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Biertes Kapitel.

Die Goethianer.

Lenz. Klinger. L. Wagner.

Wie mächtig und überwältigend vom ersten Anbeginn die Erscheinung Goethe's auf die Zeitgenossen wirkte, erhellt besonders aus der Thatsache, daß Goethe, ohne es zu suchen und zu wollen, sogleich das Haupt einer neuen Dichterschule wurde, welcher Freund und Feind den Namen der Goethe'schen Schule beilegte. Im Briefwechsel Lessing's mit seinem Bruder wird mehrfach von den neuen »Goethianern« gesprochen. Das deutsche Museum von 1776 (S. 1048 ff.) enthålt eine Abhandlung, die die Ueberschrift führt: »Etwas über das Nachahmen im Allgemeinen und über das Goethisiren insbesondere.«

Vornehmlich drei junge Dichter, Lenz, Klinger, Leopold Wagner, wurden von den Zeitgenossen als »Goethianer« bezeichnet. Sie stammen alle Drei aus Goethe's nächstem persönlichem Freundeskreise. »>Ein freudiges Bekennen, daß etwas Höheres über mir schwebe, war ansteckend für meine Freunde«, sagt Goethe im elften Buch von Wahrheit und Dichtung.

Dieselben Anschauungen und dieselben Ziele; aber ohne Tiefe des Gehalts, ohne die entsprechende dichterische Gestaltungskraft, ohne die Wünschelruthe sicheren Schönheitsgefühls. Man

meinte den Kern zu haben, indem man die tumultuarische Manier Goethe's veräußerlichte und verrohte. Schon Karl Lessing, der die Abneigung seines großen Bruders gegen die jungen Stürmer und Drånger theilte, hat in einem Briefe vom 1. Juni 1776 (Lachm. Bd. 13, S. 555) das Wort: »>Goethe selbst årgert mich nicht, aber seine Nachahmer.«

Auch diese Goethianer verdienen die sorgsamste Beachtung. Wie man erst die volle Größe Shakespeare's zu würdigen weiß, wenn man zugleich die Dichter kennt, die rings um ihn wirkten und strebten, so erkennt man auch Goethe und Schiller erst in ihrem eigensten Wesen, wenn man an diesen verzerrten und lårmenden Jugendgenossen sieht, welche bedenklichen Krankheitsstoffe in dieser denkwürdigen Zeit lagen, und welcher Kraft es bedurfte, aus den Schlacken das reine Erz zu gewinnen.

Jacob Lenz.

Gegen Lenz vor Allem war es wohl gerichtet, wenn Karl August, der Herzog von Weimar, einmal årgerlich von den Affen Goethe's sprach. Dies harte, aber wahre Wort ist der Schlüssel seines ganzen Seins; der Art seines dichterischen Schaffens sowohl, wie selbst der Geisteskrankheit, welcher er frühzeitig zum Opfer fiel.

Lenz war, was Goethe ein forcirtes Talent nennt. Im gewaltsamen Wetteifer mit Goethe suchte Lenz sich über seine natürliche Begabung hinaufzuschrauben; so ging er unter in ungezügelter Großmannssucht.

Jacob Michael Reinhold Lenz, am 12. Januar 1751 zu Seßwegen in Liefland geboren, hatte seine Jugend in Dorpat verlebt, wo sein Vater seit 1758 Geistlicher war. Darauf hatte er in Königsberg Theologie studirt; im Sommer 1771 war er als Begleiter zweier junger Adelichen nach Straßburg gekommen.

Bisher hatte er durchaus unter den Einwirkungen Klopstock's und Gellert's, Pope's, Thomson's und Young's gestanden; wir ersehen dies aus einem kleinen dramatischen Gelegenheitsstück, welches er als sechzehnjähriger Jüngling verfaßte, (»Der verwundete Bräutigam; « herausgegeben von K. L. Blum 1845), aus einem Lehrgedicht »Die Landplagen« (Ausgabe von Tieck, Bd. 3, S. 1 ff.), und aus dem von Nicolai (vgl. Zur Erinnerung an F. L. W. Meyer, Bd. 2, S. 13) berichteten Umstand, daß er Pope's Gedicht über die Dichtkunst in Alexandrinern überseht hatte. In Straßburg aber that sich ihm plößlich eine völlig neue Welt auf. Im regen Verkehr mit Goethe wurde er ergriffen von der Macht des neuen Geistes, der durch Herder in die deutsche Literatur gekommen war und der soeben in Goethe's genialer Jugendkraft nach entsprechender dichterischer That rang. Rousseau und Shakespeare und Offian wurden auch sein. Evangelium. Von Grund aus eitel, tråumte Lenz nunmehr den vermessenen Traum, es Goethe gleichthun zu können und mit diesem gemeinsam den Gipfel des deutschen Parnaß zu erstürmen. Und dieses ehrsüchtige Gelüst wurde in ihm zum fraßenhaftesten Dünkel, da unglücklicherweise seine erste größere dramatische Dichtung wegen ihrer an Gök von Berlichingen erinnernden tumultuarischen Manier von den durch die Neuheit und Seltsamkeit dieser Erscheinungen überraschten Zeitgenossen eine Zeitlang dem Dichter des Göt von Berlichingen selbst beigelegt ward. Was bedurfte es für Lenz weiteres Zeugniß, daß er ein gleich Großer sei?

Goethe erzählt im vierzehnten Buch von Wahrheit und Dichtung, daß Lenz, kurz nachdem Götz von Berlichingen erschienen war, ihm einen weitläufigen Auffah zuschickte, welcher den wunderlichen Titel »>Unsere Ehe« führte. »Das Hauptabsehen dieser Schrift war,« fährt Goethe fort, »mein Talent und das seinige nebeneinander zu stellen; bald schien er sich mir unter

zuordnen, bald sich mir gleich zu setzen; das alles aber geschah mit so humoristischen und zierlichen Wendungen, daß ich die Ansicht, die er mir dadurch geben wollte, um so lieber aufnahm, als ich seine Gaben wirklich sehr hoch schätzte und immer nur darauf drang, daß er aus dem formlosen Schweifen sich zusammenziehen und die Bildungsgabe, die ihm angeboren war, mit kunstgemäßer Fassung benußen möchte.« Und ganz in demselben Sinn ist die kecke Literatursatire,,Pandaemonium germanicum" (Tieck, Bd. 3, S. 207) gehalten, deren Entstehung wahrscheinlich kurz nach dem Erscheinen des Werther fällt. Die Schlußscene allerdings klingt überaus bescheiden. Lenz ruft den Geist der Geschichte an, daß er ihm die neue Zeit, die durch die Wiedererkennung Shakespeare's, der durchdringenden Weisheit der Bibel und des Feuers und der Leidenschaften der Homerischen Halbgötter eingeleitet sei, noch erleben lasse. Klopstock und Herz der und Lessing, welche dieses Gebet gehört haben, sprechen: »Der brave Junge! Leistet er nichts, so hat er doch groß geahnt!« Goethe tritt hinzu und sagt: »Ich will's leisten!« Aber tauschen wir uns nicht über diese Bescheidenheit! In den innersten Kern seines Meinens und Hoffens führt uns Lenz in der ersten Scene. Sie lautet: »Goethe: "Was ist das für ein steil Gebirg mit so vielen Zugången?« Lenz (im Reisekleid): »Ich weiß nicht, Goethe, ich komme erst hier an.« Goethe: »Ist's doch so herrlich, dort oben zuzusehen, wie die Leutlein ansegen und immer wieder zurückrutschen. Ich will hinauf.« (Geht um den Berg herum und verschwindet). Lenz: "Wenn er hinaufkommt, werd' ich ihn schon zu sehen kriegen. Hått' ihn gern kennen lernen, er war mir wie eine Erscheinung. Unterdessen will ich den Regen von meinem Reiserock schütteln und selbst zusehen, wo hinaufzukommen.« (Erscheint eine andere Seite des Berges, ganz mit Busch überwachsen. Lenz kriecht auf allen Vieren). Lenz (sich umkehrend und ausrufend): »Das ist

böse Arbeit. Seh' ich doch Niemand hier, mit dem ich reden könnte. Goethe, Goethe! Wenn wir zusammengeblieben wåren! Ich fühl's, mit Dir wår' ich gesprungen, wo ich jetzt klettern muß. Wenn mich einer der Kunstrichter såhe, wie würd' er die Nase rümpfen! Was gehen sie mich an, kommen sie mir doch nicht nach.« (Klettert weiter). Goethe (springt auf eine andere Seite des Berges, aus dem ein kahler Fels hervorsticht): »Lenz, Lenz, welch' herrliche Aussicht!« Lenz (wieder auf einer andern Seite, versucht zu stehen): »Gottlob, daß ich wieder einmal auf meine Füße kommen darf; mir ist das Blut vom Klettern so in den Kopf geschossen. O, so allein! Daß ich stürbe! Hier seh' ich wohl Fußtapfen, aber alle herunter, keine hinauf! Gütiger Gott, so allein!« (In einiger Entfernung Goethe auf einem Felsen, der ihn gewahr wird; mit einem Sprung ist er bei ihm). Goethe: »Lenz, was Deutscher machst denn Du hier?« Lenz (ihm entgegen): »Bruder Goethe!« (Drückt ihn an sein Herz). Goethe: »Wie Henker, bist Du mir nachgekommen?« Lenz: »Ich weiß nicht, wo Du gegangen bist, aber ich hab' einen beschwerlichen Weg gemacht.« Goethe: »Bleiben wir zusammen!«< Die Pointe ist, daß nun Goethe und Lenz, miteinander im innigsten Bunde, mit ihren Nachahmern, die »wie Ameisen haufenweise den Berg hinankriechen, aber alle Augenblicke wieder herunterrutschen und die possirlichsten Capriolen machen,« ihren Spaß treiben. Goethe zu Lenz: »Die Narren!« Lenz: »Ich möchte fast hinunter und sie bedeuten!« Goethe: »>Laß sie doch! Wenn keine Narren auf der Welt wåren, was wåre die Welt?«

Dieser hochgespannten Meinung, welche Lenz von sich hegte, entsprachen jedoch seine dichterischen Leistungen keineswegs. Neuerdings ist es wieder Mode geworden, Lenz als einen großen Dichter zu preisen; dennoch wird es wohl bei dem alten Urtheil Wieland's sein Bewenden haben, welcher an Merck (Erste

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