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wahre Erkennen ist Lieben, ist menschlich Fühlen; das moralische Gefühl, das Gewissen ist, den großen Urheber in sich, sich in Andere hineinzulieben und dann diesem sicheren Zuge zu folgen.« Und Herder weicht keiner der gewaltigen Folgerungen aus, welche unausweichlich aus diesen Vordersåhen fließen. »Wie kann man also fragen,« sagt Herder (S. 52), »ob unser Wollen etwas Angeerbtes oder Erworbenes, etwas Freies oder Abhängiges sei? Sind wahres Erkennen und gutes Wollen nur Einerlei, nur Eine Kraft und Wirksamkeit der Seele, und ist unser Erkennen nicht durch sich, willkürlich und ungebunden, wahrlich, so wird es dem Willen nicht anders sein können. Von Freiheit schwäßen ist sehr leicht; man ist ein Knecht des Mechanismus und wähnet sich frei, ein Sclave in Ketten und tråumet sich diese als Blumenkrånze. Da ist es wahrlich der erste Keim zur Freiheit, fühlen, daß man nicht frei ist und an welchen Banden man haftet. Die stärksten freisten Menschen fühlen dies am tiefsten, und streben weiter; wahnsinnige, zum Kerker geborene Sclaven höhnen fie, und bleiben voll hohen Traums im Schlamme liegen. Luther mit seinem Buch de servo arbitrio ward und wird von den Wenigsten verstanden; man widerftritt elend oder plårrt nach; warum? weil man nicht wie Luther fühlt und hinaufringt. Wo der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit. Je tiefer, reiner und göttlicher unser Erkennen ist, desto reiner, göttlicher und allgemeiner ist auch unser Wirken, mithin desto freier unsere Freiheit. Leuchtet uns aus Allem nur Licht Gottes an, so werden wir, im Bilde seiner, Könige aus Sclaven, und bekommen, was jener Philosoph suchte, in uns einen Punkt, die Welt um uns zu überwinden, außer der Welt einen Punkt, sie mit Allem, was sie hat, zu bewegen. Wir stehen auf höherem Grunde, und mit jedem Dinge auf seinem Grunde, wandeln im großen Sensorium der Schöpfung Gottes, der Flamme alles Denkens und Empfindens, der Liebe. Sie ist die höchste Vernunft, wie das reinste

göttlichste Wollen; wollen wir dieses nicht dem heiligen Johannes, so mogen wir es dem ohne Zweifel noch göttlicheren Spinoza glauben, dessen Philosophie und Moral sich ganz um diese Achse bewegt. Und ebenso sagt Herder (S. 93): »Ist Seele das, was wir fühlen, wovon alle Völker und Menschen wissen, das nämlich, was uns beseelt, Urgrund und Summe unserer Gedanken, Empfindungen und Kräfte, so ist von ihrer Unsterblichkeit aus ihr selbst keine Demonstration möglich. Wir wickeln in Worte ein, was wir herauswickeln wollen, setzen voraus, was kein Mensch erweisen kann oder auch nur begreift oder versteht, und können sodann, was man will, folgern. Der Uebergang unseres Lebens in ein höheres Leben, das Bleiben und Warten unseres innern Menschen auf das Gericht, die Auferstehung unseres Leibes zu einem neuen Himmel und einer neuen Erde läßt sich nicht demonstriren aus unserer Monas. Es ist ein inneres Kennzeichen von der Wahrheit der Religion, daß sie ganz und gar menschlich ist, daß sie weder empfindet noch grübelt, sondern denkt und handelt und zu denken und zu handeln Kraft und Vorrath leiht. Ihre Erkenntniß ist lebendig, die Summe aller Erkenntniß und Empfindung, ewiges Leben. Wenn es eine allgemeine Menschenvernunft und Empfindung giebt, so ist es in ihr, und eben das ist ihre verkannteste Seite.«<

Um dieselbe Zeit trug sich Herder mit einer Schrift »Spinoza, Shaftesbury, Leibniz,« in welcher er offenbar sich selbst über den Grund seiner tiefgreifenden Bildungswandlung klare Rechenschaft ablegen wollte. Und mit Sicherheit wissen wir aus den Briefen Goethe's an Frau von Stein (Bd. 2, S. 129 u. 131), daß die Betrachtungen über »Liebe und Selbstheit« (Zur Philosophie und Geschichte, Bd. 9, S. 297 ff.) und die Gespräche »>Ueber die Seelenwanderung« (ebend. Bd. 8, S. 184 ff.), obs gleich erst spåter veröffentlicht, 1781 verfaßt find.

Die Abhandlung über die Liebe und Selbstheit ist eine dich

terisch sinnige Verherrlichung der Liebe und Freundschaft als des inneren menschlichen Dranges, den Genuß des Einzeldaseins mit dem unendlichen Begriff, daß wir das All oder Gott sind, zu erfüllen und zu vertiefen. Die Abhandlung über die Seelenwanderung, an Leffing's Grille von der persönlichen Seelenwanderung anknüpfend, wiederholt eindringlich die Lehre, daß einzig die Reinigung des Herzens, die Veredlung der Seele mit allen ihren Trieben und Begierden, die wahre Wiedergeburt dieses Lebens sei. Und wie fest predigen dieselbe Lehre die beiden Gedichtfragmente »das Ich« und »Selbst« (Zur schönen Literatur und Kunft. Bd. 3. S. 57 u. 61); unzweifelhaft gehören auch fie in diese ersten Jahre des Herder'schen Spinozismus.

Ja, noch mehr; Herder, welcher bisher nicht nur ganz in der Weise des herrschenden Deismus fich den Glauben an die Außerweltlichkeit und Persönlichkeit Gottes gewahrt, sondern diesen Glauben sich sogar zu jenem innigen und begeisterten Gottesgefühl erwärmt und verklärt hatte, welches die religiösen Schwårmer so tief an ihm ergriff und entzückte, bekannte sich nunmehr ohne Rückhalt auch zum Grund und zur Spike aller pantheistischen Anschauung, zur Lehre von der Innenweltlichkeit und Unpersönlichkeit Gottes, zum unbedingten Einssein von Gott und Natur, zum alten Sah vom Ein und All, vom "Ev xai nav.

Am unumwundensten zeigt sich Herder's Spinozismus in dem merkwürdigen Briefwechsel, welchen Herder mit Jacobi führte, als dieser ihm seine auf Leffing bezüglichen Streitschriften gegen Moses Mendelssohn mitgetheilt hatte. Dieser Briefwechsel ist im zweiten Bande »Aus Herder's Nachlaß. Herausgegeben von H. Dünker und F. G. v. Herder, 1857,« veröffentlicht.

Der Wortlaut gestattet kein Deuteln und Zweifeln.

Herder (a. a. D. S. 251) schreibt am 6. Februar 1784 an Jacobi: »Ich ergreife endlich eine Stunde, Ihnen nichts als èv nai nav zu schreiben, das ich schon von Lessing's Hand in

Gleim's Gartenhause selbst las, aber noch nicht zu erklären wußte; in Lessing's Seele zu erklären nåmlich, weil ich unmöglich denken konnte, daß Sie bei dem alten Anakreon so gråulich metaphysicirt håtten, denn seine gutherzige Jungfräulichkeit hat mir wahrscheinlich aus einer Art von Scham und Schonung von allen diesen Blasphemien nichts gesagt. Siebenmal würde ich sonst mein Ev xai nav daruntergeschrieben haben, nachdem ich so unerwartet an Lessing einen Glaubensgenossen meines philosophischen Credo gefunden. Im Ernst, liebster Jacobi, seitdem ich in der Philosophie geräumt habe, bin ich immer und jedesmal neu der Wahrheit des Leffing'schen Sates inne geworden, daß eigentlich nur die Spinozistische Philosophie mit sich selbst ganz eins fei. Nicht als ob ich ihr völlig beipflichtete, denn auch Spinoza hat in alle dem, wie mich dünkt, unentwickelte Begriffe, mo Descartes ihm zu nahe stand, nach welchem er sich ganz gebildet hatte. Ich würde also auch mein System nie Spinozismus nennen, denn die Samenkörner davon liegen in den åltesten aller aufgeklärten Nationen beinah reiner; nur ist Spinoza der Erste, der das Herz hatte, es nach unserer Weise in ein System zu combiniren, und dabei das Unglück hatte, grade die spißesten Seiten und Winkel herauszukehren, wodurch er es bei Juden, Christen und Heiden discreditirte. Mendelssohn hat Recht, daß Bayle Spinoza's System mißverstanden; wenigstens hat er ihm durch plumpe Gleichnisse viel Schaden gethan. Und so bin ich der Meinung, daß seit Spinoza's Tod Niemand dem System des "Ev nai nav Gerechtigkeit verschafft habe. O, daß es Leffing nicht gethan hat. Der böse Tod hat ihn übereilt!« Und in demselben Brief fährt Herder (S. 254) fort: »Der erste Irrthum, das пoãτov vεvdos, lieber Jacobi, in Ihrem und in aller Antispinozisten System ist das, daß Gott, als das große Wesen aller Wesen ein 0, ein abstracter Begriff sei; das ist er aber nach Spinoza nicht, sondern das allerwirklichste thätigste Eins, das

allein zu sich spricht, Ich bin, der ich bin und werde in allen Veränderungen meiner Erscheinung sein, was ich sein werde. Was Jhr, lieben Leute, mit dem »außer der Welt existiren« wollt, begreife ich nicht; existirt Gott nicht in der Welt, überall in der Welt, und zwar überall ungemessen, ganz und untheilbar, so existirt er nirgends. Außer der Welt ist kein Raum; der Raum wird nur, indem für uns eine Welt wird, als Abstraction einer Erscheinung. Eingeschränkte Personalitåt paßt auf das unendliche Wesen ebensowenig, da Person bei uns nur durch Einschränkung wird. In Gott fållt dieser Wahn weg, er ist das höchste lebendigste thåtigste Eins; nicht in allen Dingen, als ob diese etwas außer ihm wåren, sondern durch alle Dinge, die nur als sinnliche Darstellungen für sinnliche Geschöpfe erscheinen.«<

Sodann am 20. December 1784 (S. 263): »Gott ist freilich außer Dir und wirkt in und durch alle Geschöpfe (den extramundanen Gott kenne ich nicht), aber was soll Dir der Gott, wenn er nicht in Dir ist und Du sein Dasein auf unendlich innige Art fühleft und schmeckest und er sich selbst auch in Dir als in einem Organ seiner tausend Millionen Organe genießt. Du willst Gott in Menschengestalt, als einen Freund, der an Dich denkt. Bedenke, daß er dann auch menschlich d. h. eingeschränkt an Dich denken muß, und wenn er parteiisch für Dich ist, parteiisch gegen Andere sein wird. Sage also, warum ist er Dir in einer Menschengestalt nöthig? Er spricht zu Dir, er wirkt auf Dich aus allen edlen Menschengestalten, die seine Organe waren, und am meisten durch das Organ der Organe, seinen Eingeborenen. Aber auch durch ihn nur als Organ, insofern er wie ein sterblicher Mensch war; um auch in ihm die Gottheit zu genießen, mußt Du selbst Mensch Gottes d. h. es muß etwas in Dir sein, das seiner Natur theilhaftig werde. Du genießest also Gott nur immer nach Deinem innersten Selbst; und so ist er als Quelle und Wurzel des geistigsten ewigen Daseins unveränderlich und

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