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genug, Empfindungen mit erhöhten Farben zu schildern, man muß auch erhöht empfinden; Begeisterung allein ist nicht genug, man fordert die Begeisterung eines gebildeten Geistes. Alles, was der Dichter uns geben kann, ist seine Individualitåt; diese muß es also werth sein, vor Welt und Nachwelt ausgestellt zu werden. Diese seine Individualitåt so sehr als möglich zu veredeln, zur reinsten herrlichsten Menschlichkeit hinaufzuläutern, ist sein erstes und wichtigstes Geschäft, ehe er es unternehmen darf, die Vortrefflichen zu rühren.«<

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Die glänzendste Verwirklichung fand die lebendige Shakespearebegeisterung, der deutschen Sturm- und Drangperiode in der deutschen Schauspielkunst. Was Lessing bisher nur als frommen Wunsch ausgesprochen hatte, Shakespeare »>mit einigen bescheidenen Veränderungen« auf der deutschen Bühne zu sehen, das erfüllte sich jetzt in einer Vollendung und Meisterschaft, die uns Nachgeborenen långst wieder nur ein verklungenes Märchen besserer Tage geworden. Die Sturm- und Drangperiode war das goldene Zeitalter der deutschen Bühnengeschichte.

Wie recht hatte Lessing gehabt, als er den vorschnellen Tadlern der Wieland'schen Shakespeareübersetzung mahnend zurief, man solle von den Fehlern derselben kein solches Aufheben machen. Durch Wieland's Shakespeareübersehung wurde Shakespeare der deutschen Bühne erobert. Un Wieland's Shakespeareübersehung haben sich unsere großen Shakespearedarsteller gebildet.

Merkwürdigerweise waren es zuerst die Wiener Theater, welche sich dieser Schäße bemächtigten. Stephanie der Jüngere hatte 1773 Macbeth, Heufeld 1774 Hamlet bearbeitet, doch noch durchaus roh in der Weise der hergebrachten Spektakelstücke. Der unsterbliche Ruhm, der eigentliche Eroberer Shakespeare's für die deutsche Bühne und zugleich einer der größten Shakespearedarsteller gewesen zu sein, die es jemals gegeben hat, gebührt Schröder.

Friedrich Ludwig Schröder, am 3. November 1744 zu Schwerin geboren, war in der Schauspielergesellschaft seines Stiefvaters Ackermann großgeworden. Eine abenteuerliche wüste Jugend, die ihn aber zum großen Schauspieler ausgebildet hatte, lag hinter ihm. Seit dem Jahr 1771 hatte er, vereint mit seiner Mutter, die Führung der Ackermann'schen Truppe übernommen. Sie hatte ihren Sit in Hamburg. Nie hat ein darstellender Künstler, nie hat ein Theaterprincipal feine Aufgabe größer und würdiger erfaßt.

Schröder war aus der Schule Lessing's hervorgegangen. Eckhof, dessen Größe der Jüngling beneidete, aber auf's tiefste bewunderte, und Ackermann, der in bürgerlichen und komischen Rollen neben Eckhof als ein fast gleich Großer stand, hatte auf ihn die fruchtbarste Einwirkung geübt. Als Marinelli zuerst hatte er sich als vollendeter Charakterspieler gezeigt. Aber sein eigenstes Wesen gehörte doch dem neuen Geschlecht an. Er war der Erste, welcher es wagte, Göt aufzuführen. Für die kühnen und eigensinnigen Schöpfungen von Lenz und Klinger hatte er die ausgesprochenste Vorliebe. Wie natürlich also, daß es ihn unaufhaltsam drångte, von den Nachahmern auf das Urbild, von den Stürmern und Drångern auf Shakespeare selbst zurückzugehen!

In seinem verwilderten Knabenleben, im Herbst 1758, hatte er zu Königsberg von einem herumziehenden Seiltänzer einzelne

Auftritte aus Othello, Hamlet und Lear gehört (vgl. Schröder's Leben von F. L. W. Meyer, Bd. 1, S. 57), der Eindruck war unauslöschlich. Wieland's Uebersehung, die seit 1762 in rascher Folge erschien, wurde, wie Schröder's Biograph (ebend. S. 113) sich ausdrückt, von ihm verschlungen und blieb fortan sein Hauptund Grundbuch. Im Jahr 1771 hatte Schröder eigens eine kleine Gesellschaft gebildeter Theaterfreunde gestiftet (ebend. S. 223), denen er Wieland's Shakespeare, Steinbrüchel's Theater der Griechen und andere der Aufführung versagte Dichtungen vorlas. Endlich wagte er den lehten entscheidenden Schritt. Ermuthigt durch eine Aufführung des Hamlet, die er im Juli 1776 zu Prag gesehen, brachte er am 20. September desselben Jahres Hamlet nach einer von ihm selbst verfaßten Bearbeitung. Brockmann spielte die Rolle Hamlet's, Schröder den Geist. Der Erfolg war ein über alle Erwartung günstiger. »Hamlet und Brockmann«, erzählt Meyer (ebend. S. 291), »waren in Hamburg an der Tagesordnung des Gesprächs und des Gesangs, beschäftigten die zeichnenden Künste und standen in getriebenem Bildwerk, in Kupferstichen und Münzen vor den Schaulåden.« Rasch griff der begeisterte Künstler weiter. Am 26. October Othello. Am 24. November 1777 der Kaufmann von Venedig. Vier Tage darauf, am 28. November, die Komödie der Irrungen in Großmann's Bearbeitung. Am 15. December Maß für Maß. Am 27. Juli 1778 König Lear. Um 27. November Richard II. Am 2. December Heinrich IV., beide Theile in ein Gesammt= stück zusammengedrångt. Am 21. Juni 1779 Macbeth. Am 20. September Viel Lårmen um Nichts. Am 18. December 1782 in Wien wagte Schröder sogar Cymbeline. Von der Aufführung des Julius Cåsar, den er oft in Privatkreisen vorlas, nahm Schröder nur deshalb Abstand, weil (ebend. S. 321) er sich nicht getraute, die Rollen so zu besehen, wie er für Shakespeare verlangte.

Es war ein Umschwung, åhnlich wie ihn Goethe in die deutsche Dichtung gebracht hatte.

Von Hamburg aus verbreitete sich das Shakespearerepertoire über ganz Deutschland. Auf ihren Gastspielen spielten Brockmann und Schröder vorzugsweise Shakespear'sche Rollen.

Wer es vermöchte, einen dieser gewaltigen Theaterabende wieder zurückzuzaubern!

Alle Berichte sind übereinstimmend, daß das Spiel Schröder's die tiefste Wahrheit und Bescheidenheit der Natur war, durchaus gegenständlich, fern von aller Uebertreibung und Künstelei. Besonders auch darum war ihm, wie er sich gegen seinen Biographen Meyer ausdrückte (ebend. S. 338), der Natursohn Shakespeare so lieb, weil ihm dieser Alles so leicht und so zu Dank machte, während manche sehr bewunderte und dichterisch glånzende Stelle anderer Dichter Kampf und Anstrengung kostete, um sie mit der Natur auszugleichen. In dieser Naturwahrheit aber war Schröder von einer Gewalt der Poesie, von einer an der Fülle Shakespeare's täglich wachsenden Genialität schöpferischer Erfindungs- und Gestaltungskraft und von einer zwingenden Sicherheit in der Anwendung und Beherrschung der Kunstmittel, daß von ihm das Höchste gesagt werden muß, was von der modernen Schauspielkunft überhaupt gesagt werden kann; er war der volle plastische persönliche Ausdruck der großen Gestalten Shakespeare's, von der leisesten Herzensregung bis zu den furchtbarsten Tiefen stürmender Leidenschaft. Gleich seinem Meister Shakespeare war er von unendlicher Vielseitigkeit, ebenso groß im Komischen wie im Tragischen. »Sobald Schröder auftrat«, sagt Tieck im zweiten Theil des Phantasus, »fühlte man sich im Kunstwerk und vergaß im Augenblick den Schauspieler. Nichts von Nebensache, Zufälligkeit und Willkür oder gar Angewöhnung, Alles diente nur zu dieser Rolle und paßte zu keiner anderen; jeder Schritt, Accent, jede Bewegung machte mit der

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