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sogar im Traum befällt ihn Schrecken Der Wahrsager durch Wahrsagen

nicht leitet er ihn,

der Befrager bei der Libation nichts eröffnet er ihm. Zu seinem Leid kommt er in der Fessel nicht zur Ruhe. Der Beschwörer durch seine Beschwörung

Wie ein Rind

Linderung.

schafft ihm keine

wälzt er sich in seinem Kot (?),

Wie ein Schaf ist er begossen mit seinem Unrat. Alsbald aber wendet sich das Leid des Königs. Aus den durch den Kommentar erhaltenen Zeilen der 3. (und 4.?) Tafel geht hervor, daß das Ganze, wie es mit einem Preislied begonnen hat, auch mit Lobgesang endet: Ein helfender Gott ließ die Sünden des königlichen Dulders „vom Wind davon tragen“, und damit weicht auch alle Krankheit aus seinem Leibe, das Gehör wird ihm wieder geschenkt, die Brust, die „,wie eine Flöte pfiff", geheilt, Speise und Trank kann er wieder zu sich nehmen, seine ganze Leibesgestalt erscheint verjüngt,,,an dem göttlichen Strom, wo das Gericht der Menschen gehalten wird", ward ihm das ,,Sklavenmal abgewischt, die Sklavenkette abgenommen und in den Rachen des Löwen", der ihn verschlingen wollte, „hat Marduk Gebiß gelegt".

Der Text fordert eine Vergleichung mit dem Buch Hiob geradezu heraus. Das Rätsel des Leidens eines Frommen findet auch hier keine andere Lösung als die der schlechthinnigen Unterordnung des Menschen unter den Willen der Götter. In beiden Stücken hat der Anschauungskreis des tragischen Grundthemas eine ganz eigenartige Sprache ausgelöst, deren künstlerische Mittel allen, auch den intimsten Seelenregungen des Dichters vollkommenen Ausdruck ermöglichen und auch den Leser alle Stimmungen des Dulders, die dumpfe Verzweiflung, die stille Ergebung in das Unabänderliche, die belebende Hoffnung wie endlich den Jubel des Erlösten als seine eigene Erfahrung durchleben läßt.

In verschiedener Beziehung wäre es von größtem Interesse, wenn eine vollständige Rezension des ganzen Gedichtes uns auch einmal endgültige Klarheit über seine literarische Form bringen, wenn es sich bestätigen würde, daß das Thema vom „leidenden Gerechten" auch in Babylonien zu einem Volksbuch moralischer Tendenz verarbeitet worden ist, wie es ja auch beim Buch Hiob der Fall ist. Diese literarische Form wäre dann wohl ebenso

wie beim Buch Hiob eine sekundäre und es bliebe dabei die Wahrscheinlichkeit groß, daß der Grundstock des Ganzen, der Herzenserguß des leidenden Königs, ursprünglich eine literarisch durchaus selbständige Existenz geführt hat.

Möglicherweise ist die ganze Komposition auch gelegentlich zu dramatischer Vorführung gekommen, ähnlich wie die mimischen Darstellungen mythologischer Stücke im Rahmen des Festrituals. Doch läßt sich darüber noch nichts Sicheres ausmachen (vgl. oben S. 32 f.).

2. Klagelieder und Bußpsalmen.

Literatur: Im allgemeinen: H. Zimmern, Babylonische Buẞpsalmen, Leipzig 1885 (= Assyriologische Bibliothek Bd. VI). Derselbe in KAT S. 609-612. Bahr, Die babylonischen Bußpsalmen, Jastrow, Religion Il, S. 1 ff. und Zimmern, AÕ VII, 3 S. 17 ff. geben zahlreiche Übersetzungsproben; besonders das Verhältnis zu den biblischen Psalmen wird erörtert von Caspari, Die Religion in den assyrisch-babylonischen Bußpsalmen 1903; Hehn, Sünde und Erlösung 1903; Köberle, Sünde und Gnade etc. S. 12 ff.; A. Jeremias, Monotheistische Strömungen.

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Die Klagelieder und Bußpsalmen heben sich durch ihre eigenartige Struktur, ihre Sprache und ihren Inhalt deutlich von den anderen Erzeugnissen der babylonischen Literatur ab. Dazu kommt, daß schon die Babylonier sie durch spezielle technische Bezeichnungen von den übrigen Hymnen und Gebeten unterscheiden. Die wichtigsten dieser Bezeichnungen sind Er-Schemmaschigû chalchallati „Flötenklagen“ und Er-Scha-Ku-Mal =schigû, taqribtu,,Klagelied zur Herzensberuhigung". Mit der ersteren Gattung scheinen einige andere Spezies eng verwandt zu sein (vgl. Jastrow, S. 6, Anm. 2). Zur ersteren und den mit ihr verwandten Gattungen (behandelt von Jastrow, II, 1-65) gehören die in altbabylonischen rein sumerischen Niederschriften erhaltenen Texte CT XV, 10-23 und die überwiegende Mehrzahl der von Reisner, Babylonische Hymnen etc. nach Abschriften aus der griechischen Zeit publizierten Texte. Die Mehrzahl der Texte der zweiten Gattung ist von Zimmern, Babylolonische Buẞpsalmen, veröffentlicht und von Jastrow, Rel. II, S. 65 ff. behandelt.

Die äußere Klassifikation ist nur der Ausdruck bedeutsamer inhaltlicher Differenzen. Man kann in Kürze sagen, daß die der Er-Schem-ma- u. dergl. -Klasse angehörenden Texte Klagelieder allgemeineren Inhalts sind, während die anderen ein durchaus individuelles Gepräge tragen. Damit geht Hand in Hand, daß

die ersteren ganz unvergleichlich mehr schablonenhaft und konventionell gehalten sind, während die letzteren sich zur höchsten Höhe sittlichen Ernstes, religiöser Reife, poetischer Ausdrucksformen erheben, deren die babylonische Literatur überhaupt jemals fähig gewesen ist.

In den Er-scha-Ku-mal-Texten kommen persönliche Nöte, das Schuldbewußtsein des Individuums, das lähmende Gefühl der Gottverlassenheit zu ergreifendem Ausdruck. In den anderen sind unglückliche Ereignisse, die das ganze Land oder ganze Städte betroffen haben, Kriegsnöte, widrige Naturereignisse u. ä. der Gegenstand der Klage. Tritt in den ersteren der Betende meist in ein intimes Zwiegespräch mit seinem Gott, mit dem er sich innig verbunden weiß, oder von dem er sich schmerzvoll verlassen fühlt, so treten in den anderen ganze Legionen von Gottheiten auf den Plan, und nicht nur zahllose Götter, auch alle ihre Städte und Tempel werden beschworen, das Geschrei des Landes, das Seufzen der Kreatur zu hören und Abhilfe zu schaffen. Die Struktur dieser Klagelieder ist gleichwohl der Hauptsache nach in beiden Fällen die gleiche. Hier wie dort eröffnet eine hymnologische Einleitung das Ganze, folgt die Schilderung des Elends, die Bitte um Abhilfe. Auch die für diese ganze Klasse von Texten charakteristischen Formeln, wie „wie lange noch“, „das Herz möge sich beruhigen“, „verkünde Versöhnung“ u. a. kehren in allen Texten gleichmäßig wieder. Und doch unterscheiden sie sich gerade in der Art und Weise, wie diese allgemeinen Elemente des Klageliedtypus hier und dort zur Verwendung kommen, so stark, daß kaum einmal, auch nicht in den vielen Fällen, wo die Unterschriften keinen Anhaltspunkt geben, ein Zweifel bestehen kann, welcher Gattung ein Lied zugeschrieben werden muß. In den Er-Schem-ma-Liedern sind die hymnologischen Einleitungen ebenso wie die direkten Gebetsanrufungen meist zu langatmigen Litaneien ausgeartet, die für die Religionsgeschichte wohl wertvolle Fundgruben sind, die ästhetische Wirkung des Liedes aber schwer beeinträchtigen.

Der am tiefsten begründete Unterschied zwischen beiden Gattungen von Klageliedern liegt in der Veranlassung, die den Bittenden treibt, bei der Gottheit Hilfe zu suchen. Sind es dort äußere Nōte, die die Gesamtheit betrafen, und im großen und ganzen dem einzelnen nur in ihrer materiellen Wirkung empfindlich wurden, so waren es hier persönliche Angelegenheiten, die der

Betende mit seinem Gott abzumachen hatte. Auch wenn es nicht gerade das Bewußtsein der Sünde an sich war, wenn es sich auch hier wohl zumeist um körperliche, materiell spürbare Nöte gehandelt hat, so kommt doch in diesen Liedern zu ergreifendem Ausdruck, daß der Beter den letzten Grund seines Zustandes nicht außerhalb, sondern in sich selbst, in seinem Verschulden sucht, das den Zorn der Götter auf ihn gerichtet hat. Man darf sich freilich über die diesem Schuldgefühl zugrunde liegenden sittlichen Anschauungen keine ausschließlich von den uns in Fleisch und Blut übergegangenen Forderungen abgeleitete Vorstellungen machen. Die Verschuldung war sicherlich in vielen Fällen entweder grob-sittlicher oder noch häufiger kultischer Art

die geringste Abweichung von den peniblen Vorschriften des Rituals genügte ja, den Zorn der Götter heraufzubeschwören. Aber darauf kommt es hier gar nicht an. Welchen letzten Grund das Schuldbewußtsein auch immer gehabt haben mag, es kommt in einer Form zum Ausdruck, die reiner, rührender, ergreifender und wirkungsvoller auch die denkbar entwickeltsten sittlichen Vorstellungen nicht hervorbringen könnten.

Es ist nun eine fast wehmütig stimmende Beobachtung, daß auch so erhebende Zeugnisse einer tiefen sittlichen Empfindung gelegentlich eng verknüpft sind mit dem einfältigsten Hokuspokus des Beschwörungsformelkrams, wenn beispielsweise das schöne Gebet an Istar (Zimmern, AO VII 3, S. 19 ff.), das im Zusammenhang der Serie der „Handerhebungsgebete" überliefert ist, am Schlusse durch rituelle Anweisungen verunziert wird, wie die, daß man gewisse Formeln dreimal hersagen und dabei ja das Antlitz nicht rückwärts kehren soll. Die starre Form der kultischen Übung hat auch die Verfeinerung des sittlich-religiösen Empfindens, das reifende künstlerische Gefühl nicht zu sprengen vermocht.

Dieses eine Beispiel es ließe sich leicht verdutzendfachen predigt eindringlich, daß auch im alten Babylonien Religion und Religiosität zwei wesentlich verschiedene Dinge sind, die nicht mit einander verwechselt, ja nicht einmal mit einander verglichen werden dürfen. Es ist eine vollständige Verkennung und Verdrehung des wahren Sachverhaltes, wenn man die Vorstellungen von der babylonischen Religion einseitig auf Grund der im Verhältnis zu den andersgearteten Zeugnissen spärlichen - Proben individueller religiöser Herzensergüsse beurteilt oder darstellt. Man darf diese Zeugnisse vielleicht überhaupt weniger als Proben

einer religiösen, denn als Proben einer allgemein menschlichen, künstlerischen, dichterischen Begabung ansehen und werten.

In bezug auf die Form der Überlieferung sei noch erwähnt, daß die Mehrzahl der Klagelieder zweisprachig, viele aber auch nur sumerisch oder nur semitisch erhalten sind. Für die mutmaßliche Entstehungszeit geben uns die altbabylonischen Rezensionen einen vorläufig festen Punkt, die letzten Jahrhunderte des 3. vorchristlichen Jahrtausends, an die Hand. Namentlich die Klagelieder allgemeinen Inhalts reizen durch ihre Anspielungen zu genaueren Fixierungsversuchen; doch ist der Spielraum meist zu weit, als daß sichere Resultate zu erhoffen wären.

Hervorzuheben ist noch, daß gerade in den Klageliedern die Form der Wechselrede Priester und Büßer beliebt ist (Beispiele bei Zimmern, AO VII, 3, S. 25 ff.). Die Texte dieser Art bilden die Brücke zu den Beschwörungstexten, denen sie auch innerlich nahe stehen, aus denen sich große Partien herausgreifen ließen, die durch geringe redaktionelle Änderungen zu Bußpsalmen — die sie vielleicht in manchen Fällen ursprünglich waren umgestaltet werden könnten, wie umgekehrt auch die Mehrzahl der außerhalb dieses Zusammenhangs überlieferten Texte unmittelbar in den Zusammenhang des Beschwörungsrituals hineingedacht werden kann. Vgl. das oben über das Ineinandergreifen der literarischen Gattungen Bemerkte.

· Indem für weitere Textproben auf die meisterhaften Übersetzungen Zimmerns (1. c. S. 17ff.) und die erschöpfenden Mitteilungen bei Jastrow, Religion II, 1 ff., verwiesen wird, begnüge ich mich hier mit der Wiedergabe zweier Beispiele, die den Charakter der beiden Hauptgattungen des babylonischen Klageliedes veranschaulichen sollen.

1. Das instruktivste Beispiel für den Typus der Er-schemma-Lieder ist der große Text Reisner I (S. 130 ff.)1. Er ist erhalten in einer Abschrift aus griechischer Zeit und zweisprachig abgefaßt. Er zerfällt in drei Hauptteile. Dem ersten Hauptteil gehen zwei Verszeilen vorauf:

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die, wie so vielfach in den lyrischen Dichtungen der Babylonier, als Introduktion den Hauptinhalt des ganzen Stückes skizzieren

1 Bearbeitet von Messerschmidt, Dissertation; Jastrow, Religion II, 13ff. und z. T. von Zimmern, AO VII, S. 31.

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