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sprießen aus den Schultern einer sitzenden Göttin je drei Pflanzenstengel hervor. Über den Körper laufen Wellenlinien so, daß sie das Kleid der Göttin bilden. Es sollen aber nicht Licht-, sondern Wasserwellen sein. Es handelt sich zweifellos um eine Göttin der Vegetation. Hinter der sitzenden Göttin steht auf einem Postament in etwas steifer Haltung das Bild einer Göttin, bei der zwei Pflanzenstengel am unteren Saum des Kleides, zwei etwas weiter oben und ein drittes Paar aus den Schultern hervorspringen. Die Göttin ist so deutlich als die im Pflanzenleben sich auswirkende Macht dargestellt. Nach Thureau-Dangin (RA VII, 108 n. 5) handelt es sich um die Getreidegöttin Nisaba, die in einem von demselben Forscher veröffentlichten Hymnus ,,Herrin des Sternes Dar-a" (Nin-mul-dar-a),,,reines Rohr Nisaba" und,,Rohr der sieben Zahlen" genannt wird. Die Göttin ist demgemäß eins mit den Pflanzen, deren Seele sie bildet.

Viel lockerer ist der Zusammenhang zwischen Göttin und Pflanze auf einem Tonrelief aus Nippur aus der Zeit nach Hammurapi1, auf dem eine Göttin einen in anbetender Haltung dahinschreitenden Mann mit der Rechten führt, während die Linke einen dicken Stengel anfaßt, von dem oberhalb der Hand der Göttin drei Blüten abzweigen.

Später trat das Bewußtsein von dem astralen und vegetativen Charakter der Götter mehr und mehr zurück, weshalb sie ganz als menschliche Persönlichkeiten dargestellt wurden. Die Embleme dienen lediglich zur Charakterisierung. So hält z. B. Ištar auf dem Relief des Šamaš-rēš-uşur2 in der linken Hand den auf dem Boden aufstehenden Bogen, über der Hand befindet sich der achtstrahlige Stern. Sie ist aber ebenso wie Bēlit auf dem Relief von Maltaja und auf der Asarhaddonstele ganz als von der Natur losgelöste Persönlichkeit aufgefaßt. Ebenso sind auf drei späteren Darstellungen die Götter aus dem Naturgeschehen herausgehoben und für sich bestehende Wesen geworden. Man vergleiche nur die ehrwürdigen Göttergestalten auf dem Felsenrelief von Maltaja oder das bei den

1) Hilprecht, Explor. in Bible Lands 528; E. Meyer, Sumerier 40 Anm. I.

2) Weißbach, Babyl. Miscellen vor dem Titelblatte.

deutschen Ausgrabungen in Babel gefundene1 Bild Marduks, zu dessen Füßen der Drache liegt. Sein Charakter als Frühlingssonne ist in den Hintergrund getreten. Der Sturm- und Wettergott Adad ist ebenfalls nicht mehr mit dem Sturm identisch, sondern dessen Beherrscher. Auf dem Relief des Šamaš-rēš-uṣur trägt er den Blitzstrahl in jeder Hand, ebenso auf einem anderen in Babylon gefundenen Relief2. Zu seinen Füßen lagern zwei Ungeheuer, die er gefesselt führt, offenbar Symbole des Sturmes. Einzelne Götter, so besonders die untergeordneten Fürbittgottheiten, sind von Anfang an menschlich gedacht. Nebo, der Schreibergott, den die Statue Adadnirari's IV als Mann mit langem Bart und Mantel darstellt, wird wohl stets als menschliche Persönlichkeit gedacht worden sein.

Die geschlechtliche Differenzierung des Naturlebens findet ihren Reflex in den männlichen und weiblichen Göttergestalten, wobei die Gemahlin in der Regel nur die formale Ergänzung des Gottes ohne besonderes individuelles Gepräge ist. Insofern allerdings Ištar die Vergöttlichung der Mutterschaft ist, erhebt sich auch das weibliche Element in der assyrischbabylonischen Religion zu selbständiger Bedeutung. Gerade in den alten sumerischen Inschriften, die noch ein sehr lebhaftes Empfinden für den Zusammenhang der Götterwelt mit dem Naturleben zeigen, tritt die Göttin als Mutter besonders plastisch in den Vordergrund.

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Ur-bau3 nennt Ninharsag,,Mutter der Götter". Ebenso Galu-babbar, Patesi von Giš-hu. Gudea betet zu ihr: „Die Göttin, welche im Himmel und auf der Erde die Lose bestimmt, Nin-tu(d), Mutter der Götter, Gudea's, der den Tempel erbaute, Leben verlängere." Den Gudea hat Ga-tum-du(g),,,seine Herrin, in Lagaš, ihrer geliebten Stadt, im schönen Heiligtum geboren“7. Sie rühmt er 8:,,Du bist die Königin, die Mutter, die Lagaš gegründet hat. Bei einem Volke, das du

1) 18. April 1900. Weißbach, Bab. Misc. 16.
2) Weißbach, a. a. O. 17.

*) Tonnagel. (Th.-D. 150 f.).
6)

= ,,Herrin des Gebärens".
8) Cyl. A 3, 3 ff. (Th.-D. 92f.).

3) Statueninschr. 3,8 (Th.-D. 60f.).
5) Stat. A 3, 4 ff. (Th.-D. 66f.).
7) Stat. F 1, 12 ff. (Th.-D. 82 f.).

ansiehst, ist reichlich Kraft. Der Fromme, den du ansiehst, (sein) Leben wird verlängert. Ich habe keine Mutter: du bist meine Mutter. Ich habe keinen Vater, du bist mein Vater. Mein Vater .; im Heiligtum hast du mich geboren." Sie ist die göttliche Kuh als Spenderin der göttlichen Lebensmilch. Eannatum1, Entemena 2, Lugalzaggisi3 sagen, sie seien von der Milch der Ninharsag genährt worden. Wir werden später auf die durch das Symbol der Kuh dargestellte Ištar zurückkommen, hier sollte nur darauf hingewiesen werden, wie die weibliche Seite des Naturlebens als unmittelbare Auswirkung einer Persönlichkeit gefaßt wird. Den verschiedenen Seiten des Naturlebens entsprechen die verschiedenen Göttinnen. Bau,,,die Herrin des Überflusses", ist die Göttin der Fluren und des Pflanzenlebens.,,Die Herrin, die geliebte Tochter des reinen Himmels, die Mutter Bau hat im e-sil-sir-sir Gudea Leben geschenkt." Nin-Isin nennt Arad-Sin3,,die große Herrin, die Mutter des Landes, welche das Leben schafft, die vornehmste Tochter des reinen Himmels". Ihr Tempel heißt e-ú-nam-ti-la,,,das Haus des Lebenskrautes". Sie repräsentiert also die tierisch-menschliche und pflanzliche Fruchtbarkeit.

Da die babylonischen Götter nach Analogie des Menschen gedachte Naturmächte sind, so müssen sie auch mit den geistigen Fähigkeiten und Leidenschaften des Menschen ausgerüstet sein. Einzelne Götter sind noch besonders Vertreter gewisser geistiger und sittlicher Qualitäten. Es scheint, als ob aus der physischen Eigenart eines Gottes seine geistige Besonderheit abstrahiert sei, wie überhaupt die geistigen Begriffe vielfach Abstraktionen sinnlicher Vorstellungen sind. Die lichten Gestirne repräsentieren die guten, lebenschaffenden Gottheiten, die Finsternis und die zerstörenden Kräfte der

1) Geierstele Rs. 5, 47 f.; Feldst. A 2,2f.; E 4, 9 f.; Backst. A 2, 2 f.; B 1, 6f. (Th.-D. 18 ff.).

2) Gefäß aus Stalagmit 1,7f.; Backst. A 1,8f. (Th.-D. 34f.).

3) Vaseninschr. 1, 28f. (Th.-D. 154 f.). Die Stellen sind auch bei Zimmern, Christusmythe 61 Anm. 22-24 angegeben.

4) Gud. Stat. E 1, 5; H 1, 5 (Th.-D. 78f., 84 f.).

5) Steint. I ff. (Th.-D. 214 f.).

6) Steint. 12 (Th.-D. 214 f.).

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Natur die bösen Mächte. Ea, der Herr der Wassertiefe (šar apsī) ist zugleich der Besitzer abgrundtiefer, geheimnisvoller Weisheit, der bēl nimeqi. pa „tief, unergründlich sein“ versinnlicht zugleich die geistige Tiefe, das unergründliche Wissen. Von diesem Stamme kommen emqu und enqu, ‚weise“, nīmequ, „Weisheit“; apsū heißt „Wassertiefe" und „Weisheitshaus"1. Marduk, die Frühsonne, welche die Nacht, und die Frühlingssonne, welche den Winter vertreibt, ist im Weltschöpfungsmythus der Besieger der finsteren Chaosmächte, der Gott, der den Kosmos mit seiner Ordnung und Gesetzmäßigkeit gestaltet, nachdem er die Mächte der Unordnung und Willkür, repräsentiert durch Tiamat und ihre Helfer, überwunden hat. Die Sonne steigt bei ihrem Aufgange aus der Tiefe des Meeres empor. Marduk ist darum der Sohn Ea's, des Gottes der Wassertiefe und Weisheit und ebenfalls der weise Gott xar' ¿§oz., der kluge, barmherzige Arzt, der die rechten Mittel zur Überwindung der Krankheitsdämonen angibt. Šamaš, der Sonnen- und Lichtgott, ist nach einer ebenfalls leicht zu verstehenden Analogie der Gott der Gerechtigkeit; als Begleiter werden ihm kettu und mēšaru, Recht und Wahrheit, beigegeben Der Feuergott wird auf Grund der zerstörenden Macht seines Elements der Vernichter des Bösen. Daß den weiblichen Gottheiten als besondere Eigenschaft die Barmherzigkeit zugeschrieben und Ištar in den Hymnen und Gebeten als die gnadenreiche Fürsprecherin gepriesen wird, hängt natürlich mit der besonderen Weichheit und Milde des weiblich-mütterlichen Wesens zusammen.

Wir sehen aus dieser Darlegung sogleich, daß sich die babylonischen Götter nach der Vielgestaltigkeit der kosmischen Erscheinungen zu einer bunten Götterwelt entfalteten, die als Reflex der in der Welt herrschenden Ordnung ebenfalls eine gewisse Über- und Unterordnung aufweisen mußte. Kompliziert wurde das Pantheon dadurch, daß die einzelnen Stämme, Städte und Staaten ihre besonderen Gottheiten und Kulte ausbildeten. Es konnte dann nicht ausbleiben, daß wesentlich gleiche Gottheiten hier und dort unter verschiedenen Namen verehrt und

1) Vgl. Hehn, Siebenzahl 2.

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