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durch die Umstände sich gedrungen fühlten, seine Reformation zu erneuern. Es ist gradezu auffallend, dass dieser Zusammenhang von keinem Kirchenhistoriker bisher bemerklich gemacht worden ist. Die apostolischen Täufer" Bullingers, welche zum Predigen unter den Merkmalen ausziehen, die Jesus seinen Jüngern (Marc. 6, 7-9) vorgeschrieben hat, entsprechen wörtlich der Vorschrift in der ersten Regel des heiligen Franz Art. 14: quomodo fratres debeant ire per mundum. Zum Ueberfluss giebt Bullinger an, dass unter den apostolischen Täufern, welche das Privateigentum aufgeben, ,,Etliche neue Barfüsser, das heisst den Franciscanermönchen gleich" waren, welche es für Sünde hielten, überhaupt mit Geld umzugehen, während Andere dem Gelde als ihrem Anteil an der Gütergemeinschaft nicht abgeneigt waren. Die Ablehnung jeder Competenz des Staates in der Kirche stützt sich bei den Wiedertäufern auf den Grundsatz, dass die Christen zum Leiden bestimmt, also staatlichen Schutzes gegen Unrecht nicht bedürftig seien. Dieses entspricht durchaus der Anweisung des heiligen Franz an demselben Orte, dass seine Brüder in der Welt sich direct nach Matth. 5, 39-42 richten sollen. Demgemäss versteht man auch, dass die den Tertiariern auferlegte Einschränkung des Eides und des Tragens von Waffen von den Wiedertäufern durch das absolute Verbot beider überschritten wurde. Sie waren genau genug mit der Bergpredigt bekannt, um sich unter alle Bestimmungen dieses Evangeliums Christi zu beugen. Den Tertiariern war geringe Kleidung von grauer Farbe und bestimmtem Schnitt in der nächsten Analogie mit der Mönchskutte vorgeschrieben, und die Teilnahme an weltlichen Vergnügungen verboten. Von den ,, abgeschiedenen geistlichen Täufern" berichtet nun Bullinger, dass sie, um der Welt nicht gleichförmig zu sein,,, gleich als ein neuer Mönchsorden" Regeln über die Kleidung geben und alle Bezeugungen von Freude und Heiterkeit rügen. Also in allen diesen Beziehungen springt die Identität der wiedertäuferischen Reformation mit der des heiligen Franz in die Augen. Dabei ist aber noch ein Punkt sehr lehrreich. Als die Partei durch ihre schroffe Ablehnung des Eides und des Waffengebrauches ihre Existenz im Staate

auf das Spiel setzte, hat der so überaus einflussreiche Melchior Hofmann die Verpflichtung gegen den Staat in Hinsicht des Eides und des Waffengebrauchs wieder anerkannt; tatsächlich ging er in dieser Beziehung auf die Einschränkungen zurück, welche der Regel der franciscanischen Tertiarier entsprechen.

Man ist wohl berechtigt, aus allen diesen Merkmalen der Uebereinstimmung darauf zu schliessen, dass die Wiedertäufer solche Tertiarier sind, welche durch das Beispiel Luthers und Zwinglis bewogen worden sind, die Reformation des heiligen Franz wieder aufzunehmen, nachdem sie sich in der Erwartung getäuscht gesehen hatten, dass jene Männer es auf die Steigerung der Askese für das christliche Volk abgesehen hätten. Mit jener Hypothese steht nun auch in Einklang, dass die Wiedertäufer fast durchgängig die Wiederkunft Christi und die Aufrichtung seines irdischen tausendjährigen Reiches verkündigten. Die Verzweiflung an der Besserung der Christenheit durch die regelmässigen Mittel der sittlichen Erziehung, welche hierin ausgedrückt ist, stellt zunächst einen eigentümlichen Zug der Abneigung gegen die Welt dar. Die leitende Vorstellung davon ist die, dass die Bestimmung des Christentums nicht sei, die sittlichen Ordnungen des Lebens in der Welt zu idealisiren und übernatürlich zu ordnen, sondern dass die regelmässige Ordnung des sittlichen Lebens in der Welt und die Regel des Christentums sich gegenseitig ausschliessen. Dieses nun ist auch die Grundanschauung aller mönchischen Askese innerhalb wie ausserhalb der Klostermauern. Die dringende Erwartung eines gewaltsamen Bruches aller menschlichen Ordnungen durch die Wiederkunft Christi lässt also wiederum auf den mönchischen Untergrund der wiedertäuferischen Partei schliessen. Nun steht aber, wie es scheint, mit dem angegebenen Gesichtspunkte der Umstand im Widerspruch, dass das herrliche Reich Christi auf der Erde, also unter der Fortdauer der Bedingungen der Welt, eintreten soll. Indessen diese Forderung entspringt aus dem andern Motive des mittelalterigen Christentums, aus der augustinisch-gregorianischen Voraussetzung, dass das Reich Gottes durch ethisch - politische Ordnungen auf der Erde heimisch werden müsse. Der Widerspruch, welchen wir zwischen

dem mönchischen mönchischen Grundsatze der Weltflucht und dem hierarchischen Grundsatze der politischen Beherrschung der Welt und des Staates erkennen, hat das beides zusammenfassende System des abendländischen Katholicismus nicht unausführbar gemacht. Es ist aber nur eine Modification dieser Synthese, dass die Wiedertäufer in ihrer mönchischen Tendenz zwar an dem verweltlichten monarchischen System des Statthalters Christi verzweifeln, aber dafür auf das irdische Reich Christi selbst als auf eine ausführbare Gestaltung des christlichen Lebens rechnen. Ist demgemäss festgestellt, dass in dieser Erwartung grade mittelaltrige Lebensmotive fortwirken, so weist die besondere Ausprägung derselben wiederum auf den Boden hin, welcher durch die bekannte Oppositionsstellung der Franciscaner - Spiritualen befruchtet sein wird. Dieselbe ist freilich verstummt, seitdem die Observanten durch das Concil zu Constanz legalisirt worden sind; ja es zeigt sich im 15. Jahrhundert eine durchgehende einträchtige Wechselbeziehung zwischen dem Papsttum und dem Franciscanerorden. Allein es wird von Erasmus bemerkt, die Bettelorden kümmerten sich um den Papst, soweit es ihnen Vorteil brächte, im umgekehrten Falle gelte er ihnen nur so viel als ein Traum 1). Man wird nun anzunehmen haben, dass diese innere Unabhängigkeit vom Papsttum unter den Franciscanern stärker und weiter verbreitet war, als unter den mit der Inquisition beauftragten, also dem Papsttum enger verbundenen Dominicanern. Dies wird auch dadurch bestätigt, dass Luthers Auftreten gegen den Papst einen grossen Anklang bei den Franciscanern fand. Ob diese Anziehung mehr durch das Evangelium von der freien Gnade Gottes und von der Rechtfertigung im Glauben, als durch die Rüge der Verweltlichung der Kirche und des Papsttums herbeigeführt war, ist zu bezweifeln. Liessen sich nun aber die in den franciscanischen Congregationen gebildeten Handwerker durch Luther an die Verweltlichung der Kirche unter dem Papsttum erinnern, und machten sie doch an Luthers Reformation die Erfahrung, dass auch diese die Verweltlichung der Kirche nicht zu brechen

1) Vgl. Gieseler, K.-G. II, 4. S. 302. Zeitschr. f. K.-G. II, 1.

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vermochte, so ist es sehr erklärlich, dass sie in ihrem asketischen Reformdrange auch wieder den Zugang zu der Erinnerung an das ewige Evangelium fanden, dessen Ausführung um so näher bevorzustehen schien, je deutlicher der rettungslos antichristliche Charakter der Kirche in die Augen fiel. Allerdings bildet nun nicht das ewige Evangelium aus dem heiligen Geiste, sondern die sichtbare Wiederkunft Christi selbst das Schlagwort der Partei im 16. Jahrhundert. Indessen diese Abweichung erklärt sich ohne Zweifel daraus, dass die Anschauung der Apokalypse, welche den Spiritualen die Vorstellung vom Antichrist dargeboten hatte, auch in Hinsicht der Wiederkunft Christi und des tausendjährigen Reiches angeeignet worden ist. Dazu kommt, dass den ungebildeten Handwerkern die Vorstellung von der sinnenfälligen persönlichen Erscheinung Christi zugänglicher sein musste, als die des ewigen Evangeliums aus dem heiligen Geiste. Unter dieser Modification also ist die Erwartung der Wiedertäufer nichts anderes als die Erneuerung des Sturmes der franciscanischen Spiritualen.

Endlich findet auch die Beteiligung von Wiedertäufern an der mystischen Theologie ihre volle Erklärung, wenn man sich daran erinnert, dass die Predigt von Genossen der Bettelorden die mystische Frömmigkeit aus der Pflege der Klöster in die Gemeinden hinausgetragen hat. Wenn die Wiedertäufer solchen Führern anhingen, welche die Gelassenheit in Gott als die höchste Aufgabe rühmten, und wenn sie Ekstasen und Visionen nicht nur erfuhren, sondern in ihnen die Impulse Gottes zu vernehmen glaubten, so gaben sie dadurch kund, dass sie von jeher unter dem Einflusse auch der mystischen Ueberlieferungen gestanden haben, welche von den Bettelorden an ihre besonderen Gemeinden übergegangen sind. Es ist also nichts unter den leitenden Gesichtspunkten der Wiedertäufer, was sich nicht der vorgeschlagenen Ableitung ihrer Partei von den Tertiariern der Bettelorden, hauptsächlich der Franciscaner fügte. Demgemäss ist die von den Wiedertäufern unternommene Reformation, äusserlich angesehen, entschiedener und vollständiger als die von Luther und Zwingli. Denn Luther hat direct gar nicht eine Reform des christlichen

Lebens, sondern eine Reform der Lehre und des Gottesdienstes, sowie des Lehrstandes bezweckt, und auf die Verbesserung des Lebens nur indirect hingewirkt, indem er richtige Grundlagen der sittlichen Erziehung feststellte. Zwingli freilich hatte es direct auf Besserung der Sitte abgesehen, indem er die einschränkende Rechtsgewalt des Staates mit der anregenden Macht der Predigt vom Glauben und vom Gehorsam in Verbindung setzte. Aber wer kann bei jenem günstigen Urteil über die Wiedertäuferei stehen bleiben, welche die Besserung des christlichen Lebens auf die Weltflucht und die Verachtung der Staatsordnung stützt, welche Gütergemeinschaft und Schnitt der Kleidung vorschreibt, welche Heiterkeit und Fröhlichkeit verbietet, und welche durch die eingebildete Sündlosigkeit hindurch den Weg zur grundsätzlichen Freiheit des Fleisches weist? Denn jene Grundsätze sind auf grade entgegengesetzte Ziele gerichtet als die Absichten Luthers und Zwinglis, und die antinomistische Kehrseite ist kein zufälliges Anhängsel der ganzen Richtung. Wenn überhaupt die Norm des christlichen Lebens durch asketische Regeln in statutarischer Form erreicht wird, dann mag man sich durch die Vorderseite des wiedertäuferischen Reformdranges imponiren lassen. Wenn aber das christliche Leben auf die Totalität der Charakterbildung aus dem Gesetze der Freiheit angewiesen ist, dann ist der Fehler der mönchischen und statu-. tarischen Haltung der Wiedertäufer ausser Zweifel. Daran aber erprobt es sich, dass diese Reform nicht die gründlichere und vollständigere, sondern dass sie lediglich anderer, ja entgegengesetzter Art ist als die von Luther und Zwingli. Dieses Ergebnis wird nun vollständig aufgeklärt durch die Wahrscheinlichkeit, dass die Wiedertäuferei ihren Ursprung aus dem Bereiche der franciscanischen Reform genommen hat. Denn der Gegensatz zwischen dieser Reform und der Luthers ist festgestellt. Allerdings haben nun diejenigen, welche nachher als Wiedertäufer auftreten, welche also von Hause aus die Richtung der franciscanischen Reform innegehalten haben werden, inzwischen zu der Masse der Anhänger Luthers und Zwinglis gehört. Aber auch diese Erscheinung stört die aufgestellte Hypothese nicht. Der Anschluss jener asketisch ge

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