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Besonders wurde diese gegenseitige persönliche Annåherung vermittelt durch die Fürstin Gallihin. In deren Hause verkehrten fie Alle; Hamann fand in ihrem Garten seine letzte Ruhestätte.

Diese hochgestimmte feinsinnige Frau ist eine der eigenthümlichsten und denkwürdigsten Erscheinungen. Eine Tochter des preußischen Generalfeldmarschalls Grafen von Schmettau, war sie in ihrem zwanzigsten Jahre (1768) die Gemahlin des russischen Fürsten Gallitzin geworden. Sie lebte im Trubel der vornehmen. Welt, mit Voltaire und Diderot und Grimm stand sie in persönlicher Verbindung. Aber ihre tiefe Seele blieb in diesem Treiben ohne Glück und Ruhe. Da studirte sie im Haag unter dem Philosophen Hemsterhuys die Tiefen der Platonischen Philosophie; zugleich versenkte sie sich, wie ihre Briefe an Sömmerring zeigen, in die Naturwissenschaft, sogar in die Anatomie. Doch ihr eigenstes Leben fand sie erst, als sie im Sommer 1779 nach Münster kam, um sich für die Erziehung ihres Sohnes den Rath Fürstenbergs einzuholen, des edlen, um die Hebung des Unterrichtswesens hochverdienten Ministers des Bischofs von Münster. Angezogen von der machtvollen Persönlichkeit Fürstenbergs, nahm sie fortan in Münster ihren bleibenden Aufenthalt. Unter diesen Einwirkungen wurde sie, die freigeistige Gefühlsphilosophin, allmålich gläubige Christin, gläubige Katholikin. Sie hat fortan bei gar manchen Bekehrungen ihre Hånde im Spiel gehabt; der Uebertritt Stolberg's ist zum großen Theil ihr Werk. Aber Milde und Herzensfeinheit, ja in gewissem Sinne sogar die innere Hoheit freier Weltbildung ist ihr immer geblieben. Goethe, der im November 1792 auf seiner Rückkehr aus dem französischen Feldzug bei ihr einige Wochen in Münster zubrachte, sagt (Bd. 25, S. 187) von ihr: »Sie war eines der Individuen, von denen man sich gar keinen Begriff machen kann, wenn man sie nicht gesehen hat, die man nicht richtig beurtheilt, wenn man sie nicht in Verbindung sowie im Conflict

mit ihrer Zeit betrachtet. Ihr Leben füllte sich aus mit Religionsübung und Wohlthun; Måßigkeit und Genügsamkeit war in ihrer ganzen häuslichen Umgebung; innerhalb dieses Elements aber bewegte sich die geistreichste herzliche Unterhaltung, ernsthaft durch Philosophie, heiter durch Kunst.«

Zunächst war es nur eine kleine Gemeinde, die sich unter der Fahne dieser neuen strengeren Christlichkeit zusammenfand. Aber die Zeitumstånde fügten es wunderbar, daß dieser religiöse Rückschlag gegen die Errungenschaften der Aufklärung bald måchtiger und allgemeiner wurde. Es kamen in Preußen die Religionsedicte Wöllner's, in Oestreich der Umsturz der Josephinischen Reformen. Weitgreifender jedoch als diese befohlene Kirchlichkeit wirkten die Schrecken der französischen Revolution. Das deutsche Gemüth wurde nur um so tiefer in sich zurückgeworfen. Die Großen und Freien flüchteten in die stille Idealwelt der künstlerischen Schönheit, in die freie Hoheit der Wissenschaft ; wer so ernster Arbeit nicht gewachsen war, suchte Trost und Halt in religiöser Erhebung und Verinnerlichung. Hier ist der Grund und der Anfang der religiösen Romantik der unmittelbar folgenden Jahrzehnte.

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Achtes Kapitel.

Der Göttinger Dichterbund.

1.

Boie. Bürger. Hölty. Christ. und Fr. Stolberg. Voß.

Frühling überall. Zu derselben Zeit, als Goethe mit seinen ersten gewaltigen Werken auftrat, erstand in Göttingen jener Kreis junger Dichter, der in der deutschen Literaturgeschichte unter dem Namen des Göttinger Hainbundes bekannt ist.

Im Sommer 1769 hatten sich Gotter und Boie, Beide als junge Hofmeister in Göttingen lebend, mit einander verbunden, einen deutschen Musenalmanach herauszugeben, der dem 1765 in Paris gegründeten Almanac des Muses nachgebildet war. Der erste Jahrgang erschien unter dem Titel »Musenalmanach für das Jahr 1770. Göttingen bei Johann Christian Dietrich.« Der zweite Jahrgang, der Musenalmanach für das Jahr 1771, wurde, da Gotter inzwischen Göttingen verlassen hatte, von Boie allein besorgt. Beide Jahrgänge, zum Theil Blumenlesen bereits gedruckter Gedichte, gehörten noch durchaus der alten Schule an; außer Boie und Gotter, die fast nur kleine Nachbildungen aus dem Englischen und Französischen brachten, waren Klopstock, Ramler, Kåstner, Gerstenberg, Denis, Kretschmann,

Willamov, Gleim, Claudius, die Karschin, Thummel am meisten vertreten. Bald aber schaarten sich um Boie alle Göttinger Studenten, die Beruf zur Dichtung zu haben meinten. Und unter diesen waren Talente, die dem Führer schnell über den Kopf wuchsen und ihn nun ihrerseits unter ihre Führung nahmen. Seit dem Herbst 1770 Bürger; von ihm brachte bereits der Musenalmanach für das Jahr 1771 das Trinklied »Herr Bacchus ist ein braver Mann«. Dann im Sommer 1771 Hahn aus Zweibrücken, Hölty, Johann Martin Miller; seit Ostern 1772 Karl Friedrich Cramer und Johann Heinrich Voß, seit dem Herbst desselben Jahres die beiden Grafen Christian und Friedrich Leopold Stolberg. Die Rückwirkung auf den Musenalmanach blieb nicht aus. Schon im Jahrgang 1772 erscheint von dem jungen Geschlecht nicht blos Bürger, sondern auch Voß und Claudius. Besonders aber die Jahrgånge 1773 und 1774 haben die unvergångliche Bedeutung, die wichtigste Urkunde der neu erstehenden deutschen Lyrik zu sein. Hier erschie nen zum ersten Mal die schönsten Lieder von Hölty, Miller und Frik Stolberg, hier erschien zuerst Bürger's Lenore, ja hier stellte sich Goethe selbst ein, mit Beitrågen, unter denen wir besonders »Der Wanderer«, »Udler und Taube« und den »Gesang zwischen Ali und Fatema« hervorheben. Gleim und Ramler fehlen. Der Gegensaß gegen die alte Zeit war scharf ausge= sprochen. Und Niemand täuschte sich darüber, weder Freund noch Feind. Es ist überaus bezeichnend, daß Nicolai in der Allgemeinen Deutschen Bibliothek (Bd. 25, S. 216) am Musenalmanach von 1774 »einen gewissen Neologismus« rúgte, vor welchem er die jungen Dichter nicht genug warnen könne, weil derselbe den wahren Charakter und das Wesen der Poesie, vorzüglich aber die Reinigkeit unserer Sprache, auf das Spiel setze.

Neben Goethe haben diese Göttinger am meisten dazu bei

getragen, daß die deutsche Lyrik endlich aus dem verderblichen Fagen nach dem Fremden und künstlich Angelernten heraustrat und in Empfindung und Gestaltung wieder schlicht und innig natürlich und ursprünglich, åcht deutsch und volksthümlich wurde!

Seit dem 12. September 1772 hatten sich die jungen Götz tinger Dichter zu einem Kränzchen zusammengeschlossen, dem sie den anspruchsvollen Namen »Hain« gaben; nach dem Vorgang Klopstock's, welcher in mehreren seiner Oden und namentlich in der Ode »Der Hügel und der Hain« im Gegensah zum Parnaß den Hain als das Sinnbild bardischer Dichtung und Gesinnung gefeiert hatte. Die Briefe von Voß an Brückner und an seine Braut Ernestine Boie vezeugen, welch überschwengliche Klopstockbegeisterung in diesem Bund herrschte. Bald traten die jungen Dichter mit Klopstock in nahe persönliche Berührung, zumal Cramer und die beiden Stolberge von Jugend auf persönlicher Beziehungen zu Klopstock sich rühmen durften; und auch Klopstock seinerseits, der in diesen Jünglingen wesentlich nur seine Jünger erblickte, brachte ihnen in seinem seltsamen Buch von der Gelehrtenrepublik öffentlich seine Anerkennung und Huldigung. In den Gedichten sowohl wie in den Satzungen und geselligen Formen des Bundes spreizte sich viel bardische Ueberspannung und Thorheit. Doch ist über diesem lårmenden Klopstockcultus eine andere sehr gewichtige Thatsache nicht zu übersehen. Von Anbeginn waltete in diesen jungen Dichtern zugleich auch der klar bewußte und warmgehegte Zug nach unmittelbar volksthümlicher Dichtung, wie er so eben durch Herder's mächtige Hinweisung auf das Wesen åchter und ursprünglicher Volkspoesie geweckt und durch Goethe's Göß von Berlichingen und seine ersten Jugendlieder zu siegreicher Erscheinung gekommen war. In jener berühmten Klopstockfeier, in welcher das Bildniß Wieland's verbrannt wurde, erklangen die Glåser nicht blos zur Ehre Klopstock's, sondern auch zur Ehre Herder's

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