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fleucht der Nerve und grauset. Wir schauern zusammen bei einem äußerst disharmonischen Schalle; unsre Zunge widert bei übelm Geschmack, wie der Geruch bei widrigem Dufte. . . . Grausen, Grausen, Schauer, Erbrechen, bei dem Ge5 ruche das Niesen, sind lauter solche Phänomene des Zurücktritts, des Widerstandes, der Stemmung, als ein sanftes Hinwallen und Zerschmelzen bei angenehmen Gegenständen Übergang und Übergabe zeiget. Im Grunde sind's also noch jene Gesetze und Phänomene, die wir bei 10 jeder Reizesfiber bemerkten, und daß auch noch bei den geistigen Empfindungen des Schönen und des Erhabnen jenes Gesetz stattfinde, daß jedes Gefühl des Erhabnen nämlich mit einem Zurücktritt auf sich, mit Selbstgefühl, und jede Empfindung des Schönen mit Hin15 wallen aus sich, mit Mitgefühl und Mitteilung verbunden sei, hat der vortreffliche Verfasser einer sehr bekannten Abhandlung gut ausgeführet eine Theorie, über die ich ihn, ob sie gleich unter edlen Geschäften und Gesinnungen nur Spiel, nur Erholung für ihn war, fast 20 beneide.

Vielleicht wird mir bald günstige Muße, Aufsätze zu sammlen, die ich über die Empfindungsart einiger einzelnen Sinne hingeworfen habe; hier gehet mein Zweck nur aufs allgemeine. Und bemerke, was ich dort bei 25 dem Reiz und seinem Gegenstande sagte, daß auch hier bei den Sinnen ein Medium, ein gewisses geistiges Band stattfinde, ohne welches der Sinn weder zum Gegenstande noch der Gegenstand zum Sinne innig gelangen könnte, dem wir also bei allen sinnlichen Kenntnissen trauen, 30 glauben müssen. Ohne Licht wäre unser Auge und unsre sehende Seelenkraft müßig, ohne Schall das Ohr leer; es mußte also ein eignes Meer geschaffen werden, das in beide Sinne fließe und die Gegenstände in dieselbe bringe, oder mit andern Worten, das so viel von den 35 Geschöpfen abreißt, als diese Pforte empfangen kann, alles übrige, ihren ganzen unendlichen Abgrund, ihnen aber lässet. Wunderbares Organ des Wesens, in dem alles lebt und empfindet! Der Lichtstrahl ist sein Wink, sein Finger oder Stab in unsre Seele: 40 Schall ist sein Hauch, das wunderbare Wort seiner Geschöpfe und Diener.

Wie mächtig hat der Schöpfer hiemit seine Welt für uns geweitet! Alle groben Sinne, Fasern und Reize können nur in sich empfinden, der Gegenstand muß hinzu kommen, sie berühren und mit ihnen gewissermaße selbst Eins werden. Hier wird schon dem Erkennen außer 5 uns Weg gebahnet. Unser Ohr hört über Meilen hin, der Lichtstrahl wird Stab, mit dem wir bis zum Sirius hinauf reichen. Unmittelbar vor meinem Auge hat das große Auge der Welt ein allgemeines Organ ausgebreitet, das tausend Geschöpfe in mich bringt, das tausend Wesen 10 mit einem Kleide für mich bekleidet. Um mein Ohr fließet ein Meer von Wellen, das seine Hand ausgo, damit eine Welt von Gegenständen in mich dringe, die mir sonst ewig ein dunkles stilles Totengrab bleiben müßte. Da gebraucht mein Sinn all die Kunstgriffe und Fein- 15 heiten, die ein Blinder mit dem Stabe gebraucht, zu tasten, zu fühlen, Entfernung, Verschiedenheit, Maß zu lernen, und am Ende wissen wir ohne dies Medium nichts, ihm müssen wir glauben. Betrügt mich der Schall, das Licht, der Duft, die Würze, ist mein Sinn falsch, oder habe 20 ich ihn nur falsch zu brauchen mich gewöhnet, so bin ich mit alle meiner Kenntnis und Spekulation verloren. Auch kann der Gegenstand für tausend andre Sinnen in tausend andern Medien ganz etwas anders, vollends in sich selbst ein Abgrund sein, von dem ich nichts wittre und 25 ahnde; für mich ist er nur das, was mir der Sinn und sein Medium, jenes die Pforte, dies der Zeigefinger der Gottheit für unsre Seele, dargibt. Innig wissen wir außer uns nichts; ohne Sinne wäre uns das Weltgebäude ein zusammengeflochtner Knäuel dunkler Reize: der 30 Schöpfer mußte scheiden, trennen, für und in uns buchstabieren.

Nun muß ich nochmals bemerken, daß den Beitrag genau zu untersuchen, den jeder Sinn der Seele liefere, ein angenehmer und äußerst merkwürdiger Lustweg sein 35 müßte, den wir uns auf andre Zeit ersparen. Daß aber nicht bei zwei Menschen dieser Sinnenbeitrag an Art und Stärke, Tiefe und Ausbreitung einerlei sein kann, bezeugen viele Proben. . .

Eine Unendlichkeit müßte es werden, wenn man diese 40 Verschiedenheit des Beitrages verschiedener Sinne über

Länder, Zeiten und Völker verfolgen könnte; was z. B. daran Ursache sei, daß Franzose und Italiener sich bei Musik, Italiener und Niederländer sich bei Malerei so ein ander Ding denke. Denn offenbar werden die Künste 5 auf dieser Wegscheide von Nationen mit andern Geistessinnen empfunden, mit andern Geistessinnen vollendet. Hier indes fahren wir fort, daß, so verschieden dieser Beitrag verschiedner Sinne zum Denken und Empfinden sein möge, in unserm innern Menschen alles zusammen10 fließe und Eins werde. Wir nennen die Tiefe dieses Zusammenflusses meistens Einbildung; sie besteht aber nicht bloß aus Bildern, sondern auch aus Tönen, Worten, Zeichen und Gefühlen, für die oft die Sprache keinen Namen hätte. Das Gesicht borgt vom Gefühl und glaubt 15 zu sehen, was es nur fühlte. Gesicht und Gehör entziffern einander wechselseitig; der Geruch scheinet der Geist des Geschmacks oder ist ihm wenigstens ein naher Bruder. Aus dem allen webt und würkt nun die Seele sich ihr Kleid, ihr sinnliches Universum. . .

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Wenn also aus unsern Sinnen in die Einbildungskraft, oder wie wir dies Meer innerer Sinnlichkeit nennen wollen, alles zusammenfleußt und darauf unsre Gedanken, Empfindungen und Triebe schwimmen und wallen: hat die Natur abermals nichts gewebet, das sie einige, das sie 25 leite? Allerdings, und dies ist das Nervengebäude. Zarte Silberbande, dadurch der Schöpfer die innere und äußere Welt und in uns Herz und Kopf, Denken und Wollen, Sinne und alle Glieder knüpfet. Würklich ein solches Medium der Empfindung für den geistigen Men30 schen als es das Licht fürs Auge, der Schall fürs Ohr von außen sein konnte.

Wir empfinden nur, was unsre Nerven uns geben; darnach und daraus können wir auch nur denken. Nenne man nun diesen lebendigen Geist, der uns durchwallet, 35 Flamme oder Äther gnug, es ist das unbegreifliche himmlische Wesen, das alles zu mir bringt und in mir einet. Was hat der Gegenstand, den ich sehe, mit meinem Hirn, das Hirn mit meinem wallenden Herzen gemein, daß jenes Bild, daß dies Leidenschaft werde? Siehe,

da ist ein Etwas, das von sonderbarer Natur sein muß, weil es so sonderbaren Verschiedenheiten dienet. Das Licht konnte nur Eins, den ganzen dunkeln Abgrund der Welt zum Bilde machen, dem Auge alles veräugen; der Schall konnte nur eins, hörbar machen, was sonst nur für andre 5 Sinne da wäre. So weiter. Dieser innere Ather muß nicht Licht, Schall, Duft sein, aber er muß alles empfangen und in sich verwandeln können. Er kann dem Kopfe Licht, dem Herzen Reiz werden; er muß also ihrer Natur sein oder zunächst an sie grenzen. Ein Gedanke, 10 und Flammenstrom gießt sich vom Kopf zum Herzen. Ein Reiz, eine Empfindung, und es blitzt Gedanke, es wird Wille, Entwurf, Tat, Handlung: alles durch einen und denselben Boten. Wahrlich, wenn dieses nicht Saitenspiel der Gottheit heißt: was sollte so heißen?

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Hätte ich nun Macht und Kenntnis gnug, dies edle Saitenspiel in seinem Bau, in seiner Führung und Knotung, Verschlingung und Verfeinung darzustellen, zu zeigen, daß kein Ast, kein Band, kein Knötchen umsonst sei, und daß nach der Maße, wie es binde und sich leite, 20 auch unsre Empfindungen, Glieder und Triebe (freilich nicht mechanisch durch Hieb und Stoß!) einander binden, anregen und stärken o welch ein Werk von sonderbar feinen Entwicklungen und Bemerkungen aus dem Grunde unsrer Seele müßte es werden! Ich weiß nicht, ob es 25 schon da ist, ob ein denkender und fühlender Physiolog es insonderheit zu dem Zwecke, zu dem ich's wünsche, geschrieben. Mich dünkt, es müßte die schönste Buchstabenschrift des Schöpfers enthalten, wie er Glieder band und teilte, sie mehr oder minder beseelte, Gefühle ab- 30 leitete, unterdrückte, knotete, stärkte, so daß das Auge nur sehen darf und die Eingeweide wallen, das Ohr hört und unser Arm schlägt, der Mund küsset und Feuer fließt durch alle Glieder Wunder über Wunder! eine wahre, feine Flammenschrift des Schöpfers.

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Aber wir bleiben wieder nur bei allgemeinen Phänomeuen, z. E. den sogenannten Würkungen der Einbildungskraft im Mutterleibe. . . . Wäre in unserm Körper, und insonderheit im zarten Körper der Mutter zu der Zeit, da sie den Ungebornen trägt, von plumpem Mechanismus, 40 hölzernem Druck und Stoß die Rede, säße die Seele mit

Stephan, Herders Philosophie.

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ihrer Einbildungskraft in der Zirbeldrüse und sollte nun mit Stangen und Leitern zum Kinde gelangen müssen, freilich, so könnte man das weise Haupt schütteln. Nun aber, da nach allen Erfahrungen alles voll Reiz ist und 5 Leben, da diese Leben auf so wunderbare Art ein Eins in uns sind, ein Seelenmensch (avdowлos чvxıxos), dem alle mechanische Triebwerke und Glieder willig dienen; und da nun eben dies zusammengeströmte beseelte Eins in uns Einbildung heißt, wenn wir das Wort in seinem 10 wahren Umfange nehmen, — was ist Ungereimtes darin, daß diese Seelenwelt, in deren Mitte gleichsam das Kind schwebt, dieser ganze psychische Mensch, der's in seinen Armen hält, ihm auch jede Eindrücke, jede Reize von sich mitteile ?

15 Mit dem sogenannten Einfluß der Seele auf den Körper und des Körpers auf die Seele hat es eben die Bewandnis. Sollte hier etwas durch Zirbeldrüse, elastisch gespannte Nerven, Hieb und Stoß erklärt werden, so stehe man immer an und leugne. Nun aber, da unser Gebäude 20 nichts von solchem hölzernen Weberstuhle weiß, da alles in Reiz und Duft und Kraft und ätherischem Strom schwimmet, da unser ganzer Körper in seinen mancherlei Teilen so mannigfaltig beseelt, nur Ein Reich unsichtbarer, inniger aber minder heller und dunkler 25 Kräfte zu sein scheinet, das im genauesten Bande ist mit der Monarchin, die in uns denket und will, so daß ihr alles zu Gebote steht, und in diesem innig verknüpften Reich Raum und Zeit verschwindet: was natürlicher, als daß sie über die herrsche, ohne die sie nicht das 30 wäre, was sie ist? denn nur durch dies Reich, in diesem Zusammenhange ward und ist sie menschliche Seele. Ihr Denken wird nur aus Empfindung, ihre Diener und Engel, Luft- und Flammenboten strömen ihr ihre Speise zu, so wie diese nur in ihrem Willen leben. Sie herrscht, 35 mit Leibniz zu reden, in einem Reich schlummernder, aber um so inniger würkender Wesen.

Ich kann mir überhaupt nicht denken, wie meine Seele etwas aus sich spinne und aus sich eine Welt träume; ja nicht einmal denken, wie sie etwas außer sich 40 empfinde, wovon kein Analogon in ihr und ihrem Körper sei. Wäre in diesem Körper kein Licht, kein Schall, so

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