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Wir haben bereits im einleitenden Buche und dann wieder zu Eingang des gegenwärtigen die Nothwendigkeit hervorgehoben, nicht allein den Gedanken als Träger des Bewußtseins von Gott in der Geschichte anzusehen, sondern auch die verwirklichende That, und das Gottesbewußtsein_nicht blos in der Anbetung, sondern auch im Leben zu suchen. Dieselben Seelen bilden die bürgerliche Gemeinde und die kirchliche: die Propheten des Alten Bundes waren Propheten des gesammten Volkes, und die der verfolgten christlichen Gemeinde wandten sich an die Menschheit. So müssen wir uns denn auch jezt nach zwei großen Thatsächlichkeiten umsehen: erstlich nach dem Gottesbewußtsein in Verfassung und Leben der bürgerlichen Gemeinde, welche mit, und gewissermaßen unter, der Geistlichkeitskirche sich ausbildete; und zweitens nach den Propheten über die Gegenwart Gottes, welche sich in den von dieser Kirche geleiteten Völkern erhoben.

Was die bürgerliche Gemeinde betrifft, so trug, wie wir gesehen, die verfolgte Gemeinde der Christen in ihrem Schooße sehr große und fruchtbare Keime für die Wiederherstellung der damals untergegangenen oder untergehenden bürgerlichen Gemeinde des Römerreiches, wo Niemand anders als ungern oder gezwungen Municipalämter übernahm, und jede Obrigkeit als solche Gegenstand des Mistrauens, wo nicht des Haffes war. Die christliche Gemeinde brachte mit sich zuerst die auf gegenseitige Achtung des Menschlichen, angesichts des himmlischen Vaters gegründete Familie und Hausgenossenschaft. Hierüber ist oben das Nöthige gesagt. Dann aber auch die in der christlichen Gemeinde, ebenfalls auf unmittelbares Gottesbewußtsein gegründete, Freiheit der innern Verwaltung, verbunden mit einer wohlgeordneten Obrigkeit. Daß die alten Gemeinden mit ihren Bischöfen das Vorbild des

germanischen Königthums find, haben wir auch schon bei der Betrachtung jenes Zeitraums bemerkt. Wir können hinzufügen, daß in den ältesten Synoden oder gemeinschaftlichen Berathungen unabhängiger Gemeinden, namentlich der afrikanischen, die Keime einer Bundesverfassung lagen, welche weit über die Bundesstaaten des Alterthums hinausgingen.

Die Geistlichkeitskirche der nachkonstantinischen Zeit übte nun allerdings einen wohlthätigen Einfluß auf manche Gegenstände der bürgerlichen Geseßgebung, wie hinsichtlich der Ehe und der Sklaverei: und dieser Einfluß ist neuerdings sehr gründlich und lichtvoll entwickelt in der von der französischen Akademie gekrönten Preisschrift des Herrn Professors Schmidt in Strasburg. Aber hinsichtlich der Gemeindefreis heit, der Grundlage aller politischen, stand jene Kirche selber zu sehr auf dem Standpunkte des römisch - byzantinischen Despotismus, um neues Leben schaffen zu können. Im byzantinischen Reiche war es nun allerdings vielleicht unmöglich einen bessern politischen Zustand zu schaffen; aber warum verloren sich unter der Geistlichkeitskirche im Westen die schönen Elemente germanischer Freiheit, und zwar am allermeisten bei den so kirchlich und päpstlich gesinnten Franken?

Als nun endlich im elften und zwölften Jahrhunderte die romanisch-germanische Menschheit sich in den Städten wieder freie, selbstregierende und von der Idee der Vaterstadt begeisterte Gemeinden schuf: als in Toulouse, und überhaupt in Südfrankreich, sich neues Leben zeigte, als Venedig und Genua, Florenz und Pisa aufblühten, und der Geist der städtischen Freiheit in den „Gemeinden“ (Communen) in wunderbarer Entwickelung bald die Volkssprache bildete, Kunst und selbst Wissenschaft hervorrief, erwies sich die geistliche Macht mehr hemmend und störend als fördernd und hülfreich. So

finden wir allenthalben in Italien, außer wenn, wie Mailand, die Stadt von einer mächtigen Fremdherrschaft gedrängt ward, diese Freistaaten gegen den Papst und die immer größer werdenden Ansprüche der Geistlichkeit gestimmt. Die hohe Geisteserhebung in Südfrankreich ging unter, eben sowol durch das Blutbad der Kezerkriege und Keßergerichte, als durch die weltliche Tyrannei. Die Parlamente von Aragonien, Catalonien und Castilien, deren Freiheiten und Gesittung Spanien neben Italien und Frankreich, und an die Spiße der europäischen Bildung und Macht stellten, kämpften für die Freiheit der geistlichen und staatlichen Gemeinde. Als nun im sechzehnten Jahrhunderte der große Kampf für geistige und politische Freiheit in Deutschland und der Schweiz begann, was war die Folge der Verbündung der Dynastien mit den Päpsten gegen diese Bewegung? Der Aufbau des modernen Absolutismus! Die Cardinäle Ximenes und Richelieu arbeiteten mit Karl V., Philipp II. und Ludwig XIII. an der Unterdrückung der alten Stände und Parlamente. Und wo find jeßt die freien katholischen Staaten, außer zweien, welche sich mit Mühe gegen die Ansprüche der Geistlichkeitskirche halten?

Nicht weniger merkwürdig ist eine Ueberschau der Entwickelungsreihe hinsichtlich der Propheten des Gottesbewußtseins.

Zweiter Abschnitt.

Das Bewußtsein von Gott in der Geschichte bei den Propheten der Geistlichkeitskirche.

Erstes Hauptstück.

Augustinus, der Prophet der bischöflichen Concilkirche, und der heilige Benedict.

In der Epoche der Patriarchen- und Concilienkirche begegnen wir einem hohen prophetischen Genius der Menschheit, Auguftinus, dem Zeitgenossen der Einnahme Roms durch Alarich im Jahre 410, und Zeugen der Verheerung Afrikas durch die Vandalen. Als Augustinus sich entschloß, auf die in jener furchtbaren Zeit immer lauter werdenden Klagen kleinmüthiger Christen, und Vorwürfe der Zweifler und Heiden gegen das Christenthum zu antworten, schrieb er das große Werk,,Ueber den Staat Gottes" (De civitate Dei) in 22 Büchern. Hier bringt er zuerst (I-X) alles nur Erinnerliche vor, vertheidigend und angreifend, gegen das Heidenthum, unter welchem die Menschen doch unglücklicher gewesen wären, Bunsen, Gott in der Geschichte. III.

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dann aber (XI-XXII) herstellend, durch eine Darlegung der alttestamentlichen Geschichte als der allmäligen Gründung des Gottesreiches von Abraham bis Christus und die Apostel. Nur Eines fehlt: die Behauptung, also noch viel mehr der Beweis, daß eine göttliche Weltordnung auf der Erde bestehe, und daß in jeder Krise der Welt das Gute siegen, das Gottesreich gefördert werden müsse. Selbst da, wo er dieser Frage sehr nahe kommt (XXII, 2), zieht er sich auf Gottes unerforschliche Wege zurück. Er verkennt dabei keineswegs das allgemein Menschheitliche, die Einheit des Menschengeschlechts, und er weist allenthalben darauf hin, daß wie andere Zeiten, so auch die damalige, alles Unglück durch ihre Laster reichlich verdient habe. Das sind die beiden lichten christlichen Punkte seiner Betrachtung der Menschheitgeschichte:" und diese finden sich auch als Frucht eines wahren Christenthums bei dem geistreichen und wahrheitsliebenden Salvianus, dem Priester yon Marseille, der am Ende jenes Jahrhunderts, gegen 480, in seinen merkwürdigen 8 Büchern über die göttliche Regierung der Welt auf dieselben Vorwürfe nur mit noch stärkern Zugeständnissen antwortet.

So ist es also wohlthätig zu sehen, wie jene Männer das allgemein Menschliche, Heilempfängliche im barbarischen Nachbar, dem punischen Kananäer, dem berberischen Numidier, dem fezerischen Gothen und Vandalen erkennen. Aber die Welt hört, namentlich dem Auguftinus, mit dem Römerreiche auf, dessen blutigen Untergang durch die Barbaren er im Anfange des fünften Jahrhunderts vor sich sah. Was soll der Christ an dem Untergange seiner irdischen Geburtsstätte hängen? Wenn viele Tausend tugendhafter und christlicher Frauen und Jungfrauen beim Erstürmen der Hauptstätte des Reiches geschändet werden oder umkommen, so ge

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