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er nicht allein den in ihr gebannten und erstarrten Geist des großen jüdischen Gesezgebers, sondern entfesselte auch den höhern, weil mehr menschheitlichen und gegensazlosen Geist Abrahams, des Stifters der Religion des freien Geistes. Indem er die Scheidewand niederriß, welche Juden und Hellenen trennte und dadurch die ganze damalige Welt in unseliger Entzweiung hielt, eröffnete er die innige Lebensverbindung zwischen Semiten und Japhetiten, welche für die Weiterentwickelung der Menschheit nothwendig war. Die unversöhnte Spaltung dieser beiden edelsten Stämme hatte bisher das Spiel der Weltgeschichte in Bewegung gefeßt. Dabei waren aber auch die organisch zusammengehörigen Lebenskeime aus einander gerissen und in der Spannung des Gegensazes ge= halten worden. Nicht Moses, aber Abraham hatte, nach Jesu Ausspruch, den Tag des Heilandes geschaut und sich dessen gefreut. Aber eben weil Jesus mit Wahrheit und Bewußtsein fagen konnte:,,Ehe denn Abraham ward, bin Ich", weil das über alle Zeitlichkeit und Spaltung und Geschiedenheit erhabene Göttliche in ihm unvermittelt lebte, weil der unendliche Factor in ihm den endlichen ganz in sich verklärt hatte, nur dadurch vermochte er es, den Gedanken der einigen Menschheit, und der Einheit ihrer Geschicke und ihres Zieles zu denken, dafür zu leben und mit diesem Bewußtsein der Befreiung des Geistes in den Tod zu gehen. Eben deswegen auch befruchtete der von ihm ausströmende Menschheitsgedanke alle lebensfähigen Völker, und befähigte sie, sich als Kinder Eines Volkes, "als Glieder Eines Reiches Gottes zu betrachten, und in diesem

Gefühle und Glauben den dunkeln Pfaden des Geschickes der Einen Menschheit nachzuspüren.

Die Menschheit mußte durch Leiden und Tod ins Göttliche neu eingetaucht werden, um zum vollen Bewußtsein ihres

göttlichen Berufs, ihres zeitlichen Falles und ihrer ewigen Bestimmung zu gelangen. Sie mußte durch dienende Liebe fich zum Gefühle brüderlicher Gemeinschaft erheben, welche aller Gemeinwesen und Stämme und Völkerverbindungen Grundlage ist. Aber alles Dieses sezt voraus, daß die Menschheit individuell durch Befreiung von dem Drucke der Sünde, das heißt des Selbstischen, zur Freiheit geführt worden sei. Nur so konnte sich die wahre sittliche Individualität bilden, welche wir Persönlichkeit nennen, und die einzige wahre Grundlage fruchtbarer Entwickelung des Göttlichen in der Menschheit. Der einzelne Mensch geht aus dem Ewigen hervor, und tritt durch die Spanne der Zeitlichkeit ins Ewige zurück, sofern ein Lebenskeim des Ewigen hier in ihm aufgegangen ist: die Menschheit aber ist bestimmt das Ewige in der Zeit fortschreitend zu verwirklichen.

Was nun ist der Glaube, welchen Christus fordert für diesen göttlichen Beruf der Menschheit? Er findet seinen einfach erhabensten Ausdruck in den drei ersten Bitten des Gebets des Herrn: „Dein Name werde geheiliget! Dein Reich komme! Dein Wille geschehe wie im Himmel also auch auf Erden!" Denn wir können dieses doch nicht anders fassen in unserer begrifflichen Ausdrucksweise, als so, daß darin erbeten sei: Es möge die Menschheit den Willen und die Liebe Gottes verwirklichen: es möge die Wirklichkeit der Geschichte gleich werden der ewigen Idee, troz aller Mängel und Schranken des Endlichen: so daß das Ewige (Himmlische) sich bewußt abspiegele in dem Zeitlichen (Irdischen). Die Menschheit foll frei und einig werden: das kann sie nur durch Befreiung des Geistes von der Selbstsucht. So wie aber das trennende Selbst als das Böse erkannt ist, und seine Weg

räumung als die Bestimmung der Menschheit, reichen sich Menschen und Gemeinden, Stämme und Völker die Bruderhand. Der Weg dahin nun geht durch Auflösung der selbstfüchtigen Weltreiche, also durch Blut und Tod. Das war Jesu bewußtes Leben und bewußtes Sterben. „Ich bin gekommen ein Feuer anzuzünden; wie wollte ich es brennte schon!" (Luc. XII, 49.)

Es liegen hierin drei Entwickelungsreihen der von Jesus gegründeten Gemeinschaft: die der freien Gemeinde, die des innerlichen Gottesdienstes, die der alle Gegenfäße lösenden Bruderliebe. In der ersten Reihe stellt sich dar, wie die freie, auf christlicher Hauszucht ruhende Gemeinde der Gläubigen sich brüderlich beistehen und ihren Aeltesten um Gottes willen gehorchen solle, allen bürgerlichen Gesezen Folge leistend; aber todeswillig für das Gewissen. In der zweiten wird der Grundsaß durchgeführt, daß Alles, was zur Religion, d. h. zum thätigen Gottesbewußtsein gehört, aus der innern Gesinnung hervorgehe, daß also nie irgend ein äußeres Werk der Anbetung oder Brüderlichkeit an sich irgend einen religiösen Werth habe, oder auch, als Werk, einen höhern als irgend ein anderes. Beide Entwickelungsreihen werden mit einander und der Welt vermittelt durch die dritte, nämlich die Verwirklichung des obersten Gebotes Jesu, daß alle Gesinnung und Thätigkeit sich auflöse in dienende Liebe. Durch diese drei Entwickelungen wird die Wirklichkeit das Reich Gottes: denn dieses ist ganz unzweifelhaft ein diesseitiges. Der Einzelne lebt im ewigen Leben dadurch, daß er Gottes ewige Liebe im Zeitlichen erkennt: die Menschheit soll das Ewige darstellen und verwirklichen auf dieser Erde. Die Vollendung soll und wird stattfinden auf dieser Erde: das ist der Heischefaz jenes Glaubens.

Was in Gott ewig ist, lebte in Jesu von Nazareth in einem kurzen Menschenleben, aber in persönlicher Vollendung. Nun begann die Gemeindeentwickelung durch Jesu Geist, den Geist des Ewigen. Zuerst in seinen Jüngern, als den Zeugen: die leitenden Persönlichkeiten ergänzten sich, und so entstand keine Spaltung, sondern es erwuchs eine Einheit im Mannichfaltigen. Dieses wurde der der Typus des Gottesbewußtseins der Gemeinden. So erschien zum ersten male die göttliche Verkörperung der Menschheit in der Gemeinde, wie zuerst durch Christus die Verkörperung Gottes im Einzelleben erschienen war. Aber diese ist nur ein immer Werdendes, nicht Vollendetes. Nur ganz allmälig, in schweigender Stille und in Verfolgung, trat diese geistige Persönlichkeit, als Gegenwart Gottes im Menschen, in die griechisch-römische Welt ein. Von dem Augenblicke aber, daß das Christenthum die Staatsreligion, das Weltreich, wurde, mit geseßlich zwingenden, Formen, verschlang sich jenes Gottesbewußtsein in vielfache Knoten, und es bildeten sich Widersprüche, in denen wir, bewußt oder unbewußt, mehr oder weniger alle gefangen sind.

Dem gegenwärtigen Werke gehört nur zu, in den Grundzügen nachzuweisen, wie das Bewußtsein der christlichen Menschheit von ihrem Geschicke, und von der wirklichen Gegenwart Gottes in der Welt sich aus dem Gottesbewußtsein Jesu von Nazareth selbst entwickelt habe. Denn der christliche Glaube ist wesentlich der Glaube an das persönliche Gottesbewußtsein Jesu, das heißt der Glaube daran, daß Jesus die Wahrheit geschaut und sie also verkündet, wie sie in seinem göttlichen Bewußtsein lebte, und daß wir von seinen Aussprüchen darüber hinlängliche Kunde haben.

Und in der That, es ist schwer zu sagen, worin sich

die Einzigkeit und Erhabenheit jenes persönlichen Gottesbewußtseins mehr fund thut, ob in Dem, was Jesus über die Entwickelung des Gottesreichs auf der Erde gesagt und gelehrt, oder in Dem, was er der freien Entwickelung des Geistes in der von ihm gegründeten Gemeinde und dem daraus hervorgehenden Fortschritte des Geistes Gottes in der Menschheit überlassen hat. Wir haben gesehen wie Alles in der Person und Lehre der frühern Religionsstifter dadurch zunächst den menschheitlichen Charakter einbüßte und mehr oder weniger einseitig, willkürlich, übereinkömmlich, also verfälscht und unkräftig wurde, daß dem reinen innern Gottesbewußtsein äußerliche, für den menschheitlichen Charakter zufällige oder wenigstens unwesentliche Bestimmungen beigemischt und als wesentliche Theile der Religion gefaßt und festgehalten wurden: sei es als Opfer und Bräuche, sei es als Form der Verfassung der Gemeinde. Nach gewöhnlicher menschlicher Weisheit konnte nichts thörichter sein, als was Jesus, und zwar offenbar bewußt und absichtlich gethan hat: eine Religionsgemeinschaft zu gründen, ohne positive Vorschriften und Bestimmungen über diese beiden Punkte. Und doch beruht darauf gerade die Unzerstörbarkeit und Allgemeinheit der Christusreligion. Und sollte sich auch philosophisch diese menschliche Thorheit nicht als die wahre Weisheit beweisen lassen? Sollte jene sogenannte vernünftige Ansicht nicht eigentlich die unvernünftige sein, und zwar weil sie die ungeistige ist? Sie geht davon aus, daß das Aeußere seinen Bestand in sich habe, während doch vielmehr das Zeitliche nach seinem Begriffe, seine Ursache außer sich selbst hat. Es hat sein Bestehen nur durch die Ursache und wird nur dadurch begriffen, daß es als nicht selbständig, sondern vergänglich erkannt werde. Durch jene Annahme aber wird das Vergängliche über das

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