Verlangen, Wunsch und Sehnen, Tätigkeit, Nur wenn uneingedenk des engen lchs Und auch, wie Gott, unsichtbar-namenlos. Die kleinliche, vertilgt im besten Werk Das große Leben der Unsterblichkeit. So lasset dann im Wirken und Gemüt Wenn einst mein Genius die Fackel senkt, So bitt' ich ihn vielleicht um manches, nur Nicht um mein Ich. Was schenkt er mir damit? 40 5 10 15 20 25 30 35 Die Schale Lethens. Mein Elysium Ich hab' ihr wahrlich etwas Kleineres b. Selbst. Vergiß dein Ich; dich selbst verliere nie. Was an der Mutter Brust, was an der Brust Natur, von Elementen in dich floß, Luft, Äther, Speis' und Trank, und Regung, Bild, Die aus der Vorwelt sich die Nachwelt schafft; Entwirrend webt den Knäuel der Natur Das bist du selbst; die Gottheit ist's, wie du.... Bewußtsein lebt ein sprechender Beweis „Der Wesen Harmonie!" Ein leeres Wort Ohn' einen Hörer. Höre du sie tief In deinem Herzen, und es nennt dein Herz Der Welten ihn, das höchste Selbst, den Sinn 5 Der Wesen Selbst ist. Auf! Erkenne sie, 10 Am heiligsten Altar, und ehre dich, Und pfleg' in dir dein göttlich Selbst, Vernunft!... Ambrosia, Frucht der Unsterblichkeit, Ihr amaranthnen Lauben, ewig blühend Der Freundschaft und dem daurenden Verdienst, Das nicht zum Moder sprach: „Du bist mein Vater!" Zu Würmern, zur Verwesung nicht: „,Ihr seid 15 Mir Brüder, Schwestern, Mutter!" - Ruhig sah's Und sprach: "Was an mir stirbt, bin ich nicht selbst! Was in mir lebet, mein Lebendigstes, Mein Ewges kennet keinen Untergang". 20 Stephan, Herders Philosophie. 17 Anhang. Lebensanschauung und Lebensideal. 1. Wir gehören [von Natur] nicht zu dem Reich 5 Gottes, sondern hangen mit hunderttausend Fesseln am Boden der Erde. Bequem zu sein, zu haben, was und mehr als unser Herz wünschet, in Freude und Erreichung jedes Wunsches, jeder aufsteigenden Begierde zu leben, die Fülle alles Guten heut und morgen zu atmen, bis an 10 den Tag unsres Todes, und nur denn barmherzig, sanftmütig und milde zu sein, wenn es uns nichts kostet, wenn wir vom Überflusse oder für den Ruhm wegwerfen und Dank und Ehre davon gewarten; bei jedem rauhen Winde aber abzulassen, bei jeder Verfolgung zu schreien und zu 15 toben, Unrecht mit noch ärgerm Unrecht zu vergelten, den Zorn und die Unterdrückung andrer, wo sie uns im Wege stehen, walten zu lassen das sind unsre erste und letzte Neigungen, mit uns geboren und mit uns erzogen, durch alle Bedürfnisse, Gelegenheiten und Beispiele 20 von außen genährt. Wohin wir sehen, sehn wir andre darnach handeln; äußere Umstände zwingen uns, unter dem Anschein tausendfältiger guter Zwecke, auch so zu sein und zu handeln, es ist das ganze allgemeine Reich der Welt. 25 Auch als solches ist's nun freilich ein Reich Gottes, der Grund dieser Neigungen liegt in unsrer Natur, es ist alles eine irdische Schaubühne zu höhern Zwecken. Nur eben auf diese Zwecke kommt's an, und sie sind eben das Reich, worauf Jesus weiset. Die irdische Materie ist 30 da, und die irdische Materie ist gut - zu dem geistigen Edeln nämlich, das daraus gezogen werden soll, und nicht anders werden kann, als durchs Feuer. Und eben das ist's, worauf Jesus winket. Die Erde, das irdische Reich der Wesen, ist nur der Schauplatz zur Entwicklung des höhern Reichs Gottes. Lasset uns eine Neigung nehmen, welche wir wollen; als Herrscherin, als Tyrannin ohne Schranken und Maß 5 befolgt, reißt sie uns zum Tier, zum Vieh, zur Erdscholle herunter. Wir dienen nicht andern, sondern uns selbst, was wir auch zu dem Selbst rechnen mögen, wär's auch nur ein Hauch voll Luft, um den wir buhlen. Wollen wir unaufhörlich im Genuß, in sinnlichen Freuden der Phan- 10 tasie leben, uns allein kennen und lieben, so werden wir weich, lüstern, üppig, unkräftig zu einem guten Willen, zu einer überwindenden Tat; wir stoßen andre von weg, es sitzt ein wildes Tier auf dem Throne, das alles um sich zerreißt und doch nie gesättigt ist, sondern in 15 unaufhörlicher Unruhe, in ewigem Hunger und Durst fortschnappet, um weiter zu zerfleischen. Weder also Glückseligkeit dieser Welt und des Innern, wo doch allein Glückseligkeit wohnet, kann damit bestehen; noch weniger kann, wenn unsre Sinne weg sind, unser leergelassener, 20 zerrissener, gieriger und ewig unzubefriedigender Geist Ruhe oder Glückseligkeit in sich fühlen. Der glühende Abgrund, die Hölle, die nimmer befriedigt werden kann und soll, pocht in seinem Herzen. Sobald also das Menschengeschlecht auf der Stufe der 25 Sinnlichkeit beschlossen war, ward Religion beschlossen, die es auf derselben anfasse, bessere, veredle; die den ganzen Zeitlauf nur zu einem Schauplatz mache, wo Gott durch alle Grade und auf allen Stufen ihm Gelegenheiten, Anlässe, Kräfte darbietet, in ein höheres Reich zu streben, 30 sich selbst zu überwinden, dem Rausch der Sinne und der Freude und Fülle des Jetzt zu entsagen, um am Allgemeinen, am Ewigen, an der Zukunft Geschmack zu finden. Er ließ ein Reich ihm nahe kommen, wo ihm höhere Güter und Freuden gezeigt wurden: sanftmütig, barmherzig, milde, 35 verborgen vor der Welt, reines Herzens, Gott ähnlich zu sein; daran Freude, daran Seligkeit zu finden, wenn man sich selbst für andre überwindet, nicht hat und haben will, sondern gibt, nicht besitzet, sondern verleugnet, nicht hinter sich sieht, sondern vorwärts strebet. Auch die 40 blindeste Vernunft kann sehen, daß, wenn ein Plan Gottes |