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je mehr es sich auf Humanität, d. i. auf Vernunft und Billigkeit, stützte. .

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Fünfzehntes Buch.

II. . . . Alle Irrtümer des Menschen sind ein Nebel 5 der Wahrheit; alle Leidenschaften seiner Brust sind wildere Triebe einer Kraft, die sich selbst noch nicht kennet, die ihrer Natur nach aber nicht anders als auf's Bessere wirket. Auch die Stürme des Meers, oft zertrümmernd und verwüstend, sind Kinder einer harmonischen Weltordnung 10 und müssen derselben wie die säuselnden Zephyrs dienen. Gelänge es mir, einige Bemerkungen ins Licht zu setzen, die diese erfreuliche Wahrheit uns vergewissern!

1. Wie die Stürme des Meers seltner sind als seine regelmäßigen Winde, so ist's auch im Menschengeschlecht 15 eine gütige Naturordnung, daß weit weniger Zerstörer als Erhalter in ihm geboren werden.

Im Reich der Tiere ist es ein göttliches Gesetz, daß weniger Löwen und Tiger als Schafe und Tauben möglich und wirklich sind; in der Geschichte ist's eine 20 ebenso gütige Ordnung, daß der Nebukadnezars und Cambyses', der Alexander und Sulla, der Attila und Dschengiskhane eine weit geringere Anzahl ist als der sanftern Feldherren oder der stillen, friedlichen Monarchen. Zu jenen gehören entweder sehr unregelmäßige Leidenschaften 25 und Mißanlagen der Natur, durch welche sie der Erde statt freundlicher Sterne wie flammende Meteore erscheinen, oder es treten meistens sonderbare Umstände der Erziehung, seltne Gelegenheiten einer frühen Gewohnheit, endlich gar harte Bedürfnisse der feindseligen politischen 30 Not hinzu, um die sogenannten Geißeln Gottes gegen das Menschengeschlecht in Schwung zu bringen und darin zu erhalten. Wenn also zwar die Natur unsertwegen freilich nicht von ihrem Gange ablassen wird, unter den zahllosen Formen und Komplexionen, die sie hervorbringt, auch dann 35 und wann Menschen von wilden Leidenschaften, Geister zum Zerstören und nicht zum Erhalten ans Licht der Welt zu senden, so steht es eben ja auch in der Gewalt der Menschen, diesen Wölfen und Tigern ihre Herde nicht anzuvertraun, sondern sie vielmehr durch Gesetze der 40 Humanität selbst zu zähmen. Es gibt keine Auerochsen

mehr in Europa, die sonst allenthalben ihr waldichtes Gebiet hatten; auch die Menge der afrikanischen Ungeheuer, die Rom zu seinen Kampfspielen brauchte, ward ihm zuletzt schwer zu erjagen. Je mehr die Kultur der Länder zunimmt, desto enger wird die Wüste, desto seltner ihre 5 wilden Bewohner. Gleichergestalt hat auch in unserm Geschlecht die zunehmende Kultur der Menschen schon diese natürliche Wirkung, daß sie mit der tierischen Stärke des Körpers auch die Anlage zu wilden Leidenschaften schwächt und ein zärteres menschliches Gewächs bildet. Nun 10 sind bei diesem allerdings auch Unregelmäßigkeiten möglich, die oft um so verderblicher wüten, weil sie sich auf eine kindische Schwäche gründen, wie die Beispiele so vieler morgenländischen und römischen Despoten zeigen; allein da ein verwöhntes Kind immer doch eher zu bändigen ist 15 als ein blutdürstiger Tiger, so hat uns die Natur mit ihrer mildernden Ordnung zugleich den Weg gezeigt, wie auch wir durch wachsenden Fleiß das Regellose regeln, das unersättlich Wilde zähmen sollen und zähmen dürfen. Gibt es keine Gegenden voll Drachen mehr, gegen welche 20 jene Riesen der Vorzeit ausziehen müßten: gegen Menschen selbst haben wir keine zerstörenden Herkuleskräfte nötig. Helden von dieser Sinnesart mögen auf dem Kaukasus oder in Afrika ihr blutiges Spiel treiben und den Minotaurus suchen, den sie erlegen; die Gesellschaft, in welcher 25 sie leben, hat das ungezweifelte Recht, alle flammenspeiende Stiere Geryons selbst zu bekämpfen. Sie leidet, wenn sie sich ihnen gutwillig zum Raube hingibt, durch ihre eigne Schuld, wie es die eigne Schuld der Völker war, daß sie sich gegen das verwüstende Rom nicht mit 30 aller Macht einer gemeinschaftlichen Verbindung zur Freiheit der Welt verknüpften.

2. Der Verfolg der Geschichte zeigt, daß mit dem Wachstum wahrer Humanität auch der zerstörenden Dämonen des Menschengeschlechtswirk- 35 lich weniger geworden sei, und zwar nach innern Naturgesetzen einer sich aufklärenden Vernunft und Staatskunst.

Je mehr die Vernunft unter den Menschen zunimmt, desto mehr muß man's von Jugend auf einsehen lernen, 40 daß es eine schönere Größe gibt als die menschenfeindliche

Stephan, Herders Philosophie.

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Tyrannengröße, daß es besser und selbst schwerer sei, ein Land zu bauen als es zu verwüsten, Städte einzurichten als solche zu zerstören. Die fleißigen Ägypter, die sinnreichen Griechen, die handelnden Phönizier haben in der 5 Geschichte nicht nur eine schönere Gestalt, sondern sie genossen auch während ihres Daseins ein viel angenehmeres und nützlicheres Leben als die zerstörenden Perser, die erobernden Römer, die geizigen Karthaginenser. Das Andenken jener blühet noch in Ruhm, und ihre Wir10 kung auf Erden ist mit wachsender Kraft unsterblich; dagegen die Verwüster mit ihrer dämonischen Übermacht nichts anders erreichten, als daß sie auf dem Schutthaufen ihrer Beute ein üppiges, elendes Volk wurden und zuletzt selbst den Giftbecher einer ärgern Vergeltung tranken. 15 Dies war der Fall der Assyrer, Babylonier, Perser, Römer; selbst den Griechen hat ihre innere Uneinigkeit, sowie in manchen Provinzen und Städten ihre Üppigkeit, mehr als das Schwert der Feinde geschadet. Da nun diese Grundsätze eine Naturordnung sind, die sich nicht etwa nur 20 durch einige Fälle der Geschichte als durch zufällige Exempel beweiset, sondern die auf sich selbst, d. i. auf der Natur der Unterdrückung und einer überstrengten Macht oder auf den Folgen des Sieges, der Uppigkeit und dem Hochmut, wie auf Gesetzen eines gestörten Gleichgewichts, 25 ruhet und mit dem Lauf der Dinge ihren gleich ewigen Gang hält: warum sollte man zweifeln müssen, daß diese Naturgesetze nicht auch wie jede andre erkannt und, je kräftiger sie eingesehen werden, mit der unfehlbaren Gewalt einer Naturwahrheit wirken sollten? Was sich zur 30 mathematischen Gewißheit und auf einen politischen Kalkul bringen läßt, muß später oder früher als Wahrheit erkannt werden; denn an Euklides Sätzen oder am Einmaleins hat noch niemand gezweifelt.

Selbst unsre kurze Geschichte beweiset es daher schon 35 klar, daß mit der wachsenden wahren Aufklärung der Völker die menschenfeindlichen, sinnlosen Zerstörungen derselben sich glücklich vermindert haben. Seit Roms Untergange ist in Europa kein kultiviertes Reich mehr entstanden, das seine ganze Einrichtung auf Kriege und 40 Eroberungen gebauet hätte; denn die verheerenden Nationen der mittlern Zeiten waren rohe, wilde Völker. Je mehr

aber auch sie Kultur empfingen und ihr Eigentum lieb gewinnen lernten, desto mehr drang sich ihnen unvermerkt, ja oft wider ihren Willen, der schönere, ruhige Geist des Kunstfleißes, des Ackerbaues, des Handels und der Wissenschaft auf. Man lernte nutzen, ohne zu vernichten, weil 5 das Vernichtete sich nicht mehr nutzen läßt, und so ward mit der Zeit, gleichsam durch die Natur der Sache selbst, ein friedliches Gleichgewicht zwischen den Völkern, weil nach Jahrhunderten wilder Befehdung es endlich alle einsehen lernten, daß der Zweck, den jeder wünschte, sich 10 nicht erreichen ließe, als daß sie gemeinschaftlich dazu beitrügen. Selbst der Gegenstand des scheinbar größesten Eigennutzes, der Handel, hat keinen andern als diesen Weg nehmen mögen, weil er Ordnung der Natur ist, gegen welche alle Leidenschaften und Vorurteile am Ende nichts 15 vermögen. Jede handelnde Nation Europas beklaget es jetzt und wird es künftig noch mehr beklagen, was sie einst des Aberglaubens oder des Neides wegen sinnlos zerstörte. Je mehr die Vernunft zunimmt, desto mehr muß die erobernde eine handelnde Schiffahrt werden, die 20 auf gegenseitiger Gerechtigkeit und Schonung, auf einen fortgehenden Wetteifer in übertreffendem Kunstfleiße, kurz, auf Humanität und ihren ewigen Gesetzen ruhet.

Inniges Vergnügen fühlt unsre Seele, wenn sie den Balsam, der in den Naturgesetzen der Menschheit liegt, 25 nicht nur empfindet, sondern ihn auch kraft seiner Natur sich unter den Menschen wider ihren Willen ausbreiten und Raum schaffen siehet. Das Vermögen zu fehlen konnte ihnen die Gottheit selbst nicht nehmen; sie legte es aber in die Natur des menschlichen Fehlers, daß er früher 30 oder später sich als solchen zeigen und dem rechnenden Geschöpf offenbar werden mußte. Kein kluger Regent Europas verwaltet seine Provinzen mehr wie der Perserkönig, ja wie selbst die Römer solche verwalteten, wenn nicht aus Menschenliebe SO aus besserer Einsicht der 35 Sache, da mit den Jahrhunderten sich der politische Kalkul gewisser, leichter, klarer gemacht hat. Nur ein Unsinniger würde zu unserer Zeit ägyptische Pyramiden bauen, und jeder, der ähnliche Nutzlosigkeiten aufführt, wird von aller vernünftigen Welt für sinnlos gehalten, wenn nicht 40 aus Völkerliebe so aus sparender Berechnung. Blutige

Fechterspiele, grausame Tierkämpfe dulden wir nicht mehr; alle diese wilden Jugendübungen ist das Menschengeschlecht durchgangen und hat endlich einsehen gelernt, daß ihre tolle Lust der Mühe nicht wert sei. Gleicher5 gestalt bedürfen wir des Drucks armer Römersklaven oder spartanischer Heloten nicht mehr, da unsre Verfassung durch freie Geschöpfe das leichter zu erreichen weiß, was jene alte Verfassungen durch menschliche Tiere gefährlicher und selbst kostbarer erreichten; ja, es muß eine 10 Zeit kommen, da wir auf unsern unmenschlichen Negerhandel ebenso bedaurend zurücksehen werden als auf die alten Römersklaven oder auf die spartanischen Heloten, wenn nicht aus Menschenliebe so aus Berechnung. Kurz, wir haben die Gottheit zu preisen, daß sie uns bei unsrer 15 fehlbaren schwachen Natur Vernunft gab, einen ewigen Lichtstrahl aus ihrer Sonne, dessen Wesen es ist, die Nacht zu vertreiben und die Gestalten der Dinge, wie sie sind, zu zeigen.

3. Der Fortgang der Künste und Erfindungen 20 selbst gibt dem Menschengeschlecht wachsende Mittel in die Hand, das einzuschränken oder unschädlich zu machen, was die Natur selbst nicht auszutilgen vermochte.

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Das verwüstende Element des Feuers konnte die 25 Natur dem Menschen nicht nehmen, wenn sie ihm nicht zugleich die Menschheit selbst rauben wollte; was gab sie ihm also mittelst des Feuers? Tausendfache Künste, Künste, dies fressende Gift nicht nur unschädlich zu machen und einzuschränken, sondern es selbst zum mannigfal30 tigsten Vorteil zu gebrauchen.

Nicht anders ist's mit den wütenden Leidenschaften der Menschen, diesen Stürmen auf dem Meer, diesem verwüstenden Feuerelemente. Eben durch sie und an ihnen hat unser Geschlecht seine Vernunft geschärft und tausend 35 Mittel, Regeln und Künste erfunden, sie nicht nur einzuschränken, sondern selbst zum Besten zu lenken, wie die ganze Geschichte zeiget. Ein leidenschaftloses Menschengeschlecht hätte auch seine Vernunft nie ausgebildet; es läge noch irgend in einer Troglodytenhöhle.

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Der menschenfressende Krieg z. B. war jahrhundertelang ein rohes Räuberhandwerk. Lange übten sich die

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