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liche Übermacht in der Hand des Despoten, fremder Luxus unter einem Volk ohne ordnende Gesetze sind dergleichen tötende Werkzeuge; der Schade selbst aber macht die Menschen klüger, und früh oder spät muß die Kunst, 5 die sowohl den Luxus als den Despotismus schuf, beide selbst zuerst in ihre Schranken zwingen und sodann in ein wirkliches Gute verwandeln. Jede ungeschickte Pflugschar reibet sich durch den langen Gebrauch selbst ab; unbehülfliche neue Räder und Triebwerke gewinnen bloß 10 durch den Umlauf die bequemere künstliche Epizykloide. So arbeitet sich auch in den Kräften des Menschen der übertreibende Mißbrauch mit der Zeit zum guten Gebrauch um; durch Extreme und Schwankungen zu beiden Seiten wird notwendig zuletzt die schöne Mitte eines dauernden 15 Wohlstandes in einer regelmäßigen Bewegung. Nur was im Menschenreiche geschehen soll, muß durch Menschen bewirkt werden; wir leiden so lange unter unsrer eignen Schuld, bis wir, ohne Wunder der Gottheit, den bessern Gebrauch unsrer Kräfte selbst lernen.

20 Also haben wir auch nicht zu zweifeln, daß jede gute Tätigkeit des menschlichen Verstandes notwendig einmal die Humanität befördern müsse und befördern werde. Seitdem der Ackerbau in Gang kam, hörte das Menschenund Eichelnfressen auf; der Mensch fand, daß er von den 25 süßen Gaben der Ceres humaner, besser, anständiger leben könne als vom Fleisch seiner Brüder oder von Eicheln, und ward durch die Gesetze weiserer Menschen gezwungen, also zu leben. Seitdem man Häuser und Städte bauen lernte, wohnte man nicht mehr in Höhlen; unter Gesetzen 30 eines Gemeinwesens schlug man den armen Fremdling nicht mehr tot. So brachte der Handel die Völker näher aneinander; und je mehr er in seinem Vorteil allgemein verstanden wird, desto mehr müssen sich notwendig jene Mordtaten, Unterdrückungen und Betrugsarten vermindern, 35 die immer nur Zeichen des Unverstandes im Handel waren. Durch jeden Zuwachs nützlicher Künste ist das Eigentum der Menschen gesichert, ihre Mühe erleichtert, ihre Wirksamkeit verbreitet, mithin notwendig der Grund zu einer weitern Kultur und Humanität gelegt worden. Welche 40 Mühe z. B. ward durch die einzige Erfindung der Buchdruckerkunst abgetan! Welch ein größerer Umlauf der

menschlichen Gedanken, Künste und Wissenschaften durch sie befördert! Wage es jetzt ein europäischer Kang-Ti und wolle die Literatur dieses Weltteils ausrotten: es ist ihm schlechterdings nicht möglich. Hätten Phönizier und Karthaginenser, Griechen und Römer diese Kunst gehabt, 5 der Untergang ihrer Literatur wäre ihren Verwüstern nicht so leicht, ja beinahe unmöglich worden. Lasset wilde Völker auf Europa stürmen, sie werden unsrer Kriegskunst nicht bestehen, und kein Attila wird mehr vom Schwarzen und Kaspischen Meer her bis an die katalaunischen Felder 10 reichen. Lasset Pfaffen, Weichlinge, Schwärmer und Tyrannen aufstehn, so viel da wollen, die Nacht der mittleren Jahrhunderte bringen sie nie mehr wieder. Wie nun kein größerer Nutze einer menschlichen und göttlichen Kunst denkbar ist, als wenn sie uns Licht und Ordnung 15 nicht nur gibt, sondern es ihrer Natur nach auch verbreitet und sichert, so lasset uns dem Schöpfer danken, daß er unserm Geschlecht den Verstand und diesem die Kunst wesentlich gemacht hat. In ihnen besitzen wir das Geheimnis und Mittel einer sichernden Weltordnung. 20 Auch darüber dürfen wir nicht sorgen, daß manche trefflich ersonnene Theorie, die Moral selbst nicht ausgenommen, in unserm Geschlecht so lange Zeit nur Theorie bleibe. Das Kind lernt viel, was nur der Mann anwenden kann; deswegen aber hat es solches nicht umsonst gelernet. 25 Unbedachtsam vergaß der Jüngling, woran er sich einst mühsam erinnern wird, oder er muß es gar zum zweitenmal lernen. Bei dem immer erneueten Menschengeschlecht ist also keine aufbewahrte, ja sogar keine erfundene Wahrheit ganz vergeblich; spätere Zeitumstände machen nötig, 30 was man jetzt versäumt, und in der Unendlichkeit der Dinge muß jeder Fall zum Vorschein kommen, der auf irgend eine Weise das Menschengeschlecht übet. Wie wir uns nun bei der Schöpfung die Macht, die das Chaos schuf, zuerst, und sodann in ihm ordnende Weisheit und 35 harmonische Güte gedenken, so entwickelt die Naturordnung des Menschengeschlechts zuerst rohe Kräfte; die Unordnung selbst muß sie der Bahn des Verstandes zuführen, und je mehr dieser sein Werk ausarbeitet, desto mehr siehet er, daß Güte allein dem Werk Dauer, Vollkommenheit 40 und Schönheit gewähre.

Siebenzehntes Buch.

Einleitung. Siebenzig Jahre vor dem Untergange des jüdischen Staats ward in ihm ein Mann geboren, der sowohl in dem Gedankenreich der Menschen als in ihren 5 Sitten und Verfassungen eine unerwartete Revolution bewirkt hat, Jesus. Arm geboren, ob er wohl vom alten Königshause seines Volks abstammte, und im rohesten Teil seines Landes, fern von der gelehrten Weisheit seiner äußerst verfallenen Nation erzogen, lebte er die größeste 10 Zeit seines kurzen Lebens unbemerkt, bis er, durch eine himmlische Erscheinung am Jordan eingeweihet, zwölf Menschen seines Standes als Schüler zu sich zog, mit ihnen einen Teil Judäas durchreisete und sie bald darauf selbst als Boten eines herannahenden neuen Reichs umhersandte. 15 Das Reich, das er ankündigte, nannte er das Reich Gottes, ein himmlisches Reich, zu welchem nur auserwählte Menschen gelangen könnten, zu welchem er also auch nicht mit Auflegung äußerlicher Pflichten und Gebräuche, desto mehr aber mit einer Aufforderung zu reinen Geistes- und 20 Gemütstugenden einlud. Die echteste Humanität ist in den wenigen Reden enthalten, die wir von ihm haben; Humanität ist's, was er im Leben bewies und durch seinen Tod bekräftigte, wie er sich denn selbst mit einem Lieblingsnamen den Menschensohn nannte. Daß er in seiner 25 Nation, insonderheit unter den Armen und Gedrückten, viele Anhänger fand, aber auch von denen, die das Volk scheinheilig drückten, bald aus dem Wege geräumt ward, so daß wir die Zeit, in welcher er sich öffentlich zeigte, kaum bestimmt angeben können beides war die natür30 liche Folge der Situation, in welcher er lebte.

Was war nun dies Reich der Himmel, dessen Ankunft Jesus verkündigte, zu wünschen empfahl und selbst zu bewirken strebte? Daß es keine weltliche Hoheit gewesen, zeigt jede seiner Reden und Taten, bis zu dem 35 letzten klaren Bekenntnis, das er vor seinem Richter ablegte. Als ein geistiger Erretter seines Geschlechts wollte er Menschen Gottes bilden, die, unter welchen Gesetzen es auch wäre, aus reinen Grundsätzen andrer Wohl beförderten und, selbst duldend, im Reich der Wahrheit und 40 Güte als Könige herrschten. Daß eine Absicht dieser Art der einzige Zweck der Vorsehung mit unserm Geschlecht

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sein könne, zu welchem auch, je reiner sie denken und streben, alle Weisen und Guten der Erde mitwirken müssen und mitwirken werden dieses ist durch sich selbst klar; denn was hätte der Mensch für ein andres Ideal seiner Vollkommenheit und Glückseligkeit auf Erden, wenn es 5 nicht diese allgemein wirkende reine Humanität wäre?

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Verehrend beuge ich mich vor deiner edlen Gestalt, du Haupt und Stifter eines Reichs von so großen Zwecken, von so daurendem Umfange, von so einfachen, lebendigen Grundsätzen, von so wirksamen Triebfedern, daß ihm die Sphäre dieses Erdelebens selbst zu enge schien. Nirgend finde ich in der Geschichte eine Revolution, die in kurzer Zeit so stille veranlaßt, durch schwache Werkzeuge auf eine so sonderbare Art, zu einer noch unabsehlichen Wirkung allenthalben auf der Erde angepflanzt und in Gutem 15 und Bösem bebauet worden ist, als die sich unter dem Namen nicht deiner Religion, d. i. deines lebendigen Entwurfs zum Wohl der Menschen, sondern größtenteils einer Religion an dich, d. i. einer gedankenlosen Anbetung deiner Person und deines Kreuzes, den Völkern 20 mitgeteilt hat. Dein heller Geist sahe dies selbst voraus; und es wäre Entweihung deines Namens, wenn man ihn bei jedem trüben Abfluß deiner reinen Quelle zu nennen wagte. Wir wollen ihn, soweit es sein kann, nicht nennen; vor der ganzen Geschichte, die von dir abstammt, stehe 25 deine stille Gestalt allein!

Neunzehntes Buch.

VI. Sehen wir zurück auf die Gestalt, die unser Weltteil durch die Wanderungen und Bekehrungen der Völker, durch Kriege und Hierarchie erlangt hatte, so 30 werden wir eines kraftvollen, aber unbehülflichen Körpers, eines Riesen gewahr, dem nur sein Auge fehlte. Volkes gnug war in diesem westlichen Ende der alten Welt; die von Uppigkeit entkräfteten Länder der Römer waren mit starken Körpern von einem gesunden Mute besetzt und 35 hatten sich reich bevölkert. Denn in den ersten Zeiten des neuen Besitzes dieser Gegenden, ehe noch der Unterschied der Stände zu einem erblich-unterdrückenden Ansehn gelangte, war der rohen Gnügsamkeit dieser ungebildeten Völker mitten unter andern Nationen, die zu ihrer Be- 40

quemlichkeit lange gebauet und vorgearbeitet hatten, die eroberte römische Welt ein wahres Paradies. Sie achteten der Zerstörungen nicht, die ihre Züge veranlaßt und damit das Menschengeschlecht mehr als ein Jahrtausend zurück5 gesetzt hatten; denn man fühlt nicht den Verlust eines unbekannten Gutes, und für den sinnlichen Menschen war der westliche Teil dieser Nordwelt auch mit dem schwächsten Rest seines Anbaues doch in jedem Betracht mehr als sein altes Sarmatien, Scythien oder die fernere östliche 10 Hunnenwelt. In den Verheerungen, die seit der christlichen Epoche entstanden, in den Kriegen, die diese Völker unter sich erregten, in den neuen Seuchen und Krankheiten, die Europa trafen, litt freilich das Menschengeschlecht in diesem Erdstrich; doch aber erlag es endlich 15 durch nichts so sehr als durch die despotische Lehnherrschaft. Europa ward voller Menschen, aber voll leibeigner Knechte; die Sklaverei, die diese drückte, war um so härter, da sie eine christliche, durch politische Gesetze und das blinde Herkommen in Regeln gebrachte, durch 20 Schrift bestätigte, an die Erdscholle gebundene Sklaverei war. Die Luft machte eigen; wer nicht durch Verträge entbunden oder durch seine Geburt ein Despot war, trat in den angeblich natürlichen Zustand der Zugehörigkeit oder der Knechtschaft.

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Von Rom aus war dagegen keine Hülfe zu erwarten; seine Diener selbst hatten sich mit andern in die Herrschaft Europas geteilet, und Rom selbst gründete sich auf eine Menge geistlicher Sklaven. Was Kaiser und Könige frei machten, mußte, wie in den Ritterbüchern den Riesen 30 und Lindwürmern, durch Freiheitbriefe entrissen werden; dieser Weg war also auch lang und beschwerlich. Die Kenntnisse, die das abendländische Christentum hatte, waren ausgespendet und in Nutz verwandelt. Seine Popularität war eine elende Wortliturgie, die böse patristische 35 Rhetorik war in Klöstern, Kirchen und Gemeinen ein zauberischer Seelendespotismus geworden, den der gemeine Haufe mit Geißel und Strick, ja, büßend mit dem Heu im Munde auf Knien verehrte. Wissenschaften und Künste waren dahin; denn unter den Gebeinen der Märtyrer, dem 40 Geläut der Glocken und Orgeln, dem Dampf des Weih

rauchs und der Fegefeuergebete wohnen keine Musen. Die

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