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unaustilgbar in Dir. Dies ist die Lehre Christus' und Moses', aller Apostel, Weisen und Propheten; nur nach verschiedenen Zeiten und nach dem Maß der Tiefe von der Erkenntniß und Ge= nußkraft eines Jeden anders gesagt. Ist der Friede Gottes im Herzen eines einzelnen Wesens, dem er sich mittheilt, höher als alle Vernunft, wie unendlich höher muß er über alle Denkkraft und den Bewegungen aller einzelnen Wesen in dem sein, der das Herz aller Herzen, der höchste Begriff aller einzelnen Vorstellungsarten und der innigste Genuß aller Genußarten ist, die in ihm Quelle, Wurzel, Summe, Zweck und Mittelpunkt fanden. Machst Du mir diesen innigsten höchsten, Alles in Eins fassenden Begriff zum leeren Namen, so bist grade Du ein Atheus, nicht Spinoza; nach ihm ist er das Wesen der Wesen, Jehovah. Ich muß Dir gestehen, mich macht diese Philosophie sehr glücklich. Ich wünsche Dir ein Gleiches; denn sie ist die einzige, die alle Vorstellungsarten und Systeme vereinigt. Goethe_hat, seitdem Du von hier fort bist, den Spinoza gelesen; und es ist mir ein großer Probierstein, daß er ihn ganz so verstanden, wie ich ihn verstehe. Du mußt auch zu uns herüber.«

Und nachdem das Buch Jacobi's erschienen war, schrieb ihm Herder am 16. September 1785 (S. 278): »Dein Brief und Buch hat mich sehr gefreut. Das ergerniß des Spinozismus ist jest gegeben; laß sehen, wie Mendelssohn ihm steuert. Du bist bei dem allen ein wahrer orthodoxer Christ; denn Du hast einen extramundanen Gott comme il faut, und Du hast Deine Seele errettet. Auch hast Du mit Deinem Axiom »>Spinozismus ist Atheismus« einen Pfahl vorgeschlagen, den umrennen mag, wer will; ich mische mich vor der Hand nicht darein und bleibe mit meinem »Spinoza, Shaftesbury und Leibniz« zu Hause. Wir waren gestern Abend bei Goethe und haben durch eine sehr glückliche Buchstabenschnißerei aus Katechismus Atheismus herausgebracht, wenn man ein paar schwere Buch

stabierlia wegnimmt; vor der Hand scheint es mir nicht vergönnt, aus Atheismus Katechismus rückwärts zu machen.«<

Zuleht entschloß sich Herder doch, eine systematische Darstellung Spinoza's zu geben. Es geschah in der Schrift »Gott. Einige Gespräche über Spinoza's System,« welche 1787 erschien.

Treu und urkundlich ist diese Darstellung Spinoza's nicht. Es heißt, Spinoza einen ihm völlig fremden Gedanken unterschieben, wenn Herder (Zur Philosophie und Geschichte Bd. 9, S. 145) an die Stelle des Spinoza'schen Begriffs der Ausdehnung oder der Materie unversehens den Begriff der organischen Kräfte sett und demgemäß die Gottheit als »sich in unendlichen Kräften auf unendliche Weisen, d. h. organisch offen= barend (S. 145),« als die »Urkraft und Alkraft, durch welche alle Kräfte bestehen und wirken (S. 147),« als »thåtiges Dasein (S. 200)« bezeichnet. In dieser Beziehung waren Jacobi und Kant wohl berechtigt, Herder eine gewaltsame und ungehörige Verflechtung des Spinozismus mit dem Deismus vorzuwerfen. Allein die Hauptsache, der pantheistische Kern des Systems, bleibt durchaus unversehrt. Wie in seinen früheren Schriften und brieflichen Bekenntnissen, so ist auch hier Herder für Jeden, der zu lesen versteht, keinem der unerbittlichen Folgefäße dieser Anschauungsweise aus dem Wege gegangen. Hier wie dort Verneinung der Persönlichkeit und Außerweltlichkeit Gottes, Verneinung des freien Willens, Verneinung der persönlichen Fortdauer nach dem Tode. Sehr schön ist namentlich auch, was Herder, ganz in Uebereinstimmung mit Spinoza, gegen die von der Popularphilosophie des achtzehnten Jahrhunderts so warm gepflegte Teleologie, d. h. gegen die Ableitung der Dinge und ihrer Einrichtungen aus bewußten und willkürlichen Zwecken und Endabsichten Gottes, fagt. »Sobald der Sterbliche,« heißt es S. 181, „von der inneren Nothwendigkeit, die durch sich selbst Güte ist, den Blick wegwendet und einzelne Absichten Gottes

Hettner, Literaturgeschichte. III. 3. 1.

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nach Convenienz errathen will, sinkt er in ein Meer erdichteter Endzwecke, die er bewundert oder vermuthet, bei welchen er aber den Grund der ganzen Erscheinung, die innere Natur der Sache nach unwandelbar ewigen Gesetzen zu erforschen leicht aufgiebt.«< Und weiter S. 186: »Der Naturweise, der von diesen Absichten zuerst absah und eben das verdeckte Gesek aufsuchte, durch welches die Sterne in eigenen Kreisen gehen und nie ihr Lauf sich irrt, that mehr als der größte Absichtendichter thun konnte; er dachte den Gedanken Gottes nach und fand ihn, nicht in einem Traum willkürlicher Convenienzen, sondern im Wesen der Dinge selbst, deren Verhältnisse er maß, wog und zählte. Jeht erkennen wir das große Gesetz dieses Weltbaues, und unsere Bewunderung ist vernünftig, da sie sonst ewig und immerdar ein zwar frommes, aber leeres und trügliches Staunen gewesen wåre. Der bescheidene Naturforscher verkündigt uns zwar nicht particulare Willensmeinungen aus der Kammer des göttlichen Raths, dafür aber untersucht er die Beschaffenheit der Dinge selbst und merkt auf die ihnen wesentlich eingepflanzten Gesetze. Er sucht und findet, indem er die Absichten Gottes zu vergessen scheint, in jedem Gegenstand und Punkt der Schöpfung den ganzen Gott, d. h. in jedem Dinge eine ihm wesentliche Wahrheit, Harmonie und Schönheit, ohne welche es nicht wäre und sein könnte, auf welche also seine Existenz mit innerer, zwar einer vorübergehenden und bedingten, dennoch aber in ihrer Art ebenso wesentlichen Nothwendigkeit gegründet ist, als auf welcher unbedingt und ewig das Dasein Gottes ruht. Wer mir die Naturgesehe zeigen könnte, wie nach innerer Nothwendigkeit aus Verbindung wirkender Kräfte in solchen und keinen anderen Organen unsere Er scheinungen der sogenannt todten und lebendigen Schöpfung, Salze, Pflanzen, Thiere und Menschen erscheinen, wirken, leben, handeln, håtte die schönste Bewunderung, Liebe und Verehrung Gottes weit mehr befördert, als der mir aus der Kammer des

göttlichen Raths predigt, daß wir die Füße zum Gehen, das Auge zum Sehen haben.«<

Es wird nicht immer genügend beachtet, daß in dieser Schrift Herder's die Keime Schelling's liegen; und zwar grade in denjenigen Stellen am meisten, in welchen Herder, ohne daß er es wußte, selbstschöpferisch von dem urkundlichen Wortsinn Spinoza's abging.

Was Wunder, daß sich ob dieser kühnen That Herder's unter den Gläubigen viel låsterndes Geschrei erhob! Mit Jacobi, Lavater, Claudius und deren Kreisen hörte zunächst alle persönliche Verbindung auf, mit Hamann erkaltete sie. Herder war aber Mannes genug, sich durch diese und andere unliebsame Erfahrungen nicht beirren zu lassen. Wie Schiller am 8. August 1787 an Körner (Briefwechsel, Bd. 1, S. 127) schrieb, Herder habe zu ihm geåußert, daß diese Schrift seine vollståndige überzeugende Idee von Gott enthalte, und wie Schiller in einem anderen Briefe (ebend. S. 297) hinzufügt, Herder neige fich åußerst zum Materialismus, ja hånge von ganzem Herzen an diesem, so berichtet Jean Paul noch am 15. Mai 1799 an Jacobi (Briefe 1828, S. 16), daß Herder bei seiner Ansicht Spinoza's beharre. Die zweite Auflage im Jahr 1800 tilgte zwar alle persönlichen Seitenblicke gegen die Gegner, in ihrem eigensten Gehalt aber blieb sie durchweg unverändert.

Herder's nächstes Streben war, diese seine neue philoso= phische Denkweise in die Betrachtung der Geschichte, der Religion und der Sittenlehre einzuführen.

In den Jahren 1784-1791 erschienen Herder's Ideen zur Geschichte der Menschheit.

Sie sind die Fortbildung und Vertiefung seiner früheren Schrift über Philosophie der Geschichte, als deren zweite Auflage die Vorrede sie ausdrücklich ankündigt. Die Betrachtung der geschichtlichen Thatsachen ist daher im Wesentlichen dieselbe ge

blieben. Auch hier dasselbe feine und lebendige Nachempfinden der individuellen Eigenthümlichkeiten der verschiedenen Völker und Zeitalter, das der unvergångliche Reiz und die geschichtliche Bedeutung jener genialen Jugendschrift war; und zwar um so geistvoller und anschaulicher, je mehr inzwischen durch umfassende Studien die einzelnen Geschichtsbilder an sinnlicher Fülle gewonnen haben. Halten sich die Schilderungen des Orients wesentlich in den Grenzen, in welchen sich Herder's Schriften über die älteste Urkunde des Menschengeschlechts und über den Geist der hebräischen Poesie bewegten, und reichen die Schilderungen des griechischen und römischen Alterthums nicht wesentlich über die Anschauungen Winckelmann's und Montesquieu's hinaus, so ist auch hier wieder, ebenso wie in jenem ersten geschichtsphilosophischen Versuch Herder's, die Schilderung des Mittelalters in ihrer unbefangenen Mitte zwischen der im Aufklärungszeitalter üblichen einseitigen Verdammung und der durch die nachfolgenden Romantiker aufkommenden einseitigen Verherrlichung desselben, von sehr hervorragender Bedeutung, und Niemand wird den großen Einfluß verkennen können, den sie auf die gesammte Geschichtsauffassung geübt hat. Freilich liegen neben diesen hohen Vorzügen des bedeutenden Werks sehr bedenkliche Mängel, welche es erklären, warum dasselbe jeht so sehr in seinem Ansehen gesunken ist. Es ist das Gebrechen und der innere Widerspruch aller sogenannten Geschichtsphilosophie wie aller sogenannten Naturphilosophie, daß sie in ihrem ungestümen Drången nach den lehten und höchsten Gesehen die Frucht pflücken will, ehe sie reif ist, und daher oft von oben herab aus ungerechtfertigten allgemeinen Begriffen willkürlich phantasirt und orakelt, wo der Ernst der Wissenschaft lediglich ein ruhiges Abwarten der Thatsachen, ein bedächtiges Vorgehen von unten herauf Stufe um Stufe gestattet; Herder's dreist vordringende Geistesart aber war am allerwenigsten geeignet, diese unvermeidlichen Klippen scharf

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