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als erblicke er Achilles unter den Weibern von Skyros. Aber was konnte Goethe auf der Höhe seiner reinen Bildung gemein haben mit dem in allen Wirrnissen und Rohheiten der Sturmund Drangperiode Zurückgebliebenen? Noch am 6. Juni 1797 sagt Goethe in einem Briefe an Heinrich Meyer, daß ein Umgang mit jenem »so wenig moralisch als ästhetisch gereinigten Menschen« keinen sonderlichen Reiz habe. Aber während Müller fich dergestalt gegen Goethe vergrollte, daß er die Widmung der Genoveva, welche er seinem Freund Goethe zugedacht hatte, in der noch erhaltenen Handschrift dick durchstrich und in einer für die Oeffentlichkeit bestimmten Schrift aus dem Jahre 1810 (vgl. Preuß. Jahrb. 1872. Juli. S. 64) die Lehrjahre Wilhelm Meis sters und die Wahlverwandtschaften aufs gehåssigste verunglimpfte, hatte Goethe in spåteren Jahren den alten milden Ton wiedergefunden. In der 1817 geschriebenen Abhandlung über Leonardo's Abendmahl gedenkt er Müller's wieder freundlich und wohlwollend, ihn als »geprüften Kenner und Künstler«, als »mehrjährigen Freund, Mitarbeiter und Zeitgenossen« bezeichnend.

In der Zwiespältigkeit zwischen Dichtung und Malerei rieb sich Müller auf. Er verbitterte und vergråmte sich. Seine Schöpferkraft stockte. Seit der Genoveva hat Müller dichterisch nichts Eingreifendes mehr geschaffen. Die »Erzählungen,« welche 1803 in Mannheim erschienen, aber bereits 1793 geschrieben wurden, sind fade Rittergeschichten des gewöhnlichsten Schlags; die Trilogie »Adonis, die klagende Venus, Venus Urania«, 1810 geschrieben, aber erst 1825 herausgegeben, ist marklos und schwer fällig; die persische Novelle »Der hohe Ausspruch oder Chares und Fatime», welche 1824 L. Robert's Rheinblüthen brachten, ist cynisch. Die Malerci wurde ihm durch den Mangel an Erfolg gleichfalls verleidet. Er malte zwar bis an sein spåtes Alter, aber sehr langsam und unsicher; meist wild hingewühlte Entwürfe, zu deren Ausführung Stimmung und Kraft gebrach. Es

verdient Beachtung, daß Bonaventura Genelli als junger Künst ler viel mit ihm verkehrte.

Ullmålich traten antiquarische Studien in den Vordergrund. Er wurde, wie Reiffenstein und Hirt, ein gelehrter Fremdenführer. Im Jahr 1810 schrieb der Baron von Uexküll, ein Kunstfreund aus Würtemberg, an Würtemberg, an den Maler Wächter (vgl. D. Strauß, Kleine Schriften, 1862, S. 286): »Mein täglicher Tischgenosse ist Maler Müller aus Mannheim, bairischer Hofmaler, ehemals Dichter, sonst auch Teufelsmüller genannt. Der Mann steht als Künstler nicht grade auf einer hohen Stufe, malt auch nicht viel, ist überdem schon sechzig Jahre alt, aber er ist ein angenehmer und guter Gesellschafter, ein Mann von mannichfaltigen literarischen Kenntnissen und mancher Verbindung mit den vorzüglicheren Köpfen Deutschlands, dabei kennt er Rom aus- und inwendig.«

Müller hat sich auch vielfach als Kunstschriftsteller be thätigt. Viel Aufsehen machte der Angriff, welchen er in den Horen (1797, Stück 3 und 4) gegen Carstens richtete. Gewiß ist, daß Müller die Größe und geschichtliche Bedeutung jenes epochemachenden Künstlers verkannte; aber es war ein schwerwiegendes Wort, das wohl zum Theil aus dem peinlichen Gefühl seiner eigenen technischen Unfertigkeit entsprang, wenn er grade bei dieser Gelegenheit die ernste Mahnung aussprach, der Künstler solle kräftig streben, den materiellen Theil seiner Kunst unter sich zu bringen, er folle als Maler gut und schön malen lernen, er solle nicht blos skizziren, sondern auch treu und naturwahr vollenden. Unter Müller's römischen Kunstnachrichten in Friedrich Schlegel's Deutschem Museum ist besonders (1812, Heft 18, S. 184) die warme Anerkennung der historischen Landschaften Koch's bemerkenswerth. Der neu aufkommenden Richtung der Romantiker folgte er mit freundlicher Theilnahmc, so wenig er auch das ascetische Nazarenerthum gutheißen mochte.

König Ludwig I. von Baiern, schon als Kronprinz um die Begründung und Vermehrung seiner reichen Kunstsammlungen emsig bemüht, betraute ihn viel mit kunsthåndlerischen Geschäften.

Friedrich Müller starb am 23. April 1825 zu Rom, als fünfundsiebenzigjähriger Greis. Kurz vorher hatte er seine Gemålde an den Cardinal Fesch verkauft. Er hat sich die Grabschrift geschrieben: »Wenig gekannt und wenig geschäßt, hab' ich beim Wirken nach dem Wahren gestrebt, und mein höchster Genuß war die Erkenntniß des Schönen und Großen; ich habe gelebet! Daß Fortuna nie mich geliebt, verzeih' ich ihr gern!«

Im Jahr 1851 wurde ihm von König Ludwig in der Kirche St. Andrea della Fratte zu Rom ein Denkmal ers richtet.

Sechstes Kapitel.

Wilhelm Heinse.

Den tollen Traum der Sturm- und Drangperiode, auch das Leben ganz nach den Eingebungen und Gelüsten der Phantasie und Leidenschaft leben zu dürfen, hat Keiner verwegener und ausschweifender getråumt, als Wilhelm Heinse. Er ist der Dichter der entfesselten Sinnlichkeit, oder, wie sich einst die Literaturrichtung des sogenannten jungen Deutschland auszudrücken pflegte, der Emancipation des Fleisches.

Wilhelm Heinse, am 16. Februar 1746 zu Langenwiesen in der Nähe von Ilmenau geboren, war in der dürftigsten Lage aufgewachsen und hatte nur sehr unzusammenhångenden Schulunterricht genossen; aber die höchste Lust schon seines Knabenalters war es gewesen, in den grünen Bergen des Thüringer Waldes umherzustreifen, die schönsten Bilder der herrlichen Landschaft warm in sich aufzunehmen und an den Ufern der rauschenden Bäche die Dichter zu lesen, wie sie ihm Zufall und Tagesmode in die Hand gab. Vor Allem hatte Wieland auf ihn eingewirkt; daneben Gleim, Hagedorn, Horaz, Anakreon und Chaulieu. Und diese ersten bleibenden Eindrücke waren vertieft und verstärkt worden durch den persönlichen Umgang, in welchem Heinse als Erfurter Student eine Zeitlang mit Wieland lebte. Heinse ist der Schüler Wieland's, wenn er (vgl. Wilh. Heinse's Sämmtliche Schriften, herausgegeben von H. Laube, 1838,

Bb. 8, 15) bei der Uebersendung seines Gedichts »>Elysium« an Gleim schreibt, daß er sich bestrebe, wenigstens mit der Phantasie in die Gesellschaft heiterer und weiser Griechen und Griechinnen zu gelangen; und ebenso gehört es den Anregungen Wieland's, daß Heinse sich allmålich immer mehr und mehr dem Studium der italienischen Dichter zuwendet, besonders Petrarca's, Boccaccio's, Ariost's und Tasso's. Es ist überaus bezeichnend, wenn Heinse (ebend. S. 94) einmal gegen Wieland selbst als seinen Zukunftsplan ausspricht, daß er ein Gedicht schreiben wolle, das mit Ariost an Phantasie, mit Tasso an Schönheit des Ganzen, mit Plato an Philosophie wetteifere, ohne gleichwohl von allen Dreien etwas nachzuahmen, außer was er nothwendig von ihnen annehmen müsse; als Mann aber wolle er der deutsche Lucian werden. Unwillkürlich muß man an Wieland's Oberon und Lucianübersehung denken.

Mit vollem Recht daher ist es hergebracht, Heinse als einen Anhänger und Schüler Wieland's zu bezeichnen. Auch noch die spåteren bekanntesten Werke Heinse's bezeugen sowohl in den Aufgaben, welche sie sich stellen, wie in der Art ihrer Lösung, diese Einwirkung Wieland's auf's unzweideutigste. Und doch verkennt man Heinse völlig, wenn man mit dieser Bezeichnung sein ganzes Wesen und seine eigenste geschichtliche Stellung erfaßt zu haben meint. Es liegt in Heinse etwas, das ihn aufs bestimmteste von Wieland abscheidet und ihn ganz und gar zum Genossen der Sturm- und Drangperiode macht. Dies ist seine schwärmerische Hinneigung zu Rousseau, welche ein so hervor= stechender Zug des gesammten jungen Geschlechts war.

Seine Briefe athmen durchweg die rückhaltloseste_Rousseaubegeisterung. Schon als Erfurter Student bekennt er (ebend. S. 14) an Gleim, daß er sich zur Secte der Rousseauisten ge= schlagen. Lediglich aus dem Streben nach dem Rousseau’schen Naturmenschen ist es zu erklären, daß Heinse, obgleich er nach

Hettner, Literaturgeschichte. III. 3. 1.

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