider mit meinen Sitten; ich bin aus dem Ganzen zugeschnitten.«<

Kinder augenblicklicher Einfälle und Launen lehnen diese kleinen Scherze und Schwänke jede strengere Kunstforderung von sich ab. Es sind keck hingeworfene dialogisirte Einzelscenen ohne eigentlich dramatische Handlung. Oft verliert sich wohl auch der Ausdruck allzu geflissentlich in's Rohe und Cynische; besonders Hannswurst's Hochzeit scheint sich nach Allem, was davon gemeldet wird, mehr als nöthig in knotigen und zotigen Hannswurstiaden gefallen zu haben. Aber wie derb und possen= haft ungezogen oft dieser Humor ist, immer ruht er auf dem kerngefunden und grundehrlichen Sinn für das Rechte und Große. Im ausgelassensten Muthwillen die unbestechliche Sicherheit fester und klarer Ziele.

Und nicht minder beachtenswerth als der Inhalt ist die Formeneigenthümlichkeit dieser kleinen Dichtungen.

Sie ist durchaus neu und eigenartig in ihrem Zurückgreifen

auf die alte Form der Fastnachtsspiele und auf die komische Hannswurstfigur der Volksbühne.

Man hört die Nachklånge Lessing's und Justus Möser's, wenn Goethe am 6. Mårz 1773 an den Actuar Salzmann (vgl. Stöber: Der Uctuar Salzmann, S. 55) schreibt: »>Unser Theater hat sich, seit Hannswurst verbannt ist, aus dem Gottschedianismus noch nicht losreißen können. Wir haben Sittlichkeit und lange Weile; denn an jeux d'esprit, die bei den Franzosen Zoten und Possen ersehen, haben wir keinen Sinn, unsere Societåt und unser Charakter bieten auch keine Modelle dazu, also enuyiren wir uns regelmäßig; und willkommen wird Jeder sein, der eine Munterkeit, eine Bewegung auf's Theater bringt.«<

Wie Goethe damals in seinem entschlossenen Streben nach urwüchsiger Volksthümlichkeit es wagte, selbst in die erschütternd erhabene Tragik seiner Faustdichtung den Hanns-Sachsischen Ton einzuführen, so suchte er in diesen Fastnachtsspielen und Hannswurstiaden auch nach einer gleich volksthümlichen Wiedergeburt und Fortbildung des deutschen Lustspiels. Aus den Briefen Goethe's an Salzmann ist zu ersehen, wie warme Theilnahme Goethe zu derselben Zeit auch dem Versuch zuwendete, welchen Lenz machte, die Plautinischen Lustspiele für die deutsche Bühne wiederzugewinnen; in den alten Verlagskatalogen von Weygand werden diese verdeutschten Umbildungen immer als das gemeinsame Werk beider Freunde angekündigt.

Goethe ist auch noch in den ersten Weimarer Jahren einer solchen Wiedergeburt derber deutscher Volkskomik vielfach nachgegangen. Um so unbegreiflicher und bedauerlicher ist es, daß er sich niemals an denjenigen Dichter gewendet hat, der ihm für das Komische håtte werden können, was ihm Shakespeare für das Tragische war. Die künstlerische Fortbildung und Veredlung der deutschen komischen Volksbühne lag in Holberg.

Mahomet. Der ewige Jude. Prometheus.

Die religiösen Fragen, welche sich schon in den kleinen Fastnachtsspielen aufdrångten, rangen nach tieferer dichterischer Gestaltung. Zumal grade damals in Goethe sich die mächtigsten religiösen Wandlungen und Umbildungen vollzogen.

Freilich war Goethe der Anempfindung schönseligen Frömmlerwesens, in welche sich seine klare und reine Natur durch die Macht äußerer Einwirkungen eine Zeitlang hatte verstricken lassen, mit erstarkter Bildung für immer entwachsen. Aber es bedurfte doch noch gar mancher Entwicklungen und Uebergånge, ehe er in seiner religiösen Richtung einen festen und bleibenden Abschluß fand. In Goethe's Dichtung sind diese Uebergånge scharf ausgeprägt. Die unausgeführten Entwürfe Mahomet's und des ewigen Juden einerseits und das Prometheusdrama andererseits, obgleich in ihrer Entstehungszeit wenig auseinanderliegend, ruhen doch auf durchaus verschiedener Anschauungsweise. Dort spricht der Rationalist des achtzehnten Jahrhunderts, der, wie sich Goethe in Wahrheit und Dichtung ausdrückt, von der Kirche abgetrennt, sich ein Christenthum zu seinem Privatgebrauch gebildet hat, hier der begeisterte und rückhaltslose Anhänger Spinoza's.

Nur wenn wir uns auf den Standpunkt des Rationalismus des achtzehnten Jahrhunderts stellen, verstehen wir die Stimmungen und Gedanken, aus welchen Mahomet und der ewige Jude hervorgingen. Je ausschließlicher der Rationalismus das Wesen der Religion nur in der sogenannten Vernunft- und Naturreligion suchte und daher auch im Christenthum nur Das als christlich anerkennen wollte, was mit dieser sogenannten Vernunft- und Naturreligion übereinstimmte, um so unablåssiger mußten ihn die Fragen beschäftigen, wie die kirchlichen Lehren

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