ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

Th. Gesetzt, sie wäre dies auch nicht, sie wäre aber das einzige Mittel, dem Tode und einem ewigen Tode zu entgehen, d. i. sie erhielte unsre lebendige Kraft in fortdaurender Wirkung, in innig gefühltem Dasein, so wäre sie schon eine so wünschenswerte Wohltat, als ein ewiges 5 Leben vor einem ewigen Tode wünschenswert ist. Nun aber, Theano, können Sie sich wohl ein fortgesetztes Leben, eine immerhin fortwirkende Kraft ohne Fortwirkung, d. i. einen Fortgang ohne Fortgang denken?

Theano. Es scheint ein Widerspruch.

10

Th. Und ist einer. Zwar muß jede Kraft, die im Raum und in der Zeit Erscheinungen annimmt, die Schranken behalten, die ihr eben Raum und Zeit geben. Mit jeder Wirkung aber macht sie ihre folgende Wirkung leichter, und da sie dies nicht anders als nach eingepflanzten 15 innern Regeln der Harmonie, Weisheit und Güte tun kann, die sich, wie Sie eben selbst behauptet haben, jedem Geschöpf liebreich aufdringet, einprägt und ihm bei jeder seiner Wirkungen beisteht, so sehen Sie allenthalben ein Fortrücken aus dem Chaos zur Ordnung, eine 20 innige Vermehrung und Verschönerung der Kräfte in neu-erweiterten Schranken nach immer mehr beobachteten Regeln der Harmonie und Ordnung. Jeder blinden Kraft dringet sich Licht, jeder regellosen Macht Vernunft und Güte auf: keine ihrer Übungen, keine Wirkung in der 25 Schöpfung war vergebens. Es muß also Fortgang sein im Reiche Gottes, da in ihm kein Stillstand, noch weniger ein Rückgang sein kann. Übrigens darf unser Auge sich an den Gestalten des Todes nicht stoßen: denn ist kein Tod in der Schöpfung, so gibt es auch keine Ge- 30 stalt des Todes. Heiße diese Verwesung, Nahrung, Zermalmung, sie ist Übergang zur neuen jungen Organisation, das Einspinnen der alten abgelebten Raupe, damit sie als ein neues Geschöpf erscheine. Sind Sie befriedigt, Theano?

Theano. Ich bin's und verlasse mich auf die weiseste, 35 höchste Güte, die mich hieher brachte, mir ohne mein Verdienst so viele Kräfte, gewiß nicht umsonst, gab und mich mit tausend Kräften voll Liebe und Güte umringt, meinen Verstand, mein Herz, meine Handlungen nach einer ewigen Regel notwendiger, in sich selbst gegründeter 40 Weisheit und Güte zu ordnen.

Phil. Ich will nachholen und sogleich eine Reihe Folgen hinzusetzen, die aus Theophrons System einer in sich selbst notwendigen Wahrheit und Güte mir unwidersprechlich zu folgen scheinen. Beim zweiten Satz bin ich 5 stehen geblieben; also:

III. Alle Kräfte der Natur wirken organisch. Jede Organisation ist nichts als ein System lebendiger Kräfte, die nach ewigen Regeln der Weisheit, Güte und Schönheit einer Hauptkraft dienen. 10 IV. Die Gesetze, nach denen diese herrscht, jene dienen, sind: innerer Bestand eines jeglichen Wesens, Vereinigung mit Gleichartigem und vom Entgegengesetzten Scheidung, endlich Verähnlichung mit sich selbst und Abdruck seines Wesens in 15 einem andern. Sie sind Wirkungen, dadurch sich die Gottheit selbst offenbart hat, und keine andre, keine höhere sind denkbar.

V. Kein Tod ist in der Schöpfung, sondern Verwandlung; Verwandlung nach dem weisesten besten 20 Gesetz der Notwendigkeit, nach welchem jede Kraft im Reich der Veränderungen sich immer neu, immer wirkend erhalten will und also durch Anziehen und Abstoßen, durch Freundschaft und Feindschaft ihr organisches Gewand unaufhörlich ändert.

25

VI. Keine Ruhe ist in der Schöpfung, denn eine müßige Ruhe wäre Tod. Jede lebendige Kraft wirket und wirkt fort: mit jeder Fortwirkung also schreitet sie weiter und arbeitet sich aus, nach innern ewigen Regeln der Weisheit und Güte, die auf sie dringen, die in ihr liegen. 30 VII. Je mehr sie sich ausarbeitet, desto mehr wirket sie auch auf andre, erweitert ihre Schranken, organisiert und prägt auf sie das Bild der Güte und Schönheit, das in ihr wohnet. In der ganzen Natur also herrscht ein notwendiges Gesetz, daß aus dem Chaos Ordnung, 35 aus schlafenden Fähigkeiten tätige Kräfte werden. Die Wirkung dieses Gesetzes ist unaufhaltbar.

VIII. Im Reich Gottes existiert also nichts Böses, das Wirklichkeit wäre. Alles Böse ist ein Nichts; wir nennen aber Übel, was Schranke oder 40 Gegensatz oder Übergang ist und keins von dreien verdient diesen Namen. Ich dürste, Theophron, mit

Ihnen über diesen Punkt zu sprechen; eine Theodiceé der weisen Notwendigkeit ist in meinen Gedanken.

IX. So wie aber die Schranken zum Maß jeder Existenz im Raum und in der Zeit gehören und im Reich Gottes, wo alles da ist, auch das Entgegengesetzte da sein 5 muß, so gehöret es mit zur höchsten Güte dieses Reichs, daß das Entgegengesetzte selbst sich einander helfe und fördre: denn nur durch die Vereinigung beider wird eine Welt in jeder Substanz, d. i. ein bestehendes ganzes Dasein, vollständig an Güte so wie an Schönheit. 10 X. Auch die Fehler der Menschen sind einem verständigen Geist gut: denn sie müssen sich ihm bald als Fehler zeigen und helfen ihm also, wie Kontraste, zu mehrerem Licht, zu reinerer Güte und Wahrheit. Und auch dies alles nicht als Willkür, sondern nach ewigen 15 Gesetzen der Vernunft, Ordnung und Güte. Sind Sie mit meinen Folgerungen zufrieden, Theophron?

Th. Völlig. Ihr scharfsinniger Geist eilet mir immer voran, Philolaus; wie ein edles Roß, dem man nur die Rennbahn öffnen darf, und es fliegt zum Ziele. Ich danke 20 dem Schatten des Spinoza, daß er mir so angenehme Stunden des Gesprächs mit Ihnen verschafft hat.

[ocr errors]

5

10

b) Aus der philosophischen Lyrik.

1. St. Johanns Nachtstraum.

Schönste Sommernacht!

Ich schwimm' in Rosen und blühnden Bohnen und Blumen und Hecken und Nachtviolen,

in tausend Düften! O Mutter Natur,

wo kenn' ich deine Kinder alle,

die Bräute alle,

die jetzt sich schmücken und lieben und paaren und Freude duften in der schönsten Brautnacht! Schöne Nacht!

Wie die Schöpfung flammet und wallt

und girret Liebe! Der allbelebende

Sonnenvater umarmt

15

mit welcher Jugendinbrunst jetzt

20

25

30

die Mutter Erd'! Und der Himmel flammt,
die Mitternacht ist Abendrot

und 'über wird Morgenrot

kühler, dämmernder Tautag!

Schöne Nacht!

Und hundert Wesen schwirren empor!
In Luft und Meer und See und Sand
summen empor, lieben! Wie steigt

der häßliche Raupenwurm aus Grabegespinsten
in hundert Farben und Gestalten empor,
ein fliegender Engel!

Unerschöpflich bist du schön!

Mutter Natur!

Unendlich, ach!

Hundertgestaltige, deine Kinder

in Leben und Wesen und Lieb' und Freuden, wer kann sie zählen? wer kann sie fühlen?

Nur du,

in allen Gestalten und Leben und Wesen

und Lieb' und Freuden, fühlend dich
Mutter Natur! - wie nenn' ich dich?
Wer bin ich unter den Millionen,
die jetzt genießen? Wer

unter den unendlichern Millionen,
die ich genießen nicht seh.

Da fliegt der leuchtende Funke Gottes, der Sommerwurm! Kleiner Wurm, Funke Gottes! komm! glänze mir!

Wer warst du, daß die schaffende Hand dich so hat angeglüht

mit Sonnenglanz! mit Sonnenglut! Wer bist du?

Ich kenne dich nicht!

Und kenne mich? Meinen Funken

[blocks in formation]

eben so klein, fliegend und wallend

wer war's,

aus Sonnenbrand getroffen

der ihn in meinen Staub gab,

daß er zwostrahlicht mir

vom Auge leucht'! im Herzen, ach, oft
wie ermattend walle! walle kurz
und lodert er fort dann?

[ocr errors]

Fleuchst Funke du fort,

wenn mein Wurmkörper auch hin ist, bist auch bestimmt, aus Grabesnacht

20

25

ein Würmchen zum Engel zu erlösen?

All meine Sinnen sind verschlossen!

Um meine Sinn' ist Sommernacht!

Bin nicht zu denken hier! zu sein! zu fühlen! zu leben! mich zu freun!

80

[blocks in formation]
« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »