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zu gruppiren und, wo Gruppe sein mußte, sie selbst, so viel als möglich, zu zerstören.« Und es hieß der eben durch Winckelmann und Rafael Mengs aufblühenden statuarischen Richtung der Malerei einen harten Kampf ankündigen, wenn Herder unablåssig auseinanderseßte, daß die Malerei, weil sie nicht die volle Leibhaftigkeit der Form, sondern nur den Schein derselben darstelle, nicht an die plastische Großheit gebunden sei, sondern individuellere, ja sogar niedrige Formen zulasse. Herder (Plástik, S. 65) schließt diese Auseinandersetzung mit folgenden Worten: »>Malerei ist eine Zaubertafel, so groß als die Welt und die Geschichte, in der gewiß nicht jede Figur eine Bildsåule sein kann oder sein soll. Im Gemålde ist keine einzelne Figur Alles; find die Figuren nun alle gleich schön, so ist keine mehr schön. Es wird ein mattes Einerlei langschenklicher, gradnåfiger, sogenannter griechischer Figuren, die alle dastehen und paradiren, an der Handlung so wenig Antheil nehmen als möglich, und uns in wenigen Tagen und Stunden so leer sind, daß man in Jahren keine Larven der Art sehen mag. Und nun, wenn diese Lüge von Schönheit sogleich der ganzen Vorstellung, der Geschichte, dem Charakter, der Handlung Hohn spricht, da wird ein Mißton, ein Unleidliches vom Ganzen im Gemålde, das zwar der Antikennarr nicht ge= wahr wird, das aber der Freund der Antike um so weher fühlt. Und endlich werden uns ja ganz unsere Zeit, die fruchtbarsten Sujets der Geschichte, die lebendigsten Charaktere, alles Gefühl von einzelner Wahrheit und Bestimmtheit hinwegantikisirt. Die Nachwelt wird an solchen Schöngeistereien stehen und staunen, und nicht wissen, wie uns war, zu welcher Zeit wir lebten, und was uns denn auf den erbårmlichen Wahn brachte, zu einer anderen Zeit, unter einem anderen Volk und Himmelsstrich leben zu wollen und dabei die ganze Tafel der Natur und der Geschichte aufzugeben oder jåmmerlich zu verderben.«<

Denselben Anschauungen und Gedanken begegnen wir in

Herder's Forschungen über Sprache, Religion und Geschichte; nur anders gestaltet und durchgeführt je nach der Verschiedenheit der Stoffe.

Erstens die Sprache.

Noch heut lesen wir mit Vergnügen und Belehrung in Herder's Fragmenten die feinen Bemerkungen, welche von den Eigenheiten der deutschen Sprache handeln; sie wurden die Losung des jungen Geschlechts und haben wesentlich dazu beigetragen, der deutschen Schreibart Leben und Frische, Seele und Leidenschaft, individuell persönliche Haltung und Fårbung einzuhauchen. Was aber mehr als dies ist, Herder ist der bedeutendste Unreger der neueren Sprachwissenschaft. Wer einen so tiefen Einblick in Wesen und Ursprung der Dichtung hatte wie Herder, konnte sich unmöglich mit der herrschenden, eben jezt wieder von Hamann scharf betonten Annahme befreunden, daß die Sprache, welche doch Werkzeug und Inhalt und Form dieser Dichtung ist, aus unmittelbar göttlicher Eingebung stamme. »Die ganze Hypothese vom göttlichen Ursprung der Sprache,« (3ur schönen Literatur und Kunst, Bd. 1, S. 148), »ist wider die Analogie aller menschlichen Erfindungen, wider die Geschichte aller Weltbegebenheiten und wider alle Sprachphilosophie, sie sekt eine Sprache voraus, die durch Denken ausgebildet und zum Ideal der Vollkommenheit ausgedacht ist, und bekleidet dies Kind des Eigenfinns, das augenscheinlich ein spåteres Geschöpf und ein Werk ganzer Jahrhunderte gewesen, mit den Strahlen des Olymps, damit es seine Blöße und Schande bedecke.« Sowohl in den Fragmenten wie in der berühmten Preisschrift »Ueber den Ursprung der Sprache« sprach Herder die klare Erkenntniß aus, daß, wer den Knoten lösen, nicht plump durchhauen wolle, vielmehr die Aufgabe habe, die Sprache als eine »Entwicklung der Vernunft,« als eine »Production menschlicher Seelenkräfte« zu erklären; und Herder selbst entwarf sofort eine Lebensgeschichte

der Sprache, welcher er im Gefühl, daß bei dem gänzlichen Mangel der erforderlichen Grundlagen ein solcher Entwurf noch sehr unzulänglich sein müsse, den bescheidenen Titel eines Romans gab. Schon hier (S. 38, 39) bezeichnete Herder das lehte Ziel aller Sprachwissenschaft, wenn er sie als eine Entzifferung der menschlichen Seele aus ihrer Sprache betrachtete und sie eine Semiotik nannte, die wir vorerst nur dem Namen nach in den Registern der philosophischen Encyklopädien fånden; schon hier verlangte er zur Erreichung dieses hohen Zieles einen Mann von drei Köpfen, welcher Philosophie, Geschichte und Philologie verbinde. Im Laufe der Zeit aber vertiefte sich diese Erkenntniß zum durchgebildeten Ideal vergleichender Sprachforschung. Herder's Ideen zur Philosophie der Geschichte (Philosophie und Geschichte, Bd. 5, S. 199) sprechen von einer allgemeinen Physiognomik der Völker aus ihren Sprachen, ja sie weisen (Bd. 6, S. 42) bereits auf das Sanskrit als auf eine Protogåa, welche die Trümmer der alten Naturdenkmale zeige. »Der Kranz ist noch aufgesteckt,« ruft Herder begeistert aus, »und ein anderer Leibniz wird ihn zu seiner Zeit finden.« Wenige Jahrzehnte nach diesen Worten erstand Wilhelm von Humboldt.

Zweitens die Religion.

Gebannt von dem dichterischen Zauber der Bibel war Herder Geistlicher geworden; aber es fållt schwer in's Gewicht, daß er schon in den ersten Jahren seines Predigerlebens diesem selbstgewählten Beruf sich innerlich fremd fühlte. Es klingt sehr untheologisch, wenn Herder (Lebensbild, Bd. 1, 2. S. 300) 1767 als junger Prediger an Kant schreibt, aus keiner anderen Ursache habe er sein geistliches Umt angenommen, als weil er wisse und es tåglich aus der Erfahrung mehr lerne, daß sich nach unserer Lage der bürgerlichen Verfassung von der Kanzel aus am besten Kultur und Menschenverstand unter den ehrwürdigen Theil der Menschen bringen lasse, den wir Volk nennen, und diese mensch

liche Philosophie sei seine liebste Beschäftigung; und in einem Briefe an Nicolai vom 10. Januar 1769 (ebend. S. 406) spricht er sogar von den Falten und Runzeln, welche der geistliche Stand schlage. Als er jugendmuthig den inneren Kämpfen seines Rigaer Amtes entflohen war, trug er, wie sein Reisetagebuch urkundlich bezeugt, sich weit mehr mit pådagogischen und staatsmånnischen als mit theologischen Plånen; in der beabsichtigten Erziehungsanstalt, in deren Einrichtung sich jenes Tagebuch (Lebensbild, Bd. 2, S. 216) ausführlich ergeht, sollte der Religionsunterricht voll Philologie eines Michaelis und Ernesti und voll Philosophie eines Reimarus sein. Aber der tiefe Sinn Herder's für das Individuelle und Dichterische spannt die alten biblischen Vorstellungen nicht, wie der starre ungeschichtliche Sinn des Rationalismus, auf das Prokrustesbett, um sie wohl oder übel der zufälligen Tagesphilosophie anzupassen, sondern wahrt sie in reinster Thatsächlichkeit; einzig bestrebt, das Geheimniß ihres psychologischen und geschichtlichen Ursprungs zu erforschen. Alle die mannichfachen Entwürfe der arbeitsvollen Rigaer Jahre, welche Herder unter dem Gesammtnamen einer Archäologie des Morgenlandes zusammenzufassen gedachte, find wesentlich religionsge= schichtlich. Indem sie die Bibel ebenso wie alle anderen Religionsurkunden lediglich unter den Gesichtspunkt naturwüchsiger Volksdichtung und Mythologie stellen und die einzelnen Bücher derselben als »Localdichtungen« und, wie Herder sich nicht auszusprechen scheute, als »Nationalmärchen« bezeichnen, sind sie der erste wirksame Anfang jener scharfschneidigen Betrachtung der Religionsgeschichte als menschlicher Mythenbildung, welche für unser Jahrhundert so wichtig geworden ist.

Daß Herder auf dem Rationalismus fußt, seine Thåtigkeit aber darin sucht, die Frage nach dem Ursprung der Glaubensfäße tiefer zu beantworten als der Rationalismus, welcher keine andere Antwort kannte als die armselige Annahme bewußten

Priestertrugs, erhellt aus dem Entwurf »Ueber die verschiedenen Religionen« (Lebensbild, Bd. 1, 3, a. S. 376), welcher ausführt, daß es nicht genug sei, den Irrthum religiöser Meinungen bemerkt und kalt widerlegt zu haben, daß vielmehr die weitere Aufgabe entstehe, seine Möglichkeit und Entstehungsart zu erklåren. Es fehle der sogenannten natürlichen Theologie noch eine Geschichte der Religionen, welche alle Religionen zuerst als Phånomene der Natur betrachte. Ein zweiter Entwurf (1768) »Von Entstehung und Fortpflanzung der ersten Religionsbegriffe« (ebend. S. 382) legt die ersten Grundlinien dieser Naturgeschichte oder Phånomenologie des menschlichen Gottesbewußtseins. Es werden zwei Stufen unterschieden. Nach Hume's Vorgang wird die erste Stufe als die Religion der Furcht und des Aberglaubens bezeichnet; die barbarischen und unwissenden Völker, mit der Natur der Gegenstånde unbekannt und darum bei jedem neuen Auftritt ein Raub der Verwunderung, der Furcht und des Entsehens, ersinnen sich eine Anzahl meist fürchterlicher oder die Furcht abwehrender Localgötter, ein Pantheon lebendiger Wesen, die für oder gegen die Menschen wirkten. Die zweite Stufe ist aus diesem Zeitalter der Wunder und Zeichen und Götterthaten und Götterbesänftigungen herausgetreten; sie richtet eine ruhigere Frage an den Ursprung der Dinge und will sich Rechenschaft geben, wie die Welt, wie die Menschen, wie einzelne Merkwürdigkeiten und Erfindungen, wie insonderheit die Nation, in welcher man lebt, mit ihrer Sprache und Sitte und Denkart entstanden sei. Diese zweite Stufe der Religion ist wesentlich Kosmogonie, eine Art von historisch-physischer Philosophie; und die erste Quelle zur Beantwortung dieser Fragen war der Mund der Våter, die Lehre voriger Zeiten, die Tradition, die Mythe. Mit diesem Sah sind wir bei der Grundansicht Herder's vom Wesen der Religion angelangt. Herder sagt (S. 386): »Natürlich, daß diese theologischen Traditionen so national sein mußten als etwas in

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