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lerei gestanden, so übertrug man jest nicht minder einseitig auf die Malerei die Gesetze statuarischer Zeichnung. Auch Lessing hatte, wie die Nachträge zum Laokoon sattsam bezeugen, an dieser Einseitigkeit keinen Anstoß genommen. Wie aber håtte Herder mit seinem offenen Sinn für das individuell Geschichtliche, für das lebendig Gefühlte und Naturwüchsige, an diesen gewaltsamen Beschränkungen sein Genüge finden können? Sowohl die starre Unwandelbarkeit solcher vermeintlich zeit- und ortloser Idealform wie die unkünstlerische Stilvermischung des Bildnerischen und Malerischen hat Herder bekämpft.

Wer Einsicht in das unverbrüchliche Wesen der Plastik hat, wird wahrlich nicht widersprechen, wenn Herder (3ur schönen Literatur und Kunst, Bd. 19, S. 68) die Bildwerke der Griechen als »Muster der Wohlform«, als Darstellung der »einfachen reinen Menschennatur« und darum als »Leuchtthürme« bezeichnet, die dem Schiffer, der nach ihnen steuert, sichere Fahrt bieten; zumal Herder sogleich hinzuseht, daß die Griechen uns nur Freunde, nicht aber Gebieter, nur Führer und Vorbilder, nicht aber Unterjocher sein sollen. Von der Malerei dagegen fordert Herder den lebendigsten Wechsel der Gestalten je nach dem Wechsel der Geschichte und Menschenart. Herder stand in der Anerkennung der alten deutschen Malerschulen noch sehr vereinzelt, als er auf seiner Reise nach Italien am 10. August 1788 aus Nürnberg (Zur Philosophie und Geschichte, Bd. 21, S. 255) an die Seinigen schrieb: »Unter allen Gemålden, die es hier giebt, interessirt mich Dürer am meisten; solch ein Maler möchte ich auch gewesen sein. Sein Paulus unter den Aposteln, sein eigenes Bild, sein Adam und Eva, sind Gestalten, die in der Seele bleiben; auch sonst habe ich von ihm schöne, schöne Sachen gesehen; auch ein Gemälde von ihm in der Burg, da er in seiner Krankheit sich wie einen Halbtodten gemalt hat und den rechten Aufschluß seiner Gesichtszüge und des ganzen vornehmen kråf

tigen reinlichen Wesens giebt, das in ihm gewohnt hat. Sonst auch viele andere schöne Sachen, die an eine Zeit deutscher Art und Kunst erinnern, die nicht mehr da ist und schwerlich je wiederkommen dürfte.« Und von demselben Standpunkt beurtheilte Herder auch das Wesen und die Geschichte der Baukunst. Zwar sehen wir zuerst auch ihn in die herrschende Verachtung der Gothik noch rückhaltslos einstimmen, wenn er sie in einem am 2. December 1769 zu Paris geschriebenen Tagebuchblatt (Lebensbild, Bd. 2, S. 428) nur künstlich im Kleinen nennt, ohne Sinn für das Große, ohne Simplicitåt, ohne menschlichen Ausdruck, ohne Freude; aber schon 1773 veröffentlichte er in den Blåttern für deutsche Art und Kunst die jugendmuthige Verherrlichung Erwin von Steinbach's von Goethe, und seitdem ist Herder der geschichtlichen Würdigung der Gothik unwandelbar treu geblieben. Es ist eines der schönsten Kapitel in Herder's Ideen zur Geschichte der Menschheit, welches (Zur Philosophie und Geschichte, Bd. 7, S. 298) die großen Meisterwerke des Mittelalters preist und die gothische Baukunst aus der Verfassung der Städte und dem Geist der Zeiten erklärt; »wie die Menschen denken und leben,«< heißt es dort, »so bauen und wohnen sie.« Der hohe Begriff der künstlerischen Monumentalitåt, seit Jahrhunderten aus dem Bewußtsein der Menschen geschwunden, war auch für die bildende Kunst in Herder wieder aufgelebt, wenn auch erst schwankend und dåmmernd. Und damit war jener verderbliche Wahn von einem entwicklungslosen, ewig bindenden Formenideal, welcher die Kunst zu todter philologischer Nachahmung verdammt, in der Wurzel vernichtet. Die durch Zeit und Volksthümlichkeit bedingte Eigenart des fchaffenden Künstlers, seine Ursprünglichkeit und Schöpferlust, war wieder in ihr Recht eingesetzt. »Die Wahrheit,« sagt Herder einmal (3ur schönen Literatur und Kunst, Bd. 20, S. 18), war zu allen Zeiten dieselbe; daß jeder wahrnehmende Mensch aber seinen Gegenstand eigen schildern kann, als ob er

noch nie geschildert wåre, darüber, dünkt mich, sollte kein mißtrauender Zweifel walten; er schafft sich neue Bilder, wenn die Gegenstände auch tausendmal angeschaut und besungen wåren, denn er schaut sie mit seinem Auge an, und je treuer er sich selbst bleibt, desto eigenthümlicher wird er zusammenseßen und schildern; er haucht dem Werk seinen Genius ein, daß es seinen Ton tönet.<< Und in der Adrastea (Zur Philosophie und Geschichte, Bd. 11, S. 77) sagte Herder in gleichem Sinn: »Wer sich an Eine Zeit, gehöre sie Frankreich oder Griechenland zu, sclavisch anschließt, das Zweckmäßige ihrer Formen für ewig hålt und sich aus seiner eigenen lebendigen Natur in jene Scherbengestalt hineinwähnet, dem bleibt das Ideal, das über alle Vôlker und Zeiten reicht, fern und fremd.«<

Die zweite Seite, der stilistische Gegensah der Plastik und Malerei, hebt sich noch schårfer heraus; in gleicher Anwendung gegen die Franzosen, welche die Plastik malerisch, und gegen die Anhänger Winckelmann's, welche die Malerei plastisch behandelten. »Ich verfolgte beide Künste,« sagt Herder in der Plastik (Zur schönen Literatur und Kunst, Bd. 19, S. 40), »und ich fand, daß kein einziges Gesetz, keine Wirkung der einen ohne Unterschied und Einschränkung auf die andere passe; ich fand, daß grade, je eigner etwas einer Kunst sei und gleichsam als einheimisch in derselben in ihr große Wirkung thue, desto weniger lasse es sich platt anwenden und übertragen; ich fand arge Beispiele davon in der Ausführung, aber noch ungleich årgere in der Theorie wie Philosophie dieser Künste, die beide Künste nicht als Schwestern oder Halbschwestern, sondern meistens als ein doppelt Eins betrachten und keinen Plunder an der einen gefunden haben, der nicht auch der anderen gebühre.« Es ist hier nicht zu untersuchen, inwieweit es haltbar und erschöpfend ist, wenn Herder die Malerei als die Kunst des Gesichts und die Plastik als die Kunst des Gefühls oder des Tastsinns bezeichnet und die

tiefgreifenden Verschiedenheiten beider Künste aus der Verschicdenheit dieser Sinne ableitet; Thatsache ist es, daß sich Herder im Vierten kritischen Wäldchen (Lebensbild, Bd. 1, 3, b. S. 326) mit Recht rühmen konnte, mit diesem Gegensatz eine neue Logik für den Liebhaber, einen neuen Weg für den Künstler gefunden zu haben. Mit unbeirrbarer Sicherheit hat Herder sowohl den Umfang des der Plastik und Malerei zugänglichen Inhalts wie die unumstößlichen Stilbedingungen ihrer künstlerischen Formgebung festgestellt; und es ist kaum zu viel gesagt, wenn man Herder's Plastik und dem Vierten kritischen Wäldchen für die Lehre von der Stilverschiedenheit der Plastik und Malerei dieselbe kanonische Geltung zuerkennt wie Leffing's Laokoon für die Lehre von der Stilverschiedenheit der Dichtung und der bildenden Künste. Wie mißachtend sprachen Winckelmann und Lessing von der Landschaftsmalerei! Weil die Landschaft der Plastik fernstand, meinten sie, fie ahme Schönheiten nach, die keines Ideals fåhig seien. Herder antwortet (Plastik, S. 42): »Schatten und Morgenroth, Blih und Donner, Bach und Flamme kann die Bildnerei nicht bilden, so wenig dies die tastende Hand greifen kann; aber warum soll es deshalb auch der Malerei versagt sein? Was hat diese für ein anderes Geseh, für andere Macht und Bestimmung, als die große Tafel der Natur mit allen ihren Erscheinungen in ihrer großen schönen Sichtbarkeit zu schildern? Und mit welchem Zauber thut sie es! Diejenigen sind nicht klug, die die Landschaftsmalerei, die Naturstudien des großen Zusammenhangs der Schöpfung verachten, heruntersehen oder gar dein Künstler untersagen. Ein Maler, und soll kein Maler sein? Ein Schilderer, und soll nicht schildern? Bildsäulen drechseln soll er mit seinem Pinsel und mit seinen Farben geigen, wie es ihrem åchten antiken Geschmack behagt! Die Tafel der Schöpfung schildern ist ihnen unedel; als ob nicht Himmel und Erde besser wåre und mehr auf sich håtte als ein Krüppel, der zwischen ihnen

schleicht und dessen Conterfeiung mit Gewalt einzige würdige Malerei sein soll.« Und wie scharfsinnig und tiefsinnig durchschaut Herder die Unterschiede der bildnerischen und malerischen Formbedingungen! Es hieß der malerisch stillosen Plastik der französischen Rococokunst, welche noch immer ringsum wucherte, in's tiefste Fleisch schneiden, wenn Herder vor Allem darauf hinwies, daß selbst in der Gruppe und im Relief, die doch der Malerei verhältnißmåßig am nächsten verwandt sind, das bildnerische Grundgesetz der fest auf sich beruhenden Selbständigkeit und Abgeschlossenheit der Einzelfigur nicht übersprungen und beeinträchtigt werden dürfe. Treffend sagt Herder bereits im Vierten kritischen Wäldchen (Lebensbild, Bd. 1, 3, b. S. 317): »In der. Malerei liegt das Wesen der Kunst in der Belebung einer Fläche, und das Ganze ihres Ideals trifft also genau auf die Zusammensehung vieler Figuren, die wie auf einem Grunde bis auf jeden Pinselstrich ihrer Haltung und Vertheilung und Lichter und Farben unzertrennbar Eine Flächenwelt von lebendigem Anschein machen; man steht wie vor einer Tafel. Ganz verschieden ist das Hauptgesetz der Sculptur. Die zahlreichste Gruppe von Bildwerken ist nicht wie eine malerische Gruppe ein Ganzes; jede Figur steht auf ihrem Boden, hat den fühlbaren Kreis ihrer Wirkung lediglich in sich und ist also dem Hauptgesetz der Kunst nach auch als ein Einzelnes zu behandeln.« In der Schrift über die Plastik (S. 134) sett Herder hinzu: »Ich weiß, daß ein Franzose noch neulich gerühmt hat, seine Nation habe das Gruppiren der Bildsåulen nagelneu erfunden, sie habe zuerst Bildfaulen malerisch gruppirt, wie nie ein Alter gruppirt habe. Die Bildsäulen malerisch gruppiren? Siehe, da schnurrt schon das Pfeifchen, denn eigentlich geredet, Bildsåulen malerisch gruppiren ist ein Widerspruch. Jede Bildsäule ist Eins und ein Ganzes; jede steht für sich allein da. Was der Gedachte also an den Alten tadelt, war ihnen ausgemachte Weisheit, nämlich nicht

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