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sein als ein zweifaches: einmal als das der religiösen Gemeinde, und dann als das der bürgerlichen. Wie jenes Bewußtsein die Welt voraussetzt bei der Gottesbetrachtung, so dieses Gott bei dem Bewußtsein der Welt und ihrer menschlichen Ordnung. Nur tritt in der hellenischen Entwickelung, die religiöse Gemeinde sehr bald hinter dem übermächtigen Bewußtsein und der Herrlichkeit der bürgerlichen Gemeinde zurück: wir wissen auch überhaupt wenig von ihr nachzuweisen, als was uns aus dem Schriftthume der Nation bekannt ist. In der christlichen Entwickelung dagegen beruht das religiöse Gemeindeleben, in Anbetung wie in Verfassung, auf Urkunden, seine Geschichte liegt eben so urkundlich vor uns als die des bürgerlichen Gemeindelebens und sein gesundes Leben ist uns eben so wichtig als dieses.

Die Darstellung dieses gemeindlichen Bewußtseins bildet also die erste Abtheilung in jeder Periode. Dieser Perioden find drei: die verfolgte Gemeinde, die Geistlichkeitskirche und die hergestellte Gemeinde. Die zweite Abtheilung betrachtet das Gottesbewußtsein der Propheten der Periode. Wir hatten zuerst gedacht, diese ganze Darstellung in die zwei lezten Bücher zu vertheilen, allein die Wichtigkeit der Ergebnisse und der aus ihr fließenden Folgerungen haben sich so überwältigend gezeigt, daß wir es für unsere Pflicht haben erachten müssen, die geschichtliche Darstellung in Ein Buch zusammen zu drängen. Es kommt ja auch bei dieser Darstellung der unmittelbaren Vergangenheit der jezigen Bildungsvölker nicht sowol auf Vollständigkeit bekannter Einzelheiten an, als auf scharfe Auffassung der weltgeschichtlichen Bedeutung der Erscheinungen. Nicht daß wir willkürlich Einzelheiten hervorheben und die Lücken durch Machtsprüche oder durch Anlehnen an ein speculatives System ausfüllen wollten. Es werden vielmehr die auf

jenen Punkt bezüglichen entscheidenden Thatsachen vollständig und im Zusammenhange vorgetragen werden, in ihrer beglaubigten Gestalt und auf Grund kritischer Sichtung und eigener Forschung. Aber nur in ihren weltgeschichtlichen Spizen. Was hinsichtlich des Einzelnen vorausgesezt wird, ist durch die redliche und großartige Forschung der drei lezten Jahrhunderte allmälig auf sichere Grundlage gestellt: bei Einigem darf sich der Verfasser auch auf die anderweitig vorgelegte eigene Untersuchung und kritische Vorarbeit beziehen.

Allerdings gibt es auch noch einen andern wissenschaftlichen Ausgangspunkt der weltgeschichtlichen Betrachtung. Man kann, ausgehend von den Phänomenen des geistigen Bewußtseins, auf rein speculativem Wege oder in methodischer Verbindung mit wohl begründeten Thatsachen, zu allgemeinen Formeln der Geseße der Entwickelung gelangen wollen. Aber dieser Weg ist nicht der dieses Werkes. Es soll hier gar kein System aufgestellt werden: die wirklichen und maßgebenden Thatsachen sollen selbst reden zu dem Gemüthe gebildeter und ernster Zeitgenossen. Der Gründe, welche den Verfasser bestimmt haben, mit der geschichtlichen Darstellung zu beginnen, sind mehre. Erstlich glaubt er, daß ein guter Theil der wichtigsten einschlägigen Thatsachen der Weltgeschichte bisher nicht einmal befriedigend und im weltgeschichtlichen Zusammenhange erforscht sei. Er kann also noch viel weniger annehmen, daß sie bereits in den Brennpunkt jenes allgemeinen Gottesbewußtseins gebracht und als zusammenhängende Thatsachen des innersten Triebes des Menschengeschlechtes mit einander verglichen seien. Er meint zweitens darthun zu können, daß die bisherigen rein speculativen Versuche die Gefeße der Entwickelung des Bewußtseins der Menschen von Gott in der Geschichte deswegen

mislungen sind, weil nach den erfahrungsmäßigen Gesezen unsers Erkenntnißvermögens die nur speculative Methode eben so wenig zu einer wahren Erkenntniß führen kann als die blos empirische Betrachtung. Endlich aber hält er sich für überzeugt, daß es möglich sei, eine speculativ-historische, also wahrhaft reale Methode zu finden und durch sie eine positive Erkenntniß des Prinzips der Bewegung des geistigen Kosmos in der Zeit zu begründen: eine Erkenntniß, welche unserer Erkenntniß des Prinzips der Bewegung des physischen Kosmos nicht allein ebenbürtig sei, sondern bei weitem tieferes Verständniß des Seins der Dinge gewähre. So wie der Verfasser das gegenwärtige Werk zur Vollendung geführt hat, wird er es für seine Pflicht erachten, seinen Beitrag zur philosophischen Behandlung des Gottesbewußtseins auf dieser Grundlage vorzulegen. Das Organon Reale, welches wir suchen, wird demnach die Gründlinien einer Methode zu zeichnen haben, welche uns lehren kann, das Prinzip des Werdens in der Menschheit zu finden und die Gefeße der Bewegung des endlichen Geistes in der Weltgeschichte zu erkennen.

Wir treten nun in die heilige Vorhalle unserer legten Epoche der menschheitlichen Entwickelung ein.

Heilige Vorhalle.

Christus:

oder das Bewußtsein Jesu von Gott in der Geschichte.

Hätten wir auch nicht was wir doch besigen, nämlich eine wahrhafte Ueberlieferung von der Person Jesu von Nazareth und der Geschichte seines dreijährigen öffentlichen Lehramtes; so würde ein Blick auf die geistige Entwickelung der Menschheit in den lezten achtzehn Jahrhunderten uns nöthigen, eine einzig erhabene, heilige Persönlichkeit als Ursache, nicht blos als Veranlassung, jenes Umschwungs der Weltanschauung anzunehmen. Die größte geistige Umwälzung und neue Lebensbildung in der Weltgeschichte weist auf eine entsprechende, also noch größere, weil ursprüngliche, Persönlichkeit hin, und eine besonnene Philosophie der Geschichte müßte sie als Heischefaz fordern. Denn die weltgeschichtliche Entwickelung offenbart mindestens eben so sehr die Fehler und Irrthümer eines Religionsstifters als seine Größe und seine Wahrheiten: gewöhnlich aber noch mehr jene als diese. Es ist eines der bedenklichsten Zeichen unsers Jahrhunderts, daß eine philosophische Forschung und Weltanschauung hat Raum gewinnen können,

welche dieses Verhältniß der Ursache zur Wirkung nicht erkannt, und die wahre, ursprüngliche Persönlichkeit in den Hintergrund gestellt hat. Denn es liegt dieser Anschauung zu Grunde das Verkennen der göttlichen Macht der Persönlichkeit, das heißt der durchgebildeten sittlichen Individualität, also ein Verkennen der obersten Würde der Sittlichkeit über alles bloße Denken. Der Gott einer solchen Weltansicht ist und bleibt todter Gedanke, nicht lebendig wirksamer im Innern sich kund gebender Wille. Es lebt (wie wir in dem einleitenden Buche gesagt) nichts in der Gemeinde, was nicht vorher schon Fleisch und Blut geworden in einer echt menschlichen, bewußten Persönlichkeit. Diesen Heischesaß des unverdorbenen Volksbewußtseins erhebt gerade die Geschichte des christlichen Gottesbewußtseins zur unumstößlichen Wahrheit. Nur der Reinheit des menschheitlichen Gottesbewußtseins, welches sich in der Person Jesu von Nazareth abspiegelt, können wir es zuschreiben, daß die Idee der Menschheit siegreich hervorgegangen ist aus den Trümmern, unter welchen sie bestimmt schien für immer begraben zu werden, zuerst als ideenlose Gesittung, dann als unsicher umhertappende Barbarei. Nur aus der Uebereinstimmung seiner Lehre und seines Lebens mit den ewigen Gesezen der sittlichen Weltordnung kann die große Thatsache erklärt werden, daß das Bewußtsein der Einheit und künftigen Wiedervereinigung der Menschheit seitdem nicht wieder untergegangen ist, sondern vielmehr die tiefsten Wurzeln im Leben der Völker geschlagen hat, und daß sie in immer sich erweiternden Kreisen die Ge= schicke der Völker fortbildend beherrscht.

Als Jesus mit jenem göttlichen Selbstbewußtsein, welches eben die höchste menschliche Selbstentäußerung ist, und mit jenem von aller Selbstsucht freien Opferbeschlusse die todte und tödtende Schale des entarteten Mosaismus zerschlug, befreite

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