ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

Drittes Naturgesetz.

So wie das ganze menschliche Geschlecht unmöglich eine Herde bleiben konnte, so konnte es auch nicht eine Sprache behalten. Es wird also eine Bildung verschiedner Nationalsprachen.

5

Im eigentlichen metaphysischen Verstande ist schon nie eine Sprache bei Mann und Weib, Vater und Sohn, Kind und Greis möglich. Man gehe z. E. unter den Morgenländern die langen und kurzen Vokale, die mancherlei Hauche und Kehlbuchstaben, die leichte 10 und so mannigfaltige Verwechselung der Buchstaben von einerlei Organ, die Ruhe- und Sprachzeichen mit allen Verschiedenheiten, die sich schriftlich so schwer ausdrücken lassen, durch: Ton und Akzent, Vermehrung und Verringerung desselben und hundert andre zufällige 15 Kleinigkeiten in den Elementen der Sprache, und bemerke auf der andern Seite die Verschiedenheit der Sprachwerkzeuge bei beiderlei Geschlecht, in der Jugend und im Alter, auch nur bei zween gleichen Menschen nach so manchen Zufällen und Einzelheiten, die den Bau dieser 20 Organe verändern, bei so manchen Gewohnheiten, die zur zweiten Natur werden usw. So wenig als es zween Menschen ganz von einerlei Gestalt und Gesichtszügen, so wenig kann es zwo Sprachen, auch nur der Aussprache nach, im Munde zweener Menschen geben, die doch nur eine 25 Sprache wären.

Jedes Geschlecht wird in seine Sprache Hausund Familienton bringen: das wird, der Aussprache nach, verschiedne Mundart.

Klima, Luft und Wasser, Speise und Trank, 30 werden auf die Sprachwerkzeuge und natürlich auch auf die Sprache einfließen.

Die Sitte der Gesellschaft und die mächtige Göttin der Gewohnheit werden bald nach Gebärden und Anstand diese Eigenheiten und jene Verschiedenheiten 35 einführen Ein philosophischer Versuch über die verwandten Spracharten der Morgenländer wäre der angenehmste Beweis dieser Sätze.

ein Dialekt.

[ocr errors]

Das war nur Aussprache. Aber Worte selbst, Sinn, Seele der Sprache welch ein unendliches Feld von 40

Verschiedenheiten! Wir haben gesehen, wie die ältesten Sprachen voller Synonyme haben werden müssen, und wenn nun von diesen Synonymen dem einen dies, dem andern jenes geläufiger, seinem Sehepunkt angemessner, 5 seinem Empfindungskreise ursprünglicher, in seiner Lebensbahn öfter vorkommend, kurz von mehrerm Eindruck auf ihn wurde, so gab's Lieblingsworte, eigne Worte, Idiotismen, ein Idiom der Sprache.

Bei jenem ging jenes Wort aus, das blieb. Jenes 10 ward durch einen Nebengesichtspunkt von der Hauptsache weggebogen; hier veränderte sich mit der Zeitfolge der Geist des Hauptbegriffs selbst da wurden also eigne Biegungen, Ableitungen, Veränderungen, Vor- und Zusätze und Versetzungen und Wegnahmen von ganzen und halben 15 Bedeutungen ein neues Idiom! Und das alles so natürlich, als Sprache dem Menschen Sinn seiner Seele ist.

Je lebendiger eine Sprache, je näher sie ihrem Ursprunge und also noch in den Zeiten der Jugend und des Wachstums ist, desto veränderlicher. Ist sie nur in 20 Büchern da, wo sie nach Regeln gelernt, nur in Wissenschaften und nicht im lebendigen Umgange gebraucht wird, wo sie ihre bestimmte Zahl von Gegenständen und von Anwendungen hat, wo also ihr Wörterbuch geschlossen, ihre Grammatik geregelt, ihre Sphäre fixiert ist eine 25 solche Sprache kann noch eher im Merklichen unverändert bleiben, und doch auch da nur im Merklichen Allein eine im wilden freien Leben, im Reich der großen, weiten Schöpfung, noch ohne förmlich geprägte Regeln, noch ohne Bücher und Buchstaben und angenommene 30 Meisterstücke, so dürftig und unvollendet, um noch täglich bereichert werden zu müssen, und so jugendlich gelenkig, um es noch täglich auf den ersten Wink der Aufmerksamkeit, auf den ersten Befehl der Leidenschaft und Empfindung werden zu können sie muß sich ver35 ändern in jeder neuen Welt, die man sieht, in jeder Methode, nach der man denkt und fortdenkt. Agyptische Gesetze der Einförmigkeit können hier nicht das Gegenteil bewürken.

[ocr errors]

Nun ist offenbar der ganze Erdboden für das 40 Menschengeschlecht und dies für den ganzen Erdboden gemacht (ich sage nicht: jeder Bewohner der

-

Erde, jedes Volk ist plötzlich durch den raschesten Übersprung für das entgegengesetzteste Klima und so für alle Weltzonen, sondern das ganze Geschlecht für den ganzen Erdkreis). Wo wir uns umher sehen, da ist der Mensch so zu Hause wie die Landtiere, die ursprünglich für diese 5 Gegend bestimmet sind. Er dauret in Grönland unter dem Eise und bratet sich in Guinea unter der senkrechten Sonne, ist auf seinem Felde, wenn er in Lappland mit dem Renntier über den Schnee schlüpft, und wenn er die arabische Wüste mit dem durstigen Kamel durchtrabet. 10 Die Höhle der Troglodyten und die Bergspitzen der Kabylen, der Rauchkamin der Ostiaken und der goldne Palast des Moguls enthält Menschen. Für die ist die Erde am Pol geplättet und am Aquator erhöhet, für die wälzt sie sich so und nicht anders um die Sonne, für die 15 sind ihre Zonen und Jahreszeiten und Veränderungen und diese sind wieder für die Zonen, für die Jahreszeiten und Veränderungen der Erde. Das Naturgesetz ist also auch hier sichtbar: Menschen sollen überall auf der Erde wohnen, da jede Tiergattung bloß ihr Land und engere 20 Sphäre haben: der Erdbewohner wird sichtbar. Und ist das, so wird auch seine Sprache Sprache der Erde. Eine neue in jeder neuen Welt; Nationalsprache in jeder Nation ich kann alle vorige Bestimmungsursachen der Veränderung nicht wiederholen die Sprache 25 wird ein Proteus auf der runden Oberfläche der Erde.... Die Trennung der Familien in abgesonderte Nationen geht gewiß nicht nach den langweiligen Verhältnissen von Entfernung, Wanderung, neuer Beziehung und dergl., wie der müßige kalte Philosoph den Zirkel in der Hand auf 30 der Landkarte abmißt, und wie nach diesem Maße große Bücher von Verwandtschaften der Völker geschrieben worden, an denen alles, nur die Regel nicht wahr ist, nach der alles berechnet wurde. Tun wir einen Blick in die lebendige, würksame Welt, so sind Triebfedern da, die 35 die Verschiedenheit der Sprache unter den nahen Völkern sehr natürlich veranlassen müssen, nur man wolle den Menschen nach keinem Lieblingssystem umzwingen. Er ist kein Rousseauscher Waldmann: er hat Sprache. Er ist kein Hobbesischer Wolf: er hat eine Familiensprache. 40 Er ist aber auch in andern Verhältnissen kein unzeitiges

Lamm: er kann sich also entgegengesetzte Natur, Gewohnheit und Sprache bilden kurz, der Grund von dieser Verschiedenheit so naher, so naher, kleiner Völker Sprache, Denk- und Lebensart ist gegenseitiger 5 Familien- und Nationalhaß.

in

Ohne alle Verschwärzung und Verketzerung der menschlichen Natur können zween oder mehrere nahe Stämme, wenn wir uns in ihre Familiendenkart setzen, nicht anders, als bald Gegenstände des Zwistes finden. 10 Nicht bloß, daß ähnliche Bedürfnisse sie bald in einen Streit, wenn ich so sagen darf, des Hungers und Durstes verwickeln, wie sich z. E. zwo Rotten von Hirten über Brunnen und Weide zanken und nach Beschaffenheit der Weltgegenden oft sehr natürlich zanken dörfen; ein viel 15 heißerer Funke glimmt ihr Feuer an Eifersucht, Ge

fühl der Ehre, Stolz auf ihr Geschlecht und ihren Vorzug. Dieselbe Familienneigung, die, in sich selbst gekehrt, Stärke der Eintracht eines Stammes gab, macht, außer sich gekehrt gegen ein andres Geschlecht, Stärke der 20 Zwietracht, Familienhaß: dort zog's viele zu Einem desto fester zusammen, hier macht's aus zwei Parteien gleich Feinde. Der Grund dieser Feindschaft und ewigen Kriege ist in solchem Falle mehr edle menschliche Schwachheit als niederträchtiges Laster.

25 Da die Menschheit auf dieser Stufe der Bildung mehr Kräfte der Würksamkeit als Güter des Besitzes hat, so ist auch der Stolz auf jene mehr Ehrenpunkt als das leidige Besitztum der letzten wie in spätern nervenlosen Zeiten. Ein braver Mann zu sein und einer braven Familie zu30 gehören war aber im damaligen Zeitalter fast eins, da der Sohn in vielem Betracht noch eigentlicher als bei uns seine Tugend und Tapferkeit vom Vater erbte, lernte, und der ganze Stamm überhaupt bei allen Gelegenheiten für einen braven Mann stand. Es ward also bald das Wort 35 natürlich: wer nicht mit und aus uns ist, der ist unter uns! Der Fremdling ist schlechter als wir, ist Barbar. In diesem Verstande war Barbar das Losungswort der Verachtung: ein Fremder und zugleich ein Unedlerer, der uns an Weisheit oder Tapferkeit, oder was der 40 Ehrenpunkt des Zeitalters sei, nicht gleichkommt.

Nun ist dies freilich, wie ein Engländer richtig an

merkt, wenn es bloß auf Eigennutz und Sicherheit des Besitzes ankommt, kein Grund zum Hasse, daß der Nachbar nicht so tapfer als wir ist, sondern wir sollten uns in der Stille darüber freuen. Allein, eben weil diese Meinung nur Meinung und von beiden Teilen, die gleiches 5 Gefühl des Stammes haben, gleiche Meinung ist, so ist eben damit die Trompete des Krieges geblasen. Das gilt die Ehre; das weckt den Stolz und Mut des ganzen Stammes von beiden Seiten Helden und Patrioten! Und weil jeden die Ursache des Krieges traf, und jeder sie 10 einsehen und fühlen konnte, so wurde der Nationalhaß in ewigen, bittern Kriegen verewigt, und da war die zweite Synonyme fertig: wer nicht mit mir ist, ist gegen mich. Barbar und Gehässiger! Fremdling, Feind! wie bei den Römern ursprünglich das Wort hostis!

15

Das dritte folgte unmittelbar: völlige Trennung und Absonderung. Wer wollte mit einem solchen Feinde, dem verächtlichen Barbar, was gemein haben? keine Familiengebräuche, kein Andenken an einen Ursprung, und am wenigsten Sprache, da Sprache eigentlich Merkwort des 20 Geschlechts, Band der Familie, Werkzeug des Unterrichts, Heldengesang von den Taten der Väter, und die Stimme derselben aus ihren Gräbern war. Die konnte also unmöglich einerlei bleiben, und so schuf dasselbe Familiengefühl, das eine Sprache gebildet hatte, da es 25 Nationalhaß wurde, oft Verschiedenheit, völlige Verschiedenheit der Sprache. Er ist Barbar, er redet eine fremde Sprache die dritte, so gewöhnliche Synonyme. So umgekehrt die Etymologie dieser Worte scheine, so beweiset doch die Geschichte aller kleinen Völker und 30 Sprachen, über die die Frage gilt, völlig ihre Wahrheit; die Absätze der Etymologie sind auch nur Abstraktionen, nicht Trennungen in der Geschichte. Alle solche nahen Polyglotten sind zugleich die grimmigsten, unversöhnlichsten Feinde, und zwar alle nicht aus Raub und Hab- 35 sucht, da sie meistens nicht plündern, sondern nur töten und verwüsten und dem Schatten ihrer Väter opfern. Schatten der Väter sind die Gottheiten und die einzigen unsichtbaren Maschinen der ganzen blutigen Epopö, wie in den Gesängen Ossians. Sie sind's, die den Anführer 40 in Träumen wecken und beleben, und denen er seine

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »