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bracht sind. Ihm selbst fehlte die Zeit, seinen eignen Reichtum ganz zu nutzen, weil er mit zu vielem zerstreuet war und ihn zuletzt der Tod übereilte.

Phil. Sie kommen mit dieser Anmerkung, lieber 5 Theophron, einer ähnlichen zuvor, die ich schon damals machen wollte, als Sie mich auf den Mittelbegriff zwischen Geist und Materie, die substanzielle Kraft verwiesen. Sie schrieben unserm deutschen Philosophen das Verdienst zu, daß nach den harten Äußerungen eines Descartes, 10 Spinoza, Hobbes u. a., die der Materie entweder alles oder nichts, d. i. bloß die Ausdehnung zuschrieben, er es zuerst gewesen, der den Grund ihrer Erscheinung, immaterielle Substanzen, in die Metaphysik eingeführt habe. Sollte nach Einführung derselben seine zwar sinn15 reiche, aber, wie mich dünkt, so erzwungene Hypothese der prästabilierten Harmonie zwischen Gedanken und der Materie, die, wie zwo Uhren zwar übereinstimmend, aber völlig unabhängig von einander spielen, nötig gewesen sein? Auch seine Materie ward ja von immateriellen 20 Kräften belebt, in welche jede höhere Art immaterieller Kräfte wirken konnte; also bestätigte sich der sogenannte physische Einfluß, den uns allenthalben die Natur zeigt und gegen welche keine willkürliche Hypothese etwas vermag, ja eben aus seinem System. Die ganze Welt 25 Gottes wird ein Reich immaterieller Kräfte, deren keine ohne Verbindung mit andern ist, weil eben nur aus dieser Verbindung und gegenseitigen Wirkung ihrer aller Erscheinungen und Veränderungen der Welt werden. Und mit wie weniger Aufopferung hätte Leibniz diesen Schritt 30 tun mögen, da seine prästabilierte Harmonie eigentlich schon im Cartesianismus, als Fehler desselben lag und Spinoza, Geulinx u. a. ihre ganze Abschichtung der Geister und Körper auf sie gründen. .

Th. Und eben diese Nähe des Cartesianismus, m. Fr., 35 hinderte ihn am Gebrauch seiner bessern Erklärung: denn das ist das Schicksal auch des fruchtbarsten menschlichen Geistes, daß er, mit Ort und Zeit umfangen, in gewissen Ideen gleichsam aufwächst und sich nachher nur mit Mühe von ihnen zu trennen vermag. Leibniz lebte die blühendste 40 Zeit seines philosophischen Lebens den Gedanken nach mehr in Frankreich als in Deutschland. Dort stand er

in so vielen Verbindungen; dort glänzte sein scharfsinniger Verstand zuerst über Europa auf. Weil nun in Frankreich Descartes und Malebranche, sie mochten angenommen oder bestritten werden, im meisten Ruf standen, so ward seine Bemühung auch vorzüglich auf dieses Feld der Ehre 5 gezogen. Er bildete also seine Hypothese der prästabilierten Harmonie mit einer Geschicklichkeit aus, daß sie als neu erscheinen und die Gelegenheitsursachen des Cartesius, so wie den unmittelbaren göttlichen Einfluß des Malebranche allerdings entbehrlich machen konnte, ob sie 10 gleich auf die mangelhaften Grundsätze des ersten Philosophen selbst gebauet war. Leibniz sprach so gern nach der Fassungskraft andrer, und so erfand er auch seine sinnreichsten Hypothesen. Als er späterhin durch die Lehre der Monadologie der Metaphysik über Körper 15 einen ganz andern Weg anwies, ließ er jene Hypothese, die einmal in Ruf gekommen war und zum Ruhm seines Namens viel beigetragen hatte, an ihrem Ort stehen, weil sie sich auch neben dieser neuen Hypothese gewissermaße noch immer verteidigen konnte. Blieb es gleich keine 20 prästabilierte Harmonie mehr zwischen Geist und Körper, sondern eine Harmonie zwischen Kräften und Kräften, Harmonie blieb es doch immer: denn wer konnte, wer kann es erklären, wie Kraft auf Kraft wirket?

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Phil. Sie retten Ihren Verehrten sehr fein; erlauben 25 Sie mir aber zu sagen, daß ich im ganzen Spinoza, dem doch Hartes gnug ist, nichts so Gezwungenes gefunden habe, als eben diese prästabilierte Harmonie, die auch er zum Grunde leget.

Th. Wissen Sie denn nicht, Philolaus, daß manche 30 Kunst eben in einer leichten Überwindung des Schweren, d. i. in jener seltnen Gabe besteht, ein äußerst - Erzwungenes ungezwungen vorzustellen und damit angenehm zu täuschen? So stellte Columbus sein Ei auf, so bildete Leibniz diese Hypothese, so ist manche andere Hypothese 35 gebildet.

Phil. Künste, dergleichen ich, auch vom sinnreichsten Kopf ersonnen, der Philosophie eben nicht wünschte. Einfältig muß man dem Gange der Natur folgen

Th. Einfältig, aber auch schlau bemerkend: denn die 40 Natur ist so reich als einfach. Was Leibniz nicht tun

konnte (denn er hat kein metaphysisches System geschrieben), das werden andre tun, und mancherlei Versuche sind schon geschehen. Mit nichten steht die Philosophie still, wie es einige wähnen; und gesetzt, daß sie auch eine 5 Zeitlang ausruhete, so ist diese scheinbare Ruhe gewiß zu ihrem Vorteil. Die Physik und Naturgeschichte gehen indes mit mächtigen Schritten fort, und da die spekulative Philosophie nur Metaphysik, d. i. eine Nachphysik ist, so wird's dem menschlichen Geist immer ersprießlich, 10 wenn sie sich nicht vordrängt, wie sie's Jahrhunderte durch getan hat und leider tun mußte

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Phil. Seit Descartes' Zeiten aber wollte sie doch der genauesten und reinsten Wissenschaft, der Mathematik, folgen. 15 Th. Sie ist ihr gefolgt und hat von ihrer Führerin alles gelernt, was diese sie lehren konnte: Bestimmtheit in den Begriffen, Genauigkeit in den Beweisen und Ordnung. Sind aber die Begriffe einmal willkürlich erfaßt oder unvollständig abstrahieret, so hilft alle mathematisch20 reine Darstellung derselben, in der besten methodischen Ordnung nicht. Die Beweise werden Scheinbeweise, ja die strenge Form selbst kann ein Hindernis der Wahrheit werden. Wir sahen dies an Spinoza. Mit dem einen willkürlich angenommenen Begriff der Materie war eine Menge 25 andrer willkürlicher Erklärungen von Attributen, Modifikationen, Raum, Körper u. f. veranlaßt, welche die mathematische Methode nicht gut machen konnte.

Phil.... Gnug indessen, daß Spinoza weder ein Atheist noch Pantheist ist; ein dritter harter Knoten in 30 ihm bleibt mir noch übrig.

Th. Ich merke leicht, wer er sei; und wie, wenn wir in dem harten Knoten eben das schönste Goldstück fänden? Phil. Es soll mich sehr freuen, und jede Mühe der Auflösung wird mir willkommen sein; aber wer, m. Fr., 35 ist der Verfasser der scholastischen Ode, die Sie mir neulich mitteilten?

Th. Ein Atheist, der verbrannt wurde, Vanini. Noch auf dem Richtplatz hob er einen Strohhalm auf und sagte, daß wenn er so unglücklich wäre, keine andern Beweise 40 vom Dasein Gottes zu haben, als diesen Strohhalm, so würde dieser ihm gnug sein.

Phil. Und ward dennoch verbrannt? Vielleicht sonst als Ketzer?

Th. Ein eitler junger Mann war er, von vielen Fähigkeiten und vieler Ruhmsucht: er wollte ein Julius Cäsar in der Philosophie sein und ward ihr trauriges 5 Opfer. Wie gefällt Ihnen seine Ode?

Phil. Für die Zeiten Vaninis gefällt sie mir sehr wohl. Der Ausdruck ist im Latein der damaligen Zeit und die Theorie über das höchste Wesen scholastisch; der zweite Teil des Gedichts aber ist sehr innig und herz- 10 lich. Der Dichter ist so durchdrungen von seinem Gegenstande, daß er allen Reichtum seiner Sprache aufbietet, um uns den Einzigen darzustellen, ohne den wir nichts, durch den wir aber alles sind, was wir sind, was wir können und wirken.

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Th. So wird Ihnen vielleicht auch dies Blatt morgenländischer Sentenzen über das höchste Wesen nicht mißfallen. Sie sind im Geist der Sprachen des Orients gedacht, also auch vorgetragen und können nicht anders als in solchen gelesen werden. Morgen sprechen wir über 20 unsern Spinoza weiter.

Gott.

Einige Aussprüche der Morgenländer.

In ihm leben, weben und sind wir. Wir sind seines Geschlechts.

Von ihm, in ihm und zu ihm sind alle Dinge. Ihm sei Ehre in Ewigkeit.

Paulus.

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Wenn wir gleich viel sagen, so werden wir's doch nicht erschöpfen; der Inbegriff aller Gedanken, das All ist er. Sirach. 30

Ihm allein kommt es zu, zu sagen: Ich! Er, dessen Reich ewig und dessen Wunsch sich selbst genug ist. Wer außer ihm sagt: ich! ist ein Teufel.

Der Geschöpfe Eigenschaften sind alle zwiefach: denn wie sie auf der einen Seite Macht haben, so haben sie 35

auf der andern Schwachheit. Wenn sich in einer Sache Überfluß befindet, so findet sich auch Mangel bei ihr. Kenntnis und Unwissenheit sind mit einander vereinigt, Kraft und Schwachheit, Leben und Tod. Nur des Schö5 pfers Macht ist ohne Grenzen, sein Reichtum ohne Mangel, seine Wissenschaft ohne Dunkelheit, sein Leben ohne Tod. Alle Dinge sind zwiefach geschaffen, Gott allein ist einzig und ewig.

Die Menschen, o Gott, messen dich nicht mit dem 10 Maß, mit welchem du gemessen werden mußt; nur von deinem Wesen allein kann dein Wesen begriffen werden. Denn was für ein Verhältnis kann sein zwischen dem, der ewig ist, und zwischen dem, der in der Zeit geschaffen worden? zwischen ein wenig Wasser und Erde, 15 und zwischen dem Herren aller Dinge?

Die droben im Tempel seiner Herrlichkeit anbeten, gestehen es und sagen: „Wir verehren dich nicht, o Gott, mit würdiger Verehrung". Wenn sie den Glanz seiner Schönheit preisen, stehn sie erstaunt und klagen: „Wir 20 erkennen dich nicht, o Gott, mit wahrer Erkenntnis".

Und wenn nun jemand mich um sein Lob fragte, was sollte der Sinnlose vom Bildlosen sagen? Der Liebende wird ein Opfer des Geliebten, und das Opfer verstummt.

Ein Betrachter Gottes, ein redlicher Mann, senkte 25 das Haupt zum Busen und schien wie untergegangen im Meer der Beschauung. Als er emporkam, redete ihn einer seiner Vertrauten an und sprach: Was hast du uns Schönes mitgebracht aus dem Garten, in dem du warest?

Ich wollte Rosen brechen, antwortete er; mein Kleid, 30 meinen Busen wollte ich anfüllen mit ihnen, ein Geschenk für meine Freunde; schon nahte ich mich dem Busch voll schöner erquickender Rosen; allein der starke Duft derselben berauschte, überwältigte mich, meiner Hand entsank das Kleid und alle gesammleten Rosen.

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Lautsingende Nachtigall, von der Mücke lerne, was Liebe sei. Sie fliegt hinein in die geliebte Flamme, ihr Flügel versenget; tot und stumm sinkt sie danieder.

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