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So finden wir, daß Adadnirari IV., dessen Gemahlin Sammuramat als Babylonierin den Nebokult offenbar so sehr förderte, daß dieser Gott zum obersten Reichsgott erhoben wurde1, in der Statueninschrift aus Kelach 2 Nebo mit einer solchen Menge von Vollkommenheiten überhäuft, daß sie nicht mehr wohl überboten werden kann. Am Schluß der Lobpreisungen (Z. 12) findet sich die frappierende Aufforderung: „Wer künftig (leben wird, soll beherzigen): auf Nebo vertraue, auf einen anderen Gott vertraue nicht!" Selbstverständlich ist hier von Leugnung der anderen Götter keine Rede; es wird ja Z. 2 Nebo,,der Sohn Nudimmud's" und Z. 5 ,,der Liebling Enlil's, des Herrn der Herrn" genannt. Ebenso enthält die Aufforderung selbst, auf einen Gott außer Nebo nicht zu vertrauen, den Gedanken, daß die anderen Götter vorhanden sind. Der Sinn der Aufforderung ist offenbar: Wenn du auf Nebo vertraust, so brauchst du auf einen anderen Gott nicht zu vertrauen. Der Satz enthält auch kein Mißtrauensvotum gegen die anderen Götter, sondern will bloß sagen: Nebo ist omnia solus. Es gibt nichts, was er nicht leisten würde. Auf ihn kann man sich in allem verlassen.

Als Bestandteil der babylonischen Königsnamen findet sich Nebo von Nebukadnezar I. ab verhältnismäßig häufig. Auf besondere Verehrung Nebo's weisen wohl die unmittelbar aufeinander folgenden Königsnamen: Nabušumiškun, Nabunāṣir, Nabunadinzer und Nabušumukin, sowie im neubabylonischen Reiche die Namen Nabu-apil-uşur (Nabopolassar), Nabū-kudurriuşur (Nebukadnezar) und Nabu-nā'id (Nabonid) hin.

Die Epitheta, die Nebo auf der Statueninschrift Adadnirari's wie auf der Cylinderinschrift Šamaššumukīn's erhält, feiern die allumfassende Macht, Weisheit und Barmherzigkeit des Gottes. Er wird gerühmt als „,der Weise voll kluger Gedanken, der Aufseher der Gesamtheit Himmels und der Erde, der Allwissende" 3. Als „Aufseher der Gesamtheit Himmels und der

1) C. F. Lehmann, Die historische Semiramis und ihre Zeit (1910) 60. 2) IR 35 Nr. 2. J. Pinckert, Hymnen und Gebete an Nebo (Diss.), Leipz. (1907), 27 ff. 3) mūdū mimma šumšu Statueninschr. Z. 3.

Erde" wird er wiederholt bezeichnet 1, ebenso mehrfach als,,Aufseher der Gesamtheit" 2. Er ist das Band des Alls" (rikis kalāma)3. Er „hält das Band Himmels und der Erde". Er ist,,der Weitsichtige, Umfassende, Nebo, der Schreiber des Alls, der Lenker der Gesamtheit der Götter" 5. Nebukadnezar redet ihn an als den Gott, „der auf seiner rechtmäßigen Tafel den Grenzkreis Himmels und der Erde festsetzt" 6. In der Inschrift des Antiochus Soter wird gesagt, daß Nebo mit seinem erhabenen Zepter den Kreis Himmels und der Erde festsetzt".

Diese Bezeichnungen denken zwar nicht daran, Nebo allein als Gott gelten zu lassen, aber immerhin verdient es bemerkt zu werden, daß man Nebo nicht bloß den beschränkten Wirkungskreis des Schreibergottes zuerkannte, sondern ihn auf Grund seiner Schreibertätigkeit auf die höchste Stufe des Pantheons erhob und zum Weltenherrn stempelte.

Besonderes Interesse verdient die Tatsache, daß auf Nebo verschiedene Funktionen Marduk's, speziell solche, die diesen als Vegetationsgott charakterisieren, übertragen werden, sodaß er in mancher Beziehung das Spiegelbild Marduk's ist wie dieser das Bild seines Vaters Ea. Nebo ist es,,,der die Quellen öffnet, der das ersehnte Korn üppig sprießen läßt“, er ist,,der Gott, ohne den Graben und Kanal verschlossen bleiben, der mächtige Herr, der Tonnen in Menge aufschüttet“. Von Marduk wird, wie wir konstatiert haben, das Gleiche ausgesagt. Die oben behandelte Liste (CT XXIV, 50) setzt Nebo dem Marduk gleich, insofern auch dieser Gott des Vermögens und Erwerbs ist 10. Es wurde dabei auf die Stellen hingewiesen, die Marduk als Spender des Überflusses in der Natur feiern.

1) V R 52, IV, 18; 43, 27 cd; Cylinderinschr. Šamaššumukīn's Z. 2. 2) pāqid kiššat Sp. 158 II 962 Rs. 24 (PSBA 1906, 243).

3) V R 43, 30cd.

4) [mukil] markas šamē u irșitim (King, Magic 22 Vs. 39; Pinckert Nr. 1).

3) igigalli palkē Nabū tupšar gimri, mumaʼir kullat ilāni Cylinderinschrift Sargon's 59 (KB II, 48 f.; Pinckert S. 5).

6) mukin puluk šamē u irṣitim I R 51 Nr. 1, II, 23f.

7) V R 66, II, 14 ff.

9) Vgl. oben 58 f.

8) IV R 14 Nr. 3, 9 ff. (Pinckert Nr. 4). 10) S. oben 60 f.

Marduk wird nach Z. 2 jener Tafel Ea als Quellgott gleichgesetzt; dabei wurden die Stellen angeführt, nach denen Marduk Öffner der Quellen und Lenker der Flüsse ist. Der MardukHymnus K 2558 + K 91521 stimmt von Z. 10 ab fast durchaus überein mit dem Nebo-Hymnus K 1402. Wie es dort am Schlusse von Marduk heißt:,,Enlil möge sich deiner freuen, Ea dir zujauchzen, die Götter des Alls mögen dir huldigen“3, so heißt es hier:,,Marduk möge deiner sich freuen, Ea dir zujauchzen, die Götter des Alls mögen dir huldigen". Die Erörterung der Frage nach der ursprünglichen Einheit Ea's und Marduk's bezw. Marduk's und Nebo's würde hier zu weit führen, aber das ist sicher, daß zwischen der Trias Ea, Marduk und Nebo, der als Gott der Tafelschreibkunst sowohl an der Weisheit wie an der Schicksalsbestimmung (er ist,,der Träger der Schicksalstafeln der Götter") unmittelbar Anteil hat, eine enge Wesensverwandtschaft besteht. Nebo ist eigentlich nur das Ausführungsorgan des Weltenherrschers Marduk, und so schrieb man ihm die Weltherrschaft selbst zu 8.

i) Tamüz.

Tamüz, dessen Beziehungen zu Šamaš und Ištar bereits dargelegt wurden, darf zwar nicht mit Marduk und Nebo identifiziert oder als bloße „Erscheinungsform" dieser Götter aufgefaßt werden, wie manche Gelehrte wollten 10, allein eine sehr nahe Verwandtschaft desselben mit den Söhnen Ea's (auch Nebo wird als Sohn Ea's bezeichnet), besonders insofern sie Vegetationsgötter sind, läßt sich nicht in Abrede stellen.

1) King, Magic Nr. 9; BA V, 347 f.

2) King, Magic Nr. 22; Pinckert Nr. 1.

3) Vgl. oben 55.

4) Die folgenden Zeilen weichen verschiedentlich ab, sind aber

nur sehr mangelhaft erhalten.

5) Vgl. dazu Pinckert 2 ff.

6) nāš tupšīmāt ilāni King, Magic 22, 3.

7) Vgl. dazu meine Ausführungen BA V, 297.

8) Das gewöhnliche Ideogramm für Nebo AG bedeutet epēšu machen, banu schaffen, erzeugen, weist also auch auf das künstlerische Schaffen hin, das wir als Haupteigenschaft Ea's hervorgehoben haben. 9) S. oben 40 ff. 47.

10) Das Nähere bei Zimmern, Tamūz 715 Anm. 3.

Ninazu, der,,Vater" des Ningišzida, dessen „,Sohn" Tamūz ist, steht ebenfalls in naher Beziehung zu Tamūz, der „,Held des Ninazu" genannt wird1. Nin-a-zu bedeutet,,Herr des WasserKennens", d. h. doch wohl der Kenner der Wasserheilung 2; er ist eine Parallelgestalt zu Ea, sein Sohn Ningišzida ist wie Marduk die Morgensonne, dessen Sohn dann Tamūz wie Nebo der Sohn Marduk's, sodaß sich die beiden Triaden entsprechen. Der Zusammenhang Tamuz',,,des echten Sohnes der Wassertiefe“, mit Ea, „,dem König der Wassertiefe", wurde bereits erklärt3. Tamūz wird demgemäß auf der großen Götterliste CT XXIV, 16, 30 ff. (= II R 56, 33cdff.; CT XXIV, 28, 82 ff.) als erster von sechs Söhnen Ea's aufgeführt und auf der Götterliste CT XXIV, 19, 4cd (= K 7663 + 11035, 5 CT XXV, 7) als dingir XXXX ALAM mit der Glosse ni-ba a-lam,,EaBild" bezeichnet. Wie Ea der Gott der Künstler und Handwerker ist, so führt Tamüz den Namen dingir Nagar umun sa-pár,,Werkmeister (Zimmermann), Herr des Netzes" 4.

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Hommel erklärt demgemäß wohl mit Recht das junge Pflänzchen, das über dem Gefäß mit den emporquellenden Wasserarmen, die das Element Ea's darstellen, auf dem Siegel Sargon's (Abb. 9) in drei neben einander stehenden, auf dem

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Siegel Gudea's (Abb. 10) in drei von einem gemeinsamen Stamme ausgehenden Schößlingen emporwächst, als das Reis des TamūzGilgameš. Wie schon bemerkt heißt letzterer auf dem Fragment

1) Zimmern, Tamūz 716f.
3) Oben 41 Anm. 5.

5) OLZ XII, 473.

2) Vgl. oben 26 zu Ea als Heilgott. 4) Zimmern, Tamuz 707.

aus der Hammurapizeit Giš, ,,Baum"-,,,Holz"-Gott. Er ist ebenso wie sein Genosse Engidu =,,von Ea geschaffen",,,Ea

Abb. 10.

Kind", eine Tamūz-Gestalt. Auf dem Siegelzylinder des Patesi Ur-Lama aus Tello1 (Abb. 11) steht über den beiden aus dem

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von Ea gehaltenen Gefäß emporsprudelnden Wasserarmen eine kleine Gestalt. Es ist der junge Tamūz, der statt des Pflänzchens aus dem Wasser erzeugt wird. Ebenso wie der in den verschiedensten Formen wirkende Sonnengott und die in mannigfachen Gestalten auftretende vegetative Ištar ist Tamūz in einer Reihe von Erscheinungen verkörpert und steht mit den verschiedensten Gottheiten, die bei der Entfaltung des Naturlebens zusammenwirken, in Beziehung. Aus dem verhältnismäßigen Reichtum an Formen, zu welchem sich diese Naturgottheit schon in sehr alter Zeit entwickelt hat, sehen wir, worauf die sumerisch-babylonische Religion praktisch ihr Hauptaugenmerk richtete: Es ist die Entfaltung des Lebens in der Pflanzen-, Tier- und Menschenwelt.

1) Découv. 307 vgl. RA V, 139; Hommel OLZ XII, 475.

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