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schreibe) eben dieselbe Analogie, das Gefühl von dem Einen, der in aller Mannigfaltigkeit herrschet, empfänden! Ich schäme mich nicht, an den Brüsten dieser großen Mutter Natur nur als ein Kind zu saugen, laufe nach 5 Bildern, nach Ahnlichkeiten, nach Gesetzen der Übereinstimmung zu Einem, weil ich kein andres Spiel meiner denkenden Kräfte (wenn ja gedacht werden muß) kenne, und glaube übrigens, daß Homer und Sophokles, Dante, Shakespeare und Klopstock der Psychologie und Men10 schenkenntnis mehr Stoff geliefert haben als selbst die Aristoteles' und Leibnize aller Völker und Zeiten.

1. Vom Reiz.

Tiefer können wir wohl die Empfindung in ihrem Werden nicht hinabbegleiten als zu dem sonderbaren 15 Phänomenon, das Haller „Reiz" genannt hat. Das gereizte Fäserchen zieht sich zusammen und breitet sich wieder aus; vielleicht ein Stamen, das erste glimmende Fünklein zur Empfindung, zu dem sich die tote Materie durch viele Gänge und Stufen des Mechanismus und der Organisation 20 hinaufgeläutert. So klein und dunkel dieser Anfang des edlen Vermögens, das wir Empfinden nennen, scheine; so wichtig muß er sein, so viel wird durch ihn ausgerichtet. Ohne Samenkörner ist keine Ernte, kein Gewächs ohne zarte Wurzeln und Staubfäden, und vielleicht wären unsre 25 göttlichsten Kräfte nicht ohne diese Aussaat dunkler Regungen und Reize.

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Schon in der tierischen Natur, was für Lasten sind auf die Kraft und Würksamkeit eines Muskels gebürdet! Wie mehr ziehen diese kleine dünne Fäserchen, als es nach 30 den Gesetzen des Mechanismus grobe Stricke tun würden! Woher nun diese so höhere Kraft, als vielleicht eben durch Triebfedern des innern Reizes? Die Natur hat tausend kleine lebendige Stricke in tausendfachen Kampf, in ein so vielfaches Berühren und Widerstreben verflochten: 35 sie kürzen und längen sich mit innerer Kraft, nehmen am Spiele des Muskels, jeder auf seine Weise, teil, dadurch trägt und ziehet jener. Hat man je etwas Wunderbarers gesehen als ein schlagendes Herz mit seinem unerschöpflichen Reize? Ein Abgrund innerer dunkeln Kräfte, das 40 wahre Bild der organischen Allmacht, die vielleicht inniger

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ist als der Schwung der Sonnen und Erden. — Und nun breitet sich aus diesem unerschöpflichen Brunnen und Abgrunde der Reiz durch unser ganzes Ich aus, belebt jede kleine spielende Fiber alles nach einartigem einfachen Gesetze. Wenn wir uns wohl befinden, ist unsre 5 Brust weit, das Herz schlägt gesund, jede Fiber verrichtet ihr Amt im Spiele. Da fährt Schrecken auf uns zu, und siehe, als erste Bewegung, noch ohne Gedanken von Furcht und Widerstande, tritt unser reizbares Ich auf seinen Mittelpunkt zurück, das Blut zum Herzen, die Fiber, selbst 10 das Haar starrt empor, gleichsam ein organischer Bote zur Gegenwehr: die Wache steht fertig. Zorn im ersten Anfall, ein zum Widerstande sich regendes Kriegsheer, wie rüttelt er das Herz, treibt das Blut in die Grenzen, auf Wangen, in Adern, Flamme in die Augen

μενεος δε μεγα φρενες αμφιμελαιναι πιμπλαντ', οσσε δε οι πυρι λαμπετοωντι εικτην.

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Die Hände streben, sind kräftiger und stärker. Mut hebt die Brust, Lebensodem die wehende Nase, das Geschöpf kennet keine Gefahr. Lauter Phänomene des Aufregens 20 unsrer Reize beim Schrecken, des gewaltsamen Fortdranges beim Zorne. Hingegen die Liebe, wie sänftiget sie und mildet! Das Herz wallet, aber nicht zu zerstören, das Feuer fließet, aber nur, daß es hinüberwalle und seine sanfte Glut verhauche. Das Geschöpf sucht Vereinigung, 25 Auflösung, Zerschmelzung, der Fibernbau weitet sich, ist wie im Umfassen eines andern und kommt nur denn wieder, wenn sich das hinüberwallende Geschöpf wieder allein, ein abgetrenntes isoliertes Eins, fühlet. Noch also in den verflochtensten Empfindungen und Leidenschaften 30 unsrer so zusammengesetzten Maschine wird das eine Gesetz sichtbar, das die kleine Fiber mit ihrem glimmenden Fünklein von Reize regte, nämlich Schmerz, Berührung eines Fremden zieht zusammen: da sammlet sich die Kraft, vermehrt sich zum Widerstande und stellt sich 35 wieder her. Wohlsein und liebliche Wärme breitet aus, macht Ruhe, sanften Genuß und Auflösung. Was in der toten Natur Ausbreitung und Zurückziehung, Wärme und Kälte ist, das scheinen hier diese dunklen Stamina des Reizes zur Empfindung: eine Ebbe und Flut, in der sich, 40 wie das Weltall, so die ganze empfindende Natur der

Menschen, Tiere, und wo sie sich weiter hinab erstrecke, bewegt und reget.

Wie zu allem gehört auch hiezu Modulation, Maß, sanfte Mischung und Fortschreitung. Furcht 5 und Freude, Schrecken und Zorn was plötzlich wie ein Blitzstrahl trifft, kann auch wie ein Blitzstrahl töten. Die Fiber (mechanisch zu reden), die sich ausbreitete, kann nicht zurück, die sich zurückzog, kann sich nicht wieder längern: Todesschlag hemmete ihr Spiel. Jeder treffende 10 Affekt, selbst die sanfte Scham, kann plötzlich töten.

Sanfte Empfindungen sind freilich nicht so gewaltsam, aber ununterbrochen zerstören sie gleichfalls. Sie ermatten, machen stumpf und kraftlos. Wie mancher Sybarit ist unter Kitzeln und Rosendüften, gewiß nicht eines 15 sanften Todes, bei lebendem Leibe verblichen.

Sind wir ganz ohne Reiz, -grausame Krankheit, sie heißt Wüste, Langeweile, Kloster. Die Faser zehrt gleichsam an sich selbst, der Rost frißt das müßige Schwert. Daher jener verhaltene Haß, der nicht Zorn werden 20 kann, der elende Neid, der nicht Tat werden kann, Reue, Traurigkeit, Verzweiflung, die weder zurückrufen noch bessern grausame Schlangen, die am Herzen des Menschen nagen. Stille Wut, Ekel, Verdruß mit Ohnmacht ist der Höllenwolf, der an sich selbst frißt. 25 Zum Empfangen und Geben ist der Mensch geschaffen, zu Würksamkeit und Freude, zum Tun und Leiden. Im Wohlsein saugt sein Körper und duftet, empfänget leicht und wird ihm leicht zu geben, die Natur tut ihm, er der Natur sanfte Gewalt an. In dieser Anziehung und Aus30 breitung, Tätigkeit und Ruhe liegt Gesundheit und Glück des Lebens.

Ein mechanisches oder übermechanisches Spiel von Ausbreiten und Zusammenziehen sagt wenig oder nichts, wenn nicht von innen und außen schon die Ursache des35 selben vorausgesetzt würde, Reiz, Leben. Der Schöpfer muß ein geistiges Band geknüpft haben, daß gewisse Dinge diesem empfindenden Teil ähnlich, andre widrig sind; ein Band, das von keiner Mechanik abhängt, das sich nicht weiter erklären läßt, indes geglaubt werden

muß, weil es da ist, weil es sich in hunderttausend Erscheinungen zeiget. Sieh jene Pflanze, den schönen Bau organischer Fibern! Wie kehrt, wie wendet sie ihre Blätter, den Tau zu trinken, der sie erquicket! Sie senkt und drehet ihre Wurzel, bis sie stehet; jede Staude, jedes Bäumchen 5 beugt sich nach frischer Luft, so viel es kann, die Blume öffnet sich der Ankunft ihres Bräutigams, der Sonne. Wie fliehen manche Wurzeln unter der Erde ihren Feind, wie spähen und suchen sie sich Raum und Nahrung! Wie wunderbar emsig läutert eine Pflanze fremden Saft zu 10 Teilen ihres feinern Selbst, wächst, liebt, gibt und empfängt Samen auf den Fittichen des Zephyrs, treibt lebende Abdrücke von sich, Blätter, Keime, Blüten, Früchte; indes altet sie, verliert allmählich ihre Reize zu empfangen und ihre Kraft, erneut zu geben, stirbt ein wahres 15 Wunder von der Macht des Lebens und seiner Würkung in einem organischen Pflanzenkörper.

Durchschauten wir den unendlich feinern und verflochtenern Tierkörper, würden wir nicht ebenfalls jede Fiber, jeden Muskel, jeden reizbaren Teil in demselben 20 Amt, und in derselben Kraft finden, sich Saft des Lebens zu suchen nach seiner Weise? Blut und Milchsaft, werden sie nicht von allen Fasern und Drüsen beraubt? jede sucht, was ihr not tut, gewiß nicht ohne entsprechende innere Befriedigung. Hunger und Durst in der ganzen 25 Maschine eines tierischen Körpers welche mächtige

Stacheln und Triebe! und warum sind sie so mächtig, als weil sie ein Aggregat sind alle der dunklen Wünsche, der verlangenden Sehnsucht, mit der jeder kleine Lebensbusch unsres Körpers nach Befriedigung und Erhaltung seiner 30 dürstet. Es ist die Stimme eines Meers von Wellen, deren Schall sich dunkler und lauter ineinander verlieret: ein nach Saft und Leben dürstender Blumengarten. Jede Blume will ihr Werk treiben, empfangen, genießen, fortläutern, geben. Das Kraut zehrt Wasser und Erde und 35 läutert sie zu Teilen von sich hinauf, das Tier macht unedlere Kräuter zu edlerm Tiersafte, der Mensch verwandelt Kräuter und Tiere in organische Teile seines Lebens, bringt sie in die Bearbeitung höherer, feinerer Reize. So läutert sich alles hinauf, höheres Leben muß von 40 geringerm durch Aufopferung und Zerstörung werden.

Endlich der tiefste Reiz, sowie der mächtigste Hunger und Durst, die Liebe! Daß sich zwei Wesen paaren, sich in ihrem Bedürfnis und Verlangen eins fühlen, daß ihre gemeinschaftliche Regung, der ganze Brunn orga5 nischer Kräfte wechselseitig Eins ist und ein Drittes wird in beider Bilde welche Würkung des Reizes im ganzen lebenden Ich animalischer Wesen! Tiere haben sich noch ohne Haupt begatten können, wie ein ausgerissenes Herz noch lange reizbar fortschlägt. Der Abgrund aller orga10 nischen Reize und Kräfte scheint im wechselseitigen Überstrome: der Funke der Schöpfung zündet und es wird ein neues Ich, die Triebfeder neuer Empfindungen und Reize, ein drittes Herz schlägt.

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Man hat über den Ursprung der Menschenseelen 15 so sonderbar mechanische Träume gehabt, als ob sie wahrlich von Leim und Kot gemacht wären. Sie lagen geformt im Monde, im Limbus und warteten, ohne Zweifel nackt und kalt, auf ihre prästabilierte Scheiden oder Uhren oder Kleider, die noch ungebildeten Leiber; nun 20 ist Gehäuse, Kleid, Uhr fertig und der arme, so lang müßige Einwohner wird mechanisch hinzugeführt, daß er

bei Leibe! nicht in sie würke, sondern nur mit ihr prästabiliert harmonisch, Gedanken aus sich spinne, wie er sie auch dort im Limbus spann, und sie, die Uhr des 25 Körpers, ihm gleich schlage. Es ist wohl über die unnatürliche Dürftigkeit des Systems nichts zu sagen; aber, was dazu Anlaß geben können, wird mir schwer zu denken. Ist Kraft da in der Natur, die aus zween Körpern, bloß durch organischen Reiz, einen dritten bilde, der die ganze 30 geistige Natur seiner Eltern habe, wie wir's an jeder Blume und Pflanze sehen; ist Kraft da in der Natur, daß zwo reizbare Fibern, auf gewisse Weise verflochten, einen Reiz geben, der aus einer nicht entstehen konnte und jetzt von neuer Art ist, wie uns, dünkt mich, jeder Sinn, ja jeder 35 Muskel analogisch zeiget; ist endlich Kraft da, aus zwei Körpern, die uns tot dünken, aus der Vermischung zweier Elemente, wenn's die Natur tut, einen dritten darzustellen, der den vorigen ähnlich, aber ein neues Ding ist und durch Kunst in jene aufgelöst, all seine Kraft verlieret:

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